Die Travemünder Woche (TW) ist neben der Kieler und Warnemünder Woche eine der weltweit größten Segelsportgroßveranstaltungen. Jährlich nehmen bis zu 1.200 Boote mit 2.300 Sportler:innen an den Segelwettbewerben teil und sind zusammen mit dem Landprogramm Anziehungspunkt für knapp 850.000 – 1 Mio. Gäste. Die TW ist der jährliche Höhepunkt der touristischen Saison in Travemünde mit einer großen nationalen und internationalen Ausstrahlungskraft.
In den vergangenen Jahrzehnten wurde die TW zu einer unverzichtbaren und nicht mehr wegzudenkenden Marke für die Anziehungskraft des Sport- und Tourismusstandortes Lübeck. Neben der Kieler Woche und SHMF ist die TW auch ein Botschafter für die Attraktivität des Landes und der Region für Gastfreundschaft und Leistungssport.
Das bestätigt auch der Landessportverband Schleswig-Holstein (LSV), wonach die TW eine sportliche Großveranstaltung und ein überregionaler Werbeträger für die Hansestadt Lübeck ist. Der LSV hat im Jahr 2017 im Rahmen einer Studie den „Wert“ der Schleswig-Holsteinischen Großsportveranstaltungen bewertet. Dabei belegte die Travemünder Woche hinter der Kieler Woche den 2. Platz, sowohl bei der Anzahl der Besucher:innen (Kieler Woche: 3 Mio. Gäste; TW 1 Mio. Gäste), als auch beim besuchergenerierten Umsatz (Kieler Woche: 61 Mio. EUR; TW: 20,3 Mio. EUR). Diese Zahlen belegen laut LSV die wirtschaftliche Bedeutung der TW für die Region Lübeck.
Traditionsgemäß ist die Hansestadt Lübeck eng mit der TW verbunden. Entweder bei der Ausrichtung von Empfängen, bei der Mitwirkung des medienwirksamen Rotsponcups oder des Einsatzes von städtischen Personal, die für die Zeit Urlaub nehmen, um die TW zu unterstützen.
Veranstalter der Travemünder Woche ist der Lübecker Yacht Club e.V. (LYC), der die Travemünder Woche gemeinnützige GmbH (TW gGmbH) mit der Organisation und Ausrichtung der TW beauftragt hat. Alleingesellschafter der TW gGmbH ist der LYC. Das finanzielle Risiko bei der Austragung Travemünder Woche liegt bei der TW gGmbH.
Spätestens mit dem Verbot von Großveranstaltungen über 1.000 Teilnehmenden bis zum 31.08.2020 auf der Grundlage einer Landesverordnung zur Bekämpfung des Coronavirus vom 05.06.2020 war die Durchführung der TW nicht möglich. Ein möglicher Ersatztermin Anfang Oktober wurde als nicht machbar verworfen. Mit der Vorlage VO/2020/09024 hat die Bürgerschaft am 25.06.2020 der TW eine Corona-Soforthilfe von bis zu 133.000 € gewährt. Ausgezahlt wurden im Rahmen der Sportförderung 133.000 €. Die Regel-Sportförderung gem. Sportförderrichtlinien in Höhe von 31.000 € wurde dagegen in 2020 nicht ausgezahlt.
Für den Sommer 2021 ist noch von Einschränkungen durch den Coronavirus auf das Veranstaltungsgeschehen auszugehen. Es besteht Einigkeit zwischen Verwaltung und dem Veranstalter der TW, die TW unter Beachtung des Corona-Geschehens durchzuführen. Die Segelwettbewerbe sollen dabei auf jeden Fall stattfinden und soweit möglich ein Landprogramm, wenn auch in deutlich abgespeckter Form.
Die internationalen Segelsportklassen haben sich zum Teil bereits vor Jahren auf den Standort Travemünde für die Durchführung ihrer WM oder EM in 2020 festgelegt und erwarten daher nun eine um ein Jahr verschobene Durchführung in 2021. Eine erneute Absage der Segelwettbewerbe würde zu einem Imageverlust für den Lübecker Segelsport und dessen internationale Wahrnehmung führen und sich negativ auf die zukünftige Akquise großer Segelmeisterschaften auswirken.
Eine Absage zum zweiten Mal in Folge würde nach Aussage des Veranstalters das Fortbestehen der TW in ihrer Existenz endgültig in Frage stellen. Vor diesem Hintergrund wird unterstellt, dass die TW 2021 unter Corona-Auflagen stattfinden kann. Es ist nicht damit zu rechnen, dass zum Zeitpunkt der TW die Bevölkerung durchgeimpft oder der Coronavirus verschwunden sein wird.
Mit Schreiben vom 03.03.2021 ist die TW an die Hansestadt Lübeck mit einem Konzept zur Durchführung der TW 2021 unter Coronabedingungen herangetreten und bittet um eine Unterstützungshilfe in Höhe bis zu 526.665 €.
Vorgesehen ist eine Übertragung des geplanten Programms 2020 nach 2021. Danach werden 1.100 Boote mit rund 2000 Segler:innen erwartet. Rund 50 % der Segler:innen sind Jugendliche. In diesem Jahr ist eine Inklusionsklasse mit Weltmeisterschaftswertung für Segler:innen mit Behinderung am Start. Die teilnehmenden Segler:innen sind insgesamt dem Amateursegelsport zuzuordnen. Die Organisation und Durchführung der Segelwettbewerbe der TW wird in erster Linie mit cirka 300 ehrenamtlichen Kräften umgesetzt.
Die Durchführung und Unterbringung der Segler:innen erfordert erhebliche zusätzliche Schutz- und Hygienemaßnahmen. Dazu zählen u.a. zusätzliche Sanitäranlagen, Testzentrum, Absperrungen und Sicherheitskräfte zur Kontrolle des Zugangs.
Die Corona-Schutz- und Hygienemaßnahmen sollen unkontrollierte Menschenansammlungen vermeiden, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern. Gleichzeitig soll vor dem Hintergrund der Erfahrungen in den vergangenen Sommermonaten mit einer hohen Frequentierung Travemündes durch Tagesgäste vermieden werden, dass die TW übermäßig zusätzliche Besucher:innenströme generiert.
Das Landprogramm beschränkt sich auf den Brügmannsgarten mit 15-25 Standeinheiten, die Speisen und Getränke unter den dann geltenden Verordnungsbestimmungen ausgeben. Auf Feierlichkeiten (z.B. Eröffnungs- und Meisterschaftsfeiern sowie publikumsanziehende Veranstaltungen (z.B. Trave-Races) wird verzichtet.
Die TW finanziert sich wie bereits in der VO/2020/09024 aus Meldegeldern der Segler:innen, Sponsoring, Sportförderung der Hansestadt Lübeck und den Einnahmen aus dem Landprogramm. In diesem Jahr wird davon ausgegangen, dass das Landprogramm keinen nennenswerten Beitrag zur Finanzierung des Sportprogramms leisten kann. Da kein Landprogramm stattfindet und insofern mit deutlich weniger Gästen zu rechnen ist, ist das Sportereignis für potenzielle Sponsoren weniger attraktiv und die Sponsoreneinnahmen fallen entsprechend geringer aus.
Den Kosten von insgesamt 898.365 € für die Durchführung der Segelwettwerbe und Infrastrukturkosten (u.a. Flächen, Hygiene- und Sicherheitskonzept einschließlich Zugangskontrollen, Testzentrum, Sanitäranlagen und Schutzausrüstungen, Müllentsorgung, Transport) stehen Einnahmen in Höhe von 371.700 € gegenüber. Das ergibt einen nicht gedeckten Fehlbedarf von 526.665 € (siehe Planrechnung TW 2021).
In coronafreien Zeiten erzielt die TW ein mehr oder weniger ausgeglichenes Ergebnis. In der Regel liegen die Gesamtkosten insgesamt bei rund 400.000 €, insofern haben sich unter angenommenen Coronabedingungen die Kosten mehr als verdoppelt. Ein Großteil der Infrastrukturkosten wird darüber hinaus bei Durchführung einer „normalen“ TW kostenseitig durch das Landprogramm abgedeckt, was noch einmal die Bedeutung der Einnahmen aus dem Landprogramm für die Durchführung der TW verdeutlicht.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist angesichts der Pandemielage und Verordnungslage nicht absehbar, in welchem Umfang die TW wirklich standfinden kann. Insoweit ist ungewiss, unter welchen Bedingungen ausländische Segler:innen anreisen können, wovon wiederum die Größe der Teilnehmendenfelder abhängt. Bei coronabedingten Wegfall von Segelwettbewerben würde die Infrastruktur und entsprechend die Kosten angepasst werden.
Bei einem neuerlichen Ausfall der TW blieben ungedeckte Kosten von 211.000 € übrig, die nicht gegenfinanziert sind (z.B. Personalkosten, Versicherungen, Mieten).
Tabelle: Planrechnung TW 2021
Planrechnung |
Einnahmen | | |
Meldegelder | 135.000 € | |
Stiftungen | 70.000 € | |
Sportförderung HL | 31.000 € | |
Sponsoreneinnahmen | 38.700 € | |
sonstige Einnahmen | 7.000 € | |
Einnahmen Landprogramm | 90.000 € | |
Kosten | | |
Durchführung Segelwettbewerbe | | -426.700 € |
Infrastrukturkosten | | -471.665 € |
Summe | 371.700 € | -898.365 € |
Fehlbedarf | | - 526.665 € |
Eine detaillierte Planrechnung ist dem anliegenden Konzept der TW zu entnehmen (siehe Anlage 3).
Der Fehlbetragsausgleich kommt nur dem Segelsportprogramm zugute. Es erfolgt keine Unterstützung des Landprogramms.
Die finanzielle Unterstützung zur Ausrichtung der TW 2021 ist aus den folgenden Gründen gerechtfertigt:
- Die TW ist seit Jahrzehnten eine der größten Sportveranstaltungen in der Hansestadt Lübeck mit überregionaler Ausstrahlungskraft, wovon insbesondere die Tourismusdestination Travemünde profitiert. Der Segelsport und demgemäß die TW ist ein wichtiger Baustein der Sportstadt Lübeck.
- In diesem Sinne ist die Veranstaltung von wie oben beschrieben von einer großen sport- und standortpolitischen Bedeutung, insbesondere für die Tourismusdestination Travemünde. Der regionalpolitische Schaden dürfte höher ausfallen als die in Rede stehende finanzielle Unterstützung. Zumal unter Berücksichtigung der zu erhebenden Umsatzsteuer sich eine Unterstützung in der beabsichtigen Höhe bereits bei vorsichtiger Berechnung nach spätestens drei Veranstaltungen in der Post-Coronazeit amortisieren würde, davon ausgehend, dass ca. 15% der Umsatzsteuer regelmäßig bei den Kommunen ankommt.
- Die Durchführung der Veranstaltung würde nicht nur ein Zeichen der Hoffnung nach einer Zeit der restriktiven Beschränkung des gesellschaftlichen Lebens und des Sports sein. Es wäre eine Anschubfinanzierung der Hansestadt Lübeck, um der Traditionsveranstaltung eine Wiederbelebung in der Post-Coronazeit zu eröffnen.
- Ohne eine finanzielle Unterstützung durch die Hansestadt Lübeck wäre die TW 2021 in diesem Jahr nicht durchführbar. Da die TW bereits im vergangenen Jahr abgesagt worden ist, ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass die TW in den kommenden Jahren stattfinden wird. Es ist mehr als fraglich, ob der bisherige Veranstalter, der am Ende von einem Segelsportverein getragen wird, überhaupt noch finanziell in der Lage sein wird, eine sport- wie gesellschaftliche Großveranstaltung wie die TW durchzuführen. Eine neuerliche Absage wird den Veranstalter aller Wahrscheinlichkeit in eine finanzielle Notlage bringen und damit das Ende der TW sein. Wie bereits dargestellt, verbleibt bei einer Absage der TW ein finanzieller Verlust von etwa 211.000 € beim Veranstalter, der ausgeglichen werden müsste. Weder die TW gGmbH noch der LYC verfügt über entsprechende Rücklagen. Eine Übernahme der Ausrichtung der TW durch die HL ist ausgeschlossen, da hierdurch das volle Betriebs- und Investitionsrisiko auf die HL übergehen würde.
Die Mittel für den Fehlbetragsausleich werden aus dem von der Bürgerschaft mit Vorlage VO/2021/09636 am 11.02.2021 beschlossenen Finanzmitteln für Maßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie geleistet und aus dem Produktsachkonto 421001 000.5318001 (Förderung des Sports, Zusch.f.lfd.Zw.soz.o.ähnl. Einr.) zur Verfügung gestellt. Die Deckung erfolgt aus dem Produktsachkonto 611001 000.4121000 (Steuer, allg. Zuweisungen, allg. Umlagen / Fehlbetragszuweisungen).
Auf den maximalen Fehlbedarfsausgleich von 526.665 € werden etwaige zusätzliche Drittmittel angerechnet. Die tatsächlich angefallenen Ausgaben und Einnahmen sind nachzuweisen.