Vorlage - VO/2022/11437-01  

Betreff: Beantwortung der Anfrage von AM Dr. Axel Flasbarth u. AM André Kleyer (beide BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN): Reduzierung von Kita-Beiträgen in Lübeck
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Monika FrankBezüglich:
VO/2022/11437
Federführend:4.041.3 Finanzielle Förderung der Kindertagesbetreuung Bearbeiter/-in: Schupp, Lisann
Beratungsfolge:
Senat
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck
29.09.2022 
35. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck (Haushaltssitzung) zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Anlage 1: Kostenverteilung nach Betreuungsstunden
Anlage 2: Verteilung Kinder nach Betreuungsumfang und Alter
Anlage 3: Rechnung Beitragsbefreiungen

Beschlussvorschlag

Anfrage von AM Dr. Axel Flasbarth u. AM André Kleyer (beide BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN): Reduzierung von Kita-Beiträgen in Lübeck
 


Begründung

 

Frage 1:

Welcher Betrag würde für den städtischen Haushalt zusätzlich jährlich anfallen, wenn die Hansestadt Lübeck zu einer paritätischen Verteilung der nicht durch Elternbeiträge getragenen Kosten der Kinderbetreuung in Lübeck zurückkehren würde?

 

Antwort:

Der § 51 (2) KiTaG legt den städtischen Finanzierungsanteil auf 37,65 % des Finanzierungssatzes pro Kind fest. Folglich ist gesetzlich keine paritätische Verteilung zwischen städtischen und Landesmitteln vorgesehen und auch im Prognoserechner nicht umgesetzt. Würde die Hansestadt Lübeck in den Bereichen, in denen die städtischen Mittel unter denen des Landes liegen ergänzen, wäre dies mitunter eine freiwillige Leistung über das Gesetz hinaus. Auf die Berechnung des theoretischen Betrages wurde aufgrund der Kurzfristigkeit und des hohen Aufwandes verzichtet. Es sei der Hinweis gegeben, dass kein Bezug zu dem in Antwort 3 errechneten Betrag besteht.

 

In der tabellarischen Aufstellung des Bericht Nr. 2/10827-01-01-01 vom 03.05.2022 beziehen sich die Monatswerte jeweils auf eine wöchentliche Betreuungsstunde. Bei dieser Darstellung ergibt sich ein deutlich höherer Anteil des Landes. Allerdings kann dieser Wert nicht linear auf die höheren Betreuungsumfänge hochgerechnet werden.

 

Die Anlage 1 „Kostenverteilung nach Betreuungsstunden“ stellt das Verhältnis der Kosten zwischen der Hansestadt Lübeck, des Landes und des Elternbeitrages bei verschiedenen Betreuungsumfängen von 1 bis 50 wöchentlichen Betreuungsstunden dar. Die Elternbeiträge sind durch den „Beitragsdeckel“ des KiTaG begrenzt. Der Rest der Kosten teilt sich auf die städtischen Mittel und Landesmittel auf, sodass sich diese im Verhältnis immer weiter vom Elternbeitrag entfernen und sich ihre prozentualen Anteile angleichen. Die Landesmittel bilden die Differenz zwischen den konstant bei 38 % liegenden städtischen Mitteln und dem im Verhältnis dazu schwächer steigendem Elternbeitrag.

 

Im U3 Bereich liegt der Landesanteil zwar durchgehend über dem städtischen Teil, im Ü3 Bereich bei 25 Wochenbetreuungsstunden schneidet jedoch der Graph der städtischen Mittel den der Landesmittel. Der städtische Anteil liegt hier über dem Landesanteil. Dies ist bedingt durch den im Verhältnis zu den Gesamtkosten ohnehin geringen Anteil des Elternbeitrags für die Betreuung U3, verstärkt unter anderem auch durch die aus Landesmitteln kompensierte Verringerung des Elternbeitrages von 7,21 EUR auf 5,80 EUR. Im Ü3-Bereich hingegen deckt der Elternbeitrag einen deutlich höheren Anteil der (insgesamt geringeren) Kosten, sodass bei 25 Wochenbetreuungsstunden die städtischen Mittel die Landesmittel übersteigen. Da ein Großteil (ca. 70 %) der Verträge von Kindern über drei Jahren mit mehr als 25 Wochenbetreuungsstunden besteht, siehe Anlage 3 „Verteilung Kinder nach Betreuungsumfang und Alter“, kann nicht davon gesprochen werden, dass die Landesmittel insgesamt die städtischen Mittel übersteigen.

 

An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den Zahlen aus dem Prognoserechner des Landes, abgesehen von den Zahlen des ausgewiesenen gedeckelten Elternbeitrages bislang immer nur um fiktive Zahlen nach SQKM handelt. Die Hansestadt Lübeck zahlt wie bisher und bis Ende 2024 Budgets. Die Stadt erhält vom Land kindbezogene Mittel nach SQKM, gibt aber gruppenbezogene Budgets an die Träger weiter. Das Defizit nicht voll ausgelasteter Gruppen, sowohl durch die Anzahl der Kinder, als auch durch vertraglich vereinbarte Betreuungszeit, trägt sowohl in den Budgets als auch ab 2025 mit SQKM die Stadt. Durch eine passgenaue Bedarfsplanung wird dieses Defizit so gering wie möglich gehalten, durch unvorhersehbare Einzelfälle ist es aber nicht gänzlich zu vermeiden. Dies muss ebenso berücksichtigt werden bei der Frage zum Verhältnis der städtischen Mittel und Landesmittel in der Kitafinanzierung.

 

 

Frage 2:

Warum orientiert sich der Bürgermeister nicht an dieser Vorgabe, sondern verzichtet darauf, diese zusätzlichen Mittel für Kinderbetreuung in Lübeck im Haushalt 2023 zur Verfügung zu stellen?

 

Antwort:

Siehe Antwort zu Frage 1 es handelt sich um eine kompensationspflichtige freiwillige Leistung, da die Finanzierung gemäß KiTaG geregelt ist. Die Hansestadt Lübeck kalkuliert im Haushalt keine zusätzlichen finanziellen Mittel für Aufgaben des Landes ein.

 

 

Frage 3:

Die SPD-Landtagsfraktion hat am 29.08.2022 beantragt, in Schleswig-Holstein

-          ab dem 01.01.2023 eine beitragsfreie Grundbetreuung von fünf Stunden, und

-          bis 2027 eine vollständig beitragsfreie Kinderbetreuung in Kita und Kindertagespflege

einzuführen.

Welche zusätzlichen jährlichen Haushaltsmittel würde die Umsetzung dieser beiden Schritte r die Hansestadt bedeuten unter der Maßgabe, dass die Zusatzkosten paritätisch von Land und Hansestadt getragen werden?

 

Antwort:

Zunächst sei darauf hingewiesen, dass es sich um einen Antrag einer nicht an der Regierung beteiligten Partei handelt. Sofern die Landesregierung eine teilweise oder (schrittweise) Beitragsbefreiung gesetzlich vorgeben würde, unterläge diese Maßnahme dem Konnexitätsprinzip gemäß Art. 49 (2) der Landesverfassung: "Werden die Gemeinden oder Gemeindeverbände durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch Verordnung zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben verpflichtet, so sind dabei Bestimmungen über die Deckung der Kosten zu treffen. Führen diese Aufgaben zu einer Mehrbelastung der Gemeinden oder Gemeindeverbände, so ist dar ein entsprechender finanzieller Ausgleich zu schaffen.“

 

Eine paritätische Finanzierung von auf Landesebene zu beschließenden Beitragsbefreiungen oder entlastungen durch die Hansestadt Lübeck ist also weder in der Landesverfassung, noch im KiTaG vorgesehen, welches die Fördersätze nach SQKM regelt. Auch über das Kita-Qualitätsgesetz des Bundes wird eine weitere allgemeine Beitragsabsenkung wohl künftig nicht mehr möglich sein, weshalb das Land hierfür voraussichtlich keine Bundesmittel mehr an die Kommunen weiterreichen kann. Ziel der Bundesregierung ist es derzeit, sich vornehmlich auf die Qualität sowie ggf. auch auf die soziale Staffelung von Elternbeiträgen zu konzentrieren. Seitens der Landesregierung/Regierungskoalition im Landtag wurde eine landeseitige Betragsbefreiung aktuell aus grundsätzlich ähnlichen Gründen abgelehnt.

 

rde die Hansestadt Lübeck die seitens der SPD im Landtag beantragte schrittweise Beitragsbefreiung ohne gesetzliche Verpflichtung durch das Land umsetzen, entstünden folgende Mehraufwendungen, die als freiwillige Leistung gemäß Konsolidierungsvertrag kompensationspflichtig wären:

 

 

U3

(monatlich)

Ü3

(monatlich)

Gesamt

monatlich

Gesamt

hrlich

Kostenübernahme

bis 5 h tägliche Betreuung

323.953,20 €

825.446,76 €

1.149.399,96 €

13.792.799,51 €

volle Kostenübernahme

504.323,63 €

1.267.678,12 €

1.772.001,75 €

21.264.021,05 €

 

Aus Anlage 3 „Rechnung Beitragsbefreiungen“ geht hervor, wie sich diese Beträge errechnet haben. Es wurden die Anzahl der Kinder im U3 und Ü3 Bereich in Kita und Kindertagespflege zu Betreuungsstunden aus dem Kitaportal ausgewertet und dementsprechend der gesamte fällige Elternbeitrag gebildet. Die Summe aller monatlichen Beiträge multipliziert mit 12 ergibt die Jahressumme, die die Haushaltsmittel für die vollständige Beitragsbefreiung wären. Bei der beitragsfreien Grundbetreuung von fünf Tagesbetreuungsstunden wurde der monatliche Beitrag für 5 Tagesbetreuungsstunden von 145,00 EUR für U3 und 141,50 EUR für Ü3 jeweils mit der Anzahl der Kinder aus dem Bereich ab 5 Tagesbetreuungsstunden multipliziert sowie die Beträge bis 5 Tagesbetreuungsstunden, die in der Höhe auch beitragsbefreit wären dazu addiert.

 

Bei der Haushaltsplanung müsste im Gegensatz dazu berücksichtigt werden, dass die Sozial- und Geschwisterermäßigung bei vollständiger Kostenübernahme hinfällig würden, der Haushalt also um diesen Teil entlastet. Diese Entlastung für die Anzahl der Kinder mit Sozial- oder Geschwisterermäßigung und für den Anteil über der Grundbetreuung von 5 h täglich hinausgehenden Betreuung zu ermitteln ist aufgrund erheblichen Aufwandes kurzfristig nicht möglich. Um eine Größenordnung der finanziellen Entlastung im Falle der vollen Kostenübernahme zu erhalten, können jedoch die Gesamtausgaben für Sozial- und Geschwisterermäßigung aus dem Jahr 2021 herangezogen werden und von den hochgerechneten Gesamtkosten der vollen Kostenübernahme subtrahiert werden. 2021 wurden insgesamt 8.919.089,45 EUR Sozial- und Geschwisterermäßigung erstattet. Es entstünden demnach Mehrbelastungen der Stadt in Höhe von 12.344.931,60 EUR. Auch hier ist darauf zu verweisen, dass dies eine fiktive Berechnung auf Basis von Hochrechnungen und Vorjahreswerten ist.

 

Die Daten zu den Kinderzahlen stammen aus der Auswertung des Kitaportals zum 15.09.2022. Zu diesem Zeitpunkt sind aufgrund des Beginns des Kitajahres noch größere Schwankungen der Kinderzahlen zu erwarten. Ebenso muss berücksichtigt werden, dass bis 2027 gemäß Ausbauplanung noch weitere Kinder hinzukommen werden; ggf. würde im Zuge einer Beitragsbefreiung die Inanspruchnahme stärker als erwartet steigen.

 

 

 

Frage 4:

Warum verhält sich der SPD-Bürgermeister nicht so, wie es die SPD-Landtagsfraktion fordert, sondern hat im Haushaltsentwurf für 2023 keine Reduktion der Elternbeiträge um den paritätischen Anteil der Hansestadt vorgesehen?

 

Antwort:

Die Verwaltungsleitung handelt auf Basis der geltenden gesetzlichen Grundlagen und gefassten Beschlüsse der Gremien. Antragsinitiativen bilden nicht die Grundlage für Verwaltungshandeln. Die Verwaltung und der Bürgermeister als Verwaltungsleitung unterliegen dem Neutralitätsgebot bei der Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit.

 

Siehe Antwort zu Frage 3: Ein Beschluss des SPD-Antrages im Landtag hätte einen vollständigen finanziellen Ausgleich der Mehraufwendungen für die Hansestadt Lübeck durch das Land zur Folge, und im KiTaG ist keine „paritätische“ Finanzierung von Land und Kommune vorgesehen. Beitragsentlastungen sind entweder konnexitätspflichtig, also durch das Land zu refinanzieren, wenn sie landesrechtlich verfügt werden (wie zuletzt die Absenkung der U3-Beiträge), oder sie sind kompensationspflichtig im Rahmen des Konsolidierungsvertrages, d.h. im kommunalen Haushalt sind für die Ausweitung dieser freiwilligen Leistung Einsparungen an anderer Stelle vorzunehmen.

 

 


Anlagen

Anlage 1: Kostenverteilung nach Betreuungsstunden

Anlage 2: Verteilung der Kinder nach Betreuungsumfang und Alter

Anlage 3: Rechnung Beitragsbefreiungen
 

Anlagen:  
  Nr. Status Name    
Anlage 1 1 öffentlich Anlage 1: Kostenverteilung nach Betreuungsstunden (419 KB)    
Anlage 2 2 öffentlich Anlage 2: Verteilung Kinder nach Betreuungsumfang und Alter (408 KB)    
Anlage 3 3 öffentlich Anlage 3: Rechnung Beitragsbefreiungen (418 KB)    
Stammbaum:
VO/2022/11437   AM Dr. Axel Flasbarth u. AM André Kleyer (beide BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN): Reduzierung von Kita-Beiträgen in Lübeck   Geschäftsstelle der Fraktion BÜ90 DIE GRÜNEN   Anfrage
VO/2022/11437-01   Beantwortung der Anfrage von AM Dr. Axel Flasbarth u. AM André Kleyer (beide BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN): Reduzierung von Kita-Beiträgen in Lübeck   4.041.3 Finanzielle Förderung der Kindertagesbetreuung   Antwort auf Anfrage öffentlich