Seit bereits Mitte der 1980er Jahre nimmt die Bedeutung der Themen Antidiskriminierung und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz in der öffentlichen Diskussion zu. Zuletzt rückte insbesondere die Kampagne #Me Too, welche auf sexuelle Gewalthandlungen eines Filmproduzenten Hollywoods zurückzuführen ist, das Thema wieder verstärkt in den Fokus, deren Wirkung noch bis heute anhält.
Auch mit der Einführung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes im Jahr 2006 und der damit einhergehenden Änderung der Rechtslage in Deutschland, wurde ein deutliches Signal gesetzt.
Neben den allgemein in der Öffentlichkeit geführten Diskussionen und geschaffenen Rechtsgrundlagen setzt sich die Hansestadt Lübeck bereits seit mehreren Jahren sowohl innerstäd-tisch gegenüber ihren Bürger:innen, Mitmenschen und Mitarbeitenden, als auch über die Stadtgrenzen hinaus aktiv gegen jegliche Form von Diskriminierung und sexueller Belästigung am Arbeitsplatz ein. Als aktuellstes Beispiel sei die am 01.12.2022 erfolgte Unterzeichnung der Deklaration #positivarbeiten zu benennen, mit welcher sich die Hansestadt Lübeck gegen die Diskriminierung von HIV-positiven Menschen im Arbeitsumfeld positioniert.
Darüber hinaus ist die Hansestadt Lübeck seit nunmehr zwei Jahren Mitglied der Europäi-schen Städtekoalition gegen Rassismus e.V., welche es sich zur Aufgabe gemacht hat, jede Form von Rassismus und Diskriminierung auf kommunaler Ebene zu bekämpfen, die Vielfalt in Europa zu achten, Toleranz und internationale Gesinnung zu fördern, sowie für Menschenrechte einzustehen.
Durch das Frauenbüro der Hansestadt Lübeck ist 2021 eine Broschüre Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erfolgt. Die Broschüre richtet sich sowohl an Vorgesetzte als auch an die Mitarbeiter:innen der Hansestadt Lübeck und zeigt dem benannten Personenkreis Hintergründe, Fakten und Handlungsmöglichkeiten zu diesem Thema auf.
Weiterführende Informationen sind der Veröffentlichung als Anlage 1 zu entnehmen.
Bereits seit mehr als 30 Jahren gibt es innerhalb der Verwaltung Regelungen zu sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Die zuletzt bestehende Dienstvereinbarung wurde 2022 überarbeitet und ab dem 1.11.2022 durch die Dienstvereinbarung zum Umgang mit Diskriminierung, sexueller Belästigung und/oder Mobbing am Arbeitsplatz, ersetzt.
Mit der Dienstvereinbarung setzt die Hansestadt Lübeck gegenüber ihren Beschäftigten ein deutliches Zeichen gegen sexuelle Grenzverletzungen. Es wird deutlich, dass entsprechende Vorfälle ernstgenommen und die Betroffenen die notwendige Unterstützung erfahren werden. Durch ein klares Aufzeigen von Verfahrens- und Verhaltensregeln, Fortbildungsangeboten und verpflichtenden Fortbildungen für Vorgesetzte, sowie der Benennung von Verantwortlichen und einer unabhängigen Beschwerdestelle, wird Betroffenen ein schwellenfreier Zugang zu Unterstützungsmöglichkeiten geboten. Führungskräfte erhalten durch die Dienstvereinbarung Handlungssicherheit für ein lösungsorientiertes Eingreifen im Belästigungsfall. Durch die mit der Dienstvereinbarung verbundene Warnung vor möglichen Folgen für potentielle Täter:innen, entfaltet diese zudem einen präventiven Charakter.
Die Dienstvereinbarung ist diesem Bericht als Anlage 2 beigefügt.
Eine durch die Verwaltung verpflichtend auferlegte Bindung der Bürgerschaft und deren Gremien und der Fraktionen und deren Gremien an die mit der Dienstvereinbarung für die städtischen Mitarbeitenden getroffenen Regelungen ist rechtlich kritisch anzusehen. Der Bürgermeister hat kein Direktionsrecht gegenüber den Mitgliedern der Kommunalen Selbstverwaltung.
Es wird daher der Bürgerschaft empfohlen - entsprechend zur Dienstvereinbarung - eigene Regelungen, orientiert an der im Antrag genannten Intention und benannten Punkte, auszugestalten und diese in Form einer Selbstverpflichtung als Anlage zur Geschäftsordnung der Bürgerschaft aufzunehmen.
Unabhängig davon steht den Mitgliedern der Kommunalen Selbstverwaltung, wie auch allen anderen Lübecker Bürger:innen, die Möglichkeit offen, sich im Bedarfsfall an die in der Bürgermeisterkanzlei verortete Anlaufstelle Diskriminierung zu wenden.
Das Frauenbüro weist ergänzend darauf hin, dass sich, verstärkt in den letzten Jahren, sowohl das Europa-Parlament als auch der Deutsche Bundestag und weitere Institutionen damit beschäftigt, Sexismus, Belästigung und Gewalt (vorrangig gegen Frauen) in Parlamenten zu bekämpfen.
Die EAF-Studie „Parteikulturen und politische Teilhabe von Frauen“ (Berlin 2021) zeigt, dass 30% der Frauen auf kommunaler Ebene Erfahrungen mit sexueller Belästigung gemacht haben (auf Bundesebene 55%). Am häufigsten betroffen sind junge Frauen und Neumitglieder. In den Sozialen Medien erlebten 17% der Frauen (rd. 36% der Politikerinnen unter 45 Jahren) und 3% der Männer sexistische Kommentare. Die Studie zeigt auch mögliche Maßnahmen auf, wie z.B. die Benennung von Ombudspersonen, Awareness-Teams oder die Erstellung eines „Codes of Conduct“ / Leitlinien für respektvollen Umgang. In einigen Kommunen ist ein „Kodex für wertschätzenden Umgang“ bereits Bestandteil der Geschäftsordnung der Stadtvertretung (z.B. in Potsdam).
Mitinitiiert von der EAF wurde zudem 2021 das „Bündnis gegen Sexismus“, wo auch für Kommunen die Möglichkeit besteht, dem Bündnis beizutreten. Der Deutsche Städtetag hat die Erklärung für die Kommunen bereits unterzeichnet.
Auf europäischer Ebene wurde für das EU-Parlament in der Geschäftsordnung eine Regelung (Art. 10, 6; S. 20 und 161) aufgenommen, die sich explizit auf Mobbing und sexuelle Belästigung bezieht und verbunden ist mit einem „Verhaltenskodex“, der sowohl Präventionsmaßnahmen als auch Sanktionen vorsieht.
Zudem startete die Parlamentarische Versammlung des Europarates (PACE) 2018 die Initiative #NotInMyParliament. Die Inter-Parlamentary Union (IPU) hat 2019 ebenfalls einige Maßnahmen für Parlamente empfohlen.
Es gibt also bereits mögliche „Muster“ für eine entsprechende Regelung bei der Hansestadt Lübeck, die für die kommunale Selbstverwaltung angepasst und verabschiedet werden können.
Das Frauenbüro unterstützt gern bei einer entsprechenden Regelung für die Geschäftsordnung der Lübecker Bürgerschaft