1. Gibt es ein Gesamtkonzept für die Hansestadt Lübeck, wonach Ladesäulen für E-Autos und E-Bikes im öffentlichen und privaten Raum aufgestellt wurden und zukünftig aufgestellt werden sollen?
a) Wenn ja, wo ist das Konzept einsehbar?
b) Wenn nein, warum nicht?
Die Hansestadt Lübeck hat ein Elektromobilitäts- bzw. Ladeinfrastrukturkonzept im Zusammenhang mit dem Verkehrsentwicklungsplan vergeben. Der Antrag der Hansestadt Lübeck auf Zuwendung von Fördermitteln für ein Elektromobilitätskonzept wurde vom Projektträger Jülich (Projektträger für das BMVI) bewilligt. Das Elektromobilitäts- bzw. Ladeinfrastrukturkonzept wird derzeit von der Ramboll Deutschland GmbH bearbeitet und voraussichtlich im III. Quartal 2023 vorliegen (siehe VO/2022/10980).
Aus Sicht der Verwaltung ist ein Konzept für öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur für E-Bikes nicht erforderlich, da von einer derartigen Infrastruktur nur ein kleiner Personenkreis angesprochen wird. Lübecker Bürger:innen haben zu Hause oder bei der Arbeitsstätte die Möglichkeit, Akkus an normalen Steckdosen im Gebäude aufzuladen. D. h. hier kommen in erster Linie z. B. Radreisende als Zielgruppe in Frage. Hier macht ein begrenztes Angebot im Bereich der Lübecker Altstadt, der Bahnhaltepunkte (Bike+Ride) oder ggf. der Priwallfähre Sinn. Ein Konzept zur Umsetzung wird dafür jedoch als nicht erforderlich angesehen.
2. Nach welchen grundsätzlichen Kriterien werden Ladesäulen im öffentlichen Raum aufge-stellt?
Im Allgemeinen sollen öffentlich zugängliche Ladestationen erforderlich und realisierbar sein, gut erreichbar und sichtbar, städtebaulich verträglich, nicht in Konkurrenz zu anderen Nutzungen stehen (z. B. Wochenmarkt) und Mindestabstände (z. B. zwischen Fahrbahnrand und Ladestation) einhalten (siehe VO/2022/10980). Ein Leitfaden zur Beurteilung der Standorteignung öffentlich zugänglicher Ladestationen wird im Zusammenhang mit dem Elektromobilitäts- bzw. Ladeinfrastrukturkonzept erarbeitet.
3. Nach welchen Kriterien können private Anbieter öffentlich zugängliche Ladesäulen aufstellen?
Beim Aufbau und Betrieb von öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur sind die formellen Gesetze, Verordnungen, Satzungen, Verwaltungsvorschriften etc. in der jeweils geltenden Fassung vom Bauherrn zu berücksichtigen.
Eine Ladestation für elektrisch betrieben Fahrzeuge ist im Sinne des Bauordnungsrechtes eine bauliche Anlage (§ 2 (1) Landesbauordnung für das Land Schleswig-Holstein (Landesbauordnung - LBO) vom 6. Dezember 2021). Einzelne Ladestationen für Elektromobilität und die damit verbundene Änderung der Nutzung (bspw. Änderung in gewerbliche Nutzung) sind gemäß LBO verfahrensfrei gestellt (§ 61 (1) Nr.15 b LBO). Dies gilt nicht, soweit es sich um Ladestationen im Umfeld von Kulturdenkmalen handelt.
Bauplanungsrechtliche und materielle bauordnungsrechtliche Vorgaben sind zu beachten (§ 59 (2) LBO). Nach § 3 (2) LBO sind Anlagen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass keine Gefahren und unzumutbare Belästigungen entstehen. Der Bauherr muss prüfen, ob die Ladestation – insb. in Nutzungsart und Größe – am Standort planungsrechtlich zulässig ist. So mag z. B. die Änderung in gewerbliche Nutzung verfahrensfrei sein, allerdings muss diese auch den am Standort zulässigen Nutzungen entsprechen.
Maßgeblich sind auch die Verordnung über technische Mindestanforderungen an den sicheren und interoperablen Aufbau und Betrieb von öffentlich zugänglichen Ladepunkten für elektrisch betriebene Fahrzeuge (Ladesäulenverordnung - LSV), das Gesetz zum Aufbau einer gebäudeintegrierten Lade- und Leitungsinfrastruktur für die Elektromobilität (Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz - GEIG) und das Straßenverkehrsgesetz. Zudem sind die Garagenverordnung (GarVO) [1] und die Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR) [2] als Rechtsnormen relevant. Außerdem können bspw. auch das bauordnungsrechtliche Verunstaltungsgebot sowie Vorschriften zum Denkmal- und Umweltschutzrecht bedeutsam sein. Näheres zum Anschluss von Ladeinfrastruktur regelt die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für den Netzanschluss und dessen Nutzung für die Elektrizitätsversorgung in Niederspannung (Niederspannungsanschlussverordnung - NAV) [3]. In diesem Zusammenhang ist vor allem § 19 Betrieb von elektrischen Anlagen, Verbrauchsgeräten und Ladeeinrichtungen, Eigenanlagen von besondere Bedeutung, wonach Ladestationen mit einer Leistung von mehr als 12 kW vom Netzbetreiber genehmigt werden müssen. Für Tankstellen, als überwachungsbedürftige Anlagen, gelten weitere Regelungen. Die Aufzählung ist nicht abschließend. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) hat eine Gesetzeskarte Elektromobilität mit zentralen Strategien, Gesetzen und Verordnungen veröffentlicht.
Die Bauordnung verweist darauf, dass der Bauherr etwaig erforderliche Anträge auf Genehmigung/Zustimmung/Bewilligung/Erlaubnis einer Anlage nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften (Fachrecht) an zuständiger Stelle selbst zu stellen hat. Sofern von Bestimmungen der LBO abgewichen werden soll, sind die Abweichungen durch den Bauherrn bei der Baugenehmigungsbehörde gesondert zu beantragen [4].
Öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur wird unter Berücksichtigung des geltenden Rechts von privaten Ladeinfrastrukturbetreiber:innen bereits heutzutage betrieben und private Grundstückseigentümer:innen, wie z. B. Einzelhändler:innen, stellen zu diesem Zweck als Standortpartner:innen Flächen zur Verfügung. Die Errichtung und Inbetriebnahme weiterer öffentlich zugänglicher Ladepunkte befindet sich sowohl vonseiten privater Ladeinfrastrukturbetreiber:innen als auch vonseiten der Stadtwerke Lübeck aktuell in der Planung bzw. Umsetzung.
Ein Umsetzungsplan zum bedarfsgerechten und flächendeckenden Ausbau der öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur im öffentlichen Straßenraum des Stadtgebiets und auf Flächen, die sich im Eigentum der Hansestadt Lübeck befinden, der im Zusammenhang mit dem Elektromobilitäts- bzw. Ladeinfrastrukturkonzept erarbeitet wird, wird bzgl. des Aufbaus und Betriebs öffentlich zugänglicher Ladepunkte Auskunft geben.
4. Wird bei der Aufstellung von Ladesäulen weitsichtig berücksichtigt, dass im Zuge der Mobilitätswende zukünftig Parkplätze im öffentlichen Raum zurückgebaut werden?
Die Hansestadt Lübeck hat das Elektromobilitäts- bzw. Ladeinfrastrukturkonzept im Zusammenhang mit dem Verkehrsentwicklungsplan vergeben, d. h., die motorisierten und nicht motorisierten Verkehrsmittel werden integriert betrachtet. Derzeit werden durch die Hansestadt Lübeck in Kooperation mit den Stadtwerken insgesamt 24 öffentlich zugängliche Ladepunkte auf den Parkplätzen P4, Kanalstraße, und Am Fischereihafen, Travemünder Landstraße, errichtet. Diese Standorte wurden bewusst gewählt, da es sich um sog. „Points of Interest“ handelt und sichergestellt ist, dass diese großflächigen Parkplatzanlagen auch in Zukunft bestehen bleiben. Dort, wo eine grundlegende Umgestaltung des öffentlichen Raumes ansteht oder diskutiert wird (z. B. im Zuge des Rahmenplanes für die Innenstadt), sollen zunächst keine öffentlich zugänglichen Ladestationen errichtet werden.
5. Ist geplant, anstelle von vielen einzelnen Ladesäulen, verteilt auf viele Standorte, größere "Lade-Parks" mit Schnelllademöglichkeiten zu errichten? Wenn nein, warum nicht?
Im Elektromobilitäts- bzw. Ladeinfrastrukturkonzept der Hansestadt Lübeck wird u. a. ermittelt, welcher Bedarf an öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur besteht und wie dieser Bedarf räumlich verortet wird; dies schließt ebenfalls mit ein, welcher Bedarf an Schnellladehubs besteht und welche Standorte geeignet sind. Die Vor- und Nachteile von einem dezentralen (Normalladepunkte) und einem zentralen (Schnellladepunkte) öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktursystem sind abzuwägen (siehe VO/2022/10980). Stand heute wird ein hybrides öffentlich zugängliches Ladeinfrastruktursystem bestehend aus Normal- und Schnellladepunkten fachlich als sinnvoll für Lübeck erachtet.
6. Sind mittlerweile alle öffentlich zugänglichen Ladesäulen kostenpflichtig? Wenn nein, wie viele und warum nicht?“
Es obliegt i. d. R. dem Betreibenden der öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur, ob die Benutzung eines öffentlich zugänglichen Ladepunktes kostenpflichtig ist. Nach § 2 Begriffsbestimmungen Abs. 5 der Ladesäulenverordnung (LSV) ist „ein Ladepunkt öffentlich zugänglich, wenn der zum Ladepunkt gehörende Parkplatz von einem unbestimmten oder nur nach allgemeinen Merkmalen bestimmbaren Personenkreis tatsächlich befahren werden kann, es sei denn, der Betreiber hat am Ladepunkt oder in unmittelbarer räumlicher Nähe zum Ladepunkt durch eine deutlich sichtbare Kennzeichnung oder Beschilderung die Nutzung auf einen individuell bestimmten Personenkreis beschränkt; der Personenkreis wird nicht allein dadurch bestimmt, dass die Nutzung des Ladepunktes von einer Anmeldung oder Registrierung abhängig gemacht wird“. Nach allgemeiner Auslegung bedeutet dies, dass ein Ladepunkt, der z. B. nur für Kund:innen eines Einzelhandelsgeschäfts zugänglich ist, als öffentlich zugänglich gilt, da jede Person Kund:in dieses Einzelhandelsgeschäfts werden könnte. Einzelhändler:innen können als Betreibende von öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur bspw. Kund:innen zu Marketingzwecken Vergünstigungen, wie z. B. die unentgeltliche Bereitstellung von Leistungen, anbieten.
Öffentlich zugängliche Ladestationen im öffentlichen Straßenraum oder auf Flächen, die sich im Eigentum der Hansestadt Lübeck befinden und gemäß Geschäftsbesorgungsvertrag von der KWL GmbH bewirtschaftet werden, sind für die Nutzenden mittlerweile kostenpflichtig.