Konzept zum Schutz und Erhalt des frühneuzeitlichen Schiffswracks in der Untertrave (Fundstelle Gem. Trave und Dassower See, 5.31.29, Liste archäologischer Denkmale der Hansestadt Lübeck Nr. 283)
- Sachstand
Am 03. September 2021 wurde dem Bereich Archäologie und Denkmalpflege, Abt. Archäologie, der Hansestadt Lübeck als Oberer Denkmalschutzbehörde vom Wasser- und Schifffahrtsamt Ostsee (kurz WSA) über das Archäologische Landesamt Schleswig-Holstein zuständigkeitshalber der Fund eines historischen Holzwracks in der Untertrave gemeldet. Dieses war schon im Februar 2020 bei einer routinemäßigen Fächerlotpeilung im Auftrag des WSA Ostsee als Anomalie geortet aber erst im August 2021 von Tauchern des WSA Ostsee näher überprüft worden. Aufgrund des dann zu diesem Zeitpunkt schon erkennbaren besonderen geschichtlichen, wissenschaftlichen und technischen Wertes wurden das Schiffswrack und seine Umgebung nach §§ 2 und 8 DSchG-SH am 21. September 2021 unter der Nummer 283 in die Liste der archäologischen Denkmale der Hansestadt Lübeck eingetragen.
- Rechtliche Verpflichtungen
1. Verpflichtungen aus der Landesverfassung SH
Für die schleswig-holsteinischen Kommunen folgt hinsichtlich der Erhaltung von Kulturgütern eine besondere Pflichtenstellung auf Grund der Förderpflichten nach Art. 13 Landesverfassung
2. Verpflichtungen aus dem DSchG-SH
Die Verpflichtung zum Schutz und Erhalt des Kulturdenkmals ergibt sich aus dem DSchG-SH; vor allem folgende Paragrafen kommen in diesem Zusammenhang zum Tragen:
§ 1 Denkmalschutz und Denkmalpflege
„Denkmalschutzgesetz und Denkmalpflege liegen im öffentlichen Interesse. Sie dienen dem Schutz, der Erhaltung und der Pflege der kulturellen Lebensgrundlagen, die auch eingedenk der Verantwortung für die kommenden Generationen der besonderen Fürsorge jedes Einzelnen und der Gemeinschaft anvertraut sind. …“
§ 2 Begriffsbestimmungen, Anwendungsbereich
„Kulturdenkmale sind Sachen, Gruppen von Sachen oder Teile von Sachen aus vergangener Zeit, deren Erforschung oder Erhaltung wegen ihres besonderen geschichtlichen, wissenschaftlichen, künstlerischen, technischen, städtebaulichen oder die Kulturlandschaft prägenden Wertes im öffentlichen Interesse liegen.“ Nach diesem Gesetz sind
2. archäologische Denkmale solche, die sich im Boden, in Mooren oder in einem Gewässer befinden oder befanden und aus denen mit archäologischer Methode Kenntnis von der Vergangenheit des Menschen gewonnen werden kann; …“
§ 8 Schutz von unbeweglichen Denkmalen
(1) „Unbewegliche Kulturdenkmale sind gesetzlich geschützt. Sie sind nachrichtlich in ein Verzeichnis (Denkmalliste) einzutragen. Der Schutz der Kulturdenkmale ist nicht von der Eintragung in die Denkmalliste abhängig. …“
§ 16 Erhaltung des Denkmals
(1) „Eigentümerinnen und Eigentümer, Besitzerinnen und Besitzerinnen und Besitzer sowie die sonst Verfügungsberechtigten haben Denkmale im Rahmen des Zumutbaren zu erhalten, sachgemäß zu behandeln und vor Gefährdung zu schützen.“
§ 17 Maßnahmen der Denkmalschutzbehörden
(1) „Die Denkmalschutzbehörden haben zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihnen nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Handlungen, die geeignet sind, ein Denkmal zu schädigen oder zu gefährden, können untersagt werden. …“
(2) „Kommen die Eigentümerinnen und Eigentümer, Besitzerinnen und Besitzer oder die sonst Verfügungsberechtigten ihren Verpflichtungen nach diesem Gesetz nicht nach, kann die obere Denkmalschutzbehörde auf deren Kosten die notwendigen Anordnungen treffen.“
(5) „Die obere Denkmalschutzbehörde kann die wirtschaftliche Nutzung eines Grundstücks oder eines Grundstücksteils beschränken, auf dem sich Denkmale befinden. …“
Fazit: Die obere Denkmalschutzbehörde – für das Gebiet der Hansestadt Lübeck der Bereich Archäologie und Denkmalpflege – ist gesetzlich verpflichtet, den Schutz und Erhalt des Schiffswracks als Kulturdenkmal von besonderem geschichtlichem, wissenschaftlichem und technischem Wert zu gewährleisten.
- Bisherige Untersuchungen und Erkenntnisse
Am 20. Oktober 2021 ermöglichte das Wasser- und Schifffahrtsamt Ostsee einen Sidescan (Seitensicht)-Sonar-Einsatz, wodurch schon einige Details des Fundes sichtbar wurden. Am 10. November und 10. Dezember 2021 führten Forschungstaucher der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und der Georg-August-Universität Göttingen Tauchgänge durch, die folgende Ergebnisse lieferten, detailliert beschrieben in zwei Gutachten der beteiligten Universitäten:
Jonas Enzmann, Fritz Jürgens, Feiko Wilkes, Dennis Wilms
Ergebnisse der unterwasserarchäologischen und historischen Voruntersuchungen des Schiffswracks Stülper Huk/Untertrave, Kiel, Februar 2022 (s. Anlage 2)
Felix Rösch
Gutachten über die historische und schiffbauliche Einordung und des wissenschaftliche Potential des Wrackfunds Lübeck, Trave/Dassower See Fpl. 29 (Wrack), Göttingen 03.03.2022 (s. Anlage 3)
- Lage: In der Fahrrinne der Untertrave bei in einer Tiefe von 10-11 min der Untertrave etwa 4 km vor Travemünde. Nahe der Ortschaft Teschow auf Mecklenburger Seite und der Stülper Huk auf Lübecker Seite.
- Guter Erhaltungszustand mit Ladung in Form von Fässern, die sich noch weitgehend in situ befindet.
- Größe der Wrackfundstelle: insgesamt ca. 90 x 30 m (2.700 m²) bestehend aus Wrack und Trümmerfeld mit verlorener Ladung.
- Wrack: erfasste Größe 18 m x 7 m (Rumpf im Nordosten, Bug im Südwesten) Fahrtrichtung Lübeck, traveaufwärts, Bug nicht erhalten.
- Wrack: rekonstruierte Größe 20-25 m, vermutlich flachbodiges Fahrzeug.
- Datierung: nach bisher erhobenen Daten (Dendrochronologie) 17. Jahrhundert
- Schiffstyp: zum derzeitigen Zeitpunkt schwierig zu beurteilen, aber Tendenz geht zu einem kraweel-beplankten, flachbodigen Fahrzeug mittlerer Größe, welches zum Transport von Gütern (Handelsschiff) diente. Vergleichbar: Galliot oder Fleute.
- Ladung: Fässer von ca. 70 cm Länge und etwa 50 cm Durchmesser → Volumen ca. 130-150 l, 73 Fässer noch im Wrack in insgesamt sechs Reihen aneinander und in der längsten Reihe von 14 Fässern sowie mind. 77 Fässer außerhalb im Trümmerfeld → mind. 150 Fässer (vermutlich ursprünglich etwa 180 Fässer) → 30 t.
- Rekonstruktion: Schiff von 20 m Länge und 6 m Breite sowie einem Tiefgang von 2 m → 60 t / bei 15 m Länge sogar 81 t.
- Analyse der Ladung:
80 % Karbonat, 10 % Sand, 5 % Holzkohle und 5 % tonige Bestandteile – ergo Branntkalk
Herkunft: Seeland (Faxe), Gotland, Öland oder Estland → Transport von Branntkalk seit dem 17. Jahrhundert nachgewiesen, aus Nordjütland sogar schon seit dem 16. Jahrhundert (Anlage 2, S. 16-17).
- Bedeutung des Wrackfundes
- Erhaltungszustand des Wracks im regionalen und überregionalen Vergleich außerordentlich gut.
- Überlieferung frühneuzeitlicher Schiffsfunde im südlichen Ostseeraum sehr mager → wenn, dann Kriegsschiffe.
- Zitate aus den o.g. Gutachten:
- „Somit liegt mit dem Wrack vom Stülper Huk eines der selten überlieferten Frachtschiffe vor, welches in das 17. Jahrhundert datiert werden kann und sich weiterhin durch die bis jetzt recht geschützte Lage in der Trave einen extraordinären Erhaltungszustand aufweist.“ (Anlage 2, S. 35).
- „Da bei dem Wrack am Stülper Huk nicht nur der hölzerne Schiffsrumpf noch weitgehend intakt ist, sondern sich auch noch ein Großteil der Ladung im beziehungsweise neben dem Schiff befindet, bildet dies die seltene Gelegenheit, das Schiff nicht nur technologisch als Fahrzeug zu betrachten, sondern auch als Transfermedium zwischen unterschiedlichen Parteien.“ (ebenda S. 36).
- „Im Heckbereich sind unterhalb der Ladung noch zahlreiche Kleinfunde aus dem persönlichen Besitz der Besatzung zu erwarten, welche einen Einblick in das alltägliche Leben auf einem Schiff aus dem 17. Jahrhundert ermöglichen.“ (ebenda S. 36)
- „Der Wrackfund offeriert damit auf verschiedenen Ebenen ein hohes wissenschaftliches Erkenntnispotential, dass Aufschlüsse erwarten lässt, die für die Geschichte der Stadt Lübeck und der Hanse, den Ostseehandel bis hin zum Schiffbau und Schifffahrt in Nordeuropa relevant sind. Aus kulturhistorischer Perspektive, aber auch vor dem Hintergrund der Gefährdung der Fundstelle, sieht der Gutachter eine tiefgreifende Untersuchung der Fundstelle dringend geboten.“ (Anlage 3, S. 25).
Fazit: Es handelt sich um ein außerordentlich gut erhaltenes historisches Frachtschiff aus dem 17. Jahrhundert. Aus dieser Zeit sind im südlichen Ostseeraum bisher nur wenige und wenn, dann Kriegsschiffe, bekannt. Im Vergleich zu anderen Wrackfunden ist hier auch noch ein Großteil der Ladung vorhanden sowie unterhalb dieser und in bisher nicht zugänglichen Bereichen auch noch Gegenstände des alltäglichen Gebrauchs bzw. aus dem persönlichen Besitz der Besatzung zu erwarten.
- Gefährdungspotential
Trotz des guten Erhaltungszustands ist das Wrack durch mehrere Faktoren akut gefährdet:
Auskolkungen weisen auf nicht unbeträchtliche Strömungsverhältnisse hin, die zusätzlich durch Schiffe mit einem Tiefgang von mehr als 8 m verstärkt werden.
- Lage in der Außenkurve der Trave und damit am Prallhang der Strömung.
- Das nicht unerhebliche Gewicht der Ladung führt bei einem weiteren Freispülen der konstruktiven Hölzer zu einem Zerbrechen des Wracks.
- Deutliche Baggerspuren zeigen an, dass in diesem Bereich die Fahrrinne von Zeit zu Zeit ausgebaggert wird. Dies stellt naturgemäß eine hohe Gefährdung dar.
- Seit einigen Jahren dringt der Schiffsbohrmuschel (teredo navalis) immer stärker und weiter in die Ostsee und in die einmündenden Flüsse vor, was auch schon an dem Wrack zu beobachten ist. Dies führt zu einer zunehmenden Zerstörung.
Fazit: „Das Unterlassen weiterer Schutzmaßnahmen würde, das unter der Nr. 283 als archäologisches Denkmal der Hansestadt Lübeck eingetragene Wrack, innerhalb weniger Jahre zerstören.“ (Enzmann et al., S. 40).
- Aktueller Kenntnisstand und Handlungsbedarf
Durch die vorliegenden Gutachten ist klar dargestellt, das Gefahr in Verzug herrscht und ohne unverzügliches Handeln eine unwiederbringliche Zerstörung des Schiffswracks droht. Zur Klärung und Einleitung weiterer Schritte sind zwei Fragen zu klären:
a) Rechtliche Situation:
Eigentümer des Schiffswracks ist das Land Schleswig-Holstein. Aktuell befindet es sich in der Bundeswasserstraße Trave, die dem Bund gehört.
Zwar ist in § 984 BGB (Schatzfund) Folgendes bestimmt:
„Wird eine Sache, die so lange verborgen gelegen hat, dass der Eigentümer nicht mehr zu ermitteln ist (Schatz), entdeckt und infolge der Entdeckung in Besitz genommen, so wird das Eigentum zur Hälfte von dem Entdecker, zur Hälfte von dem Eigentümer der Sache erworben, in welcher der Schatz verborgen war.“
Finder des „Schatzes“ war der Bund als Träger der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV). Es handelt sich um eine Bundeswasserstraße, die im Eigentum des Bundes steht. Damit läge die Eigentümerschaft nach dieser Norm zunächst vollständig beim Bund.
Abweichend davon regelt aber § 15 Abs. 2 DSchG-SH (sog. Schatzregal), dass bewegliche Kulturdenkmale, die herrenlos sind oder die so lange verborgen gewesen sind, dass ihre Eigentümerinnen oder Eigentümer nicht mehr zu ermitteln sind, mit der Entdeckung Eigentum des Landes werden, wenn sie
1. bei staatlichen Nachforschungen oder
2. in Grabungsschutzgebieten im Sinne des § 2 Absatz 3 Nummer 4 oder
3. bei nicht genehmigten Grabungen oder Suchen entdeckt werden oder
4. einen hervorragenden wissenschaftlichen Wert besitzen.
Hier kommt Alternative 4. in Betracht. Es muss sich dann zunächst um ein bewegliches Kulturdenkmal handeln. Diese sind nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 DSchG-SH Einzelgegenstände, Sammlungen und sonstige Gesamtheiten beweglicher Einzelgegenstände, die für die Geschichte und Kultur Schleswig-Holsteins eine besondere Bedeutung haben, nationales Kulturgut darstellen oder aufgrund internationaler Empfehlungen zu schützen sind.
Denkmale, die sich im Boden, in Mooren oder in einem Gewässer befinden oder befanden und aus denen mit archäologischer Methode Kenntnis von der Vergangenheit des Menschen gewonnen werden kann, ordnet das DSchG-SH als „archäologische“ Kulturdenkmale ein. Das schließt aber nicht aus, dass es sich dabei auch um bewegliche Kulturdenkmale handelt. Es liegt dann bei Vorliegen der Denkmaleigenschaft ein bewegliches archäologisches Denkmal vor (vgl. Lund in: PdK SH Ziff. 5.2.1 zu § 2 Abs. 2 DSchG-SH). Für Funde unter Wasser gibt es hinsichtlich des Schatzregals im Übrigen keine Besonderheiten (Wiener in: PdK, Ziff. 3.4 zu § 15 Abs. 2 DSchG-SH).
Bewegliche Sachen sind alle selbstständigen Sachen, welche nicht Grundstück (bzw. Grundstücksbestandteil) sind (Grüneberg BGB, Überbl. § 90 Rn. 3). Ein Schiff ist eine bewegliche Sache/ein beweglicher Einzelgegenstand (BVerwG, Urteil vom 17.07.2014 – 5 C 20.13) und wird bei Vorliegen denkmalschutzrechtlicher Eigenschaften in SH auch als bewegliches Kulturdenkmal behandelt (vgl. SH-Landtag Drs. 18/2031 S. 25, 28). Der Umstand, dass es sich um ein Schiffswrack handelt, welches sich weitgehend vergraben auf dem Grund der Trave befindet, macht es noch nicht zum Bestandteil eines Grundstücks. Das wäre nur dann der Fall, wenn es mit dem Grundstück im Sinne des § 94 BGB fest verbunden wäre. Ob dies so ist, richtet sich nach der Verkehrsanschauung (Grüneberg BGB, § 94 Rn. 2). Die Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Trennung zwingend zur Zerstörung oder Änderung des Wesens der mit dem Grundstück verbundenen Sache führt, oder wenn sie nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand möglich ist (Grüneberg ebenda; Mössner in: beck-online Großkommentar, § 94 BGB Rn. 8). Hinsichtlich der Unverhältnismäßigkeit wird es regelmäßig auf das Verhältnis zwischen dem Aufwand und dem Wert des abzutrennenden Bestandteils ankommen. (Mössner a.a.O., § 94 BGB Rn. 9).
Zunächst einmal ist festzuhalten, dass das Schiff seiner Zweckbestimmung nach zu keiner Zeit bestimmt war, eine feste Verbindung mit einem Grundstück einzunehmen. Soweit man hier nach der Verkehrsanschauung überhaupt von einer Verbindung mit dem Grundstück ausgehen kann, ist diese nur dadurch erfolgt, dass das Schiff untergegangen ist und im Laufe der Jahrhunderte auf dem Grund der Trave von Sedimenten umspült wurde. Da das Schiff geborgen werden soll, um es vor weiterer Beschädigung bzw. Zerstörung zu bewahren, wird man nach der Verkehrsanschauung hier nicht von einer Zerstörung oder Wesensänderung durch die Bergung ausgehen können, selbst dann nicht, wenn man es möglicherweise in Einzelteilen wird bergen müssen. Denn die Einzelteile sind nicht als Bestandteile des Grundstücks, sondern als Bestandteile des Schiffes anzusehen, dass an Land konserviert und restauriert werden soll.
Auch ist nach der Verkehrsanschauung im Hinblick auf den besonderen wissenschaftlichen Wert des Schiffes (s.u.), vor allem aber aufgrund der denkmalschutzrechtlichen Verpflichtung zum Erhalt des Schiffes als Kulturdenkmal keine Unverhältnismäßigkeit wegen des zu erwartenden hohen Bergungsaufwands zu erkennen.
Es wird deshalb davon ausgegangen, dass das Schiff seine Eigenschaft als bewegliche Sache nicht dadurch verloren hat, dass es sich von Sedimenten umspült auf dem Grund der Trave befindet. Für dieses Ergebnis spricht auch, dass als unbewegliche Denkmale ganz allgemein in erster Linie bauliche Strukturen, sonstige materielle Spuren und Bodenverfärbungen natürlicher Art oder aufgrund vergangener Baustrukturen wie Grabgruben, Baugruben oder Kanäle und Pflugfurchen etc. verstanden werden (vgl. Martin/Krautzberger, Denkmalschutz und Denkmalpflege, beck online Rn. 137), nicht aber untergegangene Schiffe.
Das Schiffswrack ist auch herrenlos. Ein Eigentümer kann nicht ermittelt werden (wäre anhand von Archivalien noch zu prüfen; ggf. könnte sich die Eigentümereigenschaft der HL ergeben, ist aber eher unwahrscheinlich).
Das Kulturdenkmal müsste einen besonderen wissenschaftlichen Wert besitzen. Dies ist der Fall, wenn es besonders wichtige Erkenntnisse für die Wissenschaft bringt oder eine dauerhafte wissenschaftliche Aussagekraft hat. Je nach Fragstellung kann sich der hervorragende wissenschaftliche Wert z.B. aus Alter, Material, Verarbeitung, Materialwert oder Seltenheit des Fundes ergeben. Der hervorragende wissenschaftliche Wert kann sich auch daraus ergeben, dass ein Fund besonders zur Vermittlung von Wissen geeignet ist und daher ein besonderes Interesse an seiner Präsentation besteht oder dass seine Erhaltung, auch vor dem Hintergrund zukünftiger Untersuchungen, erforderlich ist, aber dauerhaft nur durch die öffentliche Hand gewährleistet werden kann. Nach Aussage des Bereichs Archäologie und Denkmalpflege wird dem Wrack ein besonderer wissenschaftlicher Wert im o.g. Sinne beigemessen. Es handelt sich um ein typisches Frachtschiff aus der Zeit der Hanse nebst umfangreicher Ladung und stellt nach Einschätzung der Fachleute einen bedeutenden archäologischen Fund dar, der wertvolle Erkenntnisse zur Geschichte Lübecks und den weitreichenden historischen Handelsbeziehungen der Stadt innerhalb des Städtebunds der Hanse bietet. Eine derartige Entdeckung in der westlichen Ostseeregion gab es bislang nicht.
Damit sind alle Voraussetzungen für einen Eigentumsübergang auf das Land nach § 15 Abs. 2 DSchG-SH erfüllt. Als öffentlich-rechtliche Sonderbestimmung auf dem Gebiet des Denkmalschutzrechts geht § 15 Abs. 2 DSchG-SH dem § 984 BGB vor.
Würde man dem Schiffswrack entgegen der hier vertretenen Ansicht diese besondere wissenschaftliche Bedeutung nicht zumessen, würde ein Eigentumsübergang auf das Land nicht erfolgen. Dann bliebe der Bund als Träger der WSV Eigentümer. Hier wäre ein Eigentumsübergang auf die HL nach § 15 Abs. 4 DSchG-SH zu prüfen. Dieser ist daran gebunden, dass der Ablieferungsberechtigte (die HL) innerhalb von drei Monaten die Ablieferung verlangt, oder sich dieses Recht zumindest vorbehält. Diese Ablieferung wurde nicht verlangt. Hier könnten aber insoweit Besonderheiten zu beachten sein, die zu einer anderen Rechtsfolge führen könnten, insbesondere deshalb, weil nicht klar ist, wie der Finder hier überhaupt seiner Ablieferungspflicht nachkommen könnte. Die einschlägige Fachliteratur beschäftigt sich mit dieser Frage nicht. Rechtsprechung gibt es – soweit ersichtlich – hierzu ebenfalls nicht. Auf eine eingehende Prüfung dieser Frage wird aber einstweilen verzichtet, da derzeit davon ausgegangen wird, dass die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 DSchG-SH hier erfüllt sind.
Zu den besonderen Verhältnissen in der Hansestadt Lübeck:
Nach § 3 (2), Satz 4 DSchG-SH wird bestimmt: Die Aufgaben der oberen Denkmalschutzbehörden werden für den Bereich der Hansestadt Lübeck von deren Bürgermeisterin oder Bürgermeister wahrgenommen.
Damit handelt die Hansestadt Lübeck denkmalrechtlich weitgehend abschließend in eigener Zuständigkeit. Dies gilt seit 1958, der Einführung eines DSchG in SH in kontinuierlicher Fortsetzung der ehemals eigenstaatlichen Gesetzgebung Lübecks. Seit alters her besitzt die Hansestad Lübeck daher eine der größten Sammlungen archäologischer Kulturdenkmale in Nordeuropa und betreut diese fachlich eigenständig, unabhängig vom Land SH. Die mehre Millionen zählenden Objekte sind in Lübeck inventarisiert und werden für die Forschung und Ausstellungen (international als Leihgaben) zur Verfügung gestellt. Fast alle Objekte stammen seit alters her bis in die Gegenwart aus Ausgrabungen auf dem Gebiet der Hansestadt Lübeck. Einen Anspruch des Landes darauf hat es zu keinem Zeitpunkt gegeben.
Das Schiffswrack in der Untertrave ist durch die WSV entdeckt und zunächst irrtümlich von dort dem Archäologischen Landesamt Mecklenburg-Vorpommern gemeldet worden. Dieses wiederum hat es dem Archäologischen Landesamt SH in Schleswig weitergemeldet, das wiederum hat den Fund unverzüglich an den Bereich Archäologie und Denkmalpflege der HL zuständigkeitshalber weitergegeben. Der Bereich hat danach die Fundstelle als archäologisches Kulturdenkmal 283 in die Denkmalliste der Hansestadt Lübeck übernommen. Dies erfolgte aus der Zuständigkeit der HL als Oberer Denkmalschutzbehörde und diese hat daraufhin das gesamte Verfahren geführt.
In der bisherigen Rechtswahrnehmung der HL und des Landes SH ist es unstrittig, dass Lübeck denkmalrechtlich selbständig schon immer alle beweglichen Kulturdenkmale im Landeseigentum inventarisiert, bewahrt, verwaltet und dokumentiert. Hierauf vertrauen seit vielen Jahrzehnten die Landesinstitutionen. Im konkreten Fall des Schiffswracks ist das Land von Beginn an involviert und informiert, die Landesinstitutionen Archäologisches Landesamt und Archäologisches Landesmuseum sind zu fachlichem Austausch hinzugezogen worden. Ein Landesanspruch wurde zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht.
b) Welche Maßnahmen müssen getroffen werden? Welche Alternativen gibt es?
Nach Eingang und Auswertung der beiden vorliegenden Gutachten wurden die bisherigen Erkenntnisse zusammengetragen und das weitere Vorgehen mit den Experten der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel besprochen. Außerdem wurde Dr. Jens Auer (Landesamt für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern, zuständig für Maßnahmen in Gewässern) als externer Berater hinzugezogen. Als erster Schritt war zu klären, welche Maßnahmen zu Schutz und Erhalt des Schiffswracks zu treffen sind und welche Alternativen es gibt. Als Alternativen wurden sowohl eine konservatorische Überdeckung vor Ort als auch die komplette Bergung des Wracks genannt. Zur Berechnung und Planung einer konservativen Überdeckung waren noch weitere detaillierte Erkenntnisse zur Lage und Tiefe bzw. Höhenprofil des Wracks vonnöten. Weiterhin war nach Festlegung der Parameter zu prüfen, welchen Einfluss bzw. welche Auswirkungen ein derartiger Einbau in der Bundeswasserstraße Untertrave auf den Schiffsverkehr hat. Zum Schutz und Erhalt des Denkmals war dann auch eine Nutzungseinschränkung nach § 17 (5) DSchG-SH zu prüfen.
Da zur Klärung eine exakte Lagebestimmung und ein Höhenprofil des Schiffswracks notwendig waren, erfolgte am 29. und 30. Juni 2022 durch die vom Bereich Archäologie und Denkmalpflege beauftragte Fa. Eggers GmbH eine weitere Überprüfung der Wrackfundstelle mit einem Multibeam („hochauflösender Unterwasserscan“).
- Handlungsempfehlungen
a) Konservatorische Überdeckung:
Nach einer genauen Lage- und Tiefenbestimmung durch die vom Bereich Archäologie und Denkmalpflege, Abt. Archäologie beauftragten Fa. Eggers GmbH erfolgte eine Berechnung einer potentiell notwendigen konservatorischen Überdeckung. Um einen Schutz des Wracks durch eine Überdeckung zu erreichen, müsste darüber eine feste Aufbringung aus Geovlies, Sand und Steinen von mind. 1,50 m Höhe aufgebracht werden. Anschließend wären ein mindestens jährliches Monitoring - aufgrund der vorherrschenden Strömungsverhältnisse und weiterhin zu erwartenden Stürme womöglich häufiger – sowie jährliche intensive Wartungs- und Erneuerungsmaßnahmen notwendig.
Eine konservatorische Überdeckung ist auch aufgrund der Tiefenwerte der Trave und der benötigten Fahrwassertiefe an dieser Stelle problematisch. Über dem Wrack liegt nur noch eine Wassersäule von 10,30 m, so dass eine potentielle Abdeckung hier zusätzlich auch durch die Schraubenbewegungen von großen Schiffen mit entsprechenden Tiefgängen beeinträchtigt und gefährdet werden würde. Auch ist darauf hinzuweisen, dass die obere Denkmalschutzbehörde in diesem Fall die Nutzung der Bundeswasserstraße durch Auflagen zum Schutz des Kulturdenkmals einschränken müsste (§ 17 DSchG-SH).
In der Gemengelage ist aus denkmalfachlicher Sicht eine Überdeckung abzulehnen und die archäologische Dokumentation mit Bergung (auch aufgrund des hervorragenden wissenschaftlichen Wertes) zu favorisieren.
Das WSA Ostsee wurde gebeten, zu einer möglichen Überdeckung in oben dargestellter Form Stellung zu nehmen. Die schriftliche Stellungnahme erfolgte am 01. Juli 2022 wie folgt: „… Wie Sie mitteilten, beträgt – bezogen auf den mittleren Wasserstand (MW) am Pegel – die geringste Tiefe über dem Wrack 10,30 m. Für die Auftragsstärke der Abdeckung sind 1,50 m zu veranschlagen. Im betreffenden Teil der Untertrave gilt eine Richttiefe von 9,50 m ab MW. Die Abdeckung würde damit, selbst wenn diese nur um 1,0 m aufträgt, zu einer geplanten Überschreitung der Richttiefe in der Bundeswasserstraße führen. Dies ist bereits im Allgemeinen, insbesondere aber in einer Fahrrinne mit hoher Verkehrsbedeutung wie der Untertrave, inakzeptabel, weil eine solche Mindertiefe eine Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs darstellen würde. … Ergänzend möchte ich auf Folgendes hinweisen. Angenommen, eine solche Abdeckung wird installiert, so muss diese lagemäßig weitläufig ausgeführt und mit einem flexiblen Übergang in den allgemeinen Gewässergrund ausgestattet werden, da es schifffahrtsbedingt zu einer spürbaren Kolkbildung im Umfeld der Abdeckung kommen dürfte. Der Bau und der Bestand der Abdeckung bedarf einer strom- und schifffahrtspolizeilichen Genehmigung und eines Nutzungsvertrages an die bzw. mit der Hansestadt. Darin wird diese u. a. zur laufenden Überwachung und Unterhaltung der Abdeckung verpflichtet sowie ggf. zur Regulierung von Kolkschäden. Im Falle eines Gewässerausbaus hätte die Hansestadt die Abdeckung (und das Wrack) zu entfernen und alle daraus resultierenden Kosten zu tragen.“ (s. Anlage 4)
Fazit: Zusammenfassend stellt eine Abdeckung keine adäquate Lösung für eine Langzeitkonservierung des Wracks dar. Zudem besteht die Gefahr unzureichender Fahrwassertiefen für die Verkehrs- und Handelsschifffahrt.
b) Bergung:
Da ein Erhalt in situ nicht möglich ist, ist eine Bergung des Kulturdenkmals unumgänglich. Dabei müssen Bergung und Ausgrabung zur Dokumentation Hand in Hand gehen.
Eine Bergung am Stück ist aus verschiedenen Gründen hier nicht möglich, da zuerst auf jeden Fall die Ladung entfernt werden müsste. Dann könnte das Wrack anschließend auseinanderbrechen und Funde, die sich noch im Schiff befinden, verlorengehen. Daher empfehlen die Experten hier eine Demontage unter Wasser bei gleichzeitiger Dokumentation aller geborgenen Teile.
Problemstellung und Bergungsvorschlag (vgl. ausführlich auch Anlage 2, S. 44-47):
Aufgrund der Lage des Fundortes in einer Bundeswasserstraße, ist eine enge Abstimmung mit dem WSA Ostsee, der Lotsenvereinigung und der Hafenwirtschaft notwendig. Für die Arbeiten wird außerdem eine spezielle Logistik erforderlich (Jackup-Plattform bzw. Hubinsel) sein. Für die Arbeiten wird also eine Infrastruktur benötigt, die nur eine Spezialfirma bzw. ein Spezial-Dienstleister stellen kann.
Es müssen entsprechende Kompetenzen, Personal (Berufstaucher, Kompetenz im Wasserbau) und Infrastruktur für die Freilegung und Bergung sowie die gleichzeitige archäologische Dokumentation und Sicherung des Fundmaterials vorhanden sein.
c) Teilbergung:
Eine Teilbergung von einzelnen konstruktiven Schiffshölzern wie auch einem Teil der Ladung oder nur eines Parts des Wracks ist aus den folgenden Gründen nicht möglich:
- Die Kosten, die für die Einrichtung, den Transport und die Bergung selbst anfallen, bleiben nahezu gleich. Lediglich die Tauchzeit würde sich verringern sowie das Transportvolumen bezüglich der geringeren geborgenen Holzmengen. Die Kosten für die Einrichtung übersteigen dabei bei weitem den zu sichernden Output und sind daher unwirtschaftlich.
- Die nicht geborgenen Wrackteile müssten zudem trotzdem gem. Punkt VI a) konservatorisch überdeckt und mittels aufwendigem Monitoring überwacht werden. Die Überdeckung stünde hier auch im Widerspruch zu den Aussagen des WSA gem. Anlage 4.
- Die wissenschaftliche Aussage von teilgeborgenen Schiffshölzern ist sehr gering und verhindert die vollständige und notwenige fachliche Interpretation des Objektes sowie der daraus resultierenden Ergebnisse in Hinblick auf eine weitere Nutzung der erhobenen Daten.
- Einzelheiten und Details, die notwendig sind, um die kulturgeschichtlichen Dimensionen zu erfassen und überhaupt bewerten zu können, sind bei einer Teilbergung nicht gegeben.
- Vollumfängliche Erkenntnisse zu Kleinfunden oder auch unter dem Wrack befindlichen Kulturdenkmalen können hierbei nicht erfasst werden, sind und bleiben teilweise unzugänglich.
d) Notwendige Grundvoraussetzungen im Falle einer Bergung:
Um sowohl die Schiffshölzer als auch die Fässer und potentielle Klein- und Beifunde fachgerecht und nach aktuellen gültigen wissenschaftlichen Standards dokumentieren zu können, bedarf es eines geeigneten Raumes für die Bewahrung der Objekte. Um diese Zwischenlagerung und eine potentiell anschließende langjährige Konservierung der schiffsbaukonstruktiven Elemente des historischen Travewracks sowie der organischen Teile der Schiffsladung zu gewährleisten, ist es erforderlich, möglichst zeitnah eine große Lagerfläche anzumieten, die die Umsetzung dieses Prozesses ermöglicht. Es wird ausreichend Fläche sowie ein den erforderlichen baulichen und klimatischen Bedarfen entsprechendes Gebäude benötigt, um notwendige Konservierungsbecken sowie auch den Arbeitsraum zu schaffen, um die großdimensionierten Hölzer zu bewegen und restauratorisch behandeln zu können.
Bei der Suche nach einer geeigneten Lagerfläche konnte eine den Anforderungen entsprechende Mietfläche in der Wesloer Straße 112, die im Eigentum der Firmengruppe Schütt steht, gefunden werden. Diese Halle erfüllt die vom Bereich 4.491 – Archäologie und Denkmalpflege aufgestellten baulichen sowie klimatischen Erfordernisse und steht ab November 2022 seitens Fa. Schütt zur Verfügung. Die Mietfläche verfügt über insgesamt ca. 2.257 m², wovon ein Flächenanteil von zirka 1.250 m² mit diversen, erforderlichen Konservierungsbecken ausgestattet wird. Die weiteren ca. 1.000 m² werden für die Aufbewahrung der Schiffsladung sowie als Arbeitsraum für die aufwendigen Arbeiten zur wissenschaftlichen Erfassung, ggf. Konservierung und Restaurierung erforderlich. Sofern eine Restaurierung zu Ausstellungszwecken angestrebt und beschlossen wird, ist ein erneuter Transport zu vermeiden, da kostenintensiv und schädlich. Innerhalb des Anmietungsvertrages wird eine Klausel zur potentiellen Befristung („Ausstiegsklausel“) mit aufgenommen, die besagt, dass bis zum 31.12.2024 ohne Begründung bis zu 6 Monate vor Ablauf unter schriftlicher Anzeige das Mietverhältnis vorzeitig beendet werden kann (wenn z.B. keine anschließende Konservierung vorgesehen sein sollte). Sollte die Ausstiegsklausel nicht gezogen werden, so dehnt sich das Mietverhältnis anschließend um den vertraglich angesetzten Zeitraum aus.
Diese Größe ist notwendig, da die aufgrund der rezenten Betauchungen errechneten Mindestholzmengen inkl. Arbeitsraum (Bewegung und Transport der Schiffsholzteile erfolgen mittels Gabelstapler) diese erforderlich machen. Es ist mindestens mit (Maße in laufenden Metern) 18-20 m Kiel (ca. 30 x 30 cm Querschnitt), 300 m Spanten (20 x 20 cm Querschnitt) und 560 m Planken und Wegerung (25 x 4 cm Querschnitt) zu rechnen, die in Einzelteilen zerlegt die entsprechende Menge Platz benötigen. Zudem kommen Säuberungsplätze, an denen die Hölzer bearbeitet werden, dann Arbeitsplätze für die fotogrammetrische Detaildokumentation und ein weiterer für die 3D-Scans.
Zusätzlicher Platz wird benötigt, um die Zufahrt in die Halle mittels Tieflader oder LKW zu gewährleisten, zum Entladen der geborgenen Objekte. Zudem müssen die momentan 150 Fässer mit einem Arbeitsabstand von ca. 1 m zueinander gelagert werden, um diese einzeln bearbeiten und sichern zu können. Bei einer engbemessenen Aneinanderreihung können so ca. 6 Fässer auf 10 m Strecke von je einem Meter Breite gelagert werden. Dementsprechend rund 30 Fässer auf 100 m2. Insgesamt gehen wir von ca. 500 m2 Flächenbedarf für die bislang erkannten Fässer aus. Hinzu kommen noch ein benötigter Raum für Kleinfunde und andere Objekte der Ladung, z.B. Ballast usw.
- Markterkundung und Fachfirmen für die Bergung und Dokumentation
Die potentiellen Fachfirmen müssen sich durch bereits abgeleistete erfolgreiche Projekte in diesem Segment der Kulturdenkmalssicherung und -freilegung auszeichnen. Sowohl die durchzuführende Bergung als auch die archäologische Dokumentation müssen nach den aktuell gültigen Standards durch- und ausgeführt werden. Die Abteilung Archäologie der Hansestadt Lübeck spielt hierbei in ihrer Funktion als Obere Denkmalschutzbehörde eine zentrale Rolle, wenn es um die Weisungsbefugnis, Genehmigungspflichten und die Rechtevergabe geht.
Es wurden in enger Absprache mit den wissenschaftlichen Kooperationspartnern folgende fünf nationalen wie internationalen Firmen erkundet:
- Fa. Trident Archäologie, Grubenstraße 20, 18055 Rostock https://trident.eu.com/en/
- Fa. Archcom, Polskiego Czerwonego Krzyża 7/86, 81-621 Gdynia, Polen
http://archcom-services.com/
- Fa. ADC, Nijverheidsweg-Noord 114 3812 PN Amersfoort, Postfach 1513, 3800 BM Amersfoort, Niederlande https://www.archeologie.nl/
- Fa. Eggers, Harksheider Straße 110, 22889 Tangstedt
https://www.eggers-gruppe.de/geschaeftsbereich/kampfmittelbergung
- Fa. Wessex Archaeology, Logix House Wrotham Road, Meopham Kent, DA12 0QB, UK https://www.wessexarch.co.uk/archaeological-services/offshore-and-waterways
Am 21.09.2022 erfolgte die gezielte Markterkundung und Kontaktaufnahme zu den Firmen mit gleicher Informationsbasis. Dies geschieht zur Lagebewertung und -abfrage vor einer öffentlichen Ausschreibung in Abstimmung mit dem zuständigen Bereich.
- Der Ablauf einer Bergung
a) Vorab
Sehr wichtig vor der Beschreibung des Ablaufes der Arbeiten ist es festzuhalten, dass es sich bei der Bergung des Wracks nicht nur um das Heben von großen historischen Schiffshölzern handelt, sondern auch um deren exakte Dokumentation nach den zurzeit gültigen und anerkannten wissenschaftlichen Standards. Diese inkludieren eine ganzheitliche 3D-Dokumention mittels Scan. Hierfür müssen die Objekte einzeln geborgen und an Land nach einer Säuberung fotografiert, vermessen und dann gescannt werden, um jedes technische Detail festzuhalten. Diese sind wichtig für die genaue Einordnung und als weitere Forschungsgrundlage und dienen der exakten Lokalisierung eines jeden Einzelteils für eine eventuell spätere Zusammensetzung und für die Rekonstruktion – sowohl virtuell als auch real. Hinzukommen die ganzen Fässer der Ladung und weitere Kleinfunde, die den damaligen Bordalltag und das Leben der Besatzung repräsentieren. Über die Menge, die Qualität der Funde und die damit zusammenhängenden Bergungsumstände kann erst beim Freilegen der Schiffskonstruktionen eine weiterführende Aussage gemacht werden.
b) Zeitlicher Rahmen
Der zeitliche Rahmen für die Bergung wird durch verschiedene Faktoren maßgeblich beeinflusst. So sind z.B. Personalstärke der Firmen abzufragen, die Fahrpläne für Großschiffe über 150 m Länge sind mit dem LPA zu koordinieren, das Wetter und die Strömungsverhältnisse sowie die Jahreszeiten und der dadurch bedingte Sonnenstand sind zu beachten. Für Einrichtung sowie Abbau der Gesamtbergungsanlagen sind ebenfalls jeweils 2-3 Tage zusätzlich zu veranschlagen. Vergleichbare Taucheinsätze beliefen sich in der Vergangenheit auf rund 40 Tauchtage. Eine erste grobe Zeiteinschätzung geht daher inkl. externer Umstände bzgl. Fehltagen von gut 3 Monaten Gesamtdauer aus.
c) Personal
Das Projektteam besteht aus einem Forschungstaucher der Abteilung Archäologie der Hansestadt Lübeck als Projektkoordinator, sowie Forschungstauchern des Kooperationspartners der CAU Kiel, externen Mitarbeitenden für die Logistik und Lagerstruktur, sowie der Fachfirma, die für die Bergung gewonnen wird.
Alle Teammitglieder besitzen einen Universitätsabschluss im Fach Archäologie oder maritime Archäologie oder können auf weitreichende Erfahrungen in der Bergung und Dokumentation von archäologischen Schiffswracks zurückgreifen.
d) Hardware und Ausrüstung, Infrastruktur vor Ort
Benötigt wird eine mobile Tauchplattform, die außerhalb der Fahrrinne auf Reede gelegt werden kann. Dazu mindestens ein Begleitboot sowie ein Transportfahrzeug, um das Bergungsgut zu transportieren. Für die notwenige Infrastruktur und den Transport von Material ist zudem von temporären zusätzlichen Fahrten auszugehen. Ein LKW-Transport vom Anlieger (z.B. LPA) bis zur Halle in Schlutup sowie der Einsatz von Kränen oder Staplern ist zu beachten.
Die für das Projekt zu nutzende Tauchausrüstung muss den aktuell gültigen Standards für diese Art der Arbeit entsprechen, selbiges gilt für jegliches verwendetes Material.
Sehr wichtig ist der entsprechende Platz für die Lagerung, die Dokumentation der Schiffsteile an Land und ggf. für die Konservierung. Hierzu ist die Halle in Schlutup essentiell. Dort müssen entsprechend viele Becken/Wannen aus Edelstahl und oder Alurahmen/Folienbauweise errichtet sein, um direkt nach der Bergung die Hölzer aufzunehmen. Ein dauerhaft zu nutzender Stapler muss vor Ort sein und es bedarf Platz zum Rangiergen und Be- und Entladen der Transport-LKWs (vgl. VII d).
- Grabungsarbeiten
a) Vorbereitung der Wrackteile
Die ersten Tauchgänge an der Wrackstelle dienen vor allem der Markierung und Zustandsdokumentation. Nach der Markierung des Wracks wird ein System aus festen Messpunkten als Referenz für die verschiedenen Phasen der Dokumentation eingerichtet. Im Anschluss erfolgt eine erste fotogrammetrische Aufnahme der Wrackstelle, um den Zustand zu dokumentieren und die weiteren Schritte zu planen.
b) Ausgrabung
Die Ausgrabung erfolgt zunächst unter Zuhilfenahme von Unterwassersaugern, die das am Wrack haftende Sediment schonend entfernen. Die Sauger werden durch Hochdruckpumpen, die außerhalb des Wracks positioniert werden, betrieben und können mittels langen Schläuchen das gesamte Schiff erreichen. Freigelegte Hölzer werden, wenn nötig, zusätzlich gegen Verrutschen oder Abbrechen gesichert (z.B. durch Sandsäcke o.Ä.). Funde, welche bei den Saugarbeiten zutage treten, werden entweder mit Hilfe der Festpunkte eingemessen oder aber anhand von bereits nummerierten Hölzern positioniert. Parallel zu den Saugarbeiten wird mit der Markierung der Schiffshölzer begonnen. Freiliegende und klar erkennbare Hölzer werden mit Hilfe von Marken (z.B. gelbe Primaflex Ohrmarken für Kühe) mit eingeprägten Nummern oder Codierungen nummeriert. Diese Marken werden mit langen Kupfernägeln befestigt. Vergebene Nummern oder Codes werden an der Oberfläche notiert und in eine MS Excel Tabelle übernommen. Lose aufliegende Hölzer werden ebenfalls nummeriert, fotografiert, fotogrammetrisch und via SFM dokumentiert, eingemessen und dann geborgen.
c) Dokumentation unter Wasser
Die Unterwasserdokumentation erfolgt durch Fotogrammmetrie bzw. SFM (Computer Vision Photogrammetry und Structure from Motion). Bei dieser Methode werden aus einer Reihe von Einzelaufnahmen dreidimensionale Modelle berechnet. Im Vergleich zu traditionellen Dokumentationsmethoden bietet die Fotogrammmetrie nicht nur eine erhebliche Zeitersparnis, sondern auch höhere Genauigkeit. Zudem liegen die Resultate als dreidimensionale Daten
vor und nicht als zweidimensionale Projektion.
Um ein möglichst genaues Bild der Fundsituation unter Wasser zu erhalten, wird der Fundplatz in sieben Schritten dokumentiert:
- Situation bei Beginn der Arbeiten
- Zwischenstufe der Ausgrabungsarbeiten zur Positionierung potentieller aufliegender Hölzer
- Freilegung des Kompletten Wracks
- Nach Entfernung aller Fässer
- Entfernung aller innen liegenden Hölzer bis auf die Spanten, Wrangen und das
Kielschwein
- Entfernung aller innen liegenden Hölzer, nur die Außenplanken verbleiben am Grund
- Vollständig entferntes Wrack und die Dokumentation dessen, was darunter ist
Vor jeder Dokumentationsphase erfolgt eine möglichst gründliche Reinigung der freiliegenden Hölzer. Danach wird eine Markierung (z.B. ein Aluminiumkreuz) mit Wasserwaage und z.B. Agisoft Photoscan Coded Targets als Maßstab platziert. Mindestens zwei leistungsstarke Unterwasservideoleuchten sorgen für eine gleichmäßige Ausleuchtung der Aufnahmen. Die Taucher bewegen sich in einem sogenannten „doppelten Rasenmäher Muster“ über das Wrack. Dabei wird die Kamera möglichst rechtwinklig zum Untergrund gehalten. Aufragende Elemente werden gesondert aufgenommen. Die durchschnittliche Länge der jeweiligen Dokumentationstauchgänge beträgt bei vergleichbaren Wracks ähnlicher Größe ca. 2-3 Stunden.
d) Arbeitsabläufe bei der Datenverarbeitung
Für einen flüssigen Workflow müssen die Videodaten direkt nach dem Tauchgang übertragen und bearbeitet sowie gesichert werden (am besten über Nacht). So kann am Folgetag direkt entschieden werden, ob der Tauchgang vor dem nächsten Arbeitsschritt ggf. zu wiederholen ist. Für die Datenspeicherung muss entsprechend genügend Datenspeicher vorgehalten werden.
Die vollständige Bearbeitung der Daten und die Erstellung der hochaufgelösten endgültigen Pläne erfolgte dann nach Abschluss der Ausgrabungsarbeiten. Generell kann der Arbeitsablauf bei der Datenauswertung in drei Arbeitsschritte unterteilt werden: Die Bildbearbeitung, die fotogrammetrische Rekonstruktion und die Datenausgabe in verschiedenen Formaten.
e) Bildbearbeitung
Durch eine spezielle Software (z.B. die Freeware Video to JPEG converter) werden aus den Dokumentationsfilmen Einzelbilder im JPEG Format gewonnen. Dabei wird jede Sekunde in ein Einzelbild umgewandelt. Die resultierenden Bilddateien im JPEG Format werden dann in der anderen Software (z.B. DxO Optics Pro 11) weiterbearbeitet. Hier erfolgt eine Anpassung des Weißabgleichs und der Belichtung, um ein möglichst homogenes Erscheinungsbild aller
Einzelbilder zu erreichen. Der Software Algorithmus wird genutzt, um Details besser herauszustellen.
f) Photogrammetrische Rekonstruktion
Nach der Bildoptimierung werden alle Einzelbilder eines Datensatzes in die Fotogrammetrie Software importiert. Hier werden die Bilder ausgerichtet sowie eine Punktwolke berechnet. Für die temporären Modelle während der Ausgrabung werden die Bilder ausgerichtet. Die resultierende erste Punktwolke wird manuell bereinigt und dann in ein Polygonnetz berechnet, auf welches die Textur projiziert wird. Die Punktwolken der sieben verschiedenen Dokumentationsstadien werden anschließend in ein einziges Agisoft PhotoscanPro Projekt importiert und anhand der codierten Marker zueinander ausgerichtet. Für jeden Dokumentationsschritt wird eine detaillierte Punktwolke berechnet. Das Ergebnis der fotogrammetrischen Rekonstruktion bilden texturierte Polygonnetze mit rund 20 Millionen Facetten.
g) Bergung der Schiffshölzer und Funde
Nach der ersten Dokumentation des Ist-Zustandes werden die aufliegenden oder abseits liegenden Hölzer geborgen. Zur Bergung selbst dient ein auf dem Bergungsfahrzeug aufgebrachter Kran, der einen Alurahmenkorb mit Geotextil als Aufnehmer an einem viersträngigen Kettengehänge vorweist. Die Hölzer werden von Tauchern auf den Rahmen gelegt, mit Geotextil gepolstert und mit Zurrgurten oder elastischen Spinnen befestigt. Die Nummer der geborgenen Hölzer wird an die Oberfläche durchgegeben und dort in der MS Excel Tabelle markiert. Der Rahmen wird anschließend an die Oberfläche gehoben, wo die Hölzer auf das Deck entladen werden. Dabei erfolgt eine grobe Reinigung mit Travewasser. Zudem werden die geborgenen Hölzer fotografiert und in der MS Excel Tabelle als gehoben markiert.
Nach der vollständigen Ausgrabung und Säuberung und Dokumentation der Hölzer beginnt Unterwasser die systematische Entfernung gemäß den bereits erläuterten sieben Schritten, zunächst mit den innenliegenden Hölzern. Dabei wird systematisch von Bug Richtung Heck gearbeitet. Innenliegende Hölzer müssen vorsichtig mit Plastikkeilen angehoben werden, um die Holznägel mit einem dünnen Fuchsschwanz durchtrennen zu können. Um die konstruktiven Bodenelemente zu bergen, muss in einem nächsten Schritt das Kielschwein entfernt werden. Hierfür kann schwere Hebetechnik erforderlich werden (ggf. muss ein Hebe- oder Krankschiff bestellt werden). Im vorletzten Schritt werden die Bordplanken von Steuerbord nach Backbord entfernt, so dass danach der Travegrund, die Negativform des Wracks und andere darunterliegende Kulturdenkmäler dokumentiert werden können.
Nach der Bergung aller am Seegrund befindlichen Hölzer wird eine Reihe von Suchschnitten angelegt, um sicherzustellen, dass in der direkten Umgebung des Fundplatzes keine weiteren Hölzer im Sediment liegen. Auch ein Profil der Sedimentschichtabfolge wird am Fundplatz angelegt. Nach diesen Arbeiten wird der Fundplatz beräumt und anschließend freigegeben.
h) Temporäre Lagerung und Transport der Schiffshölzer
Die geborgenen Schiffshölzer und Funde sollen jeden Abend von der Grabungsstelle mittels eines geeigneten Fahrzeugs (Schute o.Ä.) an eine Landezone (z.B. Steg der LPA) gebracht und dort via Kran oder Stapler entladen und auf ein Straßenfahrzeug umgelagert werden. Dieses bringt die Objekte dann nach Schlutup in die Halle, wo die Hölzer mittels Stapler in ein Frischwasserbecken eingebracht werden.
Anschließend erfolgt in gesonderten Arbeitsschritten die Säuberung und die Vorbereitung zur Dokumentation.
- Dokumentation der Schiffshölzer und Funde
Ziel der Dokumentationsphase an Land ist es, alle Schiffsteile und Funde nach geltenden archäologischen Standards zu dokumentieren und die Ergebnisse in einem Katalog zu präsentieren. Dieser Katalog bildet die notwendige Grundlage für eine weitere Auswertung und Erforschung des Schiffsfundes. Die Dokumentation der Schiffshölzer in den Räumlichkeiten der Halle in Schlutup erfolgt in vier Phasen:
- Reinigung der Hölzer und Entnahme von Kalfatproben
- Scan der Hölzer und Erstellung eines dreidimensionalen Modells
- Fotografische Erfassung von Details auf den Hölzern
- Beschreibung der Hölzer in 3D Modell und Text
Die Sichtung und sorgfältige Reinigung aller Hölzer stellt den ersten Schritt der Dokumentation dar. Die Hölzer werden mit Hilfe von weichen Bürsten unter fließendem Wasser gereinigt. Metallverkrustungen werden vorsichtig gelöst und die Reste von Kalfatmaterial werden entfernt und beprobt. Mit Hilfe der bei der Bergung erstellten MS Excel Tabelle erfolgt nach der Reinigung eine erste Einordnung der Hölzer, um den weiteren Dokumentationsverlauf festzulegen. Hierbei werden die Schiffshölzer in drei Gruppen eingeteilt: Alle Hölzer, die klar dem Wrack zugeordnet werden konnten und erkennbare diagnostische Merkmale aufweisen, werden vollständig dokumentiert und dreidimensional erfasst. Dabei wird keine Unterscheidung gemacht, ob die Hölzer aus dem Verbund des Wracks stammten oder lose in der Umgebung gefunden wurden. Bruchstücke und stark erodierte Teile von Hölzern ohne jegliche diagnostischen Merkmale wie Bearbeitungsspuren, Verbindungen, Befestigungen, etc., die nicht aus dem Verbund des Wracks stammten und lose in der Umgebung des Fundplatzes lagen, werden fotografisch dokumentiert und anschließend entsorgt. Wo möglich werden diese Hölzer dendrochronologisch beprobt. Hölzer, die klar nicht dem Wrack zugeordnet werden können, wurden ebenfalls lediglich fotografisch dokumentiert. Die gereinigten Hölzer werden in der Halle in Schlutup auf Geotextilvlies ausgelegt und mit Hilfe von feuchtem Geovlies und Abdeckplanen vor dem Austrocknen geschützt. Eine regelmäßige Berieselung mit Frischwasser hilft ebenfalls, den Zustand der Hölzer zu erhalten. Als nächstes erfolgt die dreidimensionale Dokumentation der Hölzer mit dem Strukturlichtscanner. Anschließend kommen die dokumentierten Hölzer direkt wieder in die Becken/Wannen.
Nach der 3D Dokumentation und der Erstellung des 3D Modells erfolgt die digitale Beschreibung der Hölzer in einer Fachsoftware (z.B. Software Rhinoceros3D 5.0). Gleichzeitig wird der begleitende Katalogtext als MS Word Dokument in oder für Adiuvabit erstellt. Bei diesem Vorgang arbeiten die Archäolog:innen nicht nur mit dem 3D Modell, sondern auch direkt mit den Hölzern, um Details zu erfassen, die im Modell möglicherweise nicht klar sichtbar waren. Danach werden mit Hilfe einer Digitalkamera mit Ringblitz Detailaufnahmen der Hölzer gemacht.
Auch die Entnahme von Holzproben für die dendrochronologische Datierung erfolgt in diesem Arbeitsschritt. Von diagnostischen Hölzern mit einer ausreichenden Anzahl von Jahresringen werden Proben gesägt. Die Position der Proben wird im 3D Modell markiert. Bei mittig entnommenen Proben werden beide Holzteile nummeriert und mit Hilfe von Netzen oder Plastikfolie zusammen auf Gitterlochstreifen aus Kunststoff stabilisiert. Nach der Dokumentation werden die Hölzer zur Lagerung und Entsalzung in mit Frischwasser befüllte Wasserbecken verbracht. Das archäologische Fundmaterial aus dem Inventar des Wracks wird ebenfalls mit dem Strukturlichtscanner gescannt, fotografiert und beschrieben.
- Kosten für die Bergung
Die Kosten für die Bergung, Dokumentation Unterwasser, an Land und die 3D-Scannings sowie die wissenschaftliche Dokumentation belaufen sich gem. erfolgter Markterkundung zwischen 1,7 und 2,5 Mio. Euro. Grundlage für die Markterkundung war das vorab geschilderte Bergungskonzept mit den Anforderungen an die weitere wissenschaftliche Dokumentation. Es liegen keine Erfahrungswerte für eine solche Maßnahme vor. Deshalb kann auch keine detaillierte Kosteneinschätzung erfolgen.
Die Dienstleistung fällt vergaberechtlich unter das Sonderregime des Anhang XIV zur Richtlinie 22014/24/EU. Danach ist eine nationale Ausschreibung ausreichend, solange der erhöhte Schwellenwert von 750.000,00 EUR nicht überschritten wird. Dieser wird hier überschritten und die Leistung ist EU-weit auszuschreiben.
Eine genaue Kostenaufstellung, samt einem Vorschlag zur haushaltsmäßigen Ordnung und zur Gegenfinanzierung sowie die Möglichkeit Drittmittel einzuweben (vgl. Pkt. XIV), ist in Prüfung. Bis zum Zeitpunkt einer Bergung entstehen keine weiteren Kosten für die Hansestadt Lübeck (daher entfällt Anlage 1).
- Kosten für eine potentielle Konservierung
Die Kosten für eine potentielle Konservierung werden noch ermittelt. Ausgehend von einem zweistufigen Verfahren würde zunächst mit PEG-Tränkungen begonnen werden und in einem zweiten Schritt die Gefriertrocknung und Rückformung der einzelnen Elemente erfolgen.
Für eine potentielle Konservierung wird ein eigenes Konzept erstellt.
- Drittmittel
Drittmittel könnten über stadtinterne wie -externe Stiftungen, Bundesförderungen (z.B. auch via WSA) oder auch unter Hilfsstellung der Förderstelle der KWL erfolgen.
Dies ist momentan in der Prüfung. Grundsätzlich stehen die folgenden Fördergeber zur Disposition:
- Possehl-Stiftung für die denkmalpflegerischen, notwenigen wissenschaftlichen Dokumentationsarbeiten https://possehl-stiftung.de/
- Denkmalpflegeprogramm „National wertvolle Kulturdenkmäler“ der
Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) https://www.foerderdatenbank.de/FDB/Content/DE/Foerderprogramm/Bund/BKM/denkmalpflegeprogramm-kulturdenkmaeler.html
- Gemeinnützige Sparkassenstiftung zu Lübeck https://www.gemeinnuetzige-sparkassenstiftung-luebeck.de
- Ernst von Siemens Kulturstiftung https://www.ernst-von-siemens-kunststiftung.de/foerderungen.html
- Deutsche Stiftung Denkmalschutz https://www.denkmalschutz.de/aktuelles.html
- Gerda Henkel Stiftung https://www.gerda-henkel-stiftung.de/foerderung
- VGH Stiftung https://www.vgh-stiftung.de/denkmalpflege
- Ggf. Oldendorff Carriers Lübeck https://www.oldendorff.com/
Des Weiteren steht die Hansestadt Lübeck aktuell sowohl mit dem Land SH als auch mit dem WSA über eine Kostenaufteilung resp. Kostenbeteiligung in Kontakt.