In geradezu schonungsloser Deutlichkeit ist den Mitgliedern des Lübecker Bauausschusses gestern die ganze Wahrheit über den Zustand des lübschen Straßennetzes präsentiert worden. Der Leiter des Bereichs Verkehr, Dr.-Ing. Stefan Klotz, verteilte an die Ehrenamtler etliche Seiten engbedrucktes Papier, ehe er seinen Bericht, projiziert per Beamer auf eine Wand im Tagungsraum des Maritim in Travemünde, begann: Allein für die Beseitigung der Winterschäden benötigt der Bereich Verkehr derzeitigen Berechnungen nach knapp 13 Millionen Euro! Dabei handelt es sich aber lediglich um „normale“ Straßensanierung, nicht aber um eine nachhaltige, also auf den dauerhaften Erhalt einer Straße angelegte Sanierung.
Schon jetzt stehe fest, dass das bislang in den Haushalt eingestellte Geld nicht reichen wird. Für die restlichen acht Monate stehen noch rund 360.000 Euro für die reine Straßenunterhaltung zur Verfügung. Daher wird der Bereich Verkehr zusätzliche Mittel beantragen und durch die Politik bewilligt bekommen müssen, damit die Hansestadt Lübeck ihrer Verkehrssicherungspflicht auch im laufenden Jahr 2010 nachkommen kann.
Wie marode die Straßen der Hansestadt Lübeck sind, verdeutlichte Dr. Klotz am Beispiel „Brandenbaumer Landstraße“. Einer Straße, die deutschlandweit bekannt wurde. Denn während des Winters musste im 600 Meter langen Abschnitt zwischen der Straße „An den Schießständen“ und der Landesgrenze wochenlang Tempo 10 verhängt werden, weil sich Schlagloch an Schlagloch reihte. Diese Straße haben die Fachleute der Bauverwaltung – wie alle anderen auch – geradezu akribisch und detailliert untersucht und die Ergebnisse den ehrenamtlichen Politikern präsentiert. Demnach wird die Brandenbaumer Landstraße den nächsten starken Winter nicht „überleben“, wenn nicht noch in diesem Jahr mit der Sanierung begonnen wird. Auch der Umstand, dass an der Einmündung von „An den Schießständen“ und Brandenbaumer Landstraße ein Verbrauchermarkt gebaut und daher der Kreuzungsbereich neu gestaltet wird (es gibt u. a. eine Abbiegespur ortsauswärts) bringt wenig Verbesserung. Dieser Abschnitt ist gerade einmal 60 Meter lang – ein Zehntel des Abschnittes bis zur Ortsgrenze nach Herrnburg, wo die L 182 schlaglochfrei weiter in Richtung Osten und zur A 20 führt.
Die Brandenbaumer Landstraße soll zunächst einmal in einem ersten Bauabschnitt zwischen Kantstraße („Soldatenweg“) und „An den Schießständen“ (Mustiner Weg) saniert werden, erläuterte Klotz. Dabei werden die obersten beiden Schichten, die Deck- und die Binderschicht, neun Zentimeter tief abgefräst. Anschließend wird eine neue Asphaltdecke aufgetragen. Die Kosten für diese Straßenreparatur werden bei rund 500.000 Euro liegen – für die 2440 Meter einer Straße, die sieben Meter breit ist und auch nach dieser Maßnahme nicht „grundhaft“ instand gesetzt ist.
Welche Kosten auf die Hansestadt Lübeck zukämen, würden alle Straßen grundhaft saniert, also nicht nur die obersten Schichten einer Straße erneuert, sondern die gesamte Straße neu aufgebaut werden, will die Verwaltung dem Ehrenamt bei einer der nächsten Sitzungen des Bauausschusses sagen. +++