Vorlage - VO/2013/00615  

Betreff: Getroffene Eilentscheidung bzgl. der Zuführung zu Rückstellungen für die Rückzahlung von Erbbauzinsen für das Haushaltsjahr 2010
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senator/in Sven Schindler
Federführend:2.280 - Wirtschaft und Liegenschaften Bearbeiter/-in: Upts, Thorsten
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Wirtschaftsausschuss und Ausschuss für den "Kurbetrieb Travemünde (KBT)" zur Kenntnisnahme
12.08.2013 
1. Sitzung des Wirtschaftsausschusses und Ausschuss für den "Kurbetrieb Travemünde (KBT)" zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Hauptausschuss zur Kenntnisnahme
27.08.2013 
2. Sitzung des Hauptausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Kenntnisnahme
29.08.2013 
Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck Nr. 2/2013 - 2018 zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Der Bürgermeister hat am 08

Beschlussvorschlag

Der Bürgermeister hat am 08.03.2013 die nachfolgende Eilentscheidung gemäß § 65 Abs. 4 Satz 1 der Gemeindeordnung für Schleswig-Holstein in der Fassung der Bekanntmachung vom 28.02.2003 (GVOBl. Sch.-H., S. 57), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 01.02.2005 (GVOBl. Schl.-H., S. 66) getroffen:

 

Beim Produktsachkonto 111020000

Begründung

Beim Produktsachkonto 111020000.5494001 Aufwendungen aus der Zuführung zur Verfahrensrückstellung und  111020000.5497001 Aufwendungen aus der Zuführung zu sonstigen Rückstellungen werden für die Rückzahlung von Erbbauzinsen für das Haushaltsjahr 2010 EUR 1.015.800,-- außerplanmäßig gem. §95d GO bewilligt.

 

Deckung:

 

Produktsachkonto 111020000

4411000 Mieten und Pachten

528.885,95 €

 

5211010 Unterh.d.Grst.u.baul.Anl.an GMHL

2.100,00 €

 

5221000 Unterhalt. sonst. unbewegl.Verm.

21.472,30 €

 

5231000 Mieten und Pachten

776,07 €

 

5231001 Mieten und Pachten f. Liegensch.

12.468,25 €

 

5231010 Mieten und Pachten an GMHL

400,00 €

 

5241003 Grundsteuer u.Str.reinigungsgeb.

44.515,62 €

 

5241010 Energiekosten Grst,baul.Anl.GMHL

5.100,00 €

 

5241011 Sonst.Bewirt.Grst,baul.Anl.GMHL

1.200,00 €

 

5261000 Dienst- u.Schutzkleidung

200,00 €

 

5262000 Aus- und Fortbildung, Umschulung

3.173,40 €

 

5271000 Beson. Vwaltungs-u Betriebsaufw.

52.210,68 €

 

5271004 Aufwendungen f.Datenverarbeitung

15.453,53 €

 

5318000 Zuw.u.Zusch.f.lfd.Zw.übrige Ber.

3.106,73 €

 

5429001 Aufwend. für Mitgliedsbeiträge

100,00 €

 

5431001 Reisekostenvergütung

7,10 €

 

5431003 Bürobedarf

381,43 €

 

5431004 Bücher und Zeitschriften

117,17 €

 

5431005 Post- und Fernmeldegebühren

3.626,34 €

 

5431006 Öffentliche Bekanntmachung

8.776,99 €

 

5431007 Sachverst.-, Gerichts-u.ä.Kosten

150.622,27 €

 

5431008 Sonstige Geschäftsaufwendungen

35.211,01 €

 

5431009 Gutachten

24.914,56 €

 

5441000 Steuern,Vers.,Schadensfälle

982,19 €

 

5454000 Erst.f.Aufw.v.Dritt.sonst.ö.Ber.

100,00 €

 

5455000 Erst.f.Aufw.v.Dritt.verb.Untern.

7.865,37 €

 

5457000 Erst.f.Aufw.v.Dritt.priv.Untern.

1.400,00 €

 

5489000 Sonstige bes. ordentl. Aufw.

100,00 €

 

Zwischensumme Deckungsbeitrag aus dem Produkt 11010000

925.266,96 €

Produktsachkonto 361001000

5333100 Soziale Lstg. außerhalb Einrichtungen

90.533,04 €

 

Gesamtdeckungsbetrag

1.015.800,00 €

 

Begründung:              siehe Anlage

 

Anlage 1

Anlagen

Anlage 1

Begründung:

 

In vielen Erbbaurechtsverträgen wurden keine Wertsicherungsklauseln zur Abdeckung des Risikos des Kaufkraftschwundes zu Gunsten der Grundstückseigentümerin aufgenommen, so dass eine Erbbauzinserhöhung nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) aufgrund der sog. Äquivalenzstörung möglich war und auch umgesetzt wurde.

 

Viele Erbbaurechtsverträge beinhalteten jedoch Klauseln, bei denen es sich nach Auffassung der Hansestadt Lübeck um reine Ermäßigungsklauseln und nicht um Wertsicherungsklauseln handelte, so dass auch hier ab Vertragsbeginn (ab 1949) aufgrund der Äquivalenzstörung eine Erbbauzinserhöhung möglich schien. Aufgrund dieser Rechtsauffassung wurde zur Verbesserung der Einnahmesituation der Hansestadt Lübeck ab dem 2. Quartal 2004 aufgrund des Bürgerschaftsbeschlusses vom 27.11.2003 eine Erbbauzinserhöhungsaktion für rd. 4.500 Verträge mit einer derartigen Klausel durchgeführt, wobei die Erhöhung in mehreren Stufen über 6 Jahre erfolgte.

 

Im Rahmen dreier Klagen wurde diese Rechtsauffassung in verschiedenen Instanzen überprüft. Der BGH ist u.a. in seinem Urteil vom 18.11.2011 zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich bei der von hier als Ermäßigungsklausel angesehenen Klausel durchaus um eine Wertsicherungsklausel handelt, die sich seiner Meinung nach allerdings als ungeeignet für die Absicherung des Risikos des Kaufkraftschwundes für die Grundstückseigentümerin erwiesen hat.

 

Nichtsdestotrotz sieht der BGH die grundsätzliche Möglichkeit der Erhöhung des Erbbauzinses im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung, beginnend allerdings nicht mit Vertragsbeginn (1949), sondern mit dem Zeitpunkt der letzten Erhöhung des Erbbauzinses im Rahmen der Anhebung auf die letzte Stufe der ehemaligen Ermäßigung (1983).

 

Der BGH hat die Entscheidung an das Landgericht Lübeck (LG) zur abschließenden Entscheidung zurückverwiesen. Sollte die ergänzende Vertragsauslegung durch das LG und somit eine Erhöhung des Erbbauzinses entsprechend der Entwicklung der Lebenshaltungskosten seit 1983 unter Berücksichtigung der „allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse“ (§ 9a Abs. 1 S. 2 ErbbauRG), nicht möglich sein, verbliebe die Äquivalenzstörung, ebenfalls beginnend mit dem Datum der letzten Erhöhung im Rahmen der Aufhebung der Ermäßigung (1983). Hier wäre eine Erbbauzinserhöhung nach ständiger Rechtsprechung des BGH allerdings erst möglich, wenn die Lebenshaltungskosten seit 1983 um mehr als 150% gestiegen wären. Seit 1983 sind die Lebenshaltungskosten allerdings lediglich um 59,7 % gestiegen, so dass es danach nicht zu einer Erhöhung des Erbbauzinses kommen könnte. Eine Erbbauzinserhöhung in dem Umfang, wie sie von der Hansestadt Lübeck vorgenommen wurde, kann aufgrund der Aussagen des BGH auf jeden Fall nicht vorgenommen werden.

 

Auf Basis des BGH Urteils vom 18.11.2011 sind die ab 4. Quartal 2006 erhöhten Erbbau­zin­sen zurück zu zahlen. Der BGH hat die drei Klagen zur abschliessenden Entscheidung an das Landgericht Lübeck zurückverwiesen. Das LG wird am 07.03.2013 darüber verhandeln und mit den Parteien u.a. erörtern, ob  im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung eine tlw. Erhöhung möglich oder ob die Erhöhung ganz abzulehnen ist. Nach Erörterung mit den Berufungsanwälten ist am 07.03.2013 eine Tendenz des Gerichtes zu erwarten, das Urteil wird voraussichtlich aber nicht im gleichen Termin kommen sondern vermutlich einige Wochen später gesondert verkündet werden.

 

Zwar handelt es sich bei der erwarteten Entscheidung des LG um eine Einzelfallentscheidung, viele betroffene Erbbauberechtigte haben allerdings Kenntnis von dem Verfahren u.a. aus der örtlichen Presse. Viele zahlen den Erhöhungsbetrag gar nicht oder nur unter Vorbehalt, etliche lassen sich anwaltlich vertreten, um nach Entscheidung des LG ihre Rückzahlungsansprüche geltend zu machen. Da die Entscheidung sowohl über die örtliche Presse, als auch Vereinigungen wie z.B. Haus & Grund publik gemacht werden wird, ist davon auszugehen, dass weitere Anspruchsteller hinzukommen.

 

Vergleichbare Regelungen wie die in der o.g. BGH-Entscheidung beschrieben, gibt es in rd. 4.500 Verträgen. In ca. 25 % der Fälle wird der Erbbauzins unter Vorbehalt gezahlt bzw. wurde der teilweise bereits geleisteten Erhöhung widersprochen und der „alte“ Erbbauzins weitergezahlt. Die über das Maß der landgerichtlichen Entscheidung hinausgehenden Beträge sind in diesen Fällen zurück zu erstatten.

 

Ausgehend vom worst case bei einer Rückzahlung von 100% der Erhöhung wären folgende Beträge einschließlich der Wertberichtigungen zu Grunde zu legen:

 

4. Q. 2006 bis 2009

1.165.800 €

 

2010

1.015.750 €

 

2011

1.501.300 €

 

2012

1.917.800 €

 

1. + 2. Q. 2013

1.084.450 €

 

 

Rückstellungen für den Zeitraum 2006 bis 31.12.2009 werden im Rahmen der Eröffnungsbilanz-Korrektur gebildet und gegen das Eigenkapital gebucht.

 

Für die Rückstellungen ab 01.01.2010 sind Haushaltsmittel in entsprechender Höhe als Aufwand zur Zuführung zu Rückstellungen zu planen. Der Bereich Wirtschaft und Liegenschaften wird für die Bildung von Rückstellungen in den Jahren 2010 bis 2012 entsprechende Deckungsvorschläge erarbei­ten.

 

Die Bildung einer Rückstellung für das Haushaltsjahr 2010 ist im Rahmen des zu erstellenden Jahresabschlusses 2010 durchzuführen. Da bis spätestens Mitte März 2013 alle Meldungen zum Jahresabschluss 2010 im Bereich 1.201 bzw. 1.210 vorliegen müssen, wird für diese außerplanmäßige Bewilligung der erforderlichen Haushaltsmittel in Höhe von ca. 1.015.750 € eine Eilentscheidung des Bürgermeisters erforderlich.

 

Da die Beträge über der Wertgrenze von 250 T€ liegen, wäre die außerplanmäßige Bewilligung von Haushaltsmitteln für die Jahre 2011 und 2012 im Wege einer Entscheidung durch die Bür­gerschaft zu ordnen, da damit gerechnet werden muss, dass nach Erlangung der Rechtskraft des zu erwartenden Urteils des Landgericht Lübecks am 07.03.2013 die Rückzahlung der zu hoch erhobenen Erbbauzinsen ab April 2013 starten wird.

 

 

 

Begründung der Eilbedürftigkeit:

 

Die Eilbedürftigkeit war gegeben, da die Terminvorgaben für den Beratungsverlauf für die Bürgerschaft am 21.03.2013 nicht mehr eingehalten werden konnten; daher war die haushaltsmäßige Ordnung der Zuführung zu den Rück­stellungen für die Rückzahlung der Erbbauzinsen im Wege der Eilentscheidung des Bürger­meisters notwendig.