„In vielen Städten – unabhängig von ihrer Größe – übersteigt die Nachfrage nach Autostellplätzen das vorhandene Angebot und beeinträchtigt den öffentlichen Raum in seiner Qualität, Attraktivität und Funktionsfähigkeit, beispielsweise durch das Parken in zweiter Reihe sowie auf Rad- und Gehwegen. Außerdem binden Parkflächen Finanzmittel einer Kommune, die nicht zwingend über Parkgebühren zu refinanzieren sind.
Die Kommunen verfügen jedoch über wirkungsvolle Instrumente und Maßnahmen, mit denen sie den Flächenverbrauch spürbar reduzieren und die Flächennutzung gezielt steuern können: zum Beispiel das Parkraummanagement und die Förderung von Carsharing.
Die Förderung von Carsharing – und von Ridesharing – kann zu einer niedrigeren Besitzquote privater Pkw und in der Folge ebenfalls zu einem reduzierten Flächenbedarf führen. Empirische Studien belegen, dass in den Innenstadtquartieren verschiedener Großstädte ein Carsharing-Auto acht bis 20 private Fahrzeuge ersetzen kann.“
(Auszug aus: Die Mobilitätswende hat in den Städten bereits begonnen. - (agora-verkehrswende.de))
Die Anzahl der zugelassenen Pkw und Pkw je 1.000 Einwohner*innen hat in Lübeck innerhalb des letzten Jahrzehnts signifikant zugenommen. Zudem nehmen auch Größe und Leistung der Kraftfahrzeuge zu. Rund 32 % der zugelassenen Fahrzeuge in Lübeck sind SUV und Geländewagen, 13 % Vans, Sportwagen und sonstige, 20 % Minis und Kleinwagen sowie 35 % Kompakt-, Mittel- und Oberklasse. So wird vorhandener Parkraum allein durch die zunehmende Größe der Pkw reduziert.
Die repräsentative Studie MiD 2017 über die alltägliche Nutzung von Pkw in der Bundesrepublik Deutschland hat ergeben, dass „über 40 % der Pkw in Privathaushalten am Stichtag der Haushaltsbefragung nicht genutzt wurden. Die mittlere Betriebszeit je Pkw belief sich am Tag auf einen Zeitraum von etwa 46 Minuten. Dies bedeutet, dass Pkw nur ca. 3 % der Zeit genutzt werden. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass Pkw mehr als 23 Stunden am Tag geparkt sind; überwiegend am Wohnort. Im Wochenverlauf sinkt der Anteil der am Wohnort geparkten Pkw nicht unter 50 % ab, d.h. auch zu Hauptverkehrszeiten stehen mehr als die Hälfte der Fahrzeuge still.
(…)
An den öffentlichen Raum, der räumlich begrenzt ist, bestehen unterschiedliche Nutzungsansprüche. Außerdem haben sich die Anforderungen, die an den Straßenraum gerichtet werden, verändert. Gemeinhin bedarf es im Straßenraum bspw. Klimaanpassungsmaßnahmen (z.B. Entsiegelung von Flächen, „BlueGreenStreets“) vor dem Hintergrund des Klimawandels, Liefer- und Ladezonen aufgrund zunehmender Zustellverkehre, Flächen für neue Mobilitätsangebote (z.B. Carsharing, Bikesharing, E-Scooter-Sharing), Abstellflächen für Lastenfahrräder, öffentlich zugänglicher Ladestationen für Elektrofahrzeuge im Zuge der Antriebswende und barrierefreier Gehwege.“ (Eckpunktepapier Parken in Lübeck)
Das Eckpunktepapier Parken in Lübeck schlägt ebenso wie Agora Verkehrswende als Handlungsansatz vor, Alternativen zum eigenen Pkw zu fördern:
„Handlungsansatz: Alternativen zum eigenen Pkw fördern
Idealerweise sind Lübecker:innen für ihre Mobilität im Alltag nicht auf einen eigenen Pkw angewiesen. Mit den bestehenden Angeboten im Radverkehr, ÖPNV und des CarSharing-Anbieters Stattauto ist dies bereits heute für einige Lübecker:innen der Fall. Vor der Einführung von Parkgebühren in einem Quartier sollten Bewohner:innen zu den bestehenden Angeboten beraten werden. Außerdem könnten Probe-Pakete, z.B. Monatskarte plus CarSharingMitgliedschaft plus Leih-E-Bike gegen Autoschlüssel, geschnürt werden. Neben dem stadtweiten Ausbau der o.g. Angebote sollten auch qualitativ hochwertige Angebote in den Quartieren sichergestellt werden. Insbesondere ist die Verfügbarkeit von Fahrrad-Abstellanlagen und CarSharing-Stationen in den Quartieren zu prüfen.
Des Weiteren sollte mit einem stationsbasierten Fahrradverleihsystem inkl. Lastenrädern der multimodale Baukasten ergänzt werden. Fahrräder und CarSharing-Fahrzeuge haben einen deutlich geringeren Platzbedarf als private Pkw, sodass erfolgreiche Angebote ebenfalls den Parkdruck reduzieren können. Ein CarSharing-Fahrzeug ersetzt 8-20 private Pkw (Bundesverband CarSharing, 2016: Mehr Platz zum Leben – wie CarSharing Städte entlastet), auf der Fläche von einem Parkstand für Pkw lassen sich bequem acht Fahrräder abstellen.“
Fazit: Bisher wird das Potential, das in der Förderung und dem Ausbau von Carsharing Angeboten in den Quartieren besteht, in Lübeck unzureichend ausgeschöpft. Da es jedoch einen sehr wichtigen Baustein darstellt, um die Anzahl von privaten Pkw nicht weiter steigen zu lassen sowie kurz- und mittelfristig reduzieren zu können, benötigen wir eine Strategie, die unter Einbeziehung des Carsharing Anbieters StattAuto von der Verwaltung erarbeitet werden soll.