Vorlage - VO/2025/14499  

Betreff: Bericht zu den Energetischen Quartierskonzepten Brolingplatz und Gravensteinstraße
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senator Ludger Hinsen
Federführend:3.390 - Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutz Bearbeiter/-in: Gottelt, Friedrich
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Bauausschuss zur Kenntnisnahme
03.11.2025 
39. Sitzung des Bauausschusses      
Ausschuss für Umwelt, Sicherheit und Ordnung zur Kenntnisnahme
07.10.2025 
17. Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Sicherheit und Ordnung zurückgestellt   
18.11.2025 
18. Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Sicherheit und Ordnung zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Anlage1_QuartierskonzeptBrolingplatz
Anlage2_QuartierskonzeptGravensteinstraße

Beschlussvorschlag

 

Eine der Maßnahmen des Lübecker Masterplan Klimaschutz (MAKS) ist die Erstellung von jährlich zwei energetischen Quartierskonzepten, um u.a. die Sanierungsrate zu erhöhen und die Wärmewende auf Quartiersebene zu unterstützen (Maßnahme EB_San_4). Der vorliegende Bericht fasst die Ergebnisse der energetischen Quartierskonzepte „Brolingplatz“ (Anl.1) und „Gravensteinstraße“ (Anl.2) aus dem Jahr 2024 sowie die gestartete Umsetzung der Maßnahmen zusammen. Weiterhin gibt der Bericht einen Ausblick auf die Fortführung der Arbeiten.

 

 


Begründung

 

Eine langfristige und strategische städtische Planung ist eine wichtige Aufgabe der Hansestadt, die diese Aufgabe u.a. durch die Ausarbeitung und Fortführung des Verkehrsentwicklungsplans, der Bauleitpläne oder des Masterplans Klimaschutz (MAKS) wahrnimmt. Diese stadtweiten Konzepte weisen in der Regel allgemeine Handlungsempfehlungen aus, die in den Quartieren selbst konkretisiert zu konkretisieren sind.

 

Der Masterplan Klimaschutz der Hansestadt Lübeck sieht daher die Erstellung und Umsetzung von energetischen Quartierskonzepten durch die Klimaleitstelle vor (MAKS-Maßnahme EB_San_03), um vor Ort die Qualität und Effizienz der Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen in den Quartieren zu steigern. So wurden im Jahr 2024 zwei energetische Quartierskonzepte für die Quartiere Brolingplatz und Gravensteinstraße erstellt.

 

Die zu 90 % von der KfW und der IB.SH geförderten Quartierskonzepte zeigen unter Beachtung städtebaulicher, baukultureller, wohnungswirtschaftlicher, demografischer und sozialer Aspekte die technischen und wirtschaftlichen Energieeinsparpotenziale, Optionen zum Einsatz erneuerbarer Energien in der Quartiersversorgung und Möglichkeiten für die Anpassung an den Klimawandel sowie die Optimierung klimafreundlicher Mobilitätsinfrastruktur im Quartier auf.

 

Beide Quartierskonzepte wurden, begleitet von der Klimaleitstelle, von externen Beratungsunternehmen erarbeitet. Viele städtische Bereiche haben ihre Expertise und Ideen eingebracht. Die Arbeit umfasste neben der fachlichen Ausarbeitung auch mehrere begleitende Informations- und Beteiligungsformate vor Ort für die Bürger:innen sowie Abstimmungsrunden mit beteiligten Akteuren wie Wohnungsgenossenschaften, den Stadtwerken Lübeck und  örtlich aktiven Vereinen.  Die Möglichkeiten zur Beteiligung und Informationsaustausch wurden von allen Akteuren sehr gut angenommen und empfehlen sich für die Fortführung der Arbeit in den Quartieren.

 

Die Umsetzung der Quartierskonzepte orientiert sich an einem Umsetzungs- und Monitoringkonzept (vgl.Anl.1 und 2 jeweils Kapitel 8 und 9), das jeweils als fester Bestandteil des Quartierskonzepts erarbeitet wurde, und ist bereits gestartet. Für die Umsetzung der Maßnahmen ist generell der „Sanierungsmanager“ verantwortlich. Während für das Quartierskonzept „Marli“ im Jahr 2023 ein externer Dienstleister für das Sanierungsmanagement beauftragt wurde, wurde für das Quartier„Brolingplatz“ ein Sanierungsmanager eingestellt (MAKS-Maßnahme EB_San_05). Hiermit wird u.a. auch der im MAKS angelegten Verstetigung der Quartiersaktivitäten Rechnung getragen. Mit vorliegendem Bericht werden die beiden energetischen Quartierskonzepte bzgl. der maßgeblichen Aspekte kurz zusammengefasst und ein Ausblick auf die Fortführung der Arbeiten gegeben.

 

 

 

1.Energetisches Quartierskonzept Brolingplatz
 

Das Quartier zeichnet sich überwiegend durch eine gründerzeitliche Bebauung mit parzellierter Blockrandbebauung aus. Das Quartier besteht überwiegend aus Wohngebäuden, insbesondere Mehrfamilienhäusern, sowie einigen Gewerbe- und Nichtwohngebäuden.

 

Energie und Bau

 

Im Projektgebiet kann die energetische Sanierung von Gebäuden erheblich zur Einsparung von CO2-Emissionen beitragen. Viele der Gebäude sind vor 1918 gebaut und haben daher einen hohen Energieverbrauch und Modernisierungsbedarf. In drei Mustersanierungskonzepten wurden Sanierungsvarianten für drei unterschiedliche Gebäudetypen im Quartier erarbeitet. Diese weisen Einsparpotentiale für die Endenergie von um bis zu 50 % aus. Trotz hoher Investitionskosten können diese Maßnahmen langfristig wirtschaftlich sein, insbesondere durch Einsparungen bei den Energiekosten und durch staatliche Förderprogramme.
 

Die kleinteilige Eigentümerstruktur und die städtebauliche Erhaltungssatzung stellen besondere Anforderungen an die energetische Sanierung. Durch gezielte Informations- und Beratungsangebote können Eigentümer:innen für die energetische Sanierung sensibilisiert und perspektivisch die Sanierungsrate gesteigert werden. Diese Maßnahmen zur Informierung und Beratung der Eigentümer sind bereits um Rahmen des Sanierungsmanagements umgesetzt oder werden derzeit umgesetzt.

 

Gemeinsam mit der energetischen Sanierung der Gebäude muss die derzeitige Wärmeversorgung aus fast ausschließlich fossilen Energieträgern auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Im Quartier bestehen kaum Optionen, lokal erneuerbare Wärme zu gewinnen, da die geschlossene Blockrandbebauung im Gebiet mit schmalen Straßenquerschnitten wenig Flächenpotenziale bietet. Potenziale sind außerhalb des Quartiers vorhanden, beispielsweise Erdwärme aus Tiefen von bis zu 200 Metern auf angrenzenden versiegelten Flächen und Gewässerwärme aus der Trave oder Abwärme des Zentralklärwerks.

 

Diese und weitere erneuerbare Quellen werden im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung der Stadt Lübeck und des Transformationsplanes der Stadtwerke Lübeck für die Netze Vorwerk und St. Lorenz näher untersucht. Die systematische Begleitung des Transformationsplanes für den Brolingplatz durch die Klimaleitstelle ist derzeit im Aufbau und ein maßgeblicher Teil der städtischen Aktivitäten zur Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung.

Der Stromverbrauch wird (wie in Deutschland insgesamt) auch im Quartier Brolingplatz aufgrund von Stromnutzung für Mobilitätsanwendungen und Wärmeerzeugung steigen. Im Quartier Brolingplatz gibt es viele sehr gut geeignete Dachflächen zur Installation von Photovoltaikanlagen, die im Einklang mit der städtebaulichen Erhaltungssatzung zu realisieren sind. Insbesondere auf den Dächern der Gewerbebetriebe im Norden des Quartiers können PV-Anlagen große Mengen an lokalem Strom bereitstellen.

 

Anwohner:innen können perspektivisch über sogenannte Mieterstrom- oder Gemeinschaftliche Gebäudeversorgungskonzepte vom lokalen Stromangebot profitieren. Erste Gespräche für gemeinschaftliche Stromversorgung haben mit der Bürgerenergie Lübeck stattgefunden. Zur Erschließung der PV-Potentiale im Quartier wurde ein Leuchtturmprojekt initiiert, das zeitnah starten wird und für die Nutzung von PV-Potentialen auf den Gewerbeflächen sind Aktivitäten mit den Stadtwerken Energie in Vorplanung.

 

Mobilität

 

Ein wichtiges Handlungsfeld des „Lübecker Masterplan Klimaschutz“ (MAKS) ist die Verlagerung hin zu nachhaltigen Mobilitätsformen wie dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), Fahrrad- und Fußverkehr sowie ergänzenden Sharing-Angeboten.  Die Bestandsanalyse hat gezeigt, dass das Projektgebiet im Hinblick auf die Nahversorgungsmöglichkeiten mit seiner Nähe zu vielen Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten attraktiv für den Fuß- und Radverkehr ist. Die Fußwegeinfrastruktur besteht jedoch vielerorts aus sehr schmalen Gehwegen, deren Benutzbarkeit durch parkende Fahrzeuge weiter eingeschränkt werden.

 

Maßnahmen zur Verbesserung der Fußwegeinfrastruktur umfassen daher die Neuordnung des ruhenden Verkehrs und die Optimierung von Querungen. Viele Straßen sind durch ungeeigneten Straßenbelag wie Kopfsteinpflaster für Radfahrer schwer befahrbar. Potenzial zur Verbesserung der Radverkehrsinfrastruktur liegt in der Nutzung von Gelegenheitsfenstern beim Fernwärmeausbau zur Umgestaltung des Straßenraums, insbesondere an Knotenpunkten, der Verbesserung der Oberflächengestaltung und der Einrichtung von Fahrradstraßen.

Die verschiedenen Maßnahmen sollten in enger Abstimmung der beteiligten Akteure und unter Wahrung der Interessen der verschiedenen Mobilitätsformen sowie unter Aufrechterhaltung des Verkehrsflusses verfolgt werden.

 

 

Klimaanpassung

 

Das Quartier hat schon heute stark unter den Folgen des Klimawandels zu leiden. Die durch die Bebauungsstrukturen bedingt hohe Versiegelung und der geringe Anteil an Grünflächen führen zu großer Hitzebelastung und Problemen bei Starkregenereignissen. Eine geschickte Entsiegelung birgt in diesen klimatisch stark belasteten Siedlungsgebieten das größte Potenzial, die bioklimatische Situation zu verbessern, Regenwasser in der Fläche zu versickern und das Abwassersystem zu entlasten. 

 

Ein besonderer Fokus für Entsiegelungsmöglichkeiten liegt hierbei im Projektgebiet auf dem Gewerbegebiet im Norden. Weitere Potenzialflächen zur Verbesserung der bioklimatischen Situation sind versiegelte, private Blockinnenhöfe und Vorgärten. Auf diesen Flächen sollte Begrünung gefördert und versiegelte Flächen reduziert werden.

 

 

 

2.Energetisches Quartierskonzept Gravensteinstraße

 

Das Quartier „Gravensteinstraße“ besteht aus 67 Reihenhäusern, die in den Jahren 1968/1969 in roter Klinkerausführung erbaut wurden. Die meisten dieser Reihenhäuser werden von ihren Eigentümern selbst bewohnt.

 

Energie und Bau

 

Die Analyse des Gebäudebestandes zeigt, dass dieser zumeist nur teilmodernisiert ist. Die im Rahmen der Bearbeitung durchgeführte Haushaltsbefragung hat ergeben, dass der energetische Modernisierungsstand der eigenen Gebäude tendenziell überbewertet wird.

Daher sollte hier eine weitergehende Aufklärung erfolgen und durch eine energetische Sanierung der Gebäude eine langfristige und nachhaltige Reduzierung der Energieverbräuche angestrebt werden. Bei einer Komplettmodernisierung eines Reihenmittelhauses sind beispielsweise Einsparungen des Endenergiebedarfes von 36 % erreichbar.

 

Besondere Kostensenkungspotenziale bei der Ausführung ergeben sich durch die gemeinsame Umsetzung von Maßnahmen als „nachbarschaftliche Sanierung“. Die Bandbreite reicht hier von der gemeinsamen Umsetzung einer Dämmung der Dachflächen über einen gesammelten Einkauf von Fenstern bis zur parallelen Beauftragung von Planungsleistungen.

 

Neben der energetischen Sanierung der Gebäude muss der Umstieg auf erneuerbare Energiequellen zur Wärmeversorgung gelingen, um die erklärten CO2-Minderungsziele zu erreichen. Aktuell wird das Quartier Gravensteinstraße zentral und über ein bestehendes, selbstverwaltetes Wärmenetz mit fossilem Gas versorgt. Die zentrale Versorgung bietet eine gute Möglichkeit, erneuerbare Energien zur Wärmeversorgung des ganzen Quartiers zu integrieren. Da es jedoch keine nennenswerten Flächen zur Gewinnung erneuerbarer Energien gibt, weist das Konzept auch die Anbindung des Gebiets an das derzeit in Erweiterung befindliche städtische Fernwärmenetz als eine Option zur zukünftigen Wärmeversorgung aus. Dieser Weg wird derzeit von der Eigentümergemeinschaft weiterverfolgt.

 

Mobilität

 

Die Bestandsanalyse hat gezeigt, dass das Projektgebiet im Hinblick auf die Nahversorgungsmöglichkeiten mit seiner Nähe zu vielen Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten attraktiv für den Fuß- und Radverkehr ist. Notwendig ist eine bessere Anbindung des Quartiers an den ÖPNV. Insbesondere mit Blick auf den anstehenden Generationenwechsel ist eine Ergänzung um Sharing-Angeboten empfehlenswert.

 

Klimaanpassung

 

Durch die Grün- und Freiflächen in der Nähe des Quartiers und der Nähe zu einer Kaltluftleitbahn entlang der Grünfläche an der A1 ergibt sich für nahezu alle Flächen im Projektgebiet eine günstige bioklimatische Situation. Trotzdem sollten bei anstehenden Modernisierungsmaßnahmen Aspekte der Hitzevorsorge berücksichtigt werden.

 

 

 

Fortführung der Arbeit an energetischen Quartierskonzepten

 

Energetische Quartierskonzepte sind auch in Zukunft ein wichtiges Instrument, um Planungsprozesse zu beschleunigen und Bürger:innen in die erforderlichen Transformationsprozesse (Wärmewende, Mobilitätswende, Klimaanpassung) einzubeziehen. Als elementarer Baustein der Kommunalen Wärmeplanung bekommen energetischen Quartierskonzepte zusätzlich eine noch größere Bedeutung.

 

Gleichzeitig bieten die umfangreichen Baumaßnahmen, die die Wärmewende erfordert, eine Gelegenheit, durch koordinierte Planungen eine Aufwertung der Quartiere zu erreichen. Quartierskonzepte können dafür den konzeptionellen Rahmen stellen. Daraus ergeben sich im Wesentlichen folgende Hauptthemen der Quartierskonzepte:

 

         Studien und Umsetzung von Maßnahmen der Wärmewende, insbesondere in Quartieren, in denen die SWL keinen Fernwärmeausbau plant,

         Unterstützung der Wärmewende und Schaffung von Transparenz für Bürger:innen,

         Planungen zur Klimaanpassung mit dem Ziel, die konkreten Maßnahmen möglichst zeitnah in eine Umsetzung zu überführen,

         Begleitung von Konzepten zur Umstrukturierung öffentlicher Räume zur Unterstützung von Klimaanpassungs- und Mobilitätsmaßnahmen unter Federführung der Stadtplanung

 

Quartierskonzepte sollen künftig inhaltlich enger begrenzt werden, um die Umsetzung der erarbeiteten Handlungsempfehlungen zu erleichtern. Des Weiteren soll in der vertieften Zusammenarbeit mit den relevanten Fachabteilungen für jede Maßnahme ein konkreter „Umsetzungsfahrplan“ vereinbart werden.

 

Ergebnis der Quartierskonzepte sollen stets auch Handlungsempfehlungen und -hilfen in Form von Leitfäden, Broschüren oder internen Weiterbildungsangeboten sein, um eine Übertragung auf weitere Quartiere zu ermöglichen.

 


Anlagen

Anlage1: Energetisches Quartierskonzept Brolingplatz

Anlage2: Energetisches Quartierskonzept Gravensteinstraßef

Anlagen:  
  Nr. Status Name    
Anlage 1 1 öffentlich Anlage1_QuartierskonzeptBrolingplatz (14430 KB)    
Anlage 2 2 öffentlich Anlage2_QuartierskonzeptGravensteinstraße (9074 KB)