Die Zerstörungen an und um der St. Georg-Kirche in Lübeck-Genin am Sonnabend durch zwei Jugendliche, die sich in städtischer Betreuung befinden, ist von der Hansestadt Lübeck mit Bestürzung aufgenommen worden. "Ich bedauere und verurteile die Zerstörungen, welche die zwei Jugendlichen an Gebäuden der St. Georg-Kirche und auf dem Friedhof angerichtet haben", erklärte Jugendsenator Ulrich Meyenborg am Montag.
Eine erste Prüfung hat ergeben, daß diese Tat für den verantwortlichen Mitarbeiter nicht vorhersehbar und nicht zu verhindern war. Sie geschah innerhalb von 15 Minuten, während sich die beiden 14 und 15 Jahre alten Jugendlichen außerhalb der Betreuungseinrichtung aufhielten.
Bei der Einrichtung "Kinder - und Jugendnotdienst" erfolgt eine vorübergehende "Rund-um-die-Uhr"-Inobhutnahme. Sie besteht in der Betreuung und Beratung von Kindern und Jugendlichen im Alter von sechs bis 18 Jahren mit verschiedenen, in der Regel sehr schwierigen Problemlagen. 24 Stunden ist mindestens ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin anwesend. Es handelt sich hierbei um für diese Maßnahmen qualifiziertes pädagogisches Personal.
Ziel ist es, diesen Kindern und Jugendlichen in ihrer problematischen Situation, in die sie meist unverschuldet geraten sind, zu helfen und Auswege zu finden. Sie sollen dabei weder "weggeschlossen" werden noch können sie ständig beobachtet werden. Die Einrichtung hat das Ziel, jegliche Entmündigung der betreuten Jugendlichen zu vermeiden und stattdessen das Selbstbewußtsein und die Selbständigkeit zu fördern. Damit soll kurzfristig eine Rückkehr in die Familie oder eine Vermittlung an eine andere pädagogische Einrichtung ermöglicht werden. Der Kinder- und Jugendnotdienst ist in seiner Arbeit anerkannt und sehr erfolgreich.
Hieraus ergebe sich, daß Vorfälle, wie der jetzt geschehene, leider nie ganz auszuschließen seien, sagte Meyenborg. "Sie sind auch nicht spezifisch für die Jugendlichen dieser Einrichtung, sondern kommen bedauerlicherweise immer wieder überall vor." Hiermit solle keineswegs die Tat der Jugendlichen beschönigt werden, da der Vorfall sehr ernst genommen werde. Aber andererseits müßten auch die "Grenzen unseres Handelns und unserer Einflußmöglichkeit im Bereich der erzieherischen Hilfen" benannt werden.
Meyenborg weiter: "Ich verstehe einerseits die Entrüstung der Kirchengemeinde angesichts dieses Vorfalls, andererseits halte ich die Reaktion des Pastors am Wochenende, mit der Drohung einer Strafanzeige gegen die Hansestadt Lübeck wegen Vernachlässigung der Aufsichtspflicht in die Öffentlichkeit zu gehen, für eine völlige Überreaktion. Dies kann nur zu falschen Reaktionen gegen Kinder und Jugendliche führen, die dringend der Hilfe aller Beteiligten (also auch der Kirche) bedürfen."
Meyenborg kündigte an, am Dienstag in einem Gespräch mit der Leitung des Kirchenkreises Lübeck die Problematik erörtern, um gemeinsame Lösungen zu finden. +++