Zum ersten Spiegelstrich
Die aufgeführten Prüfaufträge werden im Rahmen der Neuaufstellung des Flächennutzungsplans abgearbeitet. Mit der Erstellung des Vorentwurfs ist Ende 2021 zu rechnen.
Zum zweiten Spiegelstrich
Für die Prüfung der verkehrlichen Belange wurde ein Konzept in Auftrag gegeben. Diese Untersuchung ging hervor aus den verkehrlichen Gutachten, die ursprünglich im Zuge der zahlreichen städtebaulichen Projekte auf dem Priwall, insbesondere des Projektes Beach-Bay, erstellt wurden. Im Anschluss wurden die Ergebnisse daraus für die hier dargelegten Planungsüberlegungen genutzt. Neben der Ermittlung der zukünftigen Verkehrsmenge und deren Bewertung umfasst die Verkehrsuntersuchung nunmehr auch konzeptionelle Ideen zur Organisation des ruhenden Verkehrs und der Gestaltung der Mecklenburger Landstraße. Die wichtigsten Ergebnisse sind hier zusammengefasst:
Verkehrliche Entwicklung
Als Beurteilungsgrundlage umfasst die Untersuchung eine Prognose der zukünftigen Verkehrsmengen. Neben der Projektion des Verkehrs aus dem Status Quo auf die Zukunft (Prognosenullfall) besteht die Gesamtprognose 2030 vor allem aus verkehrlichen Zuwächsen, die aus den neuen städtebaulichen Nutzungen resultieren. Ausschlaggebend ist für diese Prognose dabei das bestehende Planungsrecht. Auf diesem Wege ist eine komplette Umsetzung der dahinterliegenden Projekte angenommen.
Gebiet | Kfz/24h (Freitag) |
33.05.00: Priwall "Waterfront", Teilbereich 1 | 920 |
33.06.00: Priwall "Mecklenburger Landstr. 49-67" | 396 |
33.05.00: Priwall "Waterfront" Teilbereich 2 | 424 |
Tabelle 1: Prognostizierte Mehrverkehre
Dies führt dazu, dass bspw. ein Hotel auf der Kohlenhofspitze verkehrlich unterstellt wird, auch wenn die Hansestadt Lübeck von diesen Plänen bereits wieder abgerückt ist. Umgekehrt sind etwaige Projekte, für die noch keine Plan- oder Baureife besteht und die ggf. mehr Verkehr als heute erzeugen könnten, nicht berücksichtigt (z. B. die mögliche Nachnutzung der Handwerkskammer).
Daneben wurde ein allgemeines Wachstum des Bestandverkehrs bis 2030 um 7% angenommen (Prognosenullfall).
Im Ergebnis wurde eine Zunahme des motorisierten Individualverkehrs (MIV) um rd. 50% ermittelt. Dies entspricht einer Querschnittsbelastung von rd. 3.400 Kfz/24h (Spitzentag) im am stärksten belasteten Abschnitt (Höhe Fähranleger). Damit wird die Kapazitätsgrenze der Mecklenburger Landstraße nicht erreicht, sodass der Verkehr selbst mit dieser Last verträglich abgewickelt werden kann, ohne dass hierfür umfangreiche bauliche Maßnahmen notwendig sind.
Fähre/Fährvorplatz
Von der oben angegebenen Verkehrsmenge wird ein Großteil aus Richtung Westen und somit via Fähre an- und abreisen. In der Spitze wird dabei voraussichtlich die Nachfrage auf der Straße die Kapazität der Fährverbindung partiell übersteigen. Aus diesem Grund werden sowohl im Fährbetrieb als auch auf dem Fährplatz Maßnahmen als notwendig erachtet. Während durch den Betrieb mit einer dritten Fähre die unmittelbare Transportkapazität erhöht wird, sollen durch die empfohlene Umgestaltung des Fährvorplatzes Aufstellkapazitäten geschaffen werden, die eine Rückstauung in die Mecklenburger Landstraße abmindern. Darüber hinaus kann eine Umgestaltung den Fährplatz aufwerten sowie die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden in diesem Bereich erhöhen.
Mecklenburger Landstraße
Die Mecklenburger Landstraße wurde zuletzt im DSK-Verfahren (Dünne Asphaltdeckschichten in Kaltbauweise) instandgesetzt. Im Zuge dieser Unterhaltungsmaßnahme wurden auch die Seitenmulden, welche zur Aufnahme des anfallenden Niederschlagswassers dienen, so gut es die örtlichen Bedingungen zugelassen haben, wieder in Stand gesetzt. Im Gegensatz zu einer grundlegenden Sanierung wird auf diese Weise der Straßen- bzw. Fahrbahnquerschnitt nicht verändert. Zum weit überwiegenden Teil verfügt die Mecklenburger Landstraße somit über eine Fahrbahnbreite von rd. fünf Metern.
Dies ist prinzipiell ausreichend, um die prognostizierte Verkehrsmenge abzuwickeln. Allerdings bietet es nicht ausreichend Platz, um die Vielzahl von Ansprüchen, die gegenwärtig an eine Hauptsammelstraße gestellt werden, adäquat zu befriedigen. Neben teilweise mangelnden Anlagen für den Fuß- und Radverkehr betrifft dies auch den Begegnungsfall von Schwerverkehr und PKW, der zurzeit nur mit sehr niedrigen Geschwindigkeiten konfliktfrei ablaufen kann.
Die aufgeführten Musterquerschnitte zeigen die grundsätzlichen Möglichkeiten einer zukünftigen Straßenraumgestaltung – teilweise unter Beanspruchung des begleitenden Baumbestandes / der Birkenallee. Diese/r ist nach § 30 BNatSchG i. V. m: § 21 LNatSchG besonders geschützt. Für eine Beeinträchtigung bzw. Beseitigung wäre daher in den weiteren Planungsschritten zur Umgestaltung der Straße gemäß dem erarbeiteten Konzept eine naturschutzrechtliche Befreiung zu erwirken.
Je nach resultierender Gesamtbreite entstehen dabei unterschiedliche Möglichkeiten der prinzipiellen Querschnittsaufteilung. Allen gemein sind eine größere Fahrbahnbreite, dedizierte Anlagen der Rad- und Fußverkehrsführung sowie Ordnung des ruhenden Verkehrs. Die genaue Aufteilung, die unterschiedlichen Breiten, die Anzahl der Stellplätze und die genaue Beanspruchung des Baumbestandes müssen in den nächsten Planungsschritten festgelegt werden. Dort müssen auch die Belange des Hochwasserschutzes adäquat berücksichtigt werden. Ein Anheben der Straße könnte eine durchgehende Befahrbarkeit ermöglichen, aber nicht grundsätzlich gegen Hochwasser schützen. Denn es ist zu bedenken, dass bei entsprechenden Hochwasserlagen das anfallende Niederschlagswasser nicht versickern kann, da der Grundwasserstand entsprechend hoch ansteigt.
Ruhender Verkehr
Während die Ferienimmobilien und Segelanleger über eigene Parkierungsmöglichkeiten verfügen, besteht vor allem für Tagesgäste des Priwalls nur die Möglichkeit, ihr Fahrzeug im Straßenraum (straßenbegleitend) abzustellen. Größere Sammelanlagen existieren nahezu nicht. Ferner besteht auch kaum die Flächenverfügbarkeit, um eine solche einzurichten. Abgesehen von der baurechtlich gesicherten Möglichkeit zur Errichtung einer Sammelparkanlage (Parkpalette) im Eingangsbereich der Beach-Bay (durch den Investor) bestehen daher keine weiteren Kapazitäten, die kurzfristig zu aktivieren wären.
Gleichzeitig ist bei einer grundhaften Sanierung der Mecklenburger Landstraße davon auszugehen, dass die Anzahl der dann eingerichteten offiziellen Parkplätze im Straßenraum die Gesamtanzahl der heutigen – teils wilden – Parkplätze unterschreitet. Allerdings führt das Parken von Fahrzeugen abseits des befestigten Straßenraums heute zu großen Problemen und Kosten im Unterhalt (z. B. durch wegbrechende Fahrbahnkanten).
Der Parkdruck tritt bisher nur lokal und zeitlich begrenzt auf (z. B. im Bereich des Fähranlegers und des Rosenhofs). Über das Gesamtjahr betrachtet, liegt die Ausnutzung der öffentlichen Parkkapazitäten allerdings im unteren Bereich. Sollte sich der Parkdruck erhöhen und bspw. keine neuen Kapazitäten geschaffen werden, werden in der Untersuchung Maßnahmen der Parkraumverwaltung aufgeführt, die in Zukunft sukzessiv etabliert werden könnten – wie z. B. zeitliche oder monetäre Bewirtschaftung des Parkraums. Bereits heute kann beobachtet werden, dass es an bestimmten Tagen zu einem problematischen Parkdruck kommt.
Der Investor der Beach-Bay wird in den nächsten Monaten ein Parkhaus mit 322 Parkplätzen errichten. Die Fertigstellung ist für Ende August 2021 vorgesehen. Damit entstehen im Eingangsbereich der Anlage (Ecke Dünenweg / Mecklenburger Landstraße) öffentlich verfügbare Parkplätze. Im Gegenzug wird, wie ursprünglich geplant, der gesamte Beach-Bay-Bereich nördlich der Mecklenburger Landstraße als Parkverbotszone ausgewiesen. Nach Fertigstellung der Stellplätze soll ferner gegen das unerlaubte Wildparken in der Mecklenburger Landstraße vorgegangen werden.
Hiermit wird eine sehr wichtige Maßnahme zur Kompensation des Parkdrucks umgesetzt. Die Hansestadt Lübeck begrüßt den Bau des Parkhauses ausdrücklich und erwartet eine spürbare Abnahme des Parkdrucks. Unbenommen davon wird die Situation des ruhenden Verkehrs kontinuierlich beobachtet. Weiter Maßnahmen sollten allerdings erst nach einiger Zeit des Betriebs des Parkhauses geprüft werden.
Fazit
Mit der Komplettfertigstellung der in den letzten Jahren auf den Weg gebrachten städtebaulichen Projekte ändert sich die verkehrliche Situation auf dem Priwall merklich. Die vorhandene Infrastruktur ist aber gegenwärtig und in den kommenden Jahren prinzipiell dazu in der Lage, die neuen Verkehrsmengen aufzunehmen. Unmittelbarer Handlungsbedarf besteht zunächst nur im Bereich des Fähranlegers, auf dem zurzeit ein Verkehrsversuch in Form von Straßenmarkierungen erfolgt. Die Aufnahme einer Planung zur baulichen Umgestaltung sollte in einem nächsten Schritt erfolgen.
In Bezug auf die Mecklenburger Landstraße sowie den ruhenden Verkehr ist die Abwägung der Vor- und Nachteile einer Änderung der bestehenden Situation nicht ohne Schwierigkeiten vorzunehmen. Sollte beispielsweise eine Verbesserung bzw. regelkonformer Ausbau für den Fuß- und Radverkehr im Straßenverlauf vorgenommen werden, so geht dies zum Teil nur auf Kosten der ortsbildprägenden Birkenallee.
Hinsichtlich des bestehenden Parkdrucks ist eine gewisse Entspannung durch den Bau eines Parkhauses mit über 300 Parkplätzen zu erwarten. Auch das problematische Wildparken soll anschließend durch geeignete Maßnahmen unterbunden werden. Sollte sich darüber hinaus weiterer Handlungsbedarf manifestieren, bestehen gemäß dem vorgelegten Gutachten weitere Möglichkeiten. In den Wohngebieten kann beispielsweise eine (mehrstufige) Parkraumbewirtschaftung eingeführt werden, die jedoch auch die Priwallbewohner:innen ohne eigenen Stellplatz betreffen würde. Die erwähnte Neugestaltung der Mecklenburger Landstraße kann auch zur Generierung von neuen, regulären Stellplätzen genutzt werden.
Während der Ausarbeitungen zur vorliegenden Studie haben umfangreiche Beteiligungen stattgefunden. Diese umfassten sowohl Gespräche auf Arbeitsebene mit dem Verein der Priwallbewohner als auch in Form von Informationsveranstaltungen für die allgemeine Bewohnerschaft vor Ort. Insbesondere auf Arbeitsebene konnte dabei intensiv auf die konzeptionellen Vorschläge eingegangen werden. Es wurden die Hintergründe, straßenverkehrsrechtlichen und technischen Rahmenbedingungen erläutert, und auf die Konsequenzen der Maßnahmenmöglichkeiten eingegangen werden. Auch Vorschläge seitens des Vereins der Priwallbewohner konnten gegenübergestellt und diskutiert werden. Bei den öffentlichen (Groß-) Veranstaltungen konnten entsprechend die unterschiedlichen Positionen und Vorstellungen präsentiert und diskutiert werden. Eine eindeutige Präferenz seitens der Bewohner:innen konnte im Rahmen der Beteiligung nicht ermittelt werden, da alle Lösungsvorschläge auch Nachteile für die Anwohner:innen nach sich ziehen.
Es wird daher empfohlen, die weitere (Detail-) Planung erst dann aufzunehmen, wenn sich die bauliche Notwendigkeit zur Sanierung (durch Schäden aus Witterung und Abnutzung) ergibt (Mecklenburger Landstraße) oder ein steigender Parkdruck es verlangt (Maßnahmen des Parkraummanagements). Ein akuter Handlungsbedarf entsteht auch aus Sicht des Hochwasserschutzes nicht. Das Hochwasserrisiko auf dem Priwall wurde sowohl seitens des Landes als auch von der Hansestadt Lübeck als gering eingestuft. Selbst bei einem sehr schweren Ostseehochwasser liegt der größte Teil, der auf dem Priwall bebauten Flächen aufgrund der Höhenlage, hochwasserfrei und wird nicht überflutet. Deshalb ist aus Sicht des Landes auch ein Bau eines Landesschutzdeiches auf dem Priwall im Interesse des Wohls der Allgemeinheit nicht erforderlich. Der Verein der Priwallbewohner wurde darüber umfassend informiert. Nichtsdestotrotz ist, wie oben genannt, bei einer grundhaften Sanierung der Straße auf eine entsprechende Ausstattung zur verbesserten Erreichbarkeit zu achten (dritter Spiegelstrich).