Vom 12. Juli bis 15. Oktober 2023 präsentiert das Lübecker Museum Behnhaus Drägerhaus in den Räumen der Kunsthalle St. Annen die Ausstellung „Mehr Licht. Die Befreiung der Natur", die bis 7. Mai im Kunstpalast Düsseldorf zu sehen war. Die Schau wurde von dem als Schriftsteller und Journalist bekannten Kunsthistoriker Florian Illies kuratiert und war ein Publikumsmagnet: Knapp 90.000 Besucher:innen konnte der Kunstpalast in nur drei Monaten Laufzeit verzeichnen. Die Ausstellung widmet sich erstmals in Deutschland einer der größten Revolutionen des 19. Jahrhunderts: der Ölstudie. Ab 1820 begannen Künstler:innen, direkt im Freien in Öl zu malen und das natürliche Sonnenlicht als Inspirationsquelle zu nutzen. Diese Studien, die nur als Vorbereitung für die eigentlichen Gemälde geschaffen wurden, sind in der Ausstellung zu sehen. Dabei handelt es sich um rund 170 Werke aus musealen und privaten europäischen Sammlungen, die zum Teil noch nie öffentlich gezeigt wurden. 33 Exponate in der Ausstellung stammen aus dem Museum Behnhaus Drägerhaus.
„Wir haben die von Florian Illies und den Düsseldorfer Kolleginnen so großartig erarbeitete Ausstellung mit allen Exponaten übernehmen können. In Lübeck hat sie nun einen ganz eigenen Charakter bekommen. Ich bin sehr glücklich, dass die kleinformatigen Ölstudien auch in den Räumen der Kunsthalle St. Annen so wunderbar zur Geltung kommen“, erklärt der Leiter des Museums Behnhaus Drägerhaus Dr. Alexander Bastek.
Nachdem in den letzten Jahren bereits Überblicksausstellungen in Rom, Paris und Washington die vorher kaum beachteten Ölstudien präsentiert haben, stellt die Ausstellung „Mehr Licht" erstmals in Deutschland die von den Künstler:innen in Öl gefertigten Studien als eine neu zu entdeckende und neu zu bewertende Kunstgattung vor. Dabei ist Lübeck die zweite und zugleich letzte Station der Schau. Das Außergewöhnliche ist, dass die Ölstudien von den Künstler:innen nur für den privaten Gebrauch gemalt wurden. Sie wurden fast nie signiert und zu Lebzeiten nicht ausgestellt. Die meisten Ölstudien verblieben in den Ateliers, wo sie - wenn überhaupt - andere Künstler zu Gesicht bekamen. Es verwundert daher nicht, dass diese selbst zu den ersten Sammlern dieser Kunstgattung gehören, sodass Studien manchmal Besitzer und damit auch das Atelier wechselten. Dieser Umstand erschwert die Zuordnung der in Künstlernachlässen erhaltenen, meist unsignierten Werke bis heute und stellt eine Herausforderung für die rein stilistischen Zuschreibungen dar.
Die große Zeit der Ölstudie liegt in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Zwischen 1800 und 1860 wird in diesem Medium das Alltägliche und Beiläufige bildwürdig und der Reiz des Momentanen entdeckt – lange vor der Schule von Barbizon und dem Impressionismus. Die Hinwendung zur Natur geschieht im Zusammenhang mit einer Neubewertung des Landschaftsbildes, einem sich wandelnden Geschmack des Publikums und einem gesteigerten Interesse der Malenden an „realistischen“ Landschaften, frei von jeder Idealisierung. Damit einher geht eine Neubewertung der malerischen Mittel: Das Malen mit Ölfarbe stand nicht länger im Schatten der bis dahin gepflegten Tradition der Zeichnung. Es erlaubte eine viel direktere Umsetzung der im Freien studierten Motive. Mit den Ölstudien gelang es den Künstler:innen, die unmittelbar erlebte, momenthafte Seherfahrung in der Natur rasch und farbgetreu festzuhalten.
Somit stellen die Ölstudien nicht nur eine formale, sondern auch eine inhaltliche Revolution dar, wie Kurator Florian Illies erklärt.
Ausgestellt sind Werke von Andreas Achenbach, Oswald Achenbach, Johann Carl Baehr, Jakob Becker, Ludwig Hugo Becker, Jean-Joseph-Xavier Bidauld, Carl Blechen, Arnold Böcklin, Rosa Bonheur, Ernst Bosch, Heinrich Bürkel, Alexandre Calame, Carl Gustav Carus, Franz Catel, Johann Wilhelm Cordes, Jean-Baptiste Camille Corot, Janus la Cour, Georg Heinrich Crola, Louis-Jacques Daguerre, Johan Christian Clausen Dahl, Francis Danby, Théodore Caruell d’Aligny, Johann Georg von Dillis, Johann Joachim Faber, Traugott Faber, Salvatore Fergola, Paul Flandrin, Johann Jakob Frey, Caspar David Friedrich, Ernst Fries, Jean Charles Geslin, Jean-Baptiste Gibert, Christian Friedrich Gille, Carl Friedrich Götzloff, Florian Grospietsch, Théodore Gudin, Maximilian Hauschild, Friedrich Karl Hausmann, Carl Hummel, Edmund Kanoldt, Josephus Augustus Knip, Carl Kummer, Wilhelm Leibl, Lord Frederic Leighton, Robert Léopold Leprince, Carl Friedrich Lessing, Ludwig von Löfftz, Friedrich Loos, Anders Christian Lunde, Paul Friedrich Meyerheim, Georges Michel, Carl Morgenstern, Friedrich Nerly, Guiseppe de Nittis, Fritz Petzholdt, Anton Sminck van Pitloo, Eduard Wilhelm Pose, Friedrich Preller, Johann Peter Raadsig, Heinrich Reinhold, Frederik Rohde, Johann Martin von Rohden, Julius Rollmann, Carl Rottmann, Théodore Rousseau, Caspar Scheuren, Johann Heinrich Schilbach, Johann Wilhelm Schirmer, Carl Seibel, Hans Thoma, Wolfgang Adam Toepffer, Pierre-Henri de Valenciennes, Frans Vervloet, Auguste Jean-Baptiste Vinchon.
Vernissage
Die Ausstellung wird am Dienstag, 11. Juli, um 19 Uhr in der Kunsthalle St. Annen eröffnet. Nach einem einleitenden Grußwort von Lübecks Kultursenatorin Monika Frank führt das Kuratorenteam Florian Illies, Dr. Alexander Bastek und Anna Christina Schütz durch die Schau und steht im Anschluss für Fragen und Diskussionen zur Verfügung. Die Teilnahme an der Vernissage beträgt 8 Euro, ermäßigt 4 Euro, für Kinder 2,50 Euro. Tickets sind online unter https://museum-behnhaus-draegerhaus.de/veranstaltung-buchen?vid=8912 oder an der Museumskasse erhältlich.
Begleitprogramm
Begleitend zur Ausstellung ist ein Programm mit sonntäglichen Führungen und Mittagsführungen jeweils mittwochs um 12 Uhr geplant. Zudem soll es an mehreren Terminen einen Foto-Workshop geben, bei dem die Teilnehmenden flüchtige Momente selbst fotografisch einfangen können. Die genauen Termine und Details sind unter https://museum-behnhaus-draegerhaus.de/programm einzusehen.
Ausstellungskatalog
Der Katalog zur Ausstellung „Mehr Licht“ ist in den Museumsshops des Museums Behnhaus Drägerhaus und der Kunsthalle St. Annen für 29,90 Euro erhältlich. +++
Quelle: Lübecker Museen