Vorbemerkung:
Bei der Beantwortung wird davon ausgegangen, dass sich alle Fragen auf die sogenannten alten Eichen beziehen und nicht auf die Fällung von den wenigen Eichen im Rahmen der Pflege/Durchforstung. In der forstlichen Fachsprache wird hier von Zielstärkennutzung gesprochen, das heißt, dass diese Eichen einen bestimmten Brusthöhendurchmesser erreicht haben müssen, bevor sie Erntereife erlangen. Da die Stämme in Teilen an bis zu vier Holzkäufer pro Baum verkauft werden, wurden die entsprechenden Holzmengen in Stammäquivalente umgerechnet.
Frage 1:
Wie viele Eichen (nach Anzahl und Durchmesser) wurden jeweils in den Jahren 2015 – 2021 gefällt?
In der folgenden Tabelle sind alle Zielstärkennutzungseichen nach Volumen (Vorratsfestmeter) und Anzahl pro Jahr dargestellt (siehe auch oben). Diese Eichen hatten also alle einen Mindestbrusthöhendurchmesser von 80 cm.
Frage 2:
Wie viele Eichen wurden im Dezember 2021 und Januar 2022 im Lübecker Stadtwald gefällt?
Von November bis Ende Dezember 2021 wurden im Stadtwald (incl. Stiftungen) ca. 140 Eichen mit Zielstärke gefällt. Von diesen waren 28 über 200 Jahre alt, die ältesten 231 Jahre.
Frage 3:
Wie viele weitere Eichen sollen lt. Jahresplan in 2022 noch gefällt werden?
Im Haushaltjahr 2022 sind für die Einschlagszeit November bis Dezember 2022 ca. 150 bis 170 Eichen vorgesehen. Es werden von den ca. 2,5 % Zuwachs, die diese Eichen pro Jahr leisten, 1,2 bis 1,5 % als Nutzung angesetzt. Es findet also ein permanenter Vorratsaufbau auch dieser alten Eichen statt. Darüber hinaus werden noch doppelt so viele Eichen aus den dünneren Durchmessern in die Zielstärken hineinwachsen.
Frage 4:
Warum wurden diese Eichen weiter gefällt, obwohl Bürger:innen gegen die Fällungen protestierten und um zeitlichen Aufschub baten?
Proteste einzelner Bürger:innen im Rahmen von Holzfällungen sind in Lübeck häufig zu beobachten. Eine Diskussion mit Erläuterungen der Zielsetzungen ist mit den entsprechenden Bürgern und Verbänden geführt worden. Für Ende April ist in Zusammenarbeit mit Fridays for Future, BUND, Landschaftspflegeverein Dummersdorfer Ufer und Greenpeace eine Bürgerinformationsveranstaltung geplant. Hierzu gab es am 27.01.2022 ein erstes Vorgespräch
Frage 5:
Bestand ein wirtschaftlicher Druck, diese Holzeinschläge gegen den Informationsbedarf der Bevölkerung am Ende des Jahres 2021 in Eile auszuführen? Wenn ja, von wessen Seite und in welcher Form?
Nein. Es handelte sich um den planmäßigen Holzeinschlag gemäß dem Wirtschaftsplan des Bereiches Stadtwald.
Frage 6:
Warum werden solche höchst wertvollen Eichen nicht auf öffentlichen Versteigerung zu Höchstpreisen und transparent in der Preisfindung vermarktet, wie es die benachbarten Kreisforsten und die Landesforsten jedes Jahr tun?
Das Holz aus den städtischen Wäldern wird sowohl in Submission als auch direkt vermarktet. Im Durchschnitt erzielt die Stadt durch den Direktverkauf höhere Gewinne.
Frage 7:
Wofür genau wird das Holz dieser alten Eichen verwendet und zu welchen Produkten verarbeitet? (Hier bitten wir um genaue Aufzählung der Verarbeitung / Produkte, denn es wurde berichtet, dass das Eichenholz zu nachhaltigen Produkten verarbeitet werden würde.)
Eichenstammholz aus dem Stadtwald Lübeck wird zu folgenden Produkten verarbeitet: Möbel (8%), Konstruktionsholz (15 %), Furnier (17%), Fußböden geringe Qualität / Landhausdiele (15 %), Fußböden hochwertig (23 %), Fenster (2 %), Gartenmöbel (10 %), Holz für Nachbauten in Museen (7 %), Rammpfähle für den Hafenbau (3 %). Das Kronenholz verbleibt weitgehend im Wald als Totholz und zur besseren CO² Speicherung.
Frage 8:
Wie wird der Begriff „Nachhaltigkeit“ definiert im Hinblick darauf, dass Eichen ein Alter von 1.000 Jahren erreichen können?
Nachhaltigkeit bedeutet einerseits, weniger Holzmasse einzuschlagen als nachwächst. So ein Vorratsaufbau wird im Stadtwald Lübeck seit 1994 betrieben. Weiterhin ist es nachhaltig, langlebige Produkte aus dem Holz herzustellen (s. oben). Entscheidend ist hierbei auch der Zeitpunkt: Wird zu lange mit der Holzernte gewartet, besteht die Gefahr, dass sich der Baum im Inneren bereits in der Zersetzung befindet und das Holz damit unbrauchbar geworden ist. Deshalb ist es nachhaltig, die Bäume vor diesem Zeitpunkt zu ernten
Frage 9:
Welche Einnahmen wurden mit dem Verkauf dieser Eichen erzielt? Wie hoch ist der Anteil an der Holzeinnahmenplanung und den tatsächlichen Gesamteinnahmen des Stadtwaldes im Haushaltsjahr 2021?
Für das Haushaltsjahr 2021 hat der Bereich Stadtwald Erlöse aus dem Verkauf von Stammholz in Höhe von insgesamt 700.000 Euro eingeplant (inkl. der Stiftungswälder).
Erzielt wurden 681.843,73 Euro (vorläufiges Ist-Ergebnis), davon entfielen 306.644 Euro auf Eichenstammholz, also 45%.
Frage 10:
Welche Einnahmen würden dem Bereich Stadtwald voraussichtlich entgehen, wenn auf die Fällung von Eichen zeitlich befristet auf zehn Jahre oder ganz verzichtet würde?
Siehe Antwort zu Frage 9.
Frage 11:
Könnte dieser Einnahmeausfall durch Fällungen anderer Baumarten (zum Beispiel standortsfremder Nadelhölzer für Bauholz kompensiert werden, um darauf hinzuwirken, dass sich auf diese Weise weitere Flächen des Lübecker Stadtwaldes naturnah entwickeln können?
Dies wäre möglich, jedoch nur unter Inkaufnahme erheblicher ökologischer Schäden und langfristiger wirtschaftlicher Nachteile
Frage 12:
Der Koalitionsvertrag der Bundesparteien SPD, Grüne und FDP sieht vor, „Einschläge in alten naturnahen Buchenwäldern zu stoppen.“ Würde dieses formulierte Ziel auf die Reviere des Lübecker Stadtwaldes zutreffen, in denen Eichen gefällt wurden?
Diese Forderung wird vom Stadtwald Lübeck, der Naturwald-Akademie und Greenpeace unterstützt. Sie zielt darauf ab, die zurzeit überhöhte Nutzung von Laub-Altholzbeständen zu stoppen (der Einschlag ist dort höher als der Zuwachs). Im Lübecker Stadtwald wird lediglich 1/3 des Zuwachses beim Laubholz genutzt, abgesehen von den ohnehin nutzungsfreien Referenzflächen. Dies sollte mit der Forderung deutschlandweit umgesetzt werden.
Frage 13:
Der Bereich Stadtwald hat 2021 im Buch „der Holzweg“ im Oekom-Verlag in Artikeln über die dortige Bewirtschaftung und Forschung berichtet. In diesem Buch wird an mehreren Stellen dringen empfohlen, naturnahe ältere Wälder im jetzigen „Klimanotstand“ vorerst nicht mehr zu beernten und die langlebige und im Klimawandel besonders anpassungsfähige Baumart Eiche zu verschonen. Sollte das nicht auch für Lübeck gelten? (Senator Hinsen hat öffentlich bekundet, dass er im Gegenteil in der Ernte von Eichen den besseren Beitrag gegen Klimawandel sehe.
Das genannte Buch „Der Holzweg“ ist durch ein Autorenkollektiv erstellt worden, das die Meinung der unterschiedlichen Autoren repräsentiert.
Frage 14:
Welchen Nutzen hätte es für die Klimabilanz und Artenvielfalt in Lübeck, wenn ein Einschlagsmoratorium über zehn Jahre beschlossen würde, das u. a. die Fällung von Eichen ausschließt?
Die Frage ist hypothetisch und lässt sich nicht objektiv beantworten, da die Antwort von Parametern und Entwicklungen abhängt, die nicht unmittelbar mit dem Holzeinschlag zu tun haben. Es lässt sich beispielsweise nicht einschätzen, welche Rolle Holz als klimaneutraler Werkstoff in den nächsten Jahren entwickeln wird.
