Anlass/Rahmenbedingungen:
Das Land und die kommunalen Landesverbände haben sich am 19.09.2023 über die Einführung und grundsätzliche Finanzierung eines Deutschlandtickets für Schüler:innen in Schleswig-Holstein verständigt. Vorgesehen ist ein landesweit einheitliches Produkt in Form eines rabattierten Deutschlandtickets für „Junge Menschen in Bildung“ mit einem maximalen Endkundenpreis von derzeit 29,00 EUR. Ziel ist somit nicht die Etablierung eines neuen Tarifproduktes, sondern die Nutzung eines „subventionierten 49-Euro-Tickets“ als sog. Bildungsticket für Schleswig-Holstein. Es handelt sich bei dem sog. Bildungsticket nicht um eine landesgesetzliche Regelung, sondern um eine freiwillige Leistung der Hansestadt Lübeck. Landesseitig werden über die Landesverordnung über die Finanzierung des übrigen öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNVFV SH) Gelder für die Finanzierung zur Verfügung gestellt.
Die Höhe der Kosten für die Hansestadt Lübeck hängt im Wesentlichen davon ab, wie viele Schüler:innen ein Ticket in Anspruch nehmen werden. Bei SWL Mobil wurden in 2022[1] ca. 46.000 Schülermonatskarten verkauft. Der Absatz reduzierte sich in 2023 auf 29.500 Schülermonatskarten. Dafür wurden allerdings ca. 19.200 Deutschlandtickets an Personen mit einem Alter unter 20 Jahren verkauft, sodass von einem Gesamtumsatz von ca. 48.600 ausgegangen werden kann. Nicht berücksichtigt werden konnten Schülermonatskarten und Deutschlandtickets, die bei anderen Verkehrsunternehmen wie z. B. dem HVV oder über die Apps der nah.sh oder dem DB-Navigator verkauft worden sind. Das Land Schleswig-Holstein hat in Vorbereitung auf die Einführung des Bildungstickets eine landesweite Berechnung[2] in Auftrag gegeben, aus denen weitere Nutzerzahlen abgeleitet werden können. Für die HL wird davon ausgegangen, dass bis zu 9.990 Schüler:innen mindestens einmal ein Bildungsticket erwerben werden. Im Jahr wird ein Absatz von 119.000 Bildungstickets erwartet. Ob es tatsächlich zu dieser Steigerung von 60 % beim zukünftigen Bildungsticket kommen wird, ist ungewiss. Bei der Berechnung der finanziellen Auswirkungen wurden vorsorglich die Nutzerzahlen der nah.sh für den Zuschussbedarf zugrunde gelegt. Die detaillierten Berechnungen können der Anlage 2 entnommen werden.
Das Land Schleswig-Holstein stellt einen festen Betrag zur Co-Finanzierung des Tickets zur Verfügung. Der Zuschuss wird unabhängig von der tatsächlichen Anzahl ausgegebener Bildungstickets gezahlt. Für das Jahr 2024 erwartet die HL einen Zuschuss von knapp 1,048 Mio. EUR, in 2025 erhöht sich dieser auf knapp 1,397 Mio. EUR.
Die Beschlussvorlage beantwortet auch die Anfragen der Bürgerschaftsmitglieder Berndhard Simon aus dem Hauptausschuss am 26.09.2023 (VO/2023/12414) sowie von Dr. Axel Flasbarth aus dem Hauptausschuss am 12.12.2023 (zur VO/2023/12046-01). Daneben wird auch der Haushaltsbegleitbeschluss zur VO 2023/12437-02-01 – Punkt 5.12 mit dieser Vorlage abgeschlossen.
Berechtigte:
Zur Befriedigung der Mobilitätsbedürfnisse von Schüler:innen soll ein vergünstigtes Deutschlandticket als sog. Bildungsticket angeboten werden. Dabei hat das Land Schleswig-Holstein einen Rahmen vorgeschlagen, der den Kreis der Berechtigten definiert. Berechtigt sollen alle Schüler:innen sein, sofern sie nicht bereits einen Anspruch auf Schülerbeförderung aufgrund des Schulgesetzes (SchulG) haben. Daneben sind Berufsschüler:innen mit einem Arbeitgeber ausgeschlossen, da diese dem Grunde nach Zugang zu einem Jobticket haben. Anspruchsberechtigt sind nach dieser Definition in Lübeck 24.743 Schüler:innen.
Da es sich bei dem Bildungsticket um eine freiwillige Leistung der HL handelt, können nur Schüler:innen mit dem Wohnort Lübeck ein Bildungsticket erwerben. Schüler:innen mit einem anderen Wohnort müssen das Ticket bzw. einen Zuschuss bei ihrem Heimatkreis/ihrer kreisfreien Stadt erwerben. Das hat den Hintergrund, dass das Land jedem Kreis/jeder kreisfreien Stadt einen pauschalen Betrag für das Bildungsticket zur Verfügung stellt und keine Spitzabrechnung vornimmt.
Eine Berechtigungsprüfung erfolgt durch den Bereich Schule und Sport (Team Schul IT und die Mitarbeitenden in den Schulbüros) verbunden mit dem Ziel, den Aufwand dieser Prüfung für alle Beteiligten möglichst gering zu halten. Auf die genaue Beschreibung des Prüfprozesses wird im Rahmen der Vorlage verzichtet, damit hieraus keine Anleitung zum Leistungsmissbrauch erstellt werden kann. Im Wesentlichen wird nachgelagert überprüft, ob es sich um eine/n berechtigte/n Lübecker Schüler:in handelt. Sollte sich herausstellen, dass es zu wiederholten Missbrauchsfällen kommt, werden die Prüfschritte angepasst.
Vertrieb:
Die oberste Zielvorgabe beim Vertrieb ist es, das Bildungsticket möglichst einfach und unkompliziert zur Verfügung zu stellen. Die finanziellen Risiken des missbräuchlichen Erwerbs des vergünstigten Tickets trägt die HL.
SWL Mobil übernimmt als kommunales Verkehrsunternehmen den Vertrieb für das Bildungsticket und bietet es als freiverkäufliches Deutschlandticket für alle berechtigten Schüler.innen zu einem Preis von 29,00 EUR an. Das Ticket wird über die Homepage der SWL Mobil, wie jedes andere Tarifprodukt auch, zu erwerben sein. Die Bestellstrecke wird dabei auf die besonderen Bedürfnisse des Bildungstickets angepasst. Das Ticket wird als Chipkarte oder als Handyticket zur Verfügung gestellt. Die Chipkarte dient der Sicherstellung, dass jeder unabhängig vom Besitz eines Handys auch ein Ticket erwerben kann. Die Vorteile eines Vertriebs über SWL Mobil ist die bereits vorhandene Verkaufs- und Vertriebsinfrastruktur und die Möglichkeit, vor Ort die Anliegen klären zu können. Zudem verbleiben die für den Vertrieb aufgewendeten Gelder in der kommunalen Familie.
Für die Einrichtung des Vertriebs erhält die SWL Mobil einen einmaligen Zuschuss in Höhe von 64.680,00 EUR netto in 2024. Für den Vertrieb erhält SWL Mobil eine jährliche Pauschale von 69.381,00 EUR netto. Zudem wird jede ausgegebene Chipkarte mit 5,50 EUR durch die HL erstattet.
Die HL wird sich daneben nicht einem Vertrieb über die Plattform OLAV (www.ticket-olav.de) des Kreises Herzogtum Lauenburg anschließen. Die Nutzung der Plattform OLAV ist der Wunsch des Landes Schleswig-Holsteins als zentrale Vertriebsstelle für ein landeseinheitliches Bildungsticket. Gelder stellt das Land hierfür jedoch nicht zur Verfügung. Für die HL bedeutet der Einsatz von OLAV Kosten zwischen 20 und 40 EUR pro Schüler:in und Jahr. Für Lübeck sind das jährliche Kosten von 198.000 EUR bis 396.000 EUR. Zudem sind vergaberechtliche Fragestellungen/Risiken vorhanden, die eine Einführung eines Bildungstickets zum 01.08.2024 wahrscheinlich nicht möglich machen würden.
Zuschusszahlung:
Berechtigte Schüler:innen, die ein Bildungsticket erwerben wollen, erhalten von der HL einen freiwilligen Zuschuss. Dieser Zuschuss berechnet sich aus der Differenz des Deutschlandtickets zum Preis des Bildungstickets. Das Bildungsticket wird für einen Preis von 29,00 EUR zum freien Kauf angeboten. Der Zuschuss beträgt damit aktuell 20,00 EUR pro gekauftem Bildungsticket. Zur Verfahrensvereinfachung erfolgt die Auszahlung des Zuschusses direkt an die SWL Mobil. Der Anspruch auf den Zuschuss entfällt, sobald die o. g. Berechtigung nicht mehr vorliegt.
Finanzielle Auswirkungen:
Bei dem Bildungsticket handelt es sich nicht um ein eigenes Tarifprodukt, sondern um ein subventioniertes Deutschlandticket, das zu einem reduzierten Preis verkauft werden soll. Die HL muss daher für jedes verkaufte Bildungsticket einen Zuschuss zahlen.
Das Land Schleswig-Holstein stellt landesweit Gelder für die Einführung eines Bildungstickets zur Verfügung. Nach aktuellem Kenntnisstand handelt es sich bei den Summen um eine Pauschalförderung, die ausgezahlt werden soll, sofern in dem jeweiligen Kreis/der jeweiligen kreisfreien Stadt ein Bildungsticket eingeführt worden ist. Mehreinnahmen verbleiben dabei in der Kommune, Mehrausgaben muss die Kommune jedoch eigenständig aufbringen.
In 2024 rechnet die HL mit einer Unterdeckung der Finanzmittel in Höhe von ca. 72.000 EUR. Angenommen wurde dabei ein Absatz von 49.600 Bildungstickets und einem Vertriebsaufwand von knapp 127.000 EUR
Die SWL Mobil erhält in 2024 keine Zuwendung der HL, die speziell für den Schülerverkehr vorgesehen ist und für eine zusätzliche Finanzierung des Bildungstickets umverteilt werden kann. Der Fehlbetrag für 2024 wird aus dem Produkt 547001 – Aufgabenträgerschaft ÖPNV zur Verfügung gestellt. Aufgrund gesunkener Ausgleichsleistungen für die Absenkung der Preisstufe 3 auf die Preisstufe 2 können die fehlenden Gelder in dem Produkt haushaltsneutral umverteilt werden.
Ab 2025 rechnet die HL mit einer Unterdeckung der Finanzmittel in Höhe von 1,080 Mio. EUR. Darin sind Kosten für den Vertrieb von knapp 97.000 EUR enthalten. Der Zuschussbedarf von 1,080 Mio. EUR wird in den Haushalt 2025 im Produkt 547001 – Aufgabenträgerschaft ÖPNV eingestellt.
Aufgrund des bereits jetzt nicht auskömmlichen Landesanteils wird eine höhere Bezuschussung des Bildungstickets nicht empfohlen. Aus der Anlage 2 kann entnommen werden, in welcher Höhe der Zuschussbedarf bei der HL ansteigen wird, wenn die HL 30,00, 40,00 bzw. 49,00 EUR Zuschuss zum Bildungsticket zahlen würde.
Bei einer kostenlosen Abgabe des Bildungstickets würden zudem die Leistungen Bildung und Teilhabe (BuT) nach § 6 Bundeskindergeldgesetz bzw. § 28 Sozialgesetzbuch II entfallen, die durch den Bund erbracht werden. Aktuell erhält die HL für 1.211 Schüler:innen Gelder in Höhe von 375.259 EUR.
In die Gesamtbetrachtung der finanziellen Auswirkungen können die Verkaufserlöse bei SWL Mobil nicht mit einbezogen werden. Auf den direkten Ausgleichsbetrag für das Bildungsticket und damit auf den Haushalt der HL hat das allerdings auch keinen Einfluss. Ob es mittelbar zu einer Auswirkung auf das Gesamtdefizit der SWL Mobil kommen wird, kann nicht prognostiziert werden. Die Einnahmen aus dem Deutschlandticket fallen unter die Richtlinie über die Gewährung von Billigkeitsleistungen zum Ausgleich nichtgedeckter Ausgaben im öffentlichen Personennahverkehr im Zusammenhang mit dem Deutschlandticket. Mehreinnahmen reduzieren erstmal nur den Ausgleichsbetrag im Zusammenhang mit dem Deutschlandticket und führen damit nicht zu Mehreinnahmen bei SWL Mobil. Ebenfalls ist das Einnahmeaufteilungsverfahren zum Deutschlandticket noch nicht abgeschlossen. Da das Deutschlandticket auch eine Nutzung außerhalb Lübecks ermöglicht, könnten Gelder an andere ÖPNV-Aufgabenträger oder Verkehrsunternehmen noch umverteilt werden.