- Anlass
Die Viermastbark PASSAT liegt seit 1959 in Lübeck-Travemünde und ist auf ihrem aktuellen Liegeplatz an der Mündung der Trave zur Ostsee ein Wahrzeichen und touristischer Anziehungspunkt der Hansestadt Lübeck. Seit 1966 ist sie als Museumsschiff auf und unter Deck erlebbar. 1978 wurde sie unter Denkmalschutz gestellt. Neben der Nutzung als maritimes Museum wird die PASSAT heute auch als Veranstaltungsort, als Ort für amtliche und nichtamtliche Eheschließungen sowie für Übernachtungen genutzt.
Die Viermastbark PASSAT wurde 1911 in der Werft Blohm & Voss in Hamburg gebaut. Nach ihrer Außerdienststellung und dem Ankauf durch die Hansestadt Lübeck 1959 für 315.000,00 Mark wurden erste Restaurierungsarbeiten und Anpassungen vorgenommen, um sie als Museumsschiff nutzen zu können. Von August 1997 bis Mai 1998 wurde die PASSAT auf der Lübecker Flender-Werft für 6,78 Mio. DM saniert. Seither wurden am Liegeplatz diverse Unterhaltungsmaßnahmen oberhalb der Wasserlinie durchgeführt, wie z.B. Decksanierungen und Wartungen von Mast und Takelage. Aus einem, vor dem Hintergrund des zuletzt im Jahr 1997 erfolgten Werftaufenthalts, Ende 2019 in Auftrag gegebenen Gutachten geht hervor, dass die PASSAT nicht ohne einen Werftaufenthalt langfristig Instand gehalten werden kann. Es wird eine grundlegende Überholung und Modernisierung des Schiffes empfohlen. Die bestehenden Schäden können ausschließlich eingedockt behoben werden.
Nach einem Austausch mit dem Bereich Archäologie und Denkmalpflege, dem Verein „Rettet die Passat“ und Beteiligten der Schwesternschiffsanierung PEKING erfolgte u.a. eine Kartierung der denkmalgeschützten Elemente. Um die im Zuge des geplanten Werftaufenthalts notwendigen Sanierungsmaßnahmen ermitteln zu können, wurde im Juni 2024 ein Ingenieurbüro mit der Erstellung einer Machbarkeitsstudie einschließlich einer Kostenschätzung für die Reparatur der PASSAT beauftragt.
In der Machbarkeitsstudie (Anlage 2) wird eingangs ausgeführt, dass diverse Schäden am Hauptdeck der PASSAT inkl. Undichtigkeiten bestehen. Das Holzdeck wurde inzwischen mehrfach von der Lübeck Port Authority repariert und teilweise ersetzt. Die Unterkanten der Aufbauwände sind stark korrodiert. Die Takelage ist überholungsbedürftig und die Beschichtung des Schiffskörpers sowie der Aufbauten muss erneuert werden. Der Innenausbau entspricht nicht den aktuellen Brandschutzvorschriften. Brandschutztechnisch bestehen erhebliche Defizite im Bereich Notausgänge, Rauchzonen und Evakuierungsmöglichkeiten. Eine aktuelle Schadstoffbegutachtung ergab, dass das Schiff fast durchgehend mit Blei- und Chrom belastet ist. Weiter finden sich Asbest und künstliche Mineralfasern in Isolierungen und Dichtungen.
Die Machbarkeitsstudie schlägt vor, im Zuge der notwendigen Reparatur- und Sanierungsmaßnahmen einen Umbau vorzunehmen, um eine kostenneutrale Wirtschaftlichkeit des Schiffes mit seinen vier Nutzungsbetrieben zu generieren, weitere Nutzungen für die breite Öffentlichkeit etablieren zu können und das Schiff so zu restaurieren, dass dieses langfristig für die Hansestadt Lübeck zuschussfrei betrieben werden kann. Hierbei soll die Nutzungsfläche insbesondere für den Ausstellungs- und Veranstaltungsbetrieb deutlich erweitert werden. Die Basisidee der Entwürfe ist, die Besucherströme klar zu lenken und die Wege innerhalb des Schiffes zu vereinfachen. Die modernen Anforderungen an den Brandschutz sollen berücksichtigt und die Qualität der Unterkünfte an Bord deutlich angehoben werden. Gleichzeitig soll der Zugang zum Schiff für die Besucher vereinfacht, die Nutzbarkeit der Veranstaltungsräume verbessert und der Energieverbrauch des Schiffes durch Umstellung der Heizungsversorgung von Ölbeheizung auf eine Wärmepumpe gesenkt werden. Zur barrierefreien Erreichbarkeit des Hauptdecks ist der Einbau eines Fahrstuhls geplant sowie der Einbau weiterer Treppen zur sicheren Entfluchtung in Notfalllagen. Die Werkstattflächen sollen zu Gunsten der Erweiterung der Ausstellungsflächen verkleinert werden.
Für die in der Machbarkeitsstudie vorgeschlagenen Maßnahmen wurde eine Kostenschätzung erstellt, nach der sich die Gesamtinvestitionskosten für die Reparatur und den Umbau voraussichtlich auf brutto rund 25 Mio. Euro belaufen. Der hierin enthaltene Kostenanteil der zwingend für den Erhalt der PASSAT notwendigen Maßnahmen im Zuge eines Werftaufenthaltes beträgt brutto rund 20 Mio. Euro.
Es wird darauf hingewiesen, dass die unter Ziff. 11.2 der Anlage 2 geäußerte Auffassung des Gutachters, wonach es sich bei der PASSAT nicht um eine bauliche Anlage handele, welche in den Geltungsbereich der Landesbauordnung fällt, einer rechtlichen Überprüfung nicht standhält.
- Finanzierung und Überlegungen zur Kofinanzierung
Die finanzielle Ordnung der für die ersten Schritte erforderlichen Ausschreibung und Beauftragung eines Planungsbüros zur Erstellung einer EW-Bau für die PASSAT als Voraussetzung für die Fördermittelbeantragung erfolgt konsumtiv im Produktsachkonto 424004 5431007 Sachverständige, Gerichts- u.ä. Kosten (Anlage 1). Dort sind in 2025 entsprechende Mittel geordnet. Investive Mittel werden gemäß Zeitplan der Machbarkeitsstudie im Haushalt 2026 ff. eingeplant werden, für die es gilt, entsprechende Gegenfinanzierungen durch Drittmittel zu akquirieren.
Die Finanzierung der erforderlichen Reparatur und des Umbaus der PASSAT für voraussichtlich rund 25 Mio. Euro kann nur durch Einwerbung von Drittmitteln (Fördermittel, institutionelle und private Spendenmittel) gelingen. Sie bedarf aufgrund der Größenordnung der Kostenschätzung verschiedener „Säulen“.
Ein geeignetes und vielversprechendes Förderprogramm für die Finanzierung des Projektes könnte das Bundesprogramm „KulturInvest“ der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) sein. Gemäß der Förderhinweise 2024 beabsichtigt der Bund über dieses Förderprogramm, seine nationale Verantwortung für die Kulturentwicklung in Deutschland wahrzunehmen. Dazu sollen investive Maßnahmen (u.a. Modernisierung, Sanierung, Restaurierung, Um- oder Neubau) bei kulturellen Einrichtungen, Objekten und Kulturdenkmälern sowie Ausstellungen von gesamtstaatlicher Relevanz gefördert werden. Das Vorhaben muss dabei zum Ziel haben, die Kultur für eine breite Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Eine kommerzielle Nutzung darf nicht im Vordergrund stehen. Voraussetzung für eine Förderung im Rahmen des Programms ist insbesondere, dass die Gesamtfinanzierung gesichert ist, ein erhebliches Bundesinteresse festgestellt wird und ein nachvollziehbares sowie tragfähiges Betriebs-/ Nutzungskonzept vorliegt. Gefördert werden grundsätzlich Vorhaben mit einem Bundesanteil von mindestens 500.000,- Euro bis maximal 20 Mio. Euro. Mögliche Finanzierungsbeteiligungen des Bundes betragen insgesamt grundsätzlich bis zu 50 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben. Es ist davon auszugehen, dass die Förderhinweise 2025 ähnliche Vorgaben enthalten werden.
Für die Reparatur und den Umbau der PASSAT soll im Rahmen der Förderrunde 2025 ein Förderantrag gestellt werden. Der voraussichtlich erforderliche Nachweis des erheblichen Bundesinteresses kann sich bspw. aus der Würdigung eines Objektes als national bedeutsames Kulturdenkmal ableiten. Der Bereich Archäologie und Denkmalpflege der Hansestadt Lübeck hat eine entsprechende Einordnung der PASSAT bereits in Aussicht gestellt. Für die auch für das Jahr 2025 zu erwartende Fördervoraussetzung des Nachweises eines tragfähigen Betriebs-/ Nutzungskonzepts gibt es bereits Überlegungen zur Ausweitung der Nutzung und Steigerung der Wirtschaftlichkeit der PASSAT, u.a. von Beteiligten der Kurbetriebe, der Lübeck und Travemünde Marketing GmbH, der Gewerbeschule Lübeck sowie dem Planungsbüro der Machbarkeitsstudie. Auf dieser Grundlage ist bereits eine professionelle Wirtschaftlichkeitsberechnung einschl. Finanzierungskonzept für die PASSAT beauftragt worden.
Daneben soll die Möglichkeit der Inanspruchnahme weiterer Fördermittel u.a. aus den Bereichen Denkmalschutz, Kultur und Tourismus geprüft werden. Darüber hinaus ist geplant, regionale und überregionale Stiftungen um Unterstützung zu bitten. Zudem soll auf der Internetseite der Hansestadt Lübeck ein Spendenaufruf für die Reparatur und den Umbau der PASSAT gestartet werden.
- weiteres Vorgehen
Für die Beantragung von Fördermitteln wird idR eine Entwurfsunterlage-Bau (EW-Bau) einschließlich Kostenberechnung nach DIN 276 gemäß RZBau (Richtlinien für die Durchführung von Zuwendungsbaumaßnahmen) gefordert. Daher wird zeitnah ein Ausschreibungsverfahren zur Gewinnung eines geeigneten Planungsbüros für die Erstellung der entsprechenden EW-Bau erforderlich.
- Zeitplanung
Hinsichtlich der zeitlichen Umsetzung geht die Machbarkeitsstudie, vorbehaltlich einer gesicherten Finanzierung, von einer Realisierung in den Jahren 2025 (Planung) sowie 2026/2027 (Bauausführung) aus (Anlage 7).
- flankierende Maßnahmen
Die Ortsabwesenheit der PASSAT im Zuge eines Werftaufenthaltes sollte für die notwendige Erneuerung des Stegs A, an dem die PASSAT liegt, und für dessen Anpassung an etwaige neue Erschließungswege genutzt werden. Für die Stegerneuerung können noch keine Kosten geschätzt werden. Hierfür ist zunächst ein Planungsbüro für die Erstellung einer Kostenberechnung zu gewinnen.
- Fazit
Die Hansestadt Lübeck kann die PASSAT auf Basis der aktuellen baulichen Unterhaltung nicht Instandhalten. Werftaufenthalte sind bei Schiffen in einem regelmäßigen Turnus notwendig. Der letzte Werftaufenthalt liegt 28 Jahre zurück. Im Rahmen der anstehenden technischen und schiffbaulichen Arbeiten besteht die Notwendigkeit, die PASSAT an aktuelle Belange aus den Bereichen Klimaschutz, Brandschutz und Barrierefreiheit anzupassen. Zudem bietet sich die Chance, gleichzeitig Umbauten zu initiieren, die die PASSAT als Kulturdenkmal großflächiger und vielfältiger erlebbar und für die breite Bevölkerung sowie den Tourismus attraktiver machen.
Die Summe der in der Machbarkeitsstudie vorgeschlagenen Maßnahmen ist geeignet, die PASSAT in die Lage zu versetzten, langfristig wirtschaftlich von der Hansestadt Lübeck betrieben werden zu können.
Die Einleitung der Arbeitsschritte auf Grundlage dieser Beschlussvorlage können als vorbereitende Maßnahmen verstanden werden. Hiermit wird der Weg eröffnet, bei Veröffentlichungen von geeigneten Förderprogrammen und nachfolgenden Antragsverfahren oder Projektaufrufen kurzfristig agieren zu können.