"An diesem Sonntag findet die Wahl zum Europäischen Parlament statt. Die Beteiligung an den europäischen Wahlen ist regelmäßig geringer als bei den nationalen Wahlen zu Kommunalparlamenten, Landesparlamenten oder zum Bundestag.
Diese Tatsache ist aus zwei Gründen zu bedauern: Zum einen sollten die Bürgerinnen und Bürger in einem demokratischen Staat von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen, damit autoritäre Machtverhältnisse gar nicht erst entstehen können, denn Regierungsverantwortung kann immer nur auf Zeit vergeben werden. Zum anderen übersehen viele, daß ein sehr großer Teil unserer nationalen Gesetzgebung in der Europäischen Kommission und im Europäischen Parlament beschlossen wird.
Das Europäische Parlament ist seit dem Vertrag von Amsterdam, der am 1. Mai 1999 in Kraft trat, keineswegs mehr machtlos. Entscheidend ist, daß das Parlament über 85 Prozent der europäischen Haushaltsmittel entscheiden kann und somit die Schwerpunkte zu setzen vermag. Und von der richtigen Gewichtung dieser Schwerpunkte profitieren die Bürgerinnen und Bürger in den Mitgliedstaaten. Die Hansestadt Lübeck wäre zum Beispiel nicht in der Lage, regelmäßig 400 Arbeitsplätze in verschiedenen Bereichen und bei verschiedenen Arbeitgebern für Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger anzubieten, wenn nicht ein erheblicher Teil über europäische Fördermittel laufen würde. Damit erhalten diese Menschen wieder eine Perspektive für ihr zukünftiges Leben. Aber auch manche Investitionen - insbesondere im Lübecker Hafen - wären nicht möglich oder nur zu erheblich höheren Kosten möglich, wenn nicht europäische Fördermittel hinzukämen. Und das sichert Arbeitsplätze in den jeweiligen Branchen. Gerade jetzt im Wahlkampf zum Europaparlament hört man hin und wieder die Frage, ob wir denn überhaupt ein vereintes Europa wollen oder nicht. Und die Antwort ist: Wir wollen dieses vereinte Europa, weil es uns Sicherheit und Frieden bringt, die höchsten Güter, die wir besitzen. Wir halten aber auch die Fragestellung für falsch, denn bei Kommunalwahlen geht es ja auch nicht um die Frage, ob wir die Hansestadt Lübeck wollen oder nicht, sondern es geht um die Frage, wie wir die Verhältnisse in Lübeck gestalten möchten. Und deshalb geht es auch bei der Europawahl nicht um die Frage, ob wir Europa wollen oder nicht, sondern daß wir durch eine Stärkung des Europäischen Parlaments dafür sorgen wollen, daß ein demokratisches und sozialgerechtes Europa entsteht.
Wir rufen Sie deshalb auf: Gehen Sie am 13. Juni 1999 wählen!"
Peter Oertling Michael Bouteiller
Stadtpräsident Bürgermeister