Vorlage - VO/2023/12288  

Betreff: Bericht zur Situation der Freien Darstellenden Künste in Lübeck
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Monika Frank
Federführend:4.041 - Fachbereichs-Dienste Bearbeiter/-in: Pinto, Alexander
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Ausschuss für Kultur und Denkmalpflege zur Kenntnisnahme
10.07.2023 
1. Sitzung des Ausschusses für Kultur und Denkmalpflege zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag

Aktuelle Information im Rahmen der Kulturentwicklungsplanung mit Bezug auf die Sitzung des Ausschusses für Kultur- und Denkmalpflege am 08.05.2023 und den Wunsch des Ausschusses, die freien Theater ausgehend von Ihrem mit den Fraktionen erörterten Positionspapier in die Juli-Sitzung einzuladen.


Begründung

Begriffliche Einordnung

Der Begriff „Freies Theater“ wird in Deutschland vor allem in Abgrenzung zum institutionalisierten Stadt- und Staatstheaterbetrieb (inkl. Landestheater) verwendet. Vier Kriterien sind dabei maßgeblich:

 

nstlerische Praxis

Freie Theater arbeiten vorrangig projektorientiert und haben nur tlw. ein Repertoire. Grundmotivation ist die zeitnahe, flexible und selbstbestimmte (freie) künstlerische Arbeit. Viele künstlerische Entwicklungen der letzten Jahrzehnte (bspw. kulturelle Bildung von Kindern und Jugendlichen, Dokumentarisches Theater, genreübergreifende performative Aufführungspraktiken) sind im freien Theater entstanden.

 

umliche Praxis

Freie Theater verfügen in Teilen über eigene Spielstätten zumeist ohne eigenes Ensemble, haben aber zugleich auch eine multilokale Produktions- und Aufführungspraxis. Vor allem in städtischen Kontexten fungieren freie Spielstätten zu großen Teilen nicht nur als Produktions- sondern auch als Gastspielort für freie Produktionen.

 

Juristische Praxis

Freie Theater firmieren als (gemeinnütziger) Verein, als (gemeinnützige) UG, GbR und GmbH. Zu einem sehr großen Teil besteht das Freie Theater aus Soloselbstständigen sowie festen und wechselnden Gruppen/Kollektiven von Soloselbstständigen.

 

 

Wirtschaftliche Praxis

Freie Theater sind überwiegend privatwirtschaftlich, in Teilen auch nichtkommerziell/gemeinnützig aktiv. Öffentliche Förderung wird hauptsächlich als Anteilsfinanzierung (unter 50% der Gesamtfinanzierung) verwendet. Haupteinnahmequellen sind Eintrittsgelder (Eigenmittel) und Projektfinanzierungen (Drittmittel).

Entsprechend sind unter dem Begriff „Freie Theater“ Einrichtungen/Spielstätten, Gruppen und Initiativen, Festivals sowie Soloselbstständige zu verstehen, die erwerbsmäßig und künstlerisch eigenverantwortlich darstellende Kunst praktizieren. Mittlerweile spricht man in diesem Zusammenhang stärker von den „Freien Darstellenden Künsten“, die Schauspiel, Tanz, Musiktheater, Performances, Figuren- und Objekttheater sowie Zirkus umfassen. Amateur- bzw. Laientheater werden in der Regel nicht dem Begriff „Freies Theater“ zugeordnet.


Bestand in Lübeck

Im Folgenden werden nur die institutionalisierten Freien Theater betrachtet. Die Vielzahl der in Lübeck arbeitenden solostelbständigen darstellenden Künstler:innen kann aufgrund fehlender Daten in diesem Bereich nicht in die Betrachtung einfließen.

 

 

Name

Genre

Städtische rderung

Theater Combinale

Schauspiel

55.000,00 €

Taschenoper Lübeck

Musiktheater/Kindertheater

15.000,00 €

Theater am Tremser Teich

Schauspiel/Kindertheater

15.000,00 €

KOLK 17 Figurentheater

Gastspielhaus/Figurentheater

25.250,00 €

Kobalt Figurentheater

Figurentheater

-

Kunst am Kai

Musiktheater

-

Theater triBühne/ Norddeutscher Theaterfrühling

Festival/Kindertheater

-

Tanz OrtNord

Zeitgenössischer Tanz/ Festival

-

Fund:us Theater

Performance

-

Comödie Lübeck (Theater Geissler)

Schauspiel

-

becker Wassermarionetten Theater

Figurentheater

-

Zaubertheater Lübeck

Zirkus

-

Theaterschiff

Schauspiel

-

Freilichtbühne Lübeck

Schauspiel

-

Theater 23

Schauspiel

-

Theater Liebreiz

Schauspiel

-

Niederdeutsche Bühne

(Laien)Schauspiel

4.000,00 €

 

 

 

 

GESAMT

114.250,00 €

 

rderung
Insgesamt werden vier Freie Theater und ein Laientheater mit einer Gesamtsumme von 114.250,00€ pro Jahr institutionell gefördert. Im Rahmen der gesamten institutionellen Kulturförderung der freien Kunst in Lübeck in Höhe von 412.400,0€ (ohne Europäisches Hansemuseum) entfällt auf die Freien Theater aktuell ein Anteil von 29,85%. Das ist aktuell der zweithöchste Ansatz im Vergleich zu den anderen Kunstsparten (Musik 52,25%, Soziokultur 8,65%, Kulturelles Erbe (ohne EHM) 6,59%, Bildende Kunst 2,35%, Sonstige 0,31%, Film und Literatur jeweils 0,00%).

 

Besucher:innen
Laut Eigenauskunft des Theaters Combinale, des Theaters am Tremser Teich, der Taschenoper Lübeck und des KOLK 17 Figurentheater besuchen jährlich ca. 55.000 Zuschauer:innen die vier Theater.

 

Infrastruktur
Infrastrukturell bieten die Freien Darstellenden Künste in Lübeck im Vergleich mit anderen freien Kunstsparten ein gut ausgeprägtes kulturelles Angebot für die Stadt. Es gibt eine Vielzahl an freien professionellen Akteur:innen, an nutzbaren Aufführungsorten und unterschiedlichen Veranstaltungsangeboten und formaten.

 

Wirtschaft
Die Freien Darstellenden Künste spielen in Lübeck wirtschaftlich eine sehr geringe Rolle, da die Umsätze einen zu vernachssigenden Anteil an der Bruttowertschöpfung Lübecks einnehmen. Nach Eigenauskunft der vier Freien Theater liegt der gesamte Jahresumsatz bei 1,3 Mio Euro.

Zudem ist die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den Freien Darstellenden Künsten äerst gering. Der überwiegende Teil der Freien Theater in Lübeck ist gemeinnützig organisiert bzw. soloselbstständig aktiv, so dass auch das Steueraufkommen als zu vernachlässigend betrachtet werden kann.

 

nstlerisch-Kulturell
Die Freien Darstellenden Künste realisieren regelmäßig vielfältige künstlerische Formen, eine zum Theater Lübeck überwiegend alternative Ästhetik an tlw. ungewöhnlichen Orten im Stadtraum, die zusätzliche Zielgruppen für die Darstellenden Künste erschließen können.

 

Sozial
Die Freien Darstellenden Künste in Lübeck werden vorwiegend von Lübecker:innen und für Lübecker:innen realisiert, vielfach auch im niedrigschwelligen Angebotssegment der kulturellen Teilhabe. Darüber hinaus sind sie wichtige Partner:innen bei großen und stadtweiten Kulturevents wie der Theaternacht. Damit leisten sie einen sehr wichtigen Beitrag auch zum sozialen Zusammenhalt in der Stadt.

 

Entwicklungsperspektiven

Eine letztmalige Anhebung der institutionellen Förderung der vier institutionell geförderten Freien Theater fand wie folgt statt:

Theater

Jahr

Aufwuchs in EUR

Theater Combinale

2018

18.150,00€

Theater am Tremser Teich

2021

  9.000,00€

Taschenoper Lübeck

2021

15.000,00€

Kolk 17 | Figurentheater

-

-

 

Im Rahmen der beauftragten Kulturentwicklungsplanung werden derzeit beteiligungsorientiert Bedarfe für die einzelnen Kunstsparten (Darstellende Künste, Bildende Künste u. a.) ermittelt. Im ersten KEP-Spartennetzwerktreffen Darstellende Künste am 02. Juni 2023 priorisierten die über zwanzig anwesenden Akteur:innen der Freien Darstellenden Künste in Lübeck die Perspektivthemen Förderung, Nachwuchs/Fachkräfte und kulturelle Bildung und formulierten dazu die zentralen Fragestellungen. Bei der Aufstellung des ersten Kulturentwicklungsplans und der damit einhergehenden Entwicklung von Maßnahmen fließen Erfahrungen aus anderen Städten ein, die mit differenzierten Programmen bspw. für mehrjährige Basisförderung, thematische Projektfonds, Festivals, Produktion, Recherche und Mobilität, Fort- und Weiterbildungen, Preisen/Stipendien/Residenzen u. a. gemacht wurden. Für konkrete Förderansätze für die Freien Darstellenden Künste in Lübeck, wie sie im aktuellen Positionspapier der Freien Theater formuliert sind, stehen der Verwaltung derzeit keine Berechnungsgrundlagen zur Verfügung.

 

Nach Einschätzung der Verwaltung könnten Steigerungen der Förderansätze an den jährlichen Steigerungen der Inflation im Zeitraum seit der jeweiligen letzten Anhebung orientiert werden. Dies würde sich wie folgt darstellen:

Theater

Zeitraum

Inflationssteigerung

Summe

Theater Combinale

2018 2023*

19,1 %

10.505,00 €

Theater am Tremser Teich

2021 2023*

12,8 %

1.920,00 €

Taschenoper Lübeck

2021 2023*

12,8 %

1.920,00 €

Kolk 17 | Figurentheater

-

-

-

 

 

GESAMT

14.345,00 €

* Die durchschnittliche Inflationsrate 2023 basiert auf den Monaten Januar bis Mai und beträgt 5,4%.

Nicht berücksichtigt sind in diesem Ansatz die weiteren von den Theatern benannten Entwicklungen. Darüber hinaus ist die gesamte institutionelle freie Kulturförderung der Hansestadt Lübeck in den Blick zu nehmen und im Sinne der Gleichbehandlung sind auch Entwicklungen in den anderen geförderten freien Institutionen ebenso wie in der freien Projektförderung für die Kulturentwicklung der Hansestadt Lübeck zu berücksichtigen.

 

Die Verwaltung informiert gemäß dem Wunsch des Ausschusses im Vorgriff auf Gesamtergebnisse der Kulturentwicklungsplanung über die Ergebnisse des Spartentreffens und die bisherige Förderung der freien Theater. Damit ist keinerlei Priorisierung der Sparte durch die Verwaltung vorgenommen worden. Eine Erhöhung der Förderung  wurde nicht für den Haushalt 2024 angemeldet.

 

 


Anlagen