In den letzten Jahren ist der Priwall zunehmend touristisch entwickelt worden. Während stetig Ferienwohnungen und Hotels geschaffen wurden, fehlt bezahlbarer Wohnraum für die Bevölkerung in Travemünde in einem besonders hohen Maße. Die Hansestadt Lübeck plant daher ein Erbbaurecht auszugeben mit der Absicht, die zwei Zeilenbauten in der Mecklenburger Landstraße 41 – 47 zu Sozialwohnungen umbauen zu lassen. Diese Wohnungen sollen nach Fertigstellung zu einer gedeckelten Miete an Fach- und Saisonkräfte der Gastronomie- und Tourismusbranche vermietet werden. Ziel ist es die o.g. Angestellten in der Hansestadt Lübeck zu halten und den Arbeitsstandort Lübeck attraktiver zu gestalten.
Auf dem Gelände an der Mecklenburger Landstraße 41 - 47 befinden sich die letzten Gebäude des ehemaligen Priwall-Krankenhauses. Ab 1930 wurde dort eine Kasernenunterkunft gebaut, diese wurde von 1948 bis 2005 als Krankenhaus genutzt. Zwei Gebäude, die vormals als Schwesternwohnheim genutzt wurden, sind bis heute erhalten geblieben. Sie dienten nach der Schließung des Krankenhauses noch einige Jahre als Unterkunft für ehemalige Krankenhausangestellte und eine Tagespflegeeinrichtung. Später wurde an diesem Standort das Magazin der Stadtbibliothek untergebracht. Seit Ende 2021 stehen beide Gebäude leer.
Die Gebäude sind in einem altersgemäßen Zustand. Ein vorhandenes Baugutachten bestätigt den möglichen Erhalt der Baukörper und die gute Nutzbarkeit in ihrer Kubatur für eine Wohnnutzung. Es sollen Mietpreis gebundene Wohnungen entstehen, die an Angestellte der Gastronomie- und Tourismusbranche vermietet werden. Um dieses Ziel zu erreichen, kommt der Verkauf des Grundstücks oder die Bestellung eines Erbbaurechtes in Betracht.
Verkauf des Grundstücks inkl. Gebäude
Der Verkauf könnte zum Festpreis erfolgen, da sich der Käufer verpflichten müsste, ein Nutzungskonzept einzureichen und eine gedeckelte Miete zu realisieren.
Der Kaufpreis beträgt 4.187.304 EUR (Bodenrichtwert plus 10 Prozent) zzgl.
mind. 100.000 EUR für die beiden Gebäude. Im Rahmen eines Interessenbekundungsverfahrens würden Interessenten aufgefordert, ein Konzept einzureichen. Nach Auswertung (Matrix) erhielte das Konzept mit den meisten Punkten den Zuschlag. Mögliche Nachverhandlungen sind in dieser Variante nicht zulässig.
Von Nachteil ist, dass die Hansestadt Lübeck durch den Verkauf dauerhaft den Zugriff auf das Grundstück verliert. Eine Mietpreisbindung lässt sich rechtlich nur für 20 Jahre sichern. Ein privatrechtliches Vorkaufrecht für den Fall, dass der Eigentümer einzelne Wohneinheiten oder das gesamte Grundstück an einen Dritten weiterveräußert, kann ebenfalls nur für höchstens 20 Jahre vereinbart werden. Dem Eigentümer stünde es frei, nach 20 Jahren die Wohnungen in „Luxus-Apartments“ oder Ferienwohnungen umzuwandeln, diese teurer zu vermieten oder weiterzuverkaufen. Darüber hinaus hätte die Hansestadt Lübeck keine Möglichkeit der Einflussnahme hinsichtlich der Mieter:innen (nur Angestellte der Gastronomie- und Tourismusbranche).
Bestellung eines Erbbaurechts im Rahmen einer Konzeptvergabe
Die beiden Gebäude würden zu einem Festpreis von mind. 100.000 EUR verkauft und ein Erbbaurecht würde mit einer Laufzeit von 60 Jahren bestellt werden. In einem Interessenbekundungsverfahren könnten die eingereichten Konzepte bewertet (Matrix) werden und das Konzept mit den meisten Punkten erhielte den Zuschlag.
Es werden an den zukünftigen Erbbaurechtsnehmer Vorgaben zur Nutzung gestellt. Mögliche Verstöße gegen diese Nutzung können durch Sanktions- und Kontrollmöglichkeiten eingeschränkt werden. Im Rahmen eines Erbbaurechtsvertrages ließen sich die wesentlichen Anforderungen (Vermietung nur an Angestellte der Gastronomie- und Tourismusbranche, gedeckelte Miete) festlegt werden. Eine Umnutzung z.B. zu Ferienwohnung wäre ausgeschlossen.
Die Verfahrensdauer ist ähnlich der eines Verkaufes. Die Bürgerschaft könnte voraussichtlich im September 2023 die Entscheidung über die Bestellung des Erbbaurechts treffen.
Diese Vorgehensweise wird rechtlich für weitgehend gesichert angesehen, zumal sie der gängigen Praxis zahlreicher Kommunen in Deutschland entspricht. Zwar hatte das OLG München in seinem Beschluss vom 05.04.2012 (Verg 3/12) in einem konkreten Fall im Rahmen einer Konzessionsvergabe die Einhaltung des Vergaberechts gefordert. Der dort zugrundeliegende Sachverhalt bezog sich jedoch auf Planungsleistungen im Zusammenhang mit einer Baukonzession. Nicht aber ging es unmittelbar um die Frage, ob die Bestellung eines Erbbaurechts dann ausschreibungspflichtig ist, wenn sie mit Nutzungsvorgaben durch die Kommune verbunden ist. Soweit ersichtlich hat die Entscheidung an der o.g. gängigen Praxis der anderen Kommunen auch nichts geändert. Das rechtliche Risiko kann nach allem zwar nicht gänzlich ausgeschlossen werden, wird jedoch als gering eingestuft.
Zusammenfassung:
Die Erbbaurechtsbestellung ist einem Verkauf vorzuziehen. Aus diesem Grund wird die Verwaltung die beiden Gebäude verkaufen und für das Grundstück ein Erbbaurecht bestellen. Zum einen verbleibt das Eigentum des Grundstückes dauerhaft bei der Hansestadt Lübeck und zum anderen bietet ein Erbbaurechtsvertrag über die gesamte Laufzeit die Möglichkeit durch Sanktionen und Kontrollmöglichkeiten die Einhaltung der Nutzung sicherzustellen. Unter Beteiligung aller zuständigen Bereiche sind die Ausschreibungsunterlagen für die Konzeptvergabe vorbereitet worden. Diese werden voraussichtlich im April veröffentlicht und mit einer Erbbaurechtsbestellung kann noch in diesem Jahr gerechnet werden.