Zu Frage 1: Inwiefern ist es aus städtebaulicher Sicht sinnvoll, auf den wenigen verfügbaren freien Flächen der HL Logistikgroßhandelsgewerbe anzusiedeln? Wie sinnvoll ist es, solche Ansiedelungen in Gebieten vorzunehmen, die überwiegend durch Wohnbebauung geprägt sind?
Antwort: Beim Industrie- und Gewerbegebiet Glashüttenweg handelt es sich um etabliertes Gewerbeareal, welches historisch in räumlicher Nähe zu den innenstadtnahen Hafenstandorten entlang der Trave, u.a. geprägt durch die Rüstungsindustrie, gewachsen ist. Über die Jahre haben sich die prägenden Nutzungen geändert, aber der Standort hat für die Hansestadt Lübeck weiterhin eine hohe Relevanz als Wirtschafts- und Arbeitsstandort, da in dem Gebiet mehrere bedeutende, größtenteils produzierende, Unternehmen ansässig sind. (u. a. Alpla Lübecker Kunststoffwerk GmbH, Smurfit Kappa Deutschland GmbH, H.&J. Brüggen KG, Vestas Nacelles, GABLER Maschinenbau GmbH und die Gabler Thermoform GmbH & Co. KG). Produktionsstandorte sind auf den Transport von Waren und Materialien angewiesen, wodurch der Glashüttenweg durch entsprechende Verkehre vorgeprägt ist. Das bestehende Logistikzentrum am Standort Glashüttenweg 33-35, welches sich im privaten Eigentum befindet, ist aktuell an mehrere Logistikdienstleister, die u.a. mit den im Gewerbegebiet ansässigen Betrieben zusammenarbeiten, sowie an Unternehmen aus dem Gewerbegebiet vermietet. Nach dem aktuellen Planungsstand beabsichtigt der Investor die bereits vorhandenen Synergien, welche aufgrund der unmittelbaren Nähe zu den Großunternehmen bestehen, aufzugreifen.
Bei dem Standort des bereits bestehenden, und des in Planung befindlichen, Logistikzentrums, handelt es sich um einen unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB, der als ein faktisches Industriegebiet nach §9 BauNVO einzustufen ist. Ein Logistikzentrum ist bezüglich der Art der Nutzung in einem Industriegebiet nach § 9 BauNVO allgemein zulässig. Die Flurstücke des Vorhabens grenzen unmittelbar an den Geltungsbereich des wirksamen B-Plans 25.02.02 (i. V. m. dem B-Plan 25-02-03), der als Art der Nutzung ein Industriegebiet nach § 9 BauNVO und ein Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO festsetzt. Im direkten Umfeld des Betriebsgrundstücks sind keine schutzbedürftigen Nutzungen vorhanden. Die vereinzelten Wohnnutzungen auf der östlichen Seite des Glashüttenweges liegen im Bereich des festgesetzten Gewerbegebietes und wurden als Betriebsleiterwohnungen genehmigt. Die Schutzbedürftigkeit einer Betriebsleiterwohnung ist mit einer allgemeinen Wohnnutzung in Wohn- bzw. Mischgebieten nicht zu vergleichen. Da Betriebsleiterwohnungen dem Gewerbe dienen, stellt eine Betriebsleiterwohnung eine gewerbliche Nutzung dar und kann den gewerblichen Charakter des Gebiets nicht in Frage stellen.
Zu Frage 2: Warum wurde für den F-Bau im Glashüttenweg eine Abrissgenehmigung erteilt, ohne ein unabhängiges Gutachten unter anderem zur Erhaltenswürdigkeit des Bauwerks einzuholen?
Antwort: Im vorliegenden Fall wurde ein Antrag für den Abbruch eines eingetragenen Kulturdenkmals auf dem Grundstück Glashüttenweg 33-35 eingereicht. Nach § 16 Abs. (1) Denkmalschutzgesetz SH (DSchG SH) haben Eigentümer:innen Denkmale im Rahmen des Zumutbaren zu erhalten. Für die Prüfung und Bewertung einer denkmalrechtlichen Genehmigung für einen Abriss gemäß §12 Abs. (1) Satz 1 DSchG SH ist die Denkmalschutzbehörde zuständig.
Im Verfahren werden die von der Antragsteller:in vorgelegten Unterlagen gemäß § 13 Abs. (1) DSchG SH auf Vollständigkeit und Bewertungsfähigkeit geprüft. Nach Feststellung der Vollständigkeit der Unterlagen gemäß §13 Abs. (1) DSchG SH und der im Anschluss durchgeführten Prüfung wurde die denkmalrechtliche Genehmigung für den Abbruch erteilt.
Die Denkmalschutzbehörde ist hoheitlich für die Prüfung und Bewertung beauftragt und führt diese im eigenen Ermessen durch. Ein unabhängiges Gutachten ist nicht erforderlich, da Behörden per Gesetz zu einer unabhängigen, rein fachlich inhaltlichen Prüfung verpflichtet sind. Erst im Streitfall vor Gericht kann ein unabhängiges Gutachten zur Rate gezogen werden.
Der Begriff der „Erhaltenswürdigkeit“ ist kein im DSchG SH verankerter Rechtsbegriff und Bewertungsmaßstab. Vielmehr prüft und beschreibt die Denkmalschutzbehörde gemäß § 2 Abs. (2) und (3) DSchG SH den Denkmalwert von Einzelobjekten, Gebäudegruppen, Stadtquartieren und Landschaftsabschnitten und übernimmt diese nachrichtlich in die Denkmalliste der Hansestadt Lübeck. Die Denkmalwertbegründung bedarf einer ausführlichen Beschreibung und Würdigung des besonderen Werts/der besonderen Werte eines Denkmals. Die Behörde erstellt in diesem Sinne ein Gutachten.
Zu Frage 3: Der Bürgermeister soll kürzlich auf eine Nachfrage nach einem unabhängigen Gutachten geantwortet haben: „Es wird nun langsam politisch.“ Wie ist diese Aussage zu interpretieren? Was ist damit gemeint?
Antwort: Es ist nicht ungewöhnlich, dass im Einzelfall die Verwaltungsleitung sich in Abständen über den Sachstand von Verwaltungsverfahren informieren lässt, wo z. B. Nachfragen von dritter Seite oder von Eigentümer:innenseite vorliegen. Der hier vom AM Dr. Flasbarth zitierte Satz gibt einen Teil des Austausches zwischen dem Bürgermeister und der Bereichsleitung des Bereiches Archäologie und Denkmalpflege der HL wieder.
Der Bürgermeister wurde durch die Eigentümer-Vertreterin darauf aufmerksam gemacht, dass beim Objekt Einsturzgefahr bestehe, was durch ein Statik-Gutachten belegt sei. Hierzu hielt der Bürgermeister Rücksprache mit der Bereichsleitung des Bereiches Archäologie und Denkmalpflege. Dieser bestätigte, dass die Bauordnung bei den elementaren prüfstatischen Punkten einbezogen wird, um diese besser bewerten zu können.
Während dieses laufenden Verwaltungsverfahrens gab es sowohl beim Bürgermeister als auch im Bereich Nachfragen von politischen Mandatsträgern aus dem Wirtschaftsausschuss sowie einer politisch tätigen Denkmalschutzinitiative.
In diesem Kontext äußerte der Bürgermeister u.a.: „…gibt es hier schon einen neuen Sachstand? Ich befürchte, das wird kurzfristig politisch…“ In diesem Sinne bezog sich die Aussage des Bürgermeisters darauf, ob bereits eine der prüfstatischen Aspekte vorliegt. Der Austausch zwischen Bürgermeister und Bereichsleitung ist insoweit zu interpretieren, dass beide vor dem Hintergrund der Nachfragen aus dem politischen Raum das Ziel verfolgen, ein geordnetes, sachgerechtes denkmalrechtliches Verfahren frei von politischer Einflussnahme auf der Grundlage bestehender Gesetze sicherzustellen.