Vorlage - VO/2025/13950  

Betreff: 1. Satzung zur Änderung der Satzung der Hansestadt Lübeck über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Hansestadt Lübeck
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Bürgermeister Jan LindenauAktenzeichen:201.3
Federführend:1.201 - Haushalt und Steuerung Bearbeiter/-in: Uhlig, Manfred
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Hauptausschuss zur Vorberatung
25.02.2025 
28. Sitzung des Hauptausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Entscheidung
27.02.2025 
13. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck in der Wahlperiode 2023 - 2028 unverändert beschlossen   

Beschlussvorschlag
Finanzielle Auswirkungen
Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
1. Satzung zur Änderung der Satzung der Hansestadt Lübeck über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer

Beschlussvorschlag

Die 1.Satzung zur Änderung der Satzung der Hansestadt Lübeck über die Erhebung
einer Zweitwohnungssteuer in der Hansestadt Lübeck wird in der Fassung der Anlage 1

beschlossen
 

 

 

Beschlusstext zur Bekanntgabe im öffentlichen Teil:

(nur bei nichtöffentlichen Vorlagen)

 


 


Verfahren

 

Bereiche/Projektgruppen

Ergebnis

1.300 Recht

keine rechtlichen Bedenken

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beteiligung von Kindern und Jugendlichen

 

Ja

gem. § 47 f GO ist erfolgt:

x

Nein- Begründung:

Interessen von Kindern und Jugendlichen sind nicht betroffen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Maßnahme ist:

 

neu

 

X

freiwillig

 

 

vorgeschrieben durch: 

 

 

 

 

 

 

Finanzielle Auswirkungen:

 

Ja (Anlage 1)

 

X

Nein

 

Auswirkung auf den Klimaschutz:

X

Nein

 

 

Ja Begründung:

 

 

 

 

 

 

Begründung der Nichtöffentlichkeit

gem. § 35 GO:

 

 

 

 


Begründung

Ausgangslage
Die Hansestadt Lübeck erhebt als kommunale Aufwandssteuer in ihrem Stadtgebiet eine Zweitwohnungssteuer. Im Jahr 2019 hat das Bundesverwaltungsgericht die Erhebung der Zweitwohnungssteuer anhand der sogenannten Jahresrohmiete auf Basis von Hochrechnungen des Einheitswertes vom 01.01.1964 durch Preisindizes für die Lebenshaltung für verfassungswidrig erklärt.

 

Es galt daher eine neue Bemessungsgrundlage zu finden, die die Abkehr der bisherigen Rechtsprechung und die weiteren Ausführungen des Gerichtes berücksichtigt. Diese wurde unter Federführung der Hansestadt Lübeck - gefunden und die Mehrzahl der Kommunen in Schleswig-Holstein haben das sog. Lübecker Modell auch angewendet.

Danach bemisst sich die Steuer nach dem Lagewert der Zweitwohnung multipliziert mit der Quadratmeterzahl der Wohnfläche multipliziert mit dem Baujahresfaktor der Zweitwohnung. Der Lagewert wird anhand des Bodenrichtwertes ermittelt.

 

Der 6. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) hat am 09.10.2024 über Klagen gegen Zweitwohnungssteuerbescheide der Gemeinden Kittlitz und Pogeez sowie der Stadt Tönning entschieden. Das OVG ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der von der Stadt Tönning verwendete Steuermaßstab nicht zu beanstanden ist und die darauf beruhenden Zweitwohnungssteuerbescheide rechtmäßig sind (Az. 6 LB 6/24). Die Steuerbescheide der Gemeinenden Kittlitz (Az. 6 LB 4/24) und Pogeez (Az. 6 LB 5/24)    befand der Senat hingegen mangels wirksamer Rechtsgrundlage für rechtswidrig. Beide Gemeinden haben nach dem Lübecker Modell ihre Steuer berechnet.

Bereits am 24. April 2024 wurden in zwei Normenkontrollverfahren (6 KN 1/24 und 6 KN 2/24) die Zweitwohnungssteuersatzungen der Gemeinden Hohwacht und Timmendorfer Strand für unwirksam erklärt. Die vom Gericht verworfenen Satzungen der betroffenen
Gemeinden setzen als Steuermaßstab neben Faktoren wie Größe der Wohnung und Baujahresfaktor den absoluten Bodenrichtwert fest, ohne diesen nach der Lage der Wohnung zu relativieren („becker Modell“). In diesen Fällen werde die Bemessung der Zweitwohnungsteuer vom Bodenrichtwert zu stark dominiert,hrend sich die anderen Bemessungs-faktoren nicht ausreichend auswirken, so das OVG.

 

Die von der Stadt Tönning („St. Peter Ording Modell“) verwendete Maßstabsregelung relativiert den Bodenrichtwert, indem er zunächst durch den höchsten Bodenrichtwert im Stadtgebiet geteilt wird und das Ergebnis mit einem weiteren Faktor summiert wird. Diese Regelung wurde vom OVG grundsätzlich für rechtmäßig erklärt, soweit damit der Lagewert angemessen berücksichtigt bzw. ermittelt wird. Revision wurde zugelassen und ist auch eingelegt
worden. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes steht noch aus.

Das OVG hat im Rahmen seines jüngsten Verfahrens zu einer Zweitwohnungssteuersatzung in der mündlichen Verhandlung am 21.01.2025 (6 LB 7/24 noch nicht rechtskräftig) seine Rechtsprechung hinsichtlich der Bemessungsgrundlage bestätigt Auch in diesem Verfahren ist die Revisionseinlegung zugelassen. Mit einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Verfahren der Stadt Tönning ist nicht zeitnah zu rechnen. Gleichzeitig ist aus den rechtskräftigen Entscheidungen des OVG zum „becker Modell“ abzuleiten, dass die aktuelle Zweitwohnungssteuerberechnung bei gerichtlicher Überprüfung für rechtswidrig erklärt werden dürfte, sodass für die Zweitwohnungssteuererhebung der Hansestadt Lübeck aktuell keine Rechtssicherheit und folglich Handlungsbedarf besteht. Nur mit einer möglichst rechtssicheren Satzung als Rechtsgrundlage können angefochtene Steuererhebungen aus der Vergangenheit geheilt werden und zukünftige Erhebungen nach übereinstimmender Rechtsprechung auf Landesebene abgesichert werden. Andere, rechtssicherere Berechnungs-modelle sind zurzeit nicht absehbar.

 

Deshalb ist die Berechnungsgrundlage für die Erhebung der Zweitwohnungssteuer in der Hansestadt Lübeck dem St.Peter-Ording Modell anzupassen und der Bodenrichtrichtwert ins Verltnis zu setzen.

 

§ 4 - Steuermaßstab

Lagefaktor

Der Maßstab der Zweitwohnungssteuer muss sich am Aufwand des Steuerpflichtigen orientieren. Dieses kann nach der o.g. Rechtsprechung durch die Berücksichtigung eines angemessenen Lagefaktors erfolgen.

 

Die neue Bemessungsgrundlage errechnet sich zukünftig wie folgt:

   

 Lagefaktor x Wohnfläche x Baujahresfaktor x 100 x Verfügbarkeitsgrad

 

Der Lagefaktor wird anhand eines modifizierten Bodenrichtwertes ermittelt, der für die Zone gilt, in der das Steuerobjekt liegt. Auf Grundlage der Kaufpreissammlungen werden flächendeckend durchschnittliche Lagewerte für den Boden unter Berücksichtigung des unterschiedlichen Entwicklungszustands ermittelt (Bodenrichtwerte). Die ermittelten Bodenrichtwerte beziehen sich auf Bodenrichtwertzonen, in denen einheitliche Wertverhältnisse herrschen. Bodenrichtwertzonen können bestimmte Straßen, Straßenzüge oder ganze Stadtteile und Ortschaften umfassen. Die Ermittlung der Bodenrichtwerte erfolgt nach § 193 Baugesetzbuch (BauGB) durch die Gutachterausschüsse für Grundstückswerte. Die Veröffentlichung der Bodenrichtwerte erfolgt in der Regel alle zwei Jahre mittels Bodenrichtwertekarten. Die Bodenrichtwertkarten sind spezielle Karten, in denen unter Angabe der konkreten Lagebezeichnung die jeweils gültigen Bodenrichtwerte je Quadratmeter Grundstücksfläche entnommen werden können. Für Schleswig-Holstein können die Bodenrichtwerte dem Digitalen Atlas Nord unter folgendem Link Bodenrichtwerte SH entnommen werden.

 

Der Lagefaktor wird anhand des modifizierten Bodenrichtwertes errechnet, der für die Zone gilt, in der das Steuerobjekt liegt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass im Stadtgebiet Lübeck in der überwiegenden Anzahl der Zonen Bodenrichtwerte für die unterschiedlichsten Gebäudearten (Reihenhaus, Einfamilienhaus, Wohnung) ausgewiesen werden. Vor diesem Hintergrund wurde in der Berechnung der Bemessung auf einen weiteren Faktor für die Gebäudeart verzichtet. Es ist jeweils der für den konkreten Steuergegenstand maßgebliche Bodenrichtwert zu verwenden. Die durch das Gericht geforderte Differenzierung wird durch die
Anwendung des individuellen Bodenrichtwertes als ausreichend erachtet.

Bei der Anwendung der Bodenrichtwerte ist zu beachten, dass diese zu unterschiedlichen Bezugsgrößen (Individualbau: 250 m², 600 m², 1000 m² bzw. Geschossflächenbau div.
Geschossfchenzahl) dargestellt werden. Um diese Bodenrichtwerte auf Basis unterschiedlicher Bezugsgrößen vergleichen zu können, ist es erforderlich, eine Vergleichsbasis zu
ermitteln.

Bodenrichtwerte, die Bezug auf eine Fläche nehmen, werden auf ein fiktives Grundstück mit einer Größe von 600 m² umgerechnet. Dieser Maßstab wurde gewählt, da er die in der Hansestadt Lübeck vorherrschende Bezugsgröße ist. Für die Umrechnung der flächenabhän-gigen Bodenrichtwerte wird die vom Gutachterausschuss in den Erläuterungen zu den
Bodenrichtwerten zur Verfügung gestellte Umrechnungstabelle verwendet.

r Bodenrichtwerte, die auf eine Geschossfläche Bezug nehmen, ist ebenfalls eine Vergleichsbasis zu ermitteln. Hierfür wurden die in Lübeck vorhandenen Geschossflächen anhand des Digitalen Atlas Nord ermittelt, die als Bezug für die Bodenrichtwerte dienen, und ins Verhältnis zueinander gesetzt.

Die Durchschnittwerterrechnung hat eine durchschnittliche Geschossfläche von 1,1 ergeben. Somit wird für alle Steuerobjekte, für die ein geschossflächenabhängiger Bodenrichtwert zu verwenden ist, angenommen, dass das Grundstück eine Geschossflächenzahl von 1,1 hat und der Bodenrichtwert wird anhand der vom Gutachterausschuss zur Verfügung gestellten Tabelle umgerechnet.

 

Zur Bildung des Lagefaktors wird der modifizierte Bodenrichtwert desjenigen Grundstückes, auf dem sich die Zweitwohnung befindet (anzusetzender modifizierter Bodenrichtwert Dividend) durch den höchsten modifizierten Bodenrichtwert im Stadtgebiet (Divisor) geteilt und das Ergebnis der Teilung (Quotient) mit dem Wert „1“ addiert. Die Formel sieht folgender-maßen aus:

 

Durch die Einbeziehung der Bodenrichtwerte wird der typische Aufwand für das Innehaben der Zweitwohnung erfasst, da die in den Bodenrichtwerten zum Ausdruck kommende Wertigkeit der Lage der Immobilie regelmäßig eine Relevanz entfaltet. Der Wert „1“ ist nicht willkürlich gewählt, sondern hat Auswirkungen auf die konkrete Spreizung der Bodenrichtwerte. Damit ergibt sich, dass der Lagefaktor sich maximal zwischen 1 und 2 bewegt und somit der höchste Lagefaktor maximal doppelt so hoch sein kann wie der niedrigste. Durch den
Rechenschritt wirkt sich die Dynamik der Entwicklung der Bodenrichtwerte deutlich weniger auf den Lagefaktor aus, als dies bei Berücksichtigung der „reinen“ Bodenrichtwerte der Fall wäre. Schwankungen werden nur im Verhältnis der Bodenrichtwerte im Satzungsgebiet zueinander abgebildet.

 

 

Wohnfläche / Baujahresfaktor

Der Lagefaktor darf sich aber nicht alleine maßstabsprägend auswirken. Die Wohnfläche und der Baujahresfaktor dienen als weitere Kriterien für die im Rahmen des Flächenmaßstabes not-wendige Feindifferenzierung und sind so von den Gerichten auch bestätigt worden.

 

 

Multiplikator

Der Multiplikator „100“ ist eine zur Darstellung erforderliche rechnerische Größe, um einen Steuersatz zu erzielen, der nicht über 100 % liegt.

 

 

Verfügbarkeitsgrade

Neben den vorgenannten Faktoren ist auch der Verfügbarkeitsgrad weiterhin zu berücksichtigen, der Auswirkungen bei den sogenannten Mischnutzern hat.

 

 

ckwirkung

Bei Anpassung der vorhandenen Satzung im Lichte der Rechtsprechung ist auch das rückwirkende Inkrafttreten zu beachten (§ 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 Kommunalabgabengesetz S.-H.). Die neue Bemessungsgrundlage soll die vorherige vollständig ablösen, sodass die Satzung rückwirkend zum 01.01.2013 in Kraft treten wird und die bisherige Regelung ersetzt. Dabei ist aber
sicherzustellen, dass die Steuerpflichtigen nicht schlechter gestellt werden als bei Anwendung der bisherigen Satzung (Schlechterstellungsverbot gemäß § 2 Abs. 2 Satz 3 KAG S-H). Für alle rückwirkenden Steuerveranlagungen und für die noch nicht bestandskräftig gewordenen Steuerbescheide (z.B. durch eingelegte Rechtsbehelfe) sind Günstigkeitsprüfungen durchzuführen. Insbesondere wegen dieser offenen Verfahren, die zumeist auch viele zurückliegende Jahre betreffen, ist das Inkrafttreten zum 01.01.2013 auch notwendig. Zur Zulässigkeit einer geänderten Steuersatzung während gerichtlicher Verfahren hat sich das OVG mehrfach geäert und festgestellt, dass damit eine zunächst rechtswidrige Steuererhebung rückwirkend geheilt werden kann (6 LB 6/ 24 vom 09.10.2024 und 6 LB7/24 vom 21.01.2025). Aktuell gibt es in Lübeck 110 offene Widerspruchsverfahren und 37 Klagen sind anhängig. Der steuerliche Ausfall durch das Schlechterstellungsverbot der betroffenen Grundstücke ist bei der Wahl des Steuersatzes berücksichtigt worden.

 

 

§ 5 Steuersatz

Um eine Aufkommensneutralität in der Summe zu erreicht, ist der Steuersatz auf 9 % festzulegen. Im Jahr 2024 sind rund 2,8 Mio EUR an Erträgen erzielt worden. Nach der neuen
Bemessungsgrundlage mit einem Steuersatz von 9 % werden nach ersten Berechnungen diese ebenfalls zu erzielen sein. Zudem sind auch die Mittel enthalten, die für die steuerlichen Ausfälle durch das Schlechterstellungsverbot (siehe oben) entstehen werden. Die Aufkommensneutralität wird jedoch nicht für den einzelnen Steuerpflichtigen herbeizuhren sein. In bereits durchgehrten Beispielrechnungen ist ersichtlich, dass eine Verschiebung stattfindet. Die bisher eher hochbesteuerten Objekte in begehrten und attraktiven Lagen mit den höheren Bodenrichtwerten werden absinken, dafür steigt dann in anderen Wohnlagen Lübecks die Steuer an und die Spreizung der Lagefaktoren nähert sich an. Dieser Umstand ist aber genau das Ergebnis, welches das Gericht mit seiner Rechtsprechung erreichen
wollte mlich, dass der Bodenrichtwert nicht maßgeblich die Besteuerungsgrundlage
bildet. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Neugestaltung der Steuerbemessung der aktuellen Rechtsprechung entspricht.

 

§ 2 Abs. 3 -  Steuergegenstand

Aufgrund eines weiteren Urteils des OVG S-H vom 13.11.2024 (6 LB 15/24) ist der Absatz 3 des § 2 der Satzung ersatzlos zu streichen. Hier hatte das Gericht entschieden, dass die Hauptwohnung nicht mehr ausschließlich nach den Meldeverhältnissen bestimmt werden darf. Dieses war nach bisheriger Rechtsprechung unproblematisch und wird nunmehr der aktuellen Rechtsauffassung durch Streichung angepasst.

 

§ 4 Abs. 3 Steuermaßstab

Konkretisierung des Hilfsmaßstabes redaktionelle Anpassung

 

§ 6 Abs. 3 Vorauszahlungen

Das OVG hat in seinem Urteil vom 09.10.2024 (6 LB 4/24) festgestellt, dass eine fehlende oder unklare Regelung zur Höhe der Bemessung der Vorauszahlungen problematisch ist. Deshalb wird hier eine Konkretisierung als Ergänzung zum bisherigen Satzungstext vorgenommen.

 

§ 7 Anzeigenpflicht

Anpassung der Frist, wann Änderungen zur Zweitwohnung anzuzeigen sind.
 


Anlagen

1. Satzung zur Änderung der Satzung der Hansestadt Lübeck über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Hansestadt Lübeck
 

Anlagen:  
  Nr. Status Name    
Anlage 1 1 öffentlich 1. Satzung zur Änderung der Satzung der Hansestadt Lübeck über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer (447 KB)