Vorlage - VO/2024/13125-01
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Beschlussvorschlag
Gemäß Antrag VO/2024/13125 wird der Bürgermeister beauftragt, einen öffentlichen Platz zu identifizieren, der gut geeignet ist, Widerstandskämpferinnen gegen den Nationalsozialismus in und/oder aus Lübeck namentlich zu gedenken. Es wird darum gebeten, dass der Fachbereich 4 in Zusammenarbeit mit hierfür geeigneten Lübecker Museen sowie am Vorhaben interessierte Lübecker Schulen eine Untersuchung darüber durchführt, welche Frauen in und/oder aus Lübeck gegen den Nationalsozialismus Widerstand geleistet haben.
Dieser Antrag greift den Antrag VO/2024/13113 auf, der sich der Benennung eines Platzes nach den ermordeten Widerstandskämpferinnen France Bloch-Sérazin und Suzanne Masson widmet.
Begründung
Die Erforschung des NS-Widerstands gehört neben der Geschichte der Opfer seit den 1980er Jahren, als die NS-Geschichte in den Fokus der „Geschichte von unten“ und der wissenschaftlichen Forschung geriet, zu den zentralen Themen der Beschäftigung mit der NS-Diktatur auch in Lübeck. Wichtige Kulminationspunkte für die erinnerungskulturelle Arbeit zur Widerstands- und der Opfergeschichtsforschung waren bis 2011 das Kulturforum Burgkloster und sind bis heute die Lübecker Museen, das Archiv der Hansestadt, der Verein für Lübeckische Geschichte. Eine finanzielle Förderung und die Durchführung von Forschungsprojekten sind jedoch keine Aufgaben dieser Institutionen.
Im Rahmen aktueller erinnerungskultureller Arbeit zum weiblichen Widerstand gegen die NS-Diktatur fand am 05.09.2024 ein Treffen zur Lübecker „Frauen- und Geschlechtergeschichte“ im Zentrum für Kulturwissenschaftliche Forschung satt, das verschiedenen Akteur:innen die Möglichkeit zur Vernetzung und der gemeinsamen Initiierung verschiedener Projekte gab. Federführend wurde dies von Dr. Birgit Stammberger (Wissenschaftliche Koordinatorin des ZKFL und des DFG-Sonderforschungsbereiches „sexdiversity“) und der Gleichstellungsbeauftragten Elke Sasse durchgeführt. Das Kulturbüro hat dabei im Rahmen der finanziellen und organisatorischen Möglichkeiten Unterstützung zugesagt.
Grundlage der erinnerungskulturellen Arbeit der Verwaltung bildet das beschlossene Konzept zur Neu-Aufstellung der Erinnerungskultur in Lübeck (VO/9/07965-01-01-01). Das Konzept priorisiert zunächst die Schaffung der strukturellen und institutionellen Rahmenbedingungen, u.a. die Etablierung eines Stadtdiskurses zu erinnerungskulturellen Themen und die Entwicklung eines Erinnerungs- und Lernortes ZEIT.LAB. Für die Entwicklung des Ortes notwendige Machbarkeitsstudie sind Mittel über den Haushalt 2025 geordnet (siehe auch Maßnahme Nr. 16 des 1. Kulturentwicklungsplans; VO/2024/09394-01-01-05).
Dezidierte Forschung und die Erteilung von Forschungsaufträgen ist nicht genuine Aufgabe der kommunalen Verwaltung. Die Bearbeitung von Forschungsdesideraten zum Thema „Würdigung des Widerstands von Frauen in und/oder aus Lübeck gegen den Nationalsozialismus“ und andere Desiderate können daher nicht durch Aufträge an Verwaltungsstellen gewährleistet werden. Die Sicherung und Durchführung von Forschung gemäß dem Prinzip der Wissenschaftsfreiheit obliegt Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen, die von der öffentlichen Hand und zahlreichen Stiftungen finanziert werden. Kommunale Steuermittel sind dafür nicht (in besonderem Maße) vorgesehen. In Lübeck wurde eigens zur Förderung von kulturwissenschaftlicher Forschung mit Lübeck-Bezug das ZKFL gegründet. Aber auch diese wissenschaftliche Institution vergibt nicht einzelne konkrete Forschungsaufträge, sondern schreibt Stipendien aus, um Lübeck-Forschung zu initiieren und zu fördern.
Impulse und Empfehlungen aus der Wissenschaft können und sollen jedoch in die erinnerungskulturelle Arbeit des Kulturbüros einfließen. Im Rahmen des geplanten Erinnerungs- und Lernortes ZEIT.LAB ist etwa eine Durchführung von beteiligungsorientierten forschenden Untersuchungen als Citizen Science Projekte unter Einbindung des Archivs der Hansestadt und erinnerungskulturellen Initiativen und Akteur:innen vorgesehen.
Anlagen
keine
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