Wie unter Anlass dargestellt bestehen derzeit mehrere Herausforderungen, aber auch mögliche Zukunftsperspektiven im Bereich Kücknitz-Travemünde. Die Abteilung Stadtenwicklung hat sich in den vergangenen Wochen intensiv mit folgenden Fragestellungen befasst:
- Wie kann eine ÖPNV-Anbindung des Hafenhauses erfolgen, wenn die Trasse durch den Skandinavienkai nicht mehr zur Verfügung steht?
- Wie können Belastungen durch die Umleitung der Buslinien in Ivendorf gemindert werden?
- Wie kann dabei ein möglichst attraktives Busangebot für möglichst viele Nutzer:innen beibehalten werden?
- Wie kann ein verbessertes Travemünder Ortsbuskonzept im Sinne des 5. RNVP ohne die Kommunaltrasse zwischen Alter und Neuer Teutendorfer Siedlung funktionieren?
- Welchen Beitrag kann eine mögliche 2. Straßenanbindung zur Verbesserung der verkehrlichen Situation leisten?
Kurzfristig umzusetzende Buslinienkonzepte in Varianten
Die Sperrung der ÖPNV-Trasse durch den Skandinavienkai im vergangenen Jahr kam unerwartet und führte dazu, mit der neuen Linie 36 sehr kurzfristig eine Lösung finden zu müssen, um das Hafenhaus und damit den Skandinavienkai weiterhin an den Busverkehr anbinden zu können. Die Linie 36 pendelt überwiegend stündlich zwischen Kücknitz (Haltestelle Roter Hahn), dem Skandinavienkai und Travemünde (Haltestelle Priwallfähre). Die gefundene Lösung stellt aber keine langfristige Perspektive dar.
Grundsätzlich stellte die Durchfahrung des Skandinavienkais die optimale Verbindung im Korridor Kücknitz-Travemünde dar, da es sich um die kürzeste und weitgehend konfliktfreie Verbindung handelte. Im Folgenden sind mehrere Varianten dargestellt, die eine langfristig tragfähige Busverbindung im Korridor darstellen könnten. Die Herstellung der ursprünglichen Qualität mit einem vergleichbaren Kosten-Nutzen-Verhältnis wird dabei aber nur schwerlich erreicht werden können.
Folgende Planungsprämissen waren bei der Konzeptionierung zu berücksichtigen. Die Auflistung speist sich dabei neben der Problematik rund um den Skandinavienkai auch aus weiteren Punkten, die zum Fahrplanwechsel im Dezember 2024 aufgetreten sind.
- Keine Verschlechterung der Verbindung Travemünde – Kücknitz – Innenstadt
- Umsteigefreie Anbindung Hafenhaus an Innenstadt und ZOB
- Umsteigefreie Anbindung Hafenhaus an Kücknitz
- Umsteigefreie Anbindung Hafenhaus an Travemünde
- Weniger Busverkehr in Ivendorf
- Umsteigefreie Anbindung Travemünde an Trave-Gymnasium
- Mehr Busse zwischen Siems/Kieselgrund und Innenstadt
- Keine Anpassungen an Haltestelleninfrastruktur
- Keine Anpassungen im SWL-Gesamtnetz
- Möglichst geringe zusätzliche Aufwendungen
Da einige dieser Ziele unmittelbar im Konflikt miteinander stehen (z.B. Verbindung Travemünde-Hafenhaus und weniger Busse in Ivendorf) ist es herausfordernd, Lösungen zu finden, die alle diese Ziele erreichen. Im Folgenden sind die Varianten kurz bewertet. Umfangreichere Steckbriefe sind dem Anhang zu entnehmen.
| Vorteile | Nachteile |
Variante A (Beibehalt 36) | / | - Außer der Anbindung des Hafenhauses kein Mehrwert für sonstige Fahrgastströme
- Dennoch hohe Kosten
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Variante B (Verlängerung 33 bis Hafenhaus) | - Vergleichsweise kostengünstig und leicht umsetzbar
- Geringer Eingriff ins Gesamtsystem
| - Keine direkte Verbindung Travemünde-Hafenhaus
- Keine direkte Verbindung Lübeck-Hafenhaus
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Variante C (Verlängerung 33 bis Travemünde) | - Beschleunigung Linie 50
- Direkte Verbindung Travemünde - Travegymnasium
| - Keine direkte Verbindung Lübeck-Hafenhaus
- Mehr Busse in Ivendorf
- Hohe Kosten
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Variante D (Verlängerung 31 bis Travemünde) | | - Umfangreiche Anpassungen und betriebliche Nachteile im Gesamtnetz
- Keine Bahnanschlüsse für das Hafenhaus
- Mehr Busse in Ivendorf
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Variante E (Neue Linie 32) | - Substanzielles zusätzliches Linienangebot im Korridor Lübeck-Travemünde
- Beschleunigung Linie 50; Verlängerung der 10-Min.-Taktachse nach Travemünde
- Taktverdichtung im Kücknitzer Süden
| - Mehr Busse in Ivendorf
- Hoher Aufwand und Kosten, daher 2025 nicht umsetzbar
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Variante F (40 über Hafenhaus) | - Vergleichsweise kostengünstig
| - Wegfall 10-Min.-Taktachse Lübeck – Kücknitz
- Keine sinnvolle Verbindung Kücknitz-Hafenhaus
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Variante G (Schnellbus B 75) | - Schnelle, direkte Verbindung Travemünde - Innenstadt
- Weniger Busse in Ivendorf
| - Verringerung der Fahrten zwischen Kücknitz und Travemünde
- Hoher Aufwand und Kosten, daher 2025 nicht umsetzbar
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Variante H (Stichfahrt 50 Hafenhaus) | - Vergleichsweise kostengünstig und leicht umsetzbar
- Linie 50 bereits jetzt zwischen Kücknitz und Trvm. vergleichsweise unattraktiv
| - Linie 50 kein attraktives Angebot mehr zwischen Travemünde und Lübeck
- Teils Pulkverkehr mit Linie 30
- Ineffizienter Fahrzeugeinsatz
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Variante I (Stichfahrt 50 und B 75) | - Entlastung Ivendorf
- Verbesserte Anbindung nördliches Travemünde nach Lübeck
| - Hohe Kosten
- Verschlechterte Anbindung Pommernzentrum
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Variante J (50 bis Hafenhaus, Ortsbus bis Hafenhaus | - Entlastung Ivendorf
- Verbesserte Bahnanschlüsse
- Verbesserter Fahrzeugeinsatz
| - Linie 50 keine Verbindung zwischen Travemünde und Kücknitz mehr
- Verschlechterte Anbindung Pommern-zentrum
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Die Bedeutung der einzelnen Planungsziele ist aus Sicht der Verwaltung durchaus unterschiedlich zu gewichten. Oberste Priorität aus Sicht des Aufgabenträgers ÖPNV ist es, dass sich durch die gefundene Lösung zumindest keine Verschlechterung für die Fahrgastnachfrage ergibt. Hier ist vor allem der Korridor Lübeck-Kücknitz-Travemünde von Bedeutung, wo die Linien 30, 40 und 50 (zwischen Lübeck und Kücknitz) einen gemeinsamen 10-Min.-Takt bilden. Um dies zu ermitteln, wurde für die in die engere Wahl kommenden Varianten eine Prognose der Nachfrageentwicklung mit dem städtischen Verkehrsmodell durchgeführt. In Bezug auf die Bedeutung der Kosten ist es aus Sicht des Aufgabenträgers grundsätzlich erstrebenswert, zusätzliche Finanzmittel dort einzusetzen, wo sie die größte Wirkung entfalten.
Die Vorgaben des 5. RNVP legen eine Erschließung des Skandinavienkais und des Hafenhauses in einer Mindesttaktfolge von 30 Minuten fest. Auch am Wochenende sowie in den Randzeiten morgens und spätabends ist ein Angebot vorgesehen, hier in einer Mindesttaktfolge von 60 Minuten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die direkte Verbindung Richtung Kücknitz / Lübeck in Bezug auf die Fahrgastnachfrage deutlich wichtiger ist als die direkte Verbindung Richtung Travemünde. Letztere bezieht ihre Relevanz eher aus der Daseinsvorsorge zur Anbindung der ansässigen Arztpraxis.
Der Wunsch aus dem Ortsteil Ivendorf, die Zahl der Busse möglichst stark zu reduzieren, stellt eine Herausforderung dar. Mit Schließung der Trasse durch den Hafen verbleiben für die Busse zwischen Kücknitz und Travemünde nur die Alternativrouten über Ivendorf oder über die B75.
Während für den Busverkehr ins nördliche Travemünde die Linienführung über die B75 durchaus vorteilhaft sein kann, erreichen diese Busse nachfragestarke Bereiche im südlichen Travemünde nicht oder nur mit erheblichen Umwegen. Beispiele sind der nachfragestarke Netzknoten Teutendorfer Weg sowie die gut nachgefragten Haltestellen im Bereich Pommernzentrum / Rönnau. Es ist daher nicht möglich, die Zahl der Fahrten in Ivendorf kurz- bis mittelfristig auf das Niveau vor der Sperrung des Hafens (eine Linie im 30-Minuten-Takt) zu reduzieren.
Die aufgeführten Varianten wurden sowohl den Nutzer:innen des Hafenhauses und Gewerbegebietes Skandinavienkai als auch der Interessengemeinschaft Ivendorf vorgestellt. Die Nutzer:innen des Hafenhauses haben sich für diejenigen Varianten ausgesprochen, die jeweils eine direkte Anbindung des Hafenhauses an Lübeck, Kücknitz und Travemünde vorsehen. Die Varianten, die dies nicht oder nur teilweise beinhalten, wurden abgelehnt. Die Interessengemeinschaft Ivendorf hat sich für die Varianten ausgesprochen, die eine spürbare Reduzierung der Buslinien beinhalten. Zwar wird akzeptiert, dass es zukünftig mehr Busverkehr in Ivendorf geben muss als vor der Hafensperrung, allerdings werden diejenigen Varianten abgelehnt, die keine Reduzierung vorsehen oder die nur die Reduktion um eine Linie (bspw. die Linie 36) vorsehen.
In der Gesamtschau ist festzuhalten, dass die negativen Auswirkungen bei einer Stichfahrt der Linie 50 zum Hafenhaus (Variante H) am geringsten ausfallen. Wichtig ist hier zu betonen, dass die Stichfahrt nicht durch die Linien 30 oder 40 erfolgen sollte, da diese die schnellen und attraktiven Verbindungen Travemündes Richtung Lübeck darstellen. Hier würden viele Fahrgäste durch die Stichfahrt verloren gehen. Die 50 hat demgegenüber zwischen Travemünde und Kücknitz bereits heute einen relativ langen Fahrweg, da sie noch den Roten Hahn und das Pommernzentrum erschließt, weshalb sich die negativen Auswirkungen in Grenzen halten. Da bei einer Stichfahrt der Linie 50 zum Hafenhaus bei an sonstigem Beibehalt des heutigen Linienwegs nur die Linie 36 entfallen würde, wird diese Variante allerdings von der Interessengemeinschaft Ivendorf nicht mitgetragen.
Hierzu wurden daher noch zwei Unter-Varianten entwickelt, bei denen der Trassenverlauf vom Hafenhaus nach Travemünde aus Ivendorf heraus auf die B 75 verlegt wird – einmal durchgehend als Linie 50 (Variante I) und einmal mit Linientrennung am Hafenhaus (Variante J). Bei letzterer endet die Linie 50 am Hafenhaus, die Verbindung Hafenhaus-Travemünde übernimmt eine angepasste Ortsbuslinie 35 über die B 75.
Die in die engere Wahl kommenden Varianten H, I, und J wurden mit Hilfe des Verkehrsmodells auf ihre Auswirkung auf die Fahrgastnachfrage geprüft. Die Auswirkungen sind insgesamt relativ moderat. Allerdings verzeichnet Variante H eine leichte Abnahme der Fahrgäste und die Varianten I und J eine leichte Zunahme, wodurch im direkten Vergleich dieser drei untereinander dann doch ein signifikanter Unterschied besteht.
In Bezug auf die Kosten ist festzustellen, dass die Varianten H und J keine höheren Kosten verursachen, als die gegenwärtige Variante A mit der Linie 36. Die Variante I hingegen übertrifft die Variante A um rund 325.000 €/a.
Im direkten Vergleich dieser Varianten schneidet somit die Variante J am besten ab, da sie eine akzeptable Lösung sowohl für das Hafenhaus als auch Ivendorf beinhaltet und bei der Fahrgastentwicklung besser abschneidet. Die Variante J wird daher zum Fahrplanwechsel im Dezember 2025 umgesetzt.
Von den Betrieben am Skandinavienkai und der Hausarztpraxis im Hafenhaus wurde eine Nutzendenerhebung durchgeführt. Diese Umfrage ist nicht repräsentativ, zeigt aber generell ein hohes Interesse an einer Busanbindung in Richtung Kücknitz, Lübecker Innenstadt und Travemünde. Bei der Frage nach den Einstiegshaltestellen wurden am häufigsten Travemünde Strandbahnhof, Solmitzstraße, Teutendorfer Weg, Gustav-Radbruch-Platz und ZOB/Hauptbahnhof genannt. Mit der empfohlenen Variante haben alle gewünschten aufgeführten Haltestellen eine Anbindung an die Haltestelle Skandinavienkai Terminal im 30-Minuten-Takt (montags bis freitags tagsüber).
Das Randzeitenangebot wurde in den verschiedenen Varianten so geplant, dass die Mindestvorgaben des 5. RNVP erfüllt werden. Bei der Vorzugsvariante sieht der Fahrplan der Linie 50 jeweils bis ca. 20 Uhr eine durchgehende Bedienung von/bis ZOB/Hauptbahnhof vor. Zu den übrigen Zeiten wird ein Pendelverkehr zwischen Skandinavienkai Terminal und Roter Hahn eingerichtet – an dieser Haltestelle bestehen dann Anschlüsse mit ausreichender Umsteigezeit an die Linie 34. Fahrgasterhebungen auf der derzeitigen Linie 36 zeigen, dass die letzten Fahrten des Tages, ca. gegen 22 bis 23 Uhr, oft relativ gut ausgelastet sind – mutmaßlich in Bezug auf abfahrende oder ankommende Fährschiffe. Eine Erweiterung des umsteigefreien Fahrtenangebots zwischen ZOB/Hauptbahnhof und Skandinavienkai Terminal ist daher eine Option für den Fahrplanwechsel im Dezember 2026, allerdings auch mit zusätzlichen Kosten verbunden.
Es soll an dieser Stelle jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass die Herausforderung, die bestehende Arztpraxis im Hafenhaus direkt an Travemünde anzubinden, einen wesentlichen Teil der zusätzlichen jährlichen Kosten bei der Vorzugsvariante verursacht. Die Kosten allein für den vorgeschlagenen Linienweg der Linie 35 zum Hafenhaus werden auf knapp 400.000 € pro Jahr geschätzt. Aus planerischer und monetärer Sicht wäre es somit wünschenswert, wenn die Praxis räumlich näher an ihre Travemünder Patienten heranrücken würde.
Führung Ortsbus nach fertigstellung Neue Teutendorfer Siedlung
Gemeinsam mit dem 5. RNVP wurde beschlossen, das das Ortsbuskonzept für Travemünde angepasst werden sollte. Hintergrund ist nicht zuletzt die als möglicherweise konfliktreich einzuschätzende Befahrung der Kommunaltrasse zwischen alter und neuer Teutendorfer Siedlung mit Bussen. Hierzu wurden ebenfalls verschiedene Varianten geprüft – zunächst auf deren innere Erschließungsqualität für den Stadtteil Travemünde. Aber auch in Bezug auf das Zusammenspiele mit dem neu zu gestaltenden Buskorridor zwischen Kücknitz und Travemünde. Auch hier bestehen verschieden Planungsprämissen:
- Anbindung aller Ortsteile von Travemünde an den SPNV
- Anbindung aller Ortsteile an die Buslinien nach Lübeck
- Anbindung aller Ortsteile an den Altstadtbereich
- Erfüllung der Erschließungskriterien des 5. RNVP
- Wünschenswert ist eine mögliche Verlängerung einer Linie vom Priwall nach Dassow
- Sinnvolle Verknüpfung mit der Busplanung im Korridor Kücknitz-Travemünde
- Gute Anbindung der Neuen Teutendorfer Siedlung an den Bahnverkehr
- Möglichst geringe zusätzliche Aufwendungen
Im Folgenden sind die Varianten kurz bewertet. Umfangreichere Steckbriefe sind dem Anhang zu entnehmen.
| Vorteile | Nachteile |
Variante A (gem. RNVP) | - Alle Planungsziele werden erfüllt
- Vergleichsweise geringer Ressourceneinsatz
| - Nutzung der Kommunaltrasse
- Nicht kompatibel zum Konzept für den Korridor Kücknitz-Travemünde
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Variante B (RNVP ohne Kommunaltrasse) | - Die Planungsziele werden überwiegend erreicht
- Vergleichsweise geringer Ressourceneinsatz
| - Nur eingeschränkt kompatibel zum Konzept für den Korridor Kücknitz-Travemünde
- Suboptimale Anschlussverknüpfungen. Die Verbesserung der Verknüpfungen stünde im Konflikt mit den Belangen des ruhenden Verkehrs (Hafenbahnhof, Rose)
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Variante C (zwei Ringlinien) | - Hohe quantitative Erschließungsqualität
| - Hoher Fahrzeugeinsatz auch in peripheren Ortslagen
- Hoher Ressourceneinsatz
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Variante D (Verlängerung Korridor-Planung) | - Kompatibel zum Konzept für den Korridor Kücknitz-Travemünde
| - Leichte Nachteile bei stadtteilinternen Verkehren
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Variante E (Var. D + Kommunal-trasse | - Kompatibel zum Konzept für den Korridor Kücknitz-Travemünde
- Verbessertes Angebot in Teutendorfer Siedlung
| - Leichte Nachteile bei stadtteilinternen Verkehren
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Die ursprünglich für den 5. RNVP avisierte Variante A stellt das Optimum für die stadtteilinternen Verkehre dar. Wünsche aus dem politischen Raum (keine Nutzung der Kommunaltrasse) und Zwänge aus der Schließung des Hafens machen nun ggf. eine angepasste Variante erforderlich.
Die Varianten D und E nehmen den Ansatz der Korridor-Variante J auf, den Ortsbus bis zum Hafenhaus zu führen. Die Nutzung der Kommunaltrasse schneidet leicht besser ab und würde das Angebot in der alten Teutendorfer Siedlung verbessern und wird seitens der Verwaltung empfohlen.
Anpassung Haltestelleninfrastruktur Pommernzentrum
Unter den dargestellten Rahmenbedingungen ist es sinnvoll, die Haltestelleninfrastruktur im Bereich Pommernzentrum und Henry-Koch-Straße zu verändern – aus folgenden Gründen:
- Durch Verlegung der Linien 30 und 40 aus dem Hafen auf die Ivendorfer Landstraße fahren nun schnelle Linien unmittelbar am Pommernzentrum vorbei, ohne diese allerdings sinnvoll zu erschließen, da sie nur an der eher ungünstig gelegenen Haltestelle Rönnauer Weg halten. Durch zwei neue Haltestellen im Bereich Europaweg und Ostseestraße kann das Pommernzentrum deutlich besser an diese Linien angebunden werden.
- Durch das in Planung befindliche neue Baugebiet (B-Plan „Europaweg-Ostseestraße“ 32.77.00) erfährt eine neue Haltestelle Europaweg eine noch höhere Bedeutung.
- Durch die hier vorgeschlagene Neugestaltung der Linie 50 fährt diese nicht mehr ins Pommernzentrum hinein. Stattdessen fährt nun die Linie 35, die allerdings deutlich unattraktiver ist, da sie nicht an Kücknitz und Lübeck angebunden ist. Die neuen Haltestellen können dies ausgleichen.



Das Gewerbegebiet Henry-Koch-Straße ist erst seit Kurzem durch die – nicht sehr attraktive – Linie 36 an den Busverkehr angebunden. Das neue Konzept sieht vor, dass zukünftig die Linie 35 diese Haltestelle bedient, was allerdings noch keine Verbesserung darstellt. Wünschenswert wäre es, wenn die Linie 50 auch das Gewerbegebiet erschließen könnte, was derzeit nur durch die relativ weit entfernte Haltestelle Travemünder Landstraße möglich ist. Eine Stichfahrt der Linie 50 durch das Gewerbegebiet ist umlauftechnisch nicht möglich. Daher ist es sinnvoll, eine neue Haltestelle direkt an der Travemünder Landstraße herzurichten, die das Provisorium innerhalb der Henry-Koch-Straße ersetzt. Diese könnte durch die Line 50 angefahren werden.



Änderungen an der Haltestelleninfrastruktur sind wahrscheinlich erst nach dem kommenden Fahrplanwechsel umsetzbar. In die Betrachtung im städtischen Verkehrsmodell sowie die Planungen zum Fahrplanwechsel im Dezember 2025 ist daher der bisherige Haltestellenbestand eingeflossen.
Verbesserung der Verbindung Travemünde – Schulzentrum Kücknitz
Mit dem Fahrplanwechsel Dezember 2024 entfiel die direkte Verbindung zwischen Travemünde und dem Schulzentrum, da die Linie 33 nur noch bis Kücknitz Roter Hahn verkehrt. Seitdem ist ein Umstieg an der Solmitzstraße zwischen der Linie 33 und den Linien 30, 40 oder 50 erforderlich. Eine direkte Verbindung gibt es durch zwei Sonderfahrten der ursprünglichen Linie 33 morgens zur ersten Schulstunde und mittags nach der 6. Stunde.
Da diese Lösung von vielen Nutzer:innen bemängelt wird und gemäß Vorzugsvariante auch die Linie 50 nicht mehr bis Travemünde fahren würde, wird seitens des Aufgabenträgers angestrebt, mittags zusätzliche Sonderfahrten einzuführen, sodass auch dann eine direkte Verbindung besteht, wenn der Schulschluss nicht auf die 6. Stunde fällt.
Auswirkungen einer möglichen 2. Anbindung Travemündes
Die Machbarkeitsstudie für die 7. und 8. Variante ist dieser Vorlage beigefügt. Die vorgesehene Verkehrsführung ist zur groben Orientierung den folgenden Abbildungen zu entnehmen.
Quelle: INROS-LACKNER
Im Folgenden wird die Übersichtstabelle aus der VO/2022/11168 sowie der VO/2023/12514 um die Varianten 7 und 8 ergänzt und aktualisiert
| Vorteile | Nachteile |
Variante 1 (Skandinavienkai) | - Größte verkehrliche Wirkung (Umverteilung von B75)
- Geringer baulicher Aufwand für Erstellung der Trasse
- Geringster Konflikt mit Wohnbebauung
| - Betriebsabläufe auf dem Hafengelände massiv gestört – Funktionsfähigkeit des Skandinavienkais wird in Frage gestellt
- Derzeit nicht genehmigungsfähig (ISPS Bereich)
- Hafenersatzfläche erforderlich
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Variante 2 (neue Anschlusstelle zur Ostseestraße) | - Führung des Verkehrs entlang abgerückter Wohnbebauung
- Trasse weit südlich, dadurch mehr Aufteilung der Verkehre
| - Sehr hoher Aufwand und Kosten (neue Anbindung an die B75, Straßenneubau, Anbindung an Ivendorfer Landstraße, Grunderwerb
- Erhebliche Konflikte mit dem Landschaftsschutz
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Variante 3 (Rönnau) | - Weitgehende Nutzung vorhandener Wegeführung
| - Hoher Aufwand (Ausbau des Rönnauer Weges, Grunderwerb, Anbindung an die B75
- Konflikte mit Wohnbebauung und Landschaftsschutz
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Variante 4 (Teutendorfer Weg) | - vergleichsweise geringer Aufwand (vorhandene Fahrbahnbreite ausreichend)
| - zusätzlicher Verkehr durch Wohngebiet
- Verkehrsumverteilung eher gering
- Neue Anbindung an die B75 und Grunderwerb erforderlich
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Variante 5 (Ivendorf) | - Große verkehrliche Wirkung (Umverteilung von B75)
- Vergleichsweise geringer Aufwand
| - Neue Anbindung an die B75, Knotenpunktausbau und Grunderwerb erforderlich
- Verbindung Travemünder Landstraße/Ivendorfer Landstraße entfällt (Bahnübergang)
- Neue Linienführung ÖPNV erforderlich
- Mehrverkehr in Ortslage Ivendorf – dies wird noch verstärkt durch die kürzlich erfolgte Umleitung der Buslinien aus dem Hafen
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Variante 6 (Skandinavienkai alternativ) | - Größte verkehrliche Wirkung (Umverteilung von B75)
- Geringer Konflikt mit Wohnbebauung
| - Besonders hoher Aufwand und Kosten durch zahlreiche Ingenieurbauwerke
- Negative Auswirkungen auf den Hafenbetrieb
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Variante 7 (westlich parallel Bahntrasse) | - Große verkehrliche Wirkung (Umverteilung von B75)
- Einzige Variante ohne wesentliche Konflikte mit Wohnbebauung, Hafen oder Naturschutz
| - Hohe Kosten
- Ggf. Teilinanspruchnahme einer geplanten PV-Freiflächenanlage südöstlich des Pommernzentrums
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Variante 8 A/B (Anschluss Rönnau, südliche Umfahrung Pommernzentrum) | - Große verkehrliche Wirkung (Umverteilung von B75)
- Weiterentwicklung der Variante 3 mit geringeren Konflikten zur Wohnbebauung
| - Hohe Kosten
- Konflikte mit dem Landschaftsschutz
- Flächenzugriff fraglich
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Bislang hat die Verwaltung den Standpunkt vertreten, dass angesichts der Tatsache, dass die Erforderlichkeit einer zweiten Anbindung dem Gutachten nicht entnommen werden kann, hohe Kosten hierfür nicht zu rechtfertigen sind. Vor diesem Hintergrund wurde die Variante 5 am wenigsten kritisch beurteilt.
Durch die Sperrung des Skandinavienkais für die Busse hat sich nun allerdings eine Rahmenbedingung geändert. Durch die Umleitung der Busse durch Ivendorf ist nun eine zusätzliche Verkehrsbelastung in Ivendorf zu verzeichnen, die dort auf Kritik stößt. Im Rahmen der erfolgten Untersuchung musste allerdings festgestellt werden, dass die Durchfahrung Ivendorfs mit den Bussen größtenteils beibehalten werden sollte. Vor diesem Hintergrund ist eine Empfehlung der Variante 5 zu hinterfragen, da hierdurch noch erheblich mehr Verkehr durch den Ort geleitet würde. Sowohl aufgrund der dann erheblichen Verkehrsbelastung in Ivendorf als auch der in Teilen nicht ausreichenden Kapazität der Ivendorfer Landstraße sowie der Knotenpunkte sollte die Variante 5 nicht weiterverfolgt werden.
Die Variante 8 (B) sollte aus Sicht der Verwaltung, trotz Empfehlung des Gutachtens, ebenfalls nicht weiterverfolgt werden, da neben den hohen Kosten auch die Realisierbarkeit fraglich ist. Sie stellt einen erheblichen Eingriff in den Landschaftsraum dar und es müssen in hohem Ausmaß private Flächen erworben werden. Für die aktuelln Herausforderungen im Busverkehr bringt die Variante keinen substenziellen Mehrwert.
Die Variante 7 stellt in der Gesamtschau die einzige Variante dar, bei der keine gravierenden Konflikte zu erwarten sind. Zudem könnte die Variante für den Busverkehr auch einige Probleme lösen, da ein konfliktarmer und schneller Linienweg für die Busse zwischen Kücknitz und Travemünde bereitstünde. Auch die Anbindung des Hafenhauses kann ggf. wieder verbessert werden. Die konkreten Auswirkungen auf das Liniennetz müssten allerdings im Detail noch ausgeplant werden.
Nicht zuletzt aufgrund zweier niveaufreier Bahnquerungen ist die Variante 7 jedoch baulich komplex und daher mit sehr hohen Kosten von rd. 47 Mio € verbunden. Auch hier muss in Frage gestellt werden, ob der zu erwartende Nutzen in angemessenem Verhältnis zu den Kosten steht. Daher kann zu diesem Zeitpunkt noch keine Empfehlung ausgesprochen werden.
Theoretisch denkbar ist allerdings das Szenario, dass aufgrund der hier angedachten Schließung des Bahnübergangs Ivendorfer Landstraße seitens der Deutschen Bahn eine (anteilige) Kostenübernahme zumindest einer der niveaufreien Bahnquerungen erfolgen könnte. Dies war kurzfristig nicht zu klären und wird voraussichtlich längere Verhandlungen nach sich ziehen. Bevor hier also eine abschließende Bewertung ausgesprochen werden kann, sollte im weiteren Verfahren geprüft werden,
- Ob eine Übernahme der Kosten einer Bahnquerung durch die DB möglich ist und
- ob zwischen nördlicher Bahnquerung und dem bestehenden Lärmschutzwall die bestehende Ivendorfer Landstraße genutzt werden könnte, um die Kosten weiter zu senken. Letzteres würde zudem den möglichen Zielkonflikt mit der dort in Planung befindlichen PV-Freiflächenanlage verringern.
Auswirkungen von Einzelmaßnahmen BÜ Gneversdorfer Weg
Das angehängte Gutachten hat neben der 2. Anbindung gemäß politischem Auftrag auch die Machbarkeit einer niveaufreien Kreuzung von Gneversdorfer Weg und Bahn in Form einer Unterführung geprüft. Angesichts der hohen Kosten von 12,6 Mio € muss hier allerdings die Frage gestellt werden, ob das zu lösende Problem des Rückstaus bei Schrankenschließung den erforderlichen Aufwand rechtfertigt. Zudem würde sich hier die Frage stellen, ob man – wenn man ohnehin den Gneversdorfer Weg für ein Rampe nach Westen verschwenkt – nicht gleich den Bahnübergang Teutendorfer Weg auf gleichem Wege mit einer gemeinsamen Unterführung entbehrlich macht. Wenn hier gleich zwei Bahnübergänge durch eine gemeinsame Unterführung rückgebaut werden könnten, stellt sich auch hier die Frage einer möglichen Kostenbeteiligung durch die DB.
Dabei sollte aber bedacht werden, dass dies eine extrem MIV-orientierte Maßnahme wäre. Ein Rückbau eines oder beider Bahnübergänge würde auch für Fußgänger:innen und Radfehrer:innen Folgen haben. Sie müssten ebenfalls den Weg durch die Unterführung nehmen. Das dürfte für viele nicht attraktiv sein, die Bahntrasse würde so insbesondere für die Einheimischen zur Barriere.
Da eine 2. Anbindung die Belastung am BÜ Gneversdorfer Weg reduzieren würde, käme diese Maßnahme nur in Frage, wenn die 2. Anbindung nicht umgesetzt würde. Empfohlen wird sie aber aus oben genannte Gründen auch dann nicht.
Auswirkungen von Einzelmaßnahmen Umfahrung REWE
Bzgl. der nördlichen Umfahrung des REWE-Marktes liegt bereits ein Haushaltsbegleitbeschluss vor, mit den konkreten Planungen zu beginnen. Da dies noch nicht erfolgt ist, soll auch diese Maßnahme noch mal im Gesamtzusammenhang betrachtet werden.
Wie in VO/2021/09967 dargestellt, ist die Maßnahme verkehrlich nicht zwingend erforderlich, würde aber zu einer ggf. wünschenswerten Verkehrsreduzierung im Bereich des Knotens Gneversdorfer Weg / Torstraße beitragen. Durch die Sperrung des Skandinavienkais kommt hier nun ein weiterer Aspekt hinzu: Sollte eine Führung von Buslinien von Travemünde über die B 75 erfolgen sollen – als Maßnahme der Busbeschleunigung oder zur Entlastung von Ivendorf – besteht derzeit das Problem, dass von einer solchen Linie der ÖPNV-Netzknoten Teutendorfer Weg nur erschwert bedient werden kann. Die nördliche Umfahrung des REWE könnte eine derartige Linienführung ermöglichen, da hier dann quasi eine Wendeschleife bestehen würde.
Auch diese Maßnahme ist in der Gesamtschau nicht erforderlich, wenn die zweite. Anbindung käme, da es dadurch ebenfalls zu einer Verkehrsreduzierung am genannten Knoten käme und eine konfliktfreie Bustrasse hinzukäme. Für den Fall, dass die zweite. Anbindung nicht kommt und der Busverkehr in Ivendorf reduziert werden soll, kann diese (ohnehin beschlossene) Maßnahme empfohlen werden.
Zusammenfassung:
Für den Busverkehr im Korridor Kücknitz-Travemünde wird die Verwaltung diese Maßnahmen umsetzen:
- Zum Fahrplanwechsel 2025 wird die Linie 50 zum Hafenhaus umgeleitet und dort enden. Die Linie 35 wird als direkte Verbindung zwischen Travemünde und dem Hafenhaus erweitert.
- Zum Fahrplanwechsel 2025 übernimmt die Linie 35 auch die Funktion eines geänderten Ortsbusses ein. In der Folge wird auch die Linie 38 angepasst.
- Zum Fahrplanwechsel 2026 werden im Bereich Pommernzentrum neue Haltestellen zur verbesserten Anbindung an die Linien 30 und 40 eingerichtet. Im Bereich Henry-Koch-Straße wird eine neue Haltestelle an der Travemünder Landstraße eingerichtet.
- Zum Fahrplanwechsel 2025 werden zusätzliche direkte Sonderfahrten zwischen Kücknitz Schulzentrum und Travemünde eingerichtet.
- Die entstehenden Mehrkosten im Busverkehr werden in den Haushalt eingebracht.
Darüber hinaus wird in Bezug auf die 2. Anbindung Travemündes seitens der Verwaltung Kontakt zur DB aufgenommen, damit geklärt wird, ob die Kosten der Variante 7 für die HL deutlich reduziert werden können. Darüber hinaus wird geprüft, ob die Trasse in Teilen auf die Ivendorfer Landstraße verlagt werden kann, um die Kosten zu senken und Konflikte mit dem geplanten Solarpark zu vermeiden.
Eine niveaufreie Querung der Bahntrasse am Gneversdorfer Weg mittels einer Unterführung wird aufgrund der entstehende Barrierewirkung nicht empfohlen.
Eine nördliche Umfahrung des REWE wird empfohlen, sofern eine 2. Anbindung für Travemünde nicht realisiert wird.
Ganz grundsätzlich ist es nicht unwahrscheinlich, dass der Bau einer 2. Straßenanbindung für Travemünde insgesamt zu einer Erhöhung des Autoverkehrs nach und in Travemünde führen wird. Die Verwaltung vertritt die Auffassung, dass durch eine Ausweitung der Takte insbesondere im Schienenpersonennahverkehr (RE 8 und RE 86) die Verkehrsbelastung ebenfalls merklich reduziert werden kann, ohne dass umfangreiche Straßenbaumaßnahmen im Sinne einer 2. Anbindung Travemündes erforderlich werden.