Vorlage - VO/2023/12142  

Betreff: Umsetzung des Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetzes und des Strompreisbremsengesetzes im "Konzernverbund" der Hansestadt Lübeck
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Bürgermeister Jan Lindenau
Federführend:1.201 - Haushalt und Steuerung Bearbeiter/-in: Leu, Beate
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Hauptausschuss zur Kenntnisnahme
23.05.2023 
81. Sitzung des Hauptausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag

Der Hauptausschuss nimmt den Zwischenbericht zur Umsetzung des Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetzes und des Strompreisbremsengesetzes im "Konzernverbund" der Hansestadt Lübeck zur Kenntnis.


Begründung

Am 20.12.2022 sind das Gesetz zur Einführung einer Strompreisbremse (StromPBG) und das Gesetz zur Einführung vom Preisbremsen für leitungsgebundenes Erdgas und Wärme (EWPBG) in Kraft getreten. Die Preisbremsen sollen die steigenden Energiekosten und die schwersten Folgen für Verbraucher:innen sowie Unternehmen abfedern. In den Gesetzen werden die Erstattungen von Energiekosten über der jeweiligen Preisbremse geregelt.

 

r Unternehmen und Unternehmensverbände sind besondere Regelungen eingeführt worden, um dem EU-Beihilferecht Rechnung zu tragen.

Wie sich erst Ende Februar 2023 herausgestellt hat, sind auch Kommunen mit ihren Beteiligungen, soweit sie wirtschaftlich (und nicht hoheitlich) tätig sind im Rahmen dieser Gesetze als Unternehmensverbund zu betrachten. Die FAQ-Liste des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz enthält hierzu eine ausdrückliche Antwort: Im Fall einer entsprechenden Kontrolle sind auch Gebietskörperschaften und die von ihr kontrollierten Unternehmen ein Unternehmensverbund. Bei mehreren solcher Unternehmensbeteiligungen wird im Kontext der eingangs genannten Gesetze ein entsprechend um diese erweiterter Unternehmensverbund mit der Gebietskörperschaft als „Obergesellschaft“ postuliert.

Das bedeutet, dass Erstattungen im Rahmen der sog. Strom- und Gaspreisbremse im „Konzernverbund“ der Hansestadt Lübeck gemeinsam betrachtet werden müssen. Es gilt für den „Konzernverbund“ eine gemeinsame Höchstgrenze für den Entlastungsbetrag.

 

Der Deutsche Städtetag hat bereits gegenüber dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz bemängelt, dass hierdurch die beabsichtigte wirksame Entlastung der Kommunen konterkariert werde. Dass sich die Konzernregelung auf kommunaler Ebene finanziell nachteilig auswirkt, bestätigen die konkreten Erfahrungen in Lübeck. Eine Umsetzung der bundesrechtlichen Vorgaben ist ist jedoch rechtlich geboten.  

Nur für den Fall, dass das kommunale Unternehmen hoheitlich tätig ist, gelten die beihilferechtlichen Grenzen nicht. Klar ist, dass für die Städte außerhalb ihrer wirtschaftlichen Betätigung, also alle Anschlüsse etwa der Kernverwaltung oder der sozialen und Bildungseinrichtungen, die Preisbremsen uneingeschränkt Anwendung finden. Davon ebenfalls ausgenommen sind von Vermieter:innen an Mieter:innen weitergeleitete Entlastungsbeträge.

 

Die HL ist Allein- bzw. Mehrheitsgesellschafterin von folgenden Unternehmen, die im Sinne der Preisbremsengesetze (zumindest für ihre jeweilige wirtschaftliche Betätigung) zum Konzernverbund gehören und damit in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen sind:

- Hansestadt Lübeck (soweit wirtschaftlich tätig)

- Entsorgungsbetriebe (soweit wirtschaftlich tätig)

- Entsorgungszentrum Lübeck GmbH

- European Cargo Logistics GmbH (ECL)

- Grundstücks-Gesellschaft Trave mbH 

- Kurbetrieb Travemünde

- KWL GmbH

- beck und Travemünde Marketing GmbH

- becker Hafen-Gesellschaft mit beschränkter Haftung

- becker Musik- und Kongreßhallen Gesellschaft mit beschränkter Haftung

- becker Schwimmbäder

-  beck-Travemünder Verkehrsgesellschaft mbH

- Senior:Inneneinrichtungen

- Stadtwerke Lübeck Gruppe GmbH

- Stadtwerke Lübeck Energie GmbH

- Stadtverkehr Lübeck Mobil GmbH

- Theater Lübeck gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung

- TraveNetz GmbH

 

Die Grundstücksgesellschaft Metallhüttengelände mbH, die LHG Service-Gesellschaft mbH, die Nordic Rail Service GmbH, die Stadtwerke Lübeck Digital GmbH, die Stadtwerke Lübeck Innovation GmbH, die TraveKom projects GmbH & Co. KG, die TraveKom projects Verwaltungs GmbH und die Wirtschaftsförderung Lübeck GmbH sind keine Kunden bzw. Letztverbraucher im Sinne der Gesetze und fallen aus der Betrachtung heraus.

 

Die Gesetze sehen bei der Entlastung eine Begrenzung in Höhe der bei dem jeweiligen Unternehmen anfallenden (anteiligen) krisenbedingten Mehrkosten vor. Krisenbedingte Mehrkosten liegen nur vor, wenn in der Zeit vom 01.02.2022 bis 31.12.2023 mindestens das 1,5-fache der jeweiligen Energiepreise aus dem Referenzjahr 2021 gezahlt wird - bezogen auf Verbräuche aus dem Referenzjahr und dann für die Zeit vom 01.09.2022 bis 31.12.2023 auch nur in Höhe von 70 % der Verbräuche aus dem Referenzjahr. Außerdem müssen sich alle Unternehmen, die dieselbe Höchstgrenze haben, diese gemeinsam teilen.

 

Um die im Gesetz vorgeschriebenen Höchstgrenzen zu ermitteln, wurden von den betreffenden Unternehmen umfangreiche Angaben zugeliefert und bei der HL die Abnahmestellen identifiziert, an denen eine wirtschaftliche Tätigkeit vorliegt. Die Stadtwerke beck haben außerdem allen Gesellschaften grundlegende Daten für die Erhebung zur Verfügung gestellt. Aufgrund der im Gesetz vorgegebenen Fristen bestand ein Zeitdruck, der bei den Beteiligten erhebliche Ressourcen gebunden.

Dank der Mitwirkung aller Beteiligten konnte fristgerecht zum 31.03.2023 eine Übersicht der zu erwartenden Entlastungsbeträge und der jeweils geltenden Höchstgrenzen erstellt werden.

Im Konzernverbund der HL können zwei Unternehmen die Höchstgrenze von 50 Mio. EUR in Anspruch nehmen, die anderen Unternehmen teilen sich die 2-Mio-EUR-chstgrenze. Auf die Höchstgrenzen sind außerdem im Gesetz definierte bereits gewährte Hilfen anzurechnen, wie z.B. die sog. Dezemberhilfe Gas und Wärme, bei der der Dezemberabschlag 2022 erstattet wurde.

Die Senior:InnenEinrichtungen haben außerdem noch Anspruch auf sog. Ergänzungshilfen nach § 154 Sozialgesetzbuch - SGB XI, die ebenfalls einzubeziehen sind. Hiernach ist für die Zeit vom 01.10.2022 bis 30.04.2024 noch eine Erstattung der Differenz der Abschlagszahlungen bezogen auf den Referenzmonat März 2022 vorgesehen.

Neben den Leistungen aus den Energiepreisbremsengesetzen können Leistungen des Kulturfonds Energie des Bundes in Anspruch genommen werden. Berechtigt sind hierfür Kultureinrichten und Kulturveranstaltende. Z.B. die Theater gGmbH und die becker Musik- und Kongreßhallen GmbH prüfen aktuell ihre Anspruchsberechtigung und planen diese zusätzliche Förderung zu beantragen.

 

Im Ergebnis sind aufgrund der gesetzlichen Regelung, die die Betrachtung als Konzernverbund HL vorschreibt, gegenüber der Einzelbetrachtung der Unternehmen ohne Konzernverbund schätzungsweise ca. 820 TEUR weniger Erstattungen zu erwarten. Besonders betroffen sind die SWL Mobil mit ca. 400 TEUR, die LHG mit ca. 250 TEUR. Beide Gesellschaften wurden gebeten, die 50-Mio-EUR-Grenze in Anspruch zu nehmen, was bedeutet, dass nur Entlastungsbeträge in Höhe von 65 % der krisenbedingten Mehrkosten geltend gemacht werden können. Würde die 50-Mio-EUR-Grenze nicht gewählt, ssten sich alle Unternehmen im Konzernverbund die 2-Mio-EUR-Höchstgrenze teilen und könnten nur ca. 40 % ihrer Entlastungsbeträge geltend machen.

Die HL-Kernverwaltung muss ihrerseits mit um ca. 40 TEUR geringeren Entlastungsbeträgen rechnen.

Die Gesamtentlastung für den Konzernverbund (nur der wirtschaftlich tätige Teil) durch die Energiepreisbremsen beträgt ca. 4 Mio. EUR. Hinzu kommen noch die in voller Höhe zu gewährenden Entlastungsbeträge für die nicht wirtschaftlichen Bereiche der HL und der EBL, die im Rahmen dieses Projekts nicht erhoben wurden.

Die Gesetze haben neben der Einhaltung der EU-Beihilferechtlichen Höchstgrenzen auch formale Vorgaben für Unternehmensverbünde gemacht. So sollen von den Unternehmen bis zum 31.03.2023 oder, sofern die jeweiligen Informationen erst zu einem späteren Zeitpunkt vorliegen, unverzüglich eine sogenannte Selbsterklärung abgegeben werden. In der Selbsterklärung sind u.a. die ermittelten absoluten und relativen Höchstgrenzen sowie der individuelle Anteil der zu erhaltenden Entlastungsbeträge zu benennen. 

 

Herausforderungen bestehen dabei darin, dass die FAQs des Bundesministeriums nach dem ursprünglichen Abgabetermin 31.03.2023 noch in inhaltlich relevanten Punkten fortlaufend angepasst werden, im April ein Reparaturgesetz vorgestellt wurde (das aber noch nicht verabschiedet ist) und die im Gesetz vorgesehen Prüfbehörde noch nicht existiert.

 

Die weitere Umsetzung erfordert noch sehr viel formellen Aufwand. So ist zum 31.05.2024 eine sog. „Spitzabrechnung“ vorzunehmen. Erst danach wird eine finale Bewertung der finanziellen Auswirkungen möglich sein.

 

Die Verwaltung beobachtet die weitere, immer noch sehr dynamische Entwicklung der Rechtslage und koordiniert die Bemühungen der HL und ihrer Beteiligungen, die aus gesamtstädtischer Sicht bestmögliche Entlastung zu erreichen.

 

Nach der sog. „Spitzabrechnung“ wird dem Hauptausschuss erneut über die endgültigen Auswirkungen berichtet.


Anlagen