Am 1. Januar 2019 ist das Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung, das sogenannte Gute-KiTa-Gesetz, in Kraft getreten.
Durch Artikel 2 des Gute-Kita-Gesetzes vom 19. Dezember 2018 wurde u.a. § 90 SGB VIII (Achtes Buch -Sozialgesetzbuch-) zum 1. August 2019 geändert.
Im Vergleich zu der bisher geltenden Regelung des § 90 Absatz 1 Satz 3 Achtes Buch Sozialgesetzbuch wird eine bundesweite Pflicht zur Staffelung von Kostenbeiträgen
eingeführt.
2. Erläuterung des Gesetzestext
Nach § 90 Absatz 3 SGB VIII sind Kostenbeiträge zu staffeln. Als Kriterien für die Staffelung können insbesondere das Einkommen der Eltern, die Anzahl der kindergeldberechtigten Kinder in der Familie und die tägliche Betreuungszeit des Kindes berücksichtigt werden.
Laut § 90 Absatz 4 SGB VIII wird der Kostenbeitrag auf Antrag erlassen oder auf Antrag ein Teilnahmebeitrag vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernommen, wenn die Belastung durch Kostenbeiträge den Eltern und dem Kind nicht zuzumuten ist. Nicht zuzumuten sind Kostenbeiträge immer dann, wenn Eltern oder Kinder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch, Leistungen nach dem dritten und vierten Kapitel des Zwölften Buches oder Leistungen nach den §§ 2 und 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes beziehen oder wenn die Eltern des Kindes Kinderzuschlag gemäß § 6a des Bundeskindergeldgesetzes oder Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz erhalten. Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat die Eltern über die Möglichkeit einer Antragstellung nach Satz 1 bei unzumutbarer Belastung durch Kostenbeiträge zu beraten. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
Die Neuregelung der pauschalierten Kostenbeiträge beinhalten drei wesentliche Maßnahmen:
- Im Vergleich zu der bisher geltenden Regelung des § 90 Absatz 1 Satz 3 SGB VIII wird eine bundesweite Pflicht zur Staffelung von Kostenbeiträgen eingeführt. Die Option für die Länder, von Staffelungen abzusehen, entfällt.
- Über die bislang in § 90 Absatz 4 Achtes Buch Sozialgesetzbuch definierten Kriterien hinaus wird klargestellt, dass für Beziehende von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch oder nach dem dritten und vierten Kapitel des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch oder nach §§ 2 und 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes die Kostenbeiträge stets unzumutbar sind und auf Antrag erlassen oder übernommen werden.
- Der Kreis der Personen, für die Kostenbeiträge stets unzumutbar sind und auf Antrag erlassen oder übernommen werden müssen, wird erweitert. Hinzu kommen jene Personen, die Kinderzuschlag gemäß § 6a Bundeskindergeldgesetz oder Wohngeld erhalten. Für sie gelten dieselben Maßgaben wie für Beziehende der oben genannten Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch oder dem Asylbewerberleistungsgesetz.
Mit der Neuregelung entfällt für die Fälle der Kindertagesbetreuung die bisherige Definition der Zumutbarkeitsgrenze. Statt dessen regelt der Gesetzgeber, dass für den o.g. Personenkreis (Bezieher*innen von ALG II, Grundsicherung usw.) ein Kostenbeitrag stets unzumutbar ist.
Für Bezieher*innen von Einkommen trifft der Gesetzgeber keine Regelung und überlässt es dem öffentlichen Jugendhilfeträger, dies in einer (zwingenden) Sozialstaffelregelung auszugestalten.
3. Umsetzung
Die in Lübeck bisher geltende § 90 Ermäßigung soll ab dem 01.08.2019 als Sozialstaffelregelung übernommen werden. Zusätzlich zu der bisher in Lübeck umgesetzten Regelung zur Ermäßigung werden auch die Empfänger von Wohngeld von den Kostenbeiträgen zur Kinderbetreuung befreit.
a) Kostenübernahme aufgrund von Sozialleistungen
Kostenbeiträge werden immer dann voll übernommen, wenn Eltern oder Kinder eine der folgenden Leistungen beziehen:
- Arbeitslosengeld II
- Hilfe zum Lebensunterhalt
- Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
- Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz
- Kinderzuschlag nach dem Bundeskindergeldgesetz
- Wohngeld
b) Ermäßigung nach einer Einkommensermittlung
Auch Eltern, die keine der oben genannten Leistungen beziehen, haben die Möglichkeit, einen Antrag zur Ermäßigung der Kindertagesstättenkosten nach § 90 SGB VIII zu stellen. Für die Feststellung der zumutbaren Belastung gelten die §§ 82 bis 85, 87, 88 und 92a des Zwölften Buches -Sozialgesetzbuch- entsprechend.
Bei der Berechnung der zumutbaren Kostenbeiträge nach dem Einkommen werden alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert zugrunde gelegt. Das Baukindergeld des Bundes sowie die Eigenheimzulage nach dem Eigenheimzulagengesetz bleiben jedoch außer Betracht.
Von dem Einkommen abzusetzen sind auf das Einkommen entrichtete Steuern, Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung, Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen (wenn Grund und Höhe angemessen) und die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben.
Die Einkommensgrenze ergibt sich aus einem Grundbetrag in Höhe des Zweifachen der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 SGB XII, den Aufwendungen für die Unterkunft (im Höchstfall die Mietobergrenze) und einem Familienzuschlag in Höhe des auf volle Euro aufgerundeten Betrages von 70% der Regelbedarfsstufe 1 für den nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner sowie für alle im Haushalt lebende Kinder (soweit sich diese nicht selbst unterhalten können).
Soweit das zu berücksichtigende Einkommen die Einkommensgrenze übersteigt, ist die Aufbringung der Mittel in angemessenem Umfang, 80% vom Einkommensüberhang, zuzumuten. Hierbei sind bei Bedarf noch besondere Belastungen zu berücksichtigen.
c) Geschwisterermäßigung (einkommensunabhängig)
Den Teil der einkommensunabhängigen Sozialstaffel stellt die Geschwisterermäßigung dar. Werden mehrere Geschwisterkinder gleichzeitig in anerkannten Kindertageseinrichtungen oder Tagespflegestellen betreut, so reduziert sich der Elternbeitrag
- vom jüngsten Kind an gerechnet (volles Entgelt)
- für das nächstältere um 30%
- für das dann nächstältere um 60%
- für jedes weitere Kind um 100%
4. Finanzielle Auswirkungen
Mit der Novellierung des § 90 SGB VIII entfällt ab dem 01.08.2019 die gesetzliche Grundlage zur Gewährung einer Entgeltermäßigung. Mit der Sozialstaffelsatzung wird die bisherige, auf Bundesrecht beruhende Ermäßigungspraxis nahtlos fortgesetzt.
Mit der ab dem 01.08.2019 wirksamen Änderung des § 90 SGB VIII erweitert der Bundesgesetzgeber den von Elternbeiträgen freizustellenden Kreis um die BezieherInnen von Wohngeld. Daraus können für die Hansestadt Lübeck finanzielle Folgen entstehen, diese können derzeit allerdings nicht bewertet werden, da viele BezieherInnen von Wohngeld bereits jetzt auf Grund der Einkommensverhältnisse freigestellt sind. Diese möglichen finanziellen Folgen ergeben sich ausschließlich aus der Änderung des Bundesrechts und sind nicht Gegenstand der zu beschießenden Sozialstaffelsatzung.
5. Reform des Kindertagesstättenrechts Schleswig-Holstein
Es bleibt abzuwarten, ob der Landesgesetzgeber eine Sozialstaffelregelung treffen wird, diese würde dann mit Inkrafttreten der Gesetzesänderung zum Kindertagesstättengesetz - voraussichtlich zum 01.08.2020 – wirksam werden.
6. Änderung der Elternbeitragssatzung Kindertagespflege
Die Elternbeitragssatzung Kindertagespflege ist dahingehend zu ändern, dass bestehende Ausführungen zur Entgeltermäßigung zu entfernen sind.