Vorlage - VO/2022/10789-01  

Betreff: Antwort auf die Anfrage von AM Dr. Hermann Junghans (CDU): Beschlussvorlage zur Neukonzeption des Museums für Natur und Umwelt - Abschlussbericht der Machbarkeitsstudie (VO/2021/10699)
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Monika FrankBezüglich:
VO/2022/10789
Federführend:4.041.7 - Lübecker Museen Bearbeiter/-in: Schulenburg, Silke
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Ausschuss für Kultur und Denkmalpflege zur Kenntnisnahme
14.02.2022 
24. Sitzung des Ausschusses für Kultur und Denkmalpflege zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag

Anfrage von AM Dr. Hermann Junghans (CDU) zur Beschlussvorlage »Neukonzeption des Museums für Natur und Umwelt - Abschlussbericht der Machbarkeitsstudie« (VO/2021/10699)
 


Begründung

1. Hält die Verwaltung es für sinnvoll, eine Neukonzeption für das Museum zu beschließen, solange Eigentums- und Besitzrechte an den Pampauer Fossilien ungeklärt sind?

2. Falls ja: warum?

Der Beschlussvorschlag der aktuellen Vorlage VO/2021/10699 zielt auf die Einleitung von vorbereitenden Maßnahmen zur Umsetzung einer Neukonzeption des Museums ab. Das Ergebnis der Machbarkeitsstudie bildet die Grundlage, die im nächsten Schritt vor dem Hintergrund der baulichen Möglichkeiten zu konkretisieren ist. Die Ergebnisse des angestrebten Masterplans werden v.a. in baufachlicher Hinsicht für jedwede künftige Ausrichtung des Museums am Standort von Nutzen sein. Die Ausschreibung des Realisierungswettbewerbs erfolgt in einem zweiten Schritt nach Fertigstellung des Masterplans. Beide Schritte schließen konzeptionelle Änderungen auf absehbare Zeit nicht aus und werden zudem vor ihrer Beauftragung/Umsetzung den Gremien vorgelegt.

Diese vorbereitenden Schritte für eine Konkretisierung des Vorhabens auszusetzen, bis ein eventueller und langjähriger Rechtsstreit der HL um die Verfügbarkeit von übergebenen Funden mit dem Grabungsteam entschieden ist, würde bedeuten, eine Weiterentwicklung des Museums für Natur und Umwelt erneut über Jahre hinweg zu verhindern.

 

3. Auf welche konkreten Rechtsgründe (vertraglich oder gesetzlich) stützt die Verwaltung ihre Meinung, die Stadt habe Eigentum oder dauerhafte Besitzrechte an den sich bislang in den Räumlichkeiten des Museums befindlichen Fossilien erworben?

S. hierzu auch die Beantwortung der Anfrage von AM Stolzenberg (VO/2021/10692-01):

Gemäß einer ersten Einordnung des Bereichs Rechts richtet sich die Eigentumslage der paläontologischen Funde nach § 984 BGB analog. Nach § 984 BGB erwerben beim Fund eines Objektes sowohl der Grundstücksbesitzer als auch der Finder Eigentum an dem Objekt. 

r jedes einzelne Fundstück ist weiterhin zu bewerten, unter welchen Umständen und ausgehend von welchen Vereinbarungen bzw. Schriftwechseln es in den vergangenen Jahrzehnten den LÜBECKER MUSEEN überlassen wurde. Eine solche Einzelbewertung wird im weiteren Umgang mit konkretisierten Rückgabeforderungen erfolgen.

 

4. Warum hat die Verwaltung nicht die Möglichkeit einer Mediation mit den Ausgräbern oder dem Grundstückseigentümer der Kiesgrube zur Klärung der Rechtslage angestrengt?

Eine Mediation setzt voraus, dass auf beiden Seiten Verhandlungsbereitschaft bzw. Verhandlungsspielraum besteht. Der mit Beschluss zur Durchführung der Machbarkeitsstudie ergangene Auftrag an die Verwaltung zielt auf eine Integration der »Urmeer«-Thematik bzw. der Pampauer Funde in das thematisch jedoch keineswegs darauf fokussierte künftige Museum. Das Grabungsteam hat diese inhaltliche Ausrichtung in Briefen an die Verwaltung sowie in seinen Offenen Briefen definitiv abgelehnt (z.B. Positionspapier vom 20.7.2021: »Ein UBZ mit Aufwertung der Pampau-Funde ist mit dem Team nicht verhandelbar. Es wurde nie beantragt und beschlossen«).

 

5. Wie hoch schätzt die Verwaltung den Gegenstandswert über die Pampauer Fossilien, für wie lang die Verfahrensdauer eines mehrinstanzlichen Rechtsstreits und für wie hoch die Kosten des Rechtsstreits für die Stadt für den Fall des Unterliegens?

Weder zum Wert der in der Verfügung des MNU befindlichen Funde, noch infolgedessen zu den Kosten des Rechtsstreits um die Eigentümerschaft liegen der HL Erkenntnisse vor. Es kann im Falle eines Rechtsstreits von einer sehr langen Verfahrensdauer ausgegangen werden, da die bisherige Prüfung der jahrzehntelangen Kooperation des MNU mit dem Grabungsteam aufgrund der umfangreichen Schriftwechsel zwischen beiden Stellen für die jeweils einzelnen Übergaben, wie unter Pkt. 3  dargelegt, einzelne rechtliche Bewertungen erfordert.

 

6. Wie stellt sich die Verwaltung die Präsentation der Urmeerthematik als Teil der regionalen Erdgeschichte (S. 4 oben) in groben Zügen vor, wenn die Stadt in einem „eventuellen Rechtsstreit“ unterliegt?

Die konkrete Ausgestaltung und Bestückung der Themenbereiche des künftigen Museums mit Originalfunden ist nicht Bestandteil der aktuellen Beschlussfassung zur Neukonzeption des MNU. Die unterschiedlichen Möglichkeiten zur Integration der »Urmeer«-Thematik werden im Zuge der weiteren Ausarbeitung des thematischen und didaktischen Konzeptes eruiert. Das Museum verfügt unabhängig von den »strittigen« Pampauer Funden über genügend originale Exponate, die diesen Themenbereich veranschaulichen können. Darüber hinaus setzen zeitgemäße Präsentationen zunehmend auf digitale, interaktive und immersive Techniken, ohne die eine moderne und zukunftsorientierte Ausstellung nicht mehr umsetzbar ist.

 

7. Warum schlägt die Verwaltung einen „kostenfrei zugänglichen“ Raum im Foyer als „Schaufenster“r Kooperationspartner vor, wenn ein deutlicher Anstieg der Betriebskosten vermutet wird und dies alternativ auch durch digitale Angebote erreicht werden könnte?

Wie in der Begründung der Beschlussvorlage ausgeführt, trägt die Idee eines offenen Foyers nicht nur dem Anspruch Rechnung, den Lübecker Bürger:innen eine zentrale Anlaufstelle zu bieten, sondern auch dem im Museumsentwicklungsplan formulierten Konzept der »hybriden Räume«, die kostenfrei besucht werden können, aber bereits erste Eindrücke der musealen Themen und der Ausstellung vermitteln und so potentielle Besucher:innen, die noch unentschlossen sind oder sich »erst einmal umsehen und informieren möchten« in die Ausstellung ziehen. Somit handelt es sich bei dem Foyer folglich nicht um ein kostenfreies Angebot, das ein kostenpflichtiges ersetzt, sondern vielmehr um einen kostenfreien »Teaser«, der zur Inanspruchnahme eines kostenpflichtigen Angebotes anregt. Ein offenes, multifunktionales und attraktives Entree, das zum kommunikativen Verweilen einlädt, ist zudem Standard in der zeitgenössischen Gestaltung von Museumsgebäuden.

Dass dieses Foyer auch von den Partner:innen und weiteren Akteur:innen des Bereichs Umweltbildung bespielt und damit lebendig gehalten werden soll, spiegelt die gelebten Kooperationen des Museums, befördert dessen Funktion als kommunikatives »Verteilerzentrum« in Sachen Natur- und Umweltbildung und entspricht der Zielsetzung einer stärkeren Vernetzung zwischen den Akteur:innen, die sich für Umweltbildung engagieren. In den Beteiligungsprozessen zur Machbarkeitsstudie war dies als maßgebliche Anforderung benannt worden.

 

8. Ist geplant die 1,5 zusätzlichen Stelle für die bauliche Projektplanung im GMHL zeitlich zu befristen?

9. Falls ja: Geht die Verwaltung davon aus, dass für diese Aufgabe geeignete Bewerbungen eingehen?

Nein. Eine Befristung der Projektleitungsstelle hat aufgrund der aktuellen Marktsituation (Fachkräftemangel gepaart mit hohem Personalbedarf für diese Funktionen im kommunalen und privatwirtschaftlichen Bereich) keine Aussicht auf eine qualitativ angemessene Besetzung. Dies zeigen die eigene Erfahrung und der fachliche Austausch mit zahlreichen Kommunen in Deutschland. Zudem wäre eine Befristung an die ausschließliche Tätigkeit bei diesem Projekt gebunden, was die Flexibilität der Personaleinsatzmöglichkeiten beim GMHL in ungeplanten Situationen stark einschränkt (bspw. bei Krankheit, Kündigung, o.a.).

 

10. Falls nein: Gibt es konkrete Vorstellungen, wie diese Mitarbeiter zukünftig eingesetzt werden und wie die damit verbundenen Kosten refinanziert werden?

Es besteht kein Risiko an fehlenden Beschäftigungs-/ Auslastungsmöglichkeiten zusätzlichen Personals in der Projektleitung über die Laufzeit des Projektes MNU hinaus. Die Infrastruktur der Hansestadt Lübeck weist weiterhin einen sehr hohen Instandhaltungsstau und Investitionsbedarf auf. Die bereits bei der Hansestadt Lübeck beschäftigten Projektleiter werden flexibel für Projektleitungstätigkeiten im investiven und konsumtiven Bereich eingesetzt. Die Aufgabenwahrnehmung konzentriert sich dabei auf die nicht-delegierbaren Bauherrenleistungen unter Beteiligung Freiberuflich Tätiger (FBT). Der heutige Personalstamm ist nicht in der Lage, alle anstehenden Planungs- und Bauaufgaben für die HL umzusetzen, bzw. zu begleiten.

Eine »Refinanzierung« der Personalkosten im Projekt lässt sich grundsätzlich nicht darstellen, da wir nicht im Auftrag Dritter arbeiten, sondern kommunale Pflichtaufgaben wahrnehmen.

Bei jeder unbefristeten Neueinstellung wird geprüft, ob eine dauerhafte Auslastung des Personals gegeben ist. Der demografische Wandel wird im GMHL in den kommenden Jahren eine erhöhte Fluktuation auslösen, so dass sich bei altersbedingten Personalabgängen jeweils die (theoretische) Möglichkeit bietet, die Stelle nicht wieder zu besetzen. Es ist jedoch absehbar, dass der Bedarf an Mitarbeiter:innen im technischen Gebäudemanagement eher zunehmen, als abnehmen wird.

Im Fall einer unbefristeten Einstellung von Personal für das Projekt MNU kann deren Auslastung über den Projektzeitraum hinaus bereits heute bestätigt werden. Die wesentlichen Gründe hierfür sind:

a)    Vorhandensein zahlreicher Planungs- und Bauvorhaben, die aufgrund fehlender Personalressourcen aktuell nicht betreut werden können.

b)    Demografischer Wandel wird in den nächsten Jahren zur Notwendigkeit von Wiederbesetzungen führen.

c)    Übernahme von Planungsleistungen, die heute von FBT wahrgenommen werden, wären wirtschaftlich möglich, falls es zu fehlenden Auslastungsmöglichkeiten bei den Projektleistungstätigkeiten kommen sollte (dies ist aber eher eine theoretische Annahme; vgl. Pkt. a)

 

11. Geht die Verwaltung davon aus, dass sich Fördergelder in den in der Vorlage geschätzten Größenordnungen realisieren lassen, auch wenn die Pampauer Fossilien nicht mehr zur Verfügung stehen sollten?

12. Falls ja: warum?

Aus den Erläuterungen des Abschlussberichtes zu den Fördermöglichkeiten geht sehr deutlich hervor, dass Fördermittel nicht für das Gesamtvorhaben, sondern für förderfähige Einzelbereiche eingeworben werden sollten/müssen der Großteil davon für bauliche Investitionen. Die hierfür in Frage kommenden Programme (z.B. EFRE-Mittel oder Städtebauförderprogramme) orientieren sich mit ihren Richtlinien an Kernthemen der Stadtentwicklung (z.B. Denkmalschutz, Herstellung nachhaltiger städtebaulicher Strukturen, nachhaltige Sanierungsmaßnahmen, Umwelt-/Klimaschutz). Konzeptionelle Details der inhaltlichen Nutzung sind bei diesen Programmen nicht von Interesse.

Auch das Einwerben von Fördergeldern, die für inhaltliche Konzepte bereitgestellt werden, hängt nicht von den »Pampauer Fossilien« ab. Zum einen verfügt das Museum über weitere umfangreiche und bedeutende Sammlungen, zum anderen sind originale Exponate ein Baustein von vielen in dem Gesamtkonzept des zukünftigen Hauses, das sich noch stärker über sein Vermittlungskonzept (BNE: Bildung für nachhaltige Entwicklung) und seine Funktion als Präsentations- und Informationsplattform für Natur- und Umweltbildung im breitesten Spektrum definieren soll. Der »Nationale Aktionsplan«, der im Zuge der globalen Nachhaltigkeitsagenda der Vereinten Nationen formuliert wurde, bestärkt die Sinnhaftigkeit einer solchen Profilierung. Es ist daher zu erwarten, dass aus den Fördermitteln, die für BNE-Akteur:innen zur Verfügung gestellt werden, auch Gelder für das zukünftige MNU eingeworben werden können.

rderprogramme, die auf regionale Erdgeschichte fokussieren, sind der HL nicht bekannt. Das Land Schleswig-Holstein hat bisher keine Bereitschaft erkennen lassen, die Präsentation der Pampauer Funde exponiert zu fördern. Insofern können hierfür nur Fördermittel eingeworben werden, wenn die Präsentation der Funde wie in der Machbarkeitsuntersuchung vorgesehen mit aktuellen überregionalen Förderschwerpunkten verbunden wird.

 

13. Geht die Verwaltung davon aus, dass sie nach einer für die Stadt erfolgreichen Klärung der Rechtslage und einer ebenso erfolgreichen Einwerbung von Fördermitteln, die in Richtung 90% des Investitionsvolumens streben, das Vorhaben auch realisieren kann, wenn deutlich kleinere Vorhaben, wie eine dauerhafte Ausstellung für die Völkerkundesammlung nicht vorankommen?

14.Falls ja: warum?

Die Verwaltung wurde mit den Bürgerschaftsbeschlüssen vom 29.11.2012 zur Umwandlung des MNU in ein »Zentrum für naturkundliche Bildung« und vom 24.9.2020 zum Museumsentwicklungsplan (VO/2020/09097) mit der Weiterentwicklung des MNU beauftragt.

Die Realisierung des »nftigen MNU« steht gemäß Beschluss zum Museumsentwicklungsplan nicht in Konkurrenz zur Entwicklung einer dauerhaften Ausstellung der Völkerkundesammlung. Für diese werden seitens der Verwaltung Vorkehrungen und Vorabsprachen zu örtlichen Gegebenheiten getroffen, eine weitere Konkretisierung (z.B. Ankauf des Bundesbankgebäudes) ist jedoch noch nicht entscheidungsreif.


 


Anlagen

keine
 

Stammbaum:
VO/2022/10789   Anfrage von AM Dr. Hermann Junghans (CDU): Beschlussvorlage zur Neukonzeption des Museums für Natur und Umwelt - Abschlussbericht der Machbarkeitsstudie (VO/2021/10699)   Geschäftsstelle der CDU-Fraktion   Anfrage
VO/2022/10789-01   Antwort auf die Anfrage von AM Dr. Hermann Junghans (CDU): Beschlussvorlage zur Neukonzeption des Museums für Natur und Umwelt - Abschlussbericht der Machbarkeitsstudie (VO/2021/10699)   4.041.7 - Lübecker Museen   Antwort auf Anfrage öffentlich