Vorlage - VO/2025/13879
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Beschlussvorschlag
Der Bürgermeister wird beauftragt, eine Organisationsuntersuchung im Bereich Soziale Sicherung an ein externes Unternehmen zu vergeben.
Verfahren
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Beteiligung von Kindern und Jugendlichen |
| Ja | ||||||||||||||
gem. § 47 f GO ist erfolgt: | X | Nein- Begründung:
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Die Maßnahme ist: |
| neu | ||||||||||||||
| X | freiwillig | ||||||||||||||
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| vorgeschrieben durch: | ||||||||||||||
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Finanzielle Auswirkungen: |
| Ja (Anlage 1) | ||||||||||||||
| X | Nein |
Auswirkung auf den Klimaschutz: | X | Nein |
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| Ja – Begründung: |
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Begründung der Nichtöffentlichkeit gem. § 35 GO:
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| ./. |
Begründung
- Anlass für eine Organisationsuntersuchung
Der Bereich Soziale Sicherung der Hansestadt Lübeck wurde in der Nachfolge zu den organisatorischen Regelungen im Zusammenhang mit der „Hartz IV“ Gesetzgebung (insbesondere Gründung der ARGE Lübeck, jetzt: Jobcenter) am 01.07.2005 gegründet.
Ziel dieser Neuorganisation war insbesondere, für die sozialen Anliegen der Bürger:innen, die vorher in sieben eigenständigen Bereichen bearbeitet worden sind, eine leicht identifizierbare und gut erreichbare Anlaufstelle zu schaffen. Neben einem ganzheitlichen Angebot sollten auch vormals bestehende Schnittstellen minimiert werden und die Leistungs-, Führungs- und Ressourcenverantwortung in eine Hand überführt werden.
Seit der Neuorganisation haben zahlreiche grundlegende gesetzliche Neuregelungen und Reformen (u.a. in der Grundsicherung, zwei Pflegereformen, Inkrafttreten des Bundesteilhabegesetzes (SGB IX), Wohngeldreform) dazu geführt, das regelmäßig organisatorische als auch personalwirtschaftliche Maßnahmen zu ergreifen waren, um die Aufgaben weiterhin sach- und zeitgerecht erfüllen zu können. Darüber hinaus werden im sozialen Leistungssystem, das nicht in der Zuständigkeit der Hansestadt Lübeck liegt, Reformen und Neuregelungen durchgeführt, die unmittelbaren Einfluss auf die vom Bereich Soziale Sicherung zu erbringenden Leistungen haben (z.B. Einführung einer Grundrente).
Der Bereich muss sich laufend mit diesen, aber auch anderen wechselnden und stetig wachsenden Rahmenbedingungen auseinandersetzen, um den sich daraus ergebenden Herausforderungen adäquat begegnen zu können (u.a. Digitalisierung, Fachkräftemangel, demografischer Wandel/Wissenstransfer und Fragestellungen zum Datenschutz und zur Haftung).
Die Flüchtlingskrise, der Ukraine Krieg, aber auch die Corona Pandemie haben mit dazu beigetragen, dass nicht mehr alle Aufgaben sach- und zeitgerecht erledigt werden können. Es kam zu erhöhten Fallzahlen, neue Aufgaben mussten bewältigt werden und die rechtlichen Grundlagen sowie Zuständigkeiten änderten sich mehrfach.
Die Krisen haben auch dazu geführt, dass die Arbeitsbelastung im Bereich Soziale Sicherung seit 2015 durchgehend auf einem sehr hohen Niveau ist. Dementsprechend mussten notwendige Zeitanteile, u.a. für strategische Überlegungen, langfristige Planungen, konzeptionelle Weiterentwicklungen, Prozessoptimierungen, etc., größtenteils aufgrund des Vorrangs der Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben zurückgestellt werden.
Dennoch wurden und werden nach wie vor Maßnahmen ergriffen, um weiterhin handlungs- und entscheidungsfähig zu bleiben.
Um die Aufgabenerledigung sicherzustellen wurde bereits 2018/2019 ein größeres Organisationsprojekt mit internen Mitteln zu den Themen Eingliederungshilfe und Pflege durchgeführt. Im Ergebnis wurden u.a. organisatorische Änderungen vorgenommen.
In 2022/2023 wurden Organisationsstrukturen in einigen Abteilungen verändert. Beispielhaft ist hier zu nennen, dass ein telefonisches Backoffice für Abteilung 3 (Materielle Hilfen) und Abteilung 6 (Wohngeld) eingerichtet wurde und strukturelle Änderungen auf Ebene der Sachbearbeitung erfolgt sind. So kam u.a. in Abteilung 3 die 1. Sachbearbeitung und die zuarbeitende Sachbearbeitung hinzu, in Abteilung 6 ebenfalls die Zuarbeit.
Darüber hinaus wurden in Abstimmung mit der Fachbereichsleitung Standards in der Aufgabenerledigung abgesenkt. Zeitweise wurden zudem Aufgabenbereiche aus besonders belasteten Teams herausgelöst und in andere Teams verlagert. Diese haben dann neben ihren eigentlichen Aufgaben entsprechend unterstützt. Allerdings führte dies wiederum zu einer steigenden Belastung in den vertretenden Teams und konnte daher auch nicht als dauerhafte Lösung umgesetzt werden.
Als weitere Maßnahme wurden in Absprache mit der Fachbereichsleitung und dem Bürgermeister temporär die Servicezeiten in besonders belasteten Abteilungen eingeschränkt.
Um den laufenden Betrieb aufrechtzuerhalten, den Bürger:innen auch Ansprechmöglichkeiten trotz der Serviceeinschränkungen - zu geben und auch um massenhaft wiederkehrende Arbeiten wie z.B. Nebenkostenabrechnungen zu erledigen, wurden seit August 2022 sehr kostenintensive Arbeitskräfte von einer Zeitarbeitsfirma im Bereich Soziale Sicherung eingesetzt.
Aktuell ist der Bereich zudem, neben den geschilderten Rahmenbedingungen, mit einer hohen Fluktuation der Mitarbeitenden konfrontiert. Dies führt zu einer noch höheren Arbeitsbelastung (Einarbeitung, Vertretung) und äußert sich u.a. in längeren Bearbeitungszeiten, längeren Wartezeiten für die Bürger:innen, Kundinnen und Kunden. Freie Planstellen können aufgrund des Fachkräftemangels nicht bzw. nur mit zeitlicher Verzögerung wiederbesetzt werden.
Weitere Symptome sind ein hoher Krankenstand, Unzufriedenheit auf Seiten der Belegschaft, eine seit 2023 deutlich angestiegene Fluktuation (in 2023: 32 Abgänge, im 1.Halbjahr 2024 22 Abgänge/7 Wechsel im Bereich) und gestellte Rückstands-/ Überlastungsanzeigen. Mittlerweile liegen für die Aufgabengebiete Grundsicherung, Asyl, Eingliederungshilfe, Hilfe zur Pflege ambulant sowie stationär und für die Betreuungsbehörde – teils sogar flächendeckend von den jeweiligen Teams, aber auch von einigen Führungskräften - Rückstands-/ Überlastungsmeldungen vor. Zudem wurde auch für den Bereich insgesamt durch die Bereichsleitung eine Überlastungsanzeige gestellt.
Hierüber wurde bereits in der Sitzung des Sozialausschusses am 03.09.2024 berichtet.
Um den genannten Herausforderungen auf Führungsebene zu begegnen, hat der Bereich intern einen Workshop mit den Abteilungsleitungen zum Thema einer möglichen
Organisationsentwicklung durchgeführt. Kernthema war hierbei der Aufbau der Resilienz des Bereiches bzw. des Systems, da die Möglichkeit der Nichtaufrechterhaltung der adäquaten, gesetzlichen Aufgabenerfüllung in mehreren Aufgabengebieten einzutreten droht.
- Organisation und Aufgaben des Bereiches Soziale Sicherung
Der Bereich Soziale Sicherung ist in 9 Abteilungen mit jeweils einer Abteilungsleitung untergliedert. Die Bereichsleitung des Bereiches ist den Abteilungsleitungen direkt vorgesetzt.
Zu den Kernaufgaben der Sozialen Sicherung gehören:
- Das Erbringen von materiellen Leistungen der Sozialhilfe außerhalb von Einrichtungen, insbes. zur Sicherstellung des notwendigen Lebensunterhalts für bedürftige Menschen in Form der Grundsicherung im Alter oder dauerhafter voller Erwerbsminderung bzw. der Hilfe zur Lebensunterhalt,
- Das Erbringen von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz einschließlich der Unterbringung von Flüchtlingen,
- Das Erbringen von Hilfen in anderen Lebenslagen, insbesondere im Rahmen der Hilfe zur Pflege oder Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (insbesondere Unterkunftsversorgung),
- Das Erbringen von Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen,
- Das Erbringen von sonstigen materiellen Leistungen, wie Wohngeld und BaföG,
- Pädagogische Beratungsleistungen und Kriseninterventionen, Schuldnerberatung,
- Betreuungsbehörde,
- Pflegestützpunkt,
- Wohnraumförderung, Wohnungsvermittlung.
Neben den Reformen und Neuregelungen in den Gesetzen und deren Umsetzung, haben sich auch die Beratungsbedarfe verändert und die Problemlagen der Bürger:innen sind komplexer geworden. Viele der zu beratenden Menschen befinden sich in existenziellen (persönlichen wie finanziellen) Krisen, die eine hohe Belastbarkeit auch bei den Berater:innen abverlangt und nicht selten ein schnelles Tätigwerden erforderlich machen.
- Ziele der Organisationsuntersuchung
Das Ziel der Organisationsuntersuchung ist die Schaffung einer widerstandsfähigen Aufbau- und Ablauforganisation im Bereich Soziale Sicherung. Hierbei sollen Optimierungs- und Veränderungspotentiale aufgezeigt und im Nachgang umgesetzt werden, die sich positiv auf die Leistungsfähigkeit, die Arbeitsabläufe und die Zufriedenheit der Kundinnen und Kunden und der Mitarbeitenden auswirken.
Oberste Priorität hat hierbei die Aufrechterhaltung und zukünftige Sicherstellung der sach- und zeitgerechten Aufgabenerfüllung der Sozialgesetzgebung.
Haupthandlungsfelder dieser Organisationsuntersuchung sollen u.a. sein:
- Organisationsentwicklung
- Prozessentwicklungen
- Schnittstellen
- Servicegedanke/Kundinnen- und Kundenorientierung
- Kommunikation
- Digitalisierung
- Steuerung/Controlling
- Zukunftsfähigkeit
Mit Bezug auf die genannten Handlungsfelder ergeben sich folgende grundlegende Fragestellungen zur Ermittlung von Optimierungspotenzialen:
- Wie ist die aktuelle Leistungsfähigkeit des Bereiches in Bezug auf die einzelnen Handlungsfelder und unter Berücksichtigung der vorhandenen Rahmenbedingungen zu bewerten?
Wie stellt sich der aktuelle IST-Zustand des Bereiches dar?
Welche Stärken und Schwächen, welche Chancen und Risiken birgt die aktuelle Organisationsstruktur?
- Welche grundlegenden Änderungen bzw. Optimierungen der Aufbau- und Ablauforganisation und der Strukturen und Prozesse werden empfohlen, um die sach- und zeitgerechte Aufgabenerfüllung der Sozialgesetzgebung sicherzustellen, die Leistungsfähigkeit zu steigern, die Gesundheit und Zufriedenheit der Mitarbeitenden aufrecht zu erhalten und die Anliegen der Kundinnen und Kunden zufriedenstellend und in einem angemessenen Rahmen zu bearbeiten.
- Wie ist die Zukunftsfähigkeit des Bereiches unter Berücksichtigung der Entwicklungen des Fachkräftemangels, des demografischen Wandels und der Digitalisierungsprozesse zu bewerten? Welche Maßnahmen werden empfohlen, um auf sich verändernde Rahmenbedingungen rechtzeitig reagieren zu können und um Freiräume für strategische Ausrichtungen zu schaffen?
Diese Fragestellungen werden unter Bezugnahme auf die vorgenannten Handlungsfelder mit dem externen Beratungsunternehmen weiter ausformuliert, so dass eine differenzierte Betrachtung durch ein Beratungsunternehmen im Rahmen der Bestandsaufnahme und für die Ausarbeitung von Optimierungsempfehlungen erfolgen kann.
- Geplanter Projektablauf
Es ist vorgesehen, die Organisationsuntersuchung in 2 Abschnitte zu unterteilen.
In Abstimmung mit dem Bereich Digitales, Organisation und Strategie (nachfolgend DOS) soll zunächst durch eine externe Beratungsfirma eine Bestandsaufnahme erfolgen und eine weitere Ausformulierung der o.g. Ziele, Handlungsfelder und Fragestellungen vorgenommen werden.
In der Folge sollen, ebenfalls durch die beauftragte externe Beratungsfirma, Optimierungspotentiale identifiziert und konkrete Maßnahmen zur Organisationsentwicklung erarbeitet werden.
Die mögliche Implementierung der erarbeiteten Maßnahmen würde sich an die Organisationsuntersuchung anschließen, ist aber zunächst nicht Bestandteil der Beauftragung eines externen Unternehmens.
Die Ermittlung geeigneter externer Beratungsunternehmen soll an die Erfüllung von im weiteren Verlauf näher zu definierenden Bedingungen geknüpft sein. Idealerweise erfüllen die Unternehmen mindestens folgende Bedingungen:
- beratende Erfahrungen bei Kommunalverwaltungen mit einer Einwohnerzahl über 100.000
- beratende Erfahrungen im Bereich der kommunalen Sozialverwaltung bzw. im Bereich der Leistungserbringung von Transferleistungen
Die Ausschreibung der Beratungsleistung erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Bereich 1.102 – Zentrale Verwaltungsdienste, Statistik und Wahlen.
Eine Vorlage zur Vergabe an ein externes Unternehmen wird dem Hauptausschuss zur Entscheidung vorgelegt. Ein Ansatz für die Durchführung der Organisationsuntersuchung ist im städtischen Haushalt 2025 enthalten.
Für den gesamten Prozess ist eine umfassende und frühzeitige Beteiligung des Bereiches DOS vorgesehen. Zudem sind im Projektverlauf weitere Bereiche, u.a. der Bereich Personal, der Bereich Recht, die Fachbereichsdienste FB2, einzubinden.
Die Gleichstellungsbeauftragte, der Personalrat FB2 sowie die Schwerbehindertenvertretung FB 2 werden ebenfalls umfassend beteiligt.
Anlagen
Anlage 1 – Organigramm Bereich Soziale Sicherung/Stand 11_2024
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1 | öffentlich | Anlage 1 - Organigramm Bereich Soziale Sicherung (68 KB) |