Auszug - Abschluss eines Mietvertrages zum Betrieb einer Senior:Inneneinrichtung Vorlage: VO/2024/13197  

18. Sitzung des Hauptausschusses
TOP: Ö 9.1
Gremium: Hauptausschuss Beschlussart: (offen)
Datum: Di, 16.07.2024 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 16:30 - 20:08 Anlass: Sitzung
Raum: Große Börse
Ort: Rathaus
 
Wortprotokoll

Der Vorsitzende ruft unter diesem TOP die Beratung des öffentlichen Teils der Angelegenheit unter TOP 14.1 auf (vgl. TOP 1).

 

Hinweis:

Da die anfänglichen, längeren Wortbeiträge von AM Dr. Flasbarth den Ausgangspunkt für die gesamte weitere Debatte sowie den späteren Widerspruch gegen den Nichtbeschluss der nichtöffentlichen Beratung durch Senatorin Hagen darstellen, sind diese nachfolgend im Wortlaut wiedergegeben.

 

- Beginn Wortprotokoll -

 

AM Dr. Flasbarth:

„Also wir begrüßen das grundsätzlich sehr, dass wir die Neuausrichtung, die strategische Neuausrichtung da jetzt angehen und natürlich auch, dass wir da jetzt den Behnckenhof, dass wir da jetzt einmal keine Monsteraufgabe eines Neubaus vor uns haben, sondern, dass wir da sanieren. Das macht das Ganze sehr viel einfacher. Wir haben drei, ja, Fragen zu diesem Antrag. Die erste Frage betrifft das Timing. Wir haben im Februar ja einen Sachstand der strategischen Neuausrichtung hier bekommen, wo auch der Behnckenhof schon drin war und wir haben zu diesem Sachstand inklusive des Behnckenhofes damals beschlossen, bevor wir weitere Planungsschritte unternehmen, hätten wir gerne ein Gesamtfinanzierungskonzept. Darum sind wir jetzt ein bisschen irritiert, dass uns jetzt doch einzelne Planungsschritte vorgelegt wurden, denn wir befürchten so ein bisschen, wenn wir jetzt Dinge vorweg nehmen, hier ein paar Millionen ausgeben, da ein paar Millionen ausgeben, dass dann irgendwann die Kommunalaufsicht sagt, und dass befürchten wir natürlich vor dem Hintergrund dessen, was uns letztes Mal geschrieben wurde, befürchten wir, dass es dann möglicherweise für die riesengroße Aufgabe der Neubauten, die uns noch bevorsteht, da eine rote Karte gezeigt wird und wir das nicht durchführen können. Darum hätten wir gerne jetzt erstmal die Übersicht über alles, bevor wir jetzt hier schon solche durchaus großen Kosten committen. Meine Frage wäre jetzt, wo stehen Sie da bei dem Gesamtfinanzierungskonzept? Wann ist das zu erwarten? Das ist ja jetzt vor fünf Monaten schon… Wann können wir damit rechnen? Die zweite Frage, die uns ein bisschen irritiert, ist: Es wurde verschiedentlich gesagt, es wird uns jetzt nur noch vorgelegt, was sich rechnet. Und das rechnet sich ja jetzt nicht. Wir haben jetzt hier acht Millionen Verluste mit möglicherweise durchaus optimistischen Annahmen, wenn der Bau ein bisschen länger dauert oder die Sanierung ein bisschen länger dauert, können aus diesen acht auch mal zehn oder zwölf werden und, und…“

 

Der Vorsitzende:

„Herr Dr. Flasbarth, wir sind im öffentlichen Teil. Dann sollten diese Summen normalerweise…“

 

AM Dr. Flasbarth:

„Das sind ja jetzt alles Summen der SIE. Da gibt es ja jetzt keinen Grund, warum die nicht… Warum sollten wir das jetzt nicht… Das sind ja jetzt Sachen der…“

 

Der Vorsitzende:

„Vielleicht, vielleicht Herr Petereit kann noch warten. Er kann gerne rankommen. Ich möchte lieber vom Rechtsamt den Hinweis haben, zu was darf was gesagt werden und zu was nicht. Dürfen Zahlen der SIE erwähnt werden?“

 

Herr Ziemann:

„Also, ich halte das für sehr schwierig, dass man das hier im öffentlichen Teil bespricht, berät, weil man das schwer voneinander trennen kann. Es sind erstmal, also wir müssen einmal, also eigentlich müssten wir, wenn wir darüber reden wollen, die Nichtöffentlichkeit herstellen, weil ich kann so gar nicht dazu ausführen. Also ich halte es für wesentlich sinnvoller, das Ganze im nichtöffentlichen Teil zu besprechen.“

 

Der Vorsitzende:

„Gut, dann wäre jetzt erstmal meine Bitte, dass keiner… Können wir uns drauf einigen, dass wir im öffentlichen Teil keinerlei Zahlen nennen? … Können wir uns darüber einigen? … Gut, dann können wir ja mit der Diskussion weitergehen.“

 

AM Dr. Flasbarth:

„Dann würde ich jetzt aber gerne auch nochmal… Vielleicht können wir es in Zukunft so machen, dass alle Angelegenheiten der SIE, die SIE sind ja eine öffentliche Sache, das betrifft ja das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Das hätten wir gerne im öffentlichen Teil. Dass Details des Mietvertrags dann im nichtöffentlichen Teil sind, ist eine Selbstverständlichkeit. Also die zweite Irritation war, dass wir hier eben nicht eine Sache haben, die sich rechnet, sondern hier mit substanziellen Verlusten für den Haushalt verbunden ist und ich erinnere mich, dass wir monatelang, fast jahrelang darüber diskutiert haben, dass wir möglicherweise eine Unterdeckung, möglicherweise auch in ähnlicher Größenordnung wie beim HGH haben. Das war das ein riesengroßes, ein fast schon existenzielles Problem. Es wurden seitenweise uns Vorlagen gegeben, dass das sich deswegen alles nicht rechnet, obwohl das jetzt eine Einrichtung ist, die mit Abstand die Beliebteste ist, die beste Lage hat, die Geschichtsträchtigste ist. Da haben wir jetzt einen Verlust für die Hansestadt in ähnlicher Größenordnung und das wird im nichtöffentlichen Bereich im Hauptausschuss durchgewunken. Die Zahl wird nichtmal in der Vorlage genannt. Das irritiert mich sehr und ich habe dazu A) die Frage: Ist diese Nichtwirtschaftlichkeit mit der Kommunalaufsicht abgeklärt? und B) Von Herr Lindenau, von der SPD wurde beim HGH immer sehr stark über die Beihilfeproblematik geredet. Wurde hier bei diesen Verlusten die Beihilfeproblematik überprüft? Das Dritte, was ich, was mich an dieser Vorlage irritiert, ist, dass das Volumen, das wir entscheiden, sowohl was die Verluste betrifft, als auch, was das gesamte Volumen dieses Mietvertrages betrifft, enorme Summen sind und dafür würde ich mir wünschen und so kenne ich das bisher auch aus meinem Berufsleben, dass wir da eine entscheidungsreife Vorlage haben, die nachvollziehbar ist. Was wir hier vorgelegt bekommen haben, ist in keiner Weise nachvollziehbar. Ich kann in keiner Weise nachvollziehen, ob die Zahlen, die uns dann die Rentabilität der Einrichtung in den zukünftigen Jahren zeigen, ob die positiv gerechnet, ob die konservativ gerechnet sind, welche Annahmen da getroffen sind, ob die vollständig sind. Ich habe den leisen Verdacht, dass da wichtige Dinge fehlen, die beispielsweise eine Rücklage für genau diese Verluste, die eingetreten sind, wie beispielsweise Gemeinkosten. Aber ob das so ist, das kann ich nichtmal beurteilen. Das müsste ich aber beurteilen, wenn ich über solche großen Beträge entscheide. Und darum wundert mich ein bisschen, wir hatten ja in unserem Antrag im Februar darum gebeten, dass bei dem Finanzkonzept sämtliche Annahmen explizit offengelegt werden. Das ist jetzt hier nicht passiert, darum kann ich jetzt eigentlich in keiner Weise darüber entscheiden, was hier jetzt passiert. Ich verstehe, dass jetzt hier viele Befindlichkeiten sind, aber aus meiner Sicht haben wir in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten erlebt, dass wir mit den SIE einen irren Verlust für den Haushalt haben. Nicht nur jährlich, sondern wir haben beispielsweise auch dreizehn Millionen für die eine Stiftung bezahlt, wir haben zwei Stiftungen an den Rand der Zahlungsunfähigkeit geführt. Da sind eine ganze Reihe von Verlusten jetzt aufgelaufen, die ehrlich gesagt sehr unsozial sind, denn dieses Geld fehlt uns an anderer Stelle. Darum haben wir das sehr, sehr große Bestreben, dass die strategische Neuausrichtung so weiter machen wollen, daran glauben wir auch, daran halten wir fest, aber wir wollen unbedingt vermeiden, dass die gleichen Fehler nochmal passieren und nochmal in eine Art Defizit laufen, wie wir es jetzt sehen. Und dafür brauchen wir aus meiner Sicht Vorlagen, die so entscheidungsreif sind, dass wir wirklich sehr, sehr gut nachvollziehen können, über was entscheiden wir da. Und das kann jetzt hier bei der Vorlage leider so nicht.“

 

- Ende Wortprotokoll -

 

Zu den Wortbeiträgen von AM Dr. Flasbarth spricht Senatorin Steinrücke. Sie weist eindringlich darauf hin, dass (auch die teilweise) Behandlung der Angelegenheit im öffentlichen Teil, seitens des Verhandlungspartners, äußerst kritisch gesehen werde. Sie schätze eine zum Teil öffentliche Beratung, unabhängig davon, was rechtlich möglich sei, darüber hinaus als ein großes Risiko im Hinblick auf andere und zukünftige Vertragsverhandlungen ein. Senatorin Steinrücke plädiert nachdrücklich für eine Beratung im nichtöffentlichen Teil und weist darauf hin, dass auch die Fragen von AM Dr. Flasbarth im öffentlichen Teil nicht beantwortet werden könnten.

 

Der Vorsitzende weist erneut darauf hin, dass der Natur der Sache nach nichtöffentliche Tatsachen auf keinen Fall im öffentlichen Teil thematisiert werden dürfen. Er bittet alle Ausschussmitglieder, bei ihren Redebeiträgen genau darauf zu achten.

 

Herr Ziemann rät eindringlich dazu, für die Beratung der gesamten Angelegenheit die Nichtöffentlichkeit herzustellen, da die Differenzierung in öffentliche und nichtöffentliche Tatsachen faktisch nicht möglich sei.

 

Senatorin Hagen schließt sich diesem Rat an.

 

Herr Ziemann weist darauf hin, dass über die nichtöffentliche Beratung der Angelegenheit der VO/2024/13197 abzustimmen sei. Gemäß § 35 Absatz 2 GO sei eine Zweidrittelmehrheit für die nichtöffentliche Beratung erforderlich.

 

Der Vorsitzende lässt über die nichtöffentliche Beratung abstimmen:

 

Der Hauptausschuss stimmt mit 9 Ja-Stimmen

gegen 5 Nein-Stimmen bei 1 Enthaltung gegen

die nichtöffentliche Beratung der Angelegenheit der VO/2024/13197.

 

Der Vorsitzende weist erneut darauf hin, dass jedes Ausschussmitglied genau darauf zu achten habe, welche Tatsachen und Inhalte im öffentlichen Teil zur Sprache gebracht werden.

 

Senatorin Hagen, in ihrer Funktion als Erste stellvertretende Bürgermeisterin der Hansestadt Lübeck, zieht die Beschlussvorlage VO/2024/13197 mit sofortiger Wirkung zurück. Darüber hinaus widerspricht sie in Vertretung des Bürgermeisters gemäß § 43 Absatz 1 GO dem vorstehenden Beschluss des Hauptausschusses, die Beratung der Angelegenheit der VO/2024/13197 teilweise nicht im nichtöffentlichen Sitzungsteil vorzunehmen.

 

Herr Ziemann erläutert, dass Senatorin Hagen, als Stellvertreterin des Bürgermeisters, nach der Gemeindeordnung Widerspruch gegen einen Beschluss des Hauptausschusses erheben muss, sofern sie der Überzeugung ist, dass dieser rechtswidrig ist. Nachdem sie dies nun getan und zusätzlich die Beschlussvorlage zurückgezogen hat, darf diese in der heutigen Sitzung nicht mehr beraten werden.

 

                 Aufgrund der Zurückziehung und des Widerspruchs durch Senatorin Hagen,

                                erfolgt in der Sitzung keine weitere Beratung der Beschlussvorlage.