Mit der Vorlage VO/2022/11418 vom 31.08.2022 „Altstadtbrückenbericht und Bauprogramm bis 2037“ informierte der Bereich Stadtgrün und Verkehr die politischen Gremien über die geplanten Brückenbaumaßnahmen, insbesondere über die kurzfristig anstehenden Maßnahmen. Dazu gehört auch die Rehderbrücke. Mit einer Zustandsnote von 3,5 wird dem Bauwerk ein ungenügender Bauwerkszustand attestiert. Das bedeutet, eine umgehende Instandsetzung ist erforderlich, um die Standsicherheit, Dauerhaftigkeit und Verkehrssicherheit sicherzustellen. Alternativ wäre ein Ersatzneubau erforderlich.
Das Brückenbauwerk überführt die Straße „Rehderbrücke“ mit zwei Fahrstreifen und beidseitigen Gehwegen über den Elbe-Lübeck-Kanal.
Die Rehderbrücke stellt eine wichtige Verkehrsverbindung im Stadtgebiet Lübeck dar. Derzeit verlaufen zwei Buslinien über diese Verkehrsverbindung. Im Zuge weiterer notwendiger Brückensanierungen im Stadtgebiet plant die Hansestadt Lübeck weitere Buslinien auf die Rehderbrücke zu verlegen.
Abb. 1: Lage Rehderbrücke (Quelle: Geoportal HL)
Abb. 2: Seitenansicht Rehderbrücke (Quelle: HL, 5.660)
Brückensystem
Das Brückenbauwerk ist eine 3-Feldbrücke mit eingehängtem Mittelteil (Gerberträger) aus genieteten Stahlträgern. Die Brücke wurde im Jahr 1935 errichtet. Die Gesamtlänge beträgt 58,28 m und die Gesamtbreite 10,20 m zwischen den Geländern. Der Querschnitt des Überbaus besteht aus drei parallelen Längsträgern, die über Querträger gegeneinander ausgesteift sind. Die Längs- und Querträger sind am oberen Flansch durch Buckelbleche miteinander verbunden. Auf den Buckelblechen wurde als geometrischer Ausgleich sowie Fahrbahnaufbau eine Füllbetonschicht mit einer maximalen Dicke von etwa 18 cm aufgebracht. An den äußeren Längsträgern sind Konsolträger (Krag-Querträger) angebracht, auf denen Betonfertigteile aufgelagert sind und den Gehwegbereich der Brückenkonstruktion bilden. Die Endfelder des Überbaus lagern an den Widerlagern auf Linienkipplagern aus Stahlguss und auf den Pfeilern auf Rollen aus Baustahl oder Stahlguss. Gegenwärtig ist das Brückenbauwerk der Brückenklasse 30/30 zugeordnet.
Abb. 3: Regelquerschnitt Rehderbrücke
Auf Grund der Bauwerkszustände der Nachbarbauwerke und den daraus resultierenden anstehenden Baumaßnahmen (siehe VO/2022/11418) ist eine Restnutzungsdauer der Rehderbrücke mit einer ausreichenden Tragfähigkeit für den Busverkehr von mindestens zehn Jahren zwangsläufig erforderlich. In einer im Jahr 2021/2022 erstellten und geprüften Brückennachrechnung wurde dieser Restnutzungszeitraum bestätigt.
Lagerschaden
Im Rahmen der im Juli 2021 durchgeführten Bauwerksprüfung wurden diverse Schäden an der gesamten Überbaukonstruktion der Rehderbrücke infolge von Korrosionserscheinungen festgestellt. Im Zuge dieser Brückenprüfung wurde eine Stelze am östlichen Gerberträgergelenk (Achse 40) des nördlichen Hauptträgers als „nicht am Lastabtrag beteiligt“ vorgefunden. Das bedeutet, dieses Bauteil übt seine ursprüngliche Funktion nicht mehr aus.
Abb. 4: Schädigung am Stelzenlager (Quelle: HL, 5.660)
Eine kurzfristige Notsicherung des defekten Lagers wurde durchgeführt. Dennoch kann der Verkehr derzeit nur einspurig (Fahrbahnbreite 3,00 m) am gegenüberliegenden Fahrbahnrand (Sperrung Gehweg Nord und Fahrbahn Nord) über die Brücke geführt werden.
Eine zeitnahe Instandsetzung aller drei östlichen (stadtauswärtigen) Gerberträgergelenklager zur Sicherstellung einer Restnutzungsdauer von zehn Jahren und ausreichender Tragfähigkeit des Bestandsbauwerks ist zwingend erforderlich.
Beschreibung der erforderlichen Maßnahme
Im Rahmen der nun anstehenden Lagerinstandsetzung sind folgende Leistungen vorgesehen:
- Baustelleneinrichtung in halbseitiger Sperrung
- Aufbau einer Hilfsabfangung
- Vollsperrung Rehderbrücke (ca. zwei bis drei Wochen)
- Gleichzeitiges Anheben der drei Einhängeträger über Pressen
- Ausbau der drei vorhandenen Gerbergelenklager
- Vorbereitung Lagerflächen einschl. Korrosionsschutz
- Einbau/Einschieben und Justieren der neuen Lager unter Vollsperrung
- Gleichzeitiges Absenken der drei Einhängeträger
- Aufheben der Vollsperrung und halbseitigen Sperrung Rehderbrücke bis Ende der Baumaßnahme
- Rückbau Hilfsabfangung
- Baustellenräumung und Aufhebung einseitiger Sperrung
Abb. 5: Hilfskonstruktion zum Anheben des Überbaus
Bauzeitliche Verkehrsführung
Während der gesamten Bauphase muss der östliche Wanderweg (unterhalb des Bauwerkes) entlang des Elbe-Lübeck-Kanals im Baustellenbereich gesperrt werden. Die Zufußgehenden und Radfahrenden gelangen unmittelbar vor/hinter dem Bauwerk über einen vorhandenen Weg in Richtung Straße „Rehderbrücke“, kreuzen diese und gehen bzw. fahren wieder Richtung Wanderweg.
Während sich die Brücke im angehobenen Zustand (ca. zwei bis drei Wochen) befindet, dürfen keine zusätzlichen Lasten auf das Bauwerk bzw. die Hilfsabfangung einwirken. Daher muss für diese Zeit die Rehderbrücke voll gesperrt werden. Stadteinwärts dürfen ohnehin grundsätzlich außer dem ÖPNV keine Fahrzeuge über die Rehderbrücke fahren.
Die Vollsperrung ist im Vorfeld mit allen verkehrlich Beteiligten, insbesondere Polizei, Stadtwerke Lübeck mobil, Straßenverkehrsbehörde und Leitstelle Verkehrsflussmanagement abgestimmt. Bedenken wegen der Vollsperrung gab es keine. Der weitere terminliche Ablauf erfolgt in enger Abstimmung mit dem vorgenannten Kreis.
Die Öffentlichkeit wird rechtzeitig über Pressemitteilungen etc. informiert.
Es wird für den ÖPNV in beide Fahrtrichtungen eine Umleitung über die Mühlentorbrücke eingerichtet.
Stadtauswärtsfahrende Fahrzeuge (mit der Ausnahme des Busverkehrs) werden über die Straße ‚An der Mauer‘ über die Hüxtertorbrücke/Hüxterdamm zur Hüxtertorallee umgeleitet.
Abb. 6: Auszug Umleitungsplanung Kfz-Verkehr
Radfahrende und Zufußgehende müssen in dieser Zeit den Umweg über die Hüxtertorbrücke – ‚An der Mauer‘ machen.
Abb. 7: Auszug Umleitungsplanung Radverkehr
Die Baumaßnahme der Entsorgungsbetriebe in der Hüxtertorallee ist bis Baubeginn der Lagerinstandsetzung beendet.
Die Koordinierung ist über die Leitstelle Verkehrsflussmanagement erfolgt.
Während der restlichen Bauzeit ist eine halbseitige Befahrbarkeit der Brücke mit einer Ampelschaltung (ähnlich dem derzeitigen Zustand) vorgesehen.
Nach der Lagerinstandsetzung kann die Brücke mit beiden Gehwegen und Fahrstreifen mit den bisherigen Lastbeschränkungen (Verbot von LKW-Verkehr über 12 t, Linienverkehr frei) genutzt werden.
Kostenaufstellung/Finanzierung
Für die Grundinstandsetzung wird mit einem Finanzbedarf von 620.000,- EUR gerechnet. Förderfähig ist die Grundinstandsetzung nicht, da es sich um eine reine Erhaltungsmaßnahme handelt.
Die Kostenschätzung für die Gesamtmaßnahme setzt sich derzeit wie folgt zusammen:
Brückeninstandsetzungsmaßnahmen (brutto) einschl. Verkehrssicherung, Notinstandsetzung | ca. 490.000,- EUR |
Ing.-Kosten Bauwerk (Objekt- / Tragwerksplanung, Bauüberwachung, Prüfingenieur, Gutachten, usw.) | ca. 130.000,- EUR |
Finanzbedarf (brutto) Hansestadt Lübeck | ca. 620.000,- EUR |
Die erforderlichen Mittel sind im konsumtiven Haushalt 2023 im PSK 541001.000.5221009 berücksichtigt. Die bereits benötigten Haushaltsmittel für Verkehrssicherung und Planungsleistungen für 2022 bis 2023 wurden durch den laufenden konsumtiven Haushalt bereitgestellt (130.000,- EUR bereits gezahlt und 490.000,- EUR noch erwartet).
Termine und Projektfreigabe
Die Ausschreibung der Maßnahme erfolgt frühestmöglich ab Mitte September 2023, Baubeginn wird voraussichtlich im Oktober/November 2023. Die Fertigstellung ist für Ende 2023 geplant.
Der Bereich Stadtgrün und Verkehr empfiehlt, die Projektfreigabe für die Lagerinstandsetzung Rehderbrücke mit einem Projektvolumen von 620.000,- EUR (brutto) zu beschließen.