Im Jahr 2019 hatte die Hansestadt Lübeck begonnen, bauordnungsrechtlich gegen die nichtgenehmigte Nutzung von Ganghäusern zu Ferienwohnungszwecken in den Lübecker Gängen und Höfen durch Nutzungsuntersagungsverfügungen vorzugehen.
Nachdem dieses Vorgehen in einem Eilsacheverfahren vom Verwaltungsgericht sowie im Juni 2020 vom Oberverwaltungsgericht Schleswig noch als rechtmäßig eingeschätzt wurde, hat nunmehr das Verwaltungsgericht Schleswig in zwei Hauptsacheverfahren die Nutzungsuntersagungen aufgehoben.
Die Aufhebung der Nutzungsuntersagungen wird damit begründet, dass die Ferienwohnnutzungen zwar ungenehmigt waren, aber bereits vor dem Inkrafttreten der „neuen“ Satzung zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung für das Gebiet der Lübecker Altstadt vom 27.02.2020 ausgeübt wurden und zu dieser Zeit zulässig waren.
Verwaltungsgericht sieht keinen Ermessensspielraum
Abweichend von der Einschätzung der Hansestadt Lübeck sieht das Verwaltungsgericht die ausschließlich durch Wohnnutzungen geprägten Blockinnenbereiche baurechtlich nicht als eigenständiges Baugebiet an, dass sich hinsichtlich der Nutzungsart von der straßenseitigen Bebauung unterscheidet. Vielmehr sei der gesamte Baublock hinsichtlich der Nutzungsart als ein Baugebiet anzusehen. Dementsprechend seien die in den Vorderhäusern teilweise vorhandenen Nichtwohnnutzungen auch in den Gängen und Höfen ausnahmsweise zulässig. Während das Oberverwaltungsgerichts in der Eilentscheidung von 2020 der Baugenehmigungsbehörde noch einen Ermessensspielraum bei der Zulassung von Ferienwohnungen als Ausnahmen in einem allgemeinen Wohngebiet zugestanden hatte und die Nichtzulassung aufgrund der besonderen Enge der Gänge und des damit verbundenen Störpotenzials noch für möglich erachtet hatte, wird dieser Ermessensspielraum vom Verwaltungsgericht nicht gesehen.
Auch die bis April 2020 anzuwendende „alte“ Satzung über die Erhaltung baulicher Anlagen vom 28. Februar 1979 stehe der Zulässigkeit von Ferienwohnungen nicht entgegen, da diese nach Auffassung des Gerichts hinsichtlich der Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung unwirksam sei.
Aufgrund der nach Einschätzung des Gerichts vor 2020 bestehenden bauplanungs- und erhaltungsrechtlichen Zulässigkeit könne sich die ausgeübte Ferienwohnnutzung auf einen materiellen Bestandsschutz berufen, der sich gegen die erlassenen Nutzungsuntersagungen durchsetzt.
Rechtliche Prüfung und Bewertung der Urteile
Die Verwaltung bedauert die aktuelle Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, die der kommunalpolitischen Zielsetzung widerspricht Wohnnutzung vor Umwandlung durch touristische Nutzung zu schützen.
Aktuell sind noch vier Gerichtsverfahren anhängig, welche in den kommenden Wochen zur mündlichen (Haupt)Verhandlung terminiert sind.
Die Hansestadt Lübeck wird den Ausgang dieser Verfahren abwarten, dann eine rechtliche Bewertung vornehmen und die weiteren Schritte auch mit der Politik klären.
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