Veröffentlicht am 29.08.2024

Bürgermeistergalerie im Rathaus wird restauriert

Von Schmutz und Staub befreit: Amtsinhaber verfolgen Besucher:innen mit dem Silberblick

Bürgermeister Jan Lindenau schaut Restauratorin Maire Müller-Andrae bei der Arbeit an der Kopie des Gemäldes von Jürgen Wullenwever über die Schulter.

Im Rathaus hängen Gemälde von 65 Bürgermeistern der insgesamt 227 Bürgermeister, die Lübeck regiert haben. 59 Bilder der sogenannten Bürgermeistergalerie werden jetzt konserviert. Die Gemälde und ihre Zierrahmen werden gereinigt und lose Teile wieder stabilisiert.

 „Die Gemälde hängen seit mehreren Jahrzehnten unbehandelt an den Wänden. Entsprechend intensiv ist vor allem die rückseitige Verschmutzung. Über die Jahre sind verschiedene Schäden an den Zierrahmen und den Gemälden entstanden und auch die Aufhängung ist instabil und entspricht nicht mehr dem aktuellen Standard“, erklärt Diplom-Restauratorin Maire Müller-Andrae von dem Lübecker Atelier Butt-Restaurierungen. „Im Zuge der konservatorischen Maßnahme führen wir eine Reinigung durch, beheben alle konservatorisch bedenklichen Schäden und bringen eine neue Aufhängung und einen Rückseitenschutz an jedem Gemälde an. Parallel inventarisieren wir alle Gemälde. Wir erstellen eine Inventarisationskartei, die spezifische Informationen zu jedem einzelnen Bild enthält. Sie gibt einen Überblick über den Bestand an Kunstwerken und kann zukünftig als Grundlage für eine regelmäßige restauratorische Wartung dienen. So kann langfristig der Zustand der Bilder erfasst und gegebenenfalls auf restauratorischen Bedarf hingewiesen werden“.

Die Restauratorinnen bearbeiten die Gemälde vor Ort und haben im Kommissarenzimmer ihre temporäre Werkstatt eingerichtet. Hier werden Maire Müller-Andrae, Catherina Wruck und die Praktikantin Jane Aschenbrenner die nächsten Wochen verbringen. „Eine sehr besondere Arbeitsstelle,“ findet Müller-Andrae „umgeben von Lübecker Geschichte und Politik. Wir sind sehr gern hier.“

Die sogenannte Bürgermeister-Galerie ziert die Wände im Treppenhaus, im Flur, im Langhaus, im Roten Saal und im Kommissarenzimmer des Lübecker Rathauses. In ganz unterschiedlichen Größen und Stilen sind hier die ehemaligen Amtsinhaber in Öl festgehalten, mal im Portrait mal als Halb- oder Vollbild. Doch unabhängig von Format und Alter, eins haben sie alle gemein: Geht man die Galerie entlang, so scheint es als Betrachter, als wenn man von den Augen der Gemälde verfolgt wird. Silberblick heißt diese spezielle Maltechnik.

Die würdig dargestellten Gemälde zeigen die Ratsherren oder Bürgermeister meist mit großen Schlüsseln und anderen Symbolgegenständen in den Händen. Weitere Anspielungen auf ihre soziale Stellung sind die Handschuhe – denn im Rathaus wurde anders als im Handwerk mehr mit dem Kopf als mit den Händen gearbeitet. Gleich mehrere Bürgermeister tragen filigran gearbeitete sogenannte Bisamäpfel bei sich. Diese dienten nicht nur der Zierde, sondern bargen in ihrem Inneren auch wohlriechende Stoffe.

In der Regel werden die Männer durch ihr Wappen ausgezeichnet und identifizierbar gemacht. Oft sind die Porträts zudem durch den Schriftzug „Anno“ und die anschließende Jahreszahl datiert. Manchmal erfährt man sogar das Alter der Dargestellten zum Zeitpunkt, an dem das Porträt entstand, denn „ÆTATIS SVÆ“ ist lateinisch und bedeutet „seines Alters“.

Unter anderem hängt auch das von Michael Conrad Hirt geschaffene Portrait des Heinrich Köhler in der Bürgermeistergalerie des Lübecker Rathauses. Weitere Bürgermeisterbilder sind in der Lübecker Stadtbibliothek sowie im St. Annen-Museum zu finden.

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