Lübecks soeben ins Amt gekommener Ordnungssenator Bernd Möller (Grüne) hat heute Mittag die neuen Geschwindigkeits-Messanlagen am St. Jürgen-Ring in Betrieb genommen. Seitdem wird an fünf Standorten entlang der rund 2,7 Kilometer langen Strecke zwischen Berliner Platz und der Kreuzung von Waldersee- und Wallbrechtstraße die Einhaltung von Tempo 50 mithilfe von High-Tech-Blitzern überwacht.
Diese Messanlagen vom Typ „Poliscan speed“ messen äußerst genau und können Tempoverstöße auf mehrspurigen Straßen eindeutig zuordnen. Die Geräte messen mit sogenannter LIDAR-Technik, bei der mehrere Fahrzeuge auf mehreren Spuren genau gemessen und Verstöße einzelnen Fahrern exakt nachgewiesen werden können. Spätere Ausreden wie „ich bin nicht zu schnell gefahren, das war mein Vorder- oder Nebenmann (-frau)“ fruchten bei Verstößen nicht. Denn bislang konnte nicht ein Gutachter nachweisen, dass „Poliscan speed“ falsch gemessen hätte. In Deutschland ist dieses High-Tech-Gerät von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) zugelassen worden.
Hintergrund der Installation der „Blitzer“ sind Klagen der Be- und Anwohner entlang des St.-Jürgen-Rings, die sich schon seit längerer Zeit über die Belastungen durch den Straßenverkehr ärgern und beschweren. Die bisherigen geprüften Möglichkeiten zur Reduzierung der Belastung – insbesondere durch Lärm - waren nicht realisierbar (wie Flüsterasphalt oder der Rückbau der Fahrbahn). Die von der Bürgerschaft gewünschte Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ist von der Fachaufsicht untersagt worden.
Die Verkehrsbelastung dieses Straßenzuges ist hoch: werktags sind rund 25000 Fahrzeuge (gerechnet auf 24 Stunden) dort unterwegs. Der Schwerlastverkehr (Lkw) liegt bei etwa zehn Prozent davon. Insbesondere die Anlieger des Abschnitts vor dem Berliner Platz und der Kronsforder Allee klagen über „polternde“ Lkw.
Im Arbeitskreis Verkehr (Sitzung vom 11. November 2008) wurde das Thema noch einmal aufgegriffen. Tenor damals: die Geschwindigkeitsüberwachung solle verstärkt werden. Da sowohl aus Sicht der Polizei als auch des Ordnungs- und Verkehrsdienstes (114 Einsätze im Zeitraum 1. November 2007 bis 31. Oktober 2008) eine weitere Intensivierung der mobilen Überwachung insbesondere wegen des erheblichen Personaleinsatzes dort nicht realisierbar ist, wurde jetzt eine stationäre Anlage installiert.
Während der mobilen Überwachung wurden alleine durch den städtischen Verkehrs- und Ordnungsdienst bei 80 Einsätzen cirka 90.000 Fahrzeuge kontrolliert, von denen rund 4.900 Fahrzeuge die Höchstgeschwindigkeit überschritten haben. Die meisten dieser Geschwindigkeitsüberschreitungen lagen in einem Bereich bis 71 km/h. Der Spitzenreiter lag sogar bei 89 km/h. Bekanntlich darf dort aber nur 50 km/h gefahren werden.
Da es sich um einen längeren Straßenzug handelt, mussten mehrere Überwachungsanlagen installiert werden, um tatsächlich eine Verkehrsberuhigung zu erreichen. Mit den herkömmlichen Anlagen, die einen erheblichen Aufwand wegen der straßenseitigen Einbauten (Sensoren) erfordern, wäre ein großer Investitionsaufwand erforderlich gewesen. Außerdem war aufgrund des schlechten Straßenzustandes zu befürchten, dass ein Einbau an den gewünschten Stellen nicht realisierbar ist.
Folglich kam nur eine Anlage in Betracht, die ohne Sensoren arbeitet und mit relativ geringem Aufwand installiert werden kann. Zudem musste es möglich sein, mit dieser Anlage wahlweise beide Fahrtrichtungen zu überwachen.
Die neue Anlage, aufgebaut jeweils in der Mitte des St. Jürgen-Rings, hat fünf Messpunkte. Von denen werden jeweils zwei in Betrieb sein, wobei die „scharfen“ Säulen ständig wechseln werden.
Die gesamten Investitionskosten der Anlagen einschließlich Tiefbauarbeiten und Stromanschlüssen belaufen sich auf rund 240.000 Euro.
Da von der Bürgerschaft im Vermögenshaushalt 2009 die Mittel zur Beschaffung bereitgestellt worden waren, konnte nach europaweiter Ausschreibung der Auftrag erteilt und das Projekt realisiert werden.
Bis zum 7. Mai 2010 wurden im St.-Jürgen-Ring jeweils nach Fertigstellung der Überwachungssäulen mehrstündige Testmessungen vorgenommen, um die Funktionsfähigkeit der Anlage zu überprüfen.
Diejenigen, die in den vergangenen Tagen durch Poliscan „geblitzt“ wurden, können sich (noch) entspannen: Die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens droht nicht. Denn die Messungen dienten der Kalibrierung der Anlage und damit dem Test der „Blitzer“. +++