Vorlage - 2020/08836-01-01  

Betreff: Bericht zu Antrag: AM Petereit (SPD), Prieur (CDU), Rathcke (FDP), Grädner (Grüne), Luetkens (LINKE) und Misch (FW&GAL): AT: Alle zusammen gegen Sexismus - Alle zusammen gegen Diskriminierung
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Bürgermeister Jan LindenauBezüglich:
VO/2020/08836-01
Federführend:1.101 - Bürgermeisterkanzlei Bearbeiter/-in: Markmann, Nadine
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Hauptausschuss zur Kenntnisnahme
24.01.2023 
74. Sitzung des Hauptausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Kenntnisnahme
26.01.2023 
37. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Veröffentlichung "Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz"
DV Umgang mit Diskriminierung

Beschlussvorschlag

Der Hauptausschuss hat in seiner Sitzung am 15.06.2021 dem folgenden Antrag zugestimmt:
 

Die Bürgerschaft, ihre gewählten Mitglieder und die Fraktionen, denen sie angehören, stellen sich jeder Form von Sexismus und sexueller Gewalt entgegen, werden Opfer schützen und dafür sorgen, dass Opfern keine Nachteile aus ihrer Beschwerde oder Anzeige entstehen und die Täter und Täterinnen mit allen zu Geboten stehenden rechtlichen und politischen Mitteln zur Verantwortung gezogen werden.

 

Dies vorausgeschickt beschließt die Bürgerschaft:

1. Wir dulden keinen Sexismus, keine sexuelle Belästigung oder sexualisierte Gewalt sowie andere Formen der Diskriminierung in der Lübecker Politik und im Rathaus und werden die Opfer schützen.

2. Wir wollen Sexismus und Diskriminierung auch außerhalb der politischen Strukturen in Lübeck entgegentreten und werden dafür die geeigneten Schritte einleiten, über die im Einzelfall zu befinden sein wird.

3. Der Bürgermeister wird beauftragt, einen Anti-Diskriminierungs-Leitfaden für die Verwaltung, für die Bürgerschaft und deren Gremien und für die Fraktionen und deren Gremien der Bürgerschaft zur Beschlussfassung vorzulegen, in dem Regelungen und Procederes zusammengefasst werden, die folgendes zum Gegenstand haben sollen:

a) Vermeidung von sexueller Belästigung und sexualisierter Gewalt und eines Arbeits-

klimas, das derartige Verhaltensweisen begünstigen könnte,

b) Umgang mit Meldungen von sexueller Belästigung und sexualisierter Gewalt, durch

die Opfer an die im Leitfaden zu benennenden Verantwortlichen für das weitere Pro-

cedere (auch bei Vergehen unterhalb der Strafbarkeitsgrenze),

c) Benennung von Vertrauenspersonen, an die sich Opfer wenden können,

d) Beschreibung der Maßnahmen und Vorkehrungen zum Schutz der Betroffenen nach

erfolgter Meldung des Vorfalles.

 

Dieser Leitfaden soll veröffentlicht werden, um diese Haltung einer breiteren Öffentlichkeit zu kommunizieren, in der Hoffnung und Erwartung, dass sie Vorbildwirkung entfaltet. Die Fraktionen in der Bürgerschaft wirken auf die sie tragenden Parteien ein, die Maßnahmen aus diesem Leitfaden auch innerparteilich umzusetzen.


 


Begründung

Seit bereits Mitte der 1980er Jahre nimmt die Bedeutung der Themen Antidiskriminierung und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz in der öffentlichen Diskussion zu. Zuletzt rückte insbesondere die Kampagne #Me Too, welche auf sexuelle Gewalthandlungen eines Filmproduzenten Hollywoods zurückzuführen ist, das Thema wieder verstärkt in den Fokus, deren Wirkung noch bis heute anhält.

Auch mit der Einführung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes im Jahr 2006 und der damit einhergehenden Änderung der Rechtslage in Deutschland, wurde ein deutliches Signal gesetzt.

 

Neben den allgemein in der Öffentlichkeit geführten Diskussionen und geschaffenen Rechtsgrundlagen setzt sich die Hansestadt Lübeck bereits seit mehreren Jahren sowohl innerstäd-tisch gegenüber ihren Bürger:innen, Mitmenschen und Mitarbeitenden, als auch über die Stadtgrenzen hinaus aktiv gegen jegliche Form von Diskriminierung und sexueller Belästigung am Arbeitsplatz ein. Als aktuellstes Beispiel sei die am 01.12.2022 erfolgte Unterzeichnung der Deklaration #positivarbeiten zu benennen, mit welcher sich die Hansestadt Lübeck gegen die Diskriminierung von HIV-positiven Menschen im Arbeitsumfeld positioniert.

Darüber hinaus ist die Hansestadt Lübeck seit nunmehr zwei Jahren Mitglied der Europäi-schen Städtekoalition gegen Rassismus e.V., welche es sich zur Aufgabe gemacht hat, jede Form von Rassismus und Diskriminierung auf kommunaler Ebene zu bekämpfen, die Vielfalt in Europa zu achten, Toleranz und internationale Gesinnung zu fördern, sowie für Menschenrechte einzustehen.

 

Durch das Frauenbüro der Hansestadt Lübeck ist 2021 eine Broschüre Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erfolgt. Die Broschüre richtet sich sowohl an Vorgesetzte als auch an die Mitarbeiter:innen der Hansestadt Lübeck und zeigt dem benannten Personenkreis Hintergründe, Fakten und Handlungsmöglichkeiten zu diesem Thema auf.

Weiterführende Informationen sind der Veröffentlichung als Anlage 1 zu entnehmen.

 

Bereits seit mehr als 30 Jahren gibt es innerhalb der Verwaltung Regelungen zu sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Die zuletzt bestehende Dienstvereinbarung wurde 2022 überarbeitet und ab dem 1.11.2022 durch die Dienstvereinbarung zum Umgang mit Diskriminierung, sexueller Belästigung und/oder Mobbing am Arbeitsplatz, ersetzt.

Mit der Dienstvereinbarung setzt die Hansestadt Lübeck gegenüber ihren Beschäftigten ein deutliches Zeichen gegen sexuelle Grenzverletzungen. Es wird deutlich, dass entsprechende Vorfälle ernstgenommen und die Betroffenen die notwendige Unterstützung erfahren werden. Durch ein klares Aufzeigen von Verfahrens- und Verhaltensregeln, Fortbildungsangeboten und verpflichtenden Fortbildungen für Vorgesetzte, sowie der Benennung von Verantwortlichen und einer unabhängigen Beschwerdestelle, wird Betroffenen ein schwellenfreier Zugang zu Unterstützungsmöglichkeiten geboten. hrungskräfte erhalten durch die Dienstvereinbarung Handlungssicherheit für ein lösungsorientiertes Eingreifen im Belästigungsfall. Durch die mit der Dienstvereinbarung verbundene Warnung vor möglichen Folgen für potentielle Täter:innen, entfaltet diese zudem einen präventiven Charakter.

Die Dienstvereinbarung ist diesem Bericht als Anlage 2 beigefügt.

 

Eine durch die Verwaltung verpflichtend auferlegte Bindung der Bürgerschaft und deren Gremien und der Fraktionen und deren Gremien an die mit der Dienstvereinbarung für die städtischen Mitarbeitenden getroffenen Regelungen ist rechtlich kritisch anzusehen. Der rgermeister hat kein Direktionsrecht gegenüber den Mitgliedern der Kommunalen Selbstverwaltung.

Es wird daher derrgerschaft empfohlen - entsprechend zur Dienstvereinbarung - eigene Regelungen, orientiert an der im Antrag genannten Intention und benannten Punkte, auszugestalten und diese in Form einer Selbstverpflichtung als Anlage zur Geschäftsordnung der Bürgerschaft aufzunehmen.

Unabhängig davon steht den Mitgliedern der Kommunalen Selbstverwaltung, wie auch allen anderen Lübecker Bürger:innen, die Möglichkeit offen, sich im Bedarfsfall an die in der rgermeisterkanzlei verortete Anlaufstelle Diskriminierung zu wenden.

 

Das Frauenbüro weist ergänzend darauf hin, dass sich, verstärkt in den letzten Jahren, sowohl das Europa-Parlament als auch der Deutsche Bundestag und weitere Institutionen damit beschäftigt, Sexismus, Belästigung und Gewalt (vorrangig gegen Frauen) in Parlamenten zu bekämpfen.

Die EAF-Studie „Parteikulturen und politische Teilhabe von Frauen (Berlin 2021) zeigt, dass 30% der Frauen auf kommunaler Ebene Erfahrungen mit sexueller Belästigung gemacht haben (auf Bundesebene 55%). Am häufigsten betroffen sind junge Frauen und Neumitglieder. In den Sozialen Medien erlebten 17% der Frauen (rd. 36% der Politikerinnen unter 45 Jahren) und 3% der Männer sexistische Kommentare. Die Studie zeigt auch mögliche Maßnahmen auf, wie z.B. die Benennung von Ombudspersonen, Awareness-Teams oder die Erstellung eines „Codes of Conduct“ / Leitlinien für respektvollen Umgang. In einigen Kommunen ist ein „Kodex für wertschätzenden Umgang“ bereits Bestandteil der Geschäftsordnung der Stadtvertretung (z.B. in Potsdam).

Mitinitiiert von der EAF wurde zudem 2021 das „ndnis gegen Sexismus, wo auch für Kommunen die Möglichkeit besteht, dem Bündnis beizutreten. Der Deutsche Städtetag hat die Erklärung für die Kommunen bereits unterzeichnet.

 

Auf europäischer Ebene wurde für das EU-Parlament in der Geschäftsordnung eine Regelung (Art. 10, 6; S. 20 und 161) aufgenommen, die sich explizit auf Mobbing und sexuelle Belästigung bezieht und verbunden ist mit einem „Verhaltenskodex“, der sowohl Präventionsmaßnahmen als auch Sanktionen vorsieht.

Zudem startete die Parlamentarische Versammlung des Europarates (PACE) 2018 die Initiative #NotInMyParliament. Die Inter-Parlamentary Union (IPU) hat 2019 ebenfalls einige Maßnahmen für Parlamente empfohlen.

 

Es gibt also bereits mögliche „Muster“r eine entsprechende Regelung bei der Hansestadt Lübeck, die für die kommunale Selbstverwaltung angepasst und verabschiedet werden nnen.

Das Frauenbüro unterstützt gern bei einer entsprechenden Regelung für die Geschäftsordnung der Lübecker Bürgerschaft

 

 


Anlagen

Anlage 1 Veröffentlichung Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, hrsg. vom Frauenbüro der Hansestadt Lübeck

Anlage 2 - Dienstvereinbarung zum Umgang mit Diskriminierung, sexueller Belästigung und/oder Mobbing am Arbeitsplatz
 

Anlagen:  
  Nr. Status Name    
Anlage 2 1 öffentlich Veröffentlichung "Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz" (825 KB)    
Anlage 1 2 öffentlich DV Umgang mit Diskriminierung (4808 KB)    
Stammbaum:
VO/2020/08836   DIE LINKE, DIE UNABHÄNGIGEN und BM Jansen (GAL): Alle zusammen gegen Sexismus - Alle zusammen gegen Diskriminierung   Geschäftsstelle der Fraktion DIE LINKE   interfraktioneller Antrag
VO/2020/08836-01   AM Petereit (SPD), Prieur (CDU), Rathcke (FDP), Grädner (Grüne), Luetkens (LINKE) und Misch (FW&GAL): AT: Alle zusammen gegen Sexismus - Alle zusammen gegen Diskriminierung   Geschäftsstelle der SPD Fraktion   Antrag eines Ausschussmitgliedes
2020/08836-01-01   Bericht zu Antrag: AM Petereit (SPD), Prieur (CDU), Rathcke (FDP), Grädner (Grüne), Luetkens (LINKE) und Misch (FW&GAL): AT: Alle zusammen gegen Sexismus - Alle zusammen gegen Diskriminierung   1.101 - Bürgermeisterkanzlei   Bericht öffentlich