Die Großhandelspreise für Gas und Strom haben sich in den letzten ca. 12 Monaten jeweils vervielfacht. Dies stellt EVUs vor Probleme, u.a. wenn sie die mit Preisgarantien hinterlegten Abnahmemengen nicht durch entsprechenden Einkauf abgesichert haben und könnte für Endkund:innen zu signifikanten Preissteigerungen führen, sobald deren Preisbindungen auslaufen. Einige EVUs fahren deshalb Millionen-Defizite ein, anderen droht bereits die Insolvenz.
Vor diesem Hintergrund möge der Bürgermeister bitte die folgenden Fragen zu den Stadtwerken Lübeck beantworten.
Gas und Strom
Zuletzt haben diverse Versorger die Gaspreise für die Kund:innen um teilweise 200 % erhöht. Die Stadtwerke Lübeck haben Grundversorgungskund:innen, die ihr automatisch zufallen und Sondervertragskund:innen (privat und Geschäftskund:innen) mit Preisbindung von bis zu 2 Jahren. Hinzu kommt dann für die Kund:innen noch die geplante Umlage.
- Was bedeuten die aktuellen Preissteigerungen bei Strom und Gas für die Preise der
- Grundversorgte Kund:innen
- Ist geplant, die Preise zu erhöhen? Wenn ja, um wieviel würde der Preis unter der Annahme steigen, dass die Einkaufspreise und Margen auf dem aktuellen Niveau konstant bleiben?
- Sind die Absatzmengen bis zur möglichen Preisänderung im Einkauf preislich abgesichert? Wenn nein, welcher Anteil der verbleibenden Absatzmengen ist nicht abgesichert und welche Defizite ergeben sich daraus, wenn Mengen kurzfristig nachbeschafft werden müssen, unter der Annahme, dass die Einkaufspreise auf aktuellem Niveau konstant bleiben?
- Sondervertragskund:innen
- Da die Stadtwerke preislich gebunden sind, können Preise nicht sofort weitergegeben werden. Ist es möglich, aufgrund außergewöhnlicher Umstände (force majeur oder Wegfall der Geschäftsgrundlage) die Preise auch vor Auslaufen der Preisbindung anzuheben? (Einzelne Versorger machen dies bereits)
- Sind die Risiken der Einkaufspreisveränderungen durch eine entsprechende Langsfrist- oder Mischeinkaufsstrategie vollständig abgesichert worden? Wenn nein, welcher Anteil der verbleibenden Absatzmengen ist nicht abgesichert und welche Defizite ergeben sich daraus unter der Annahme, dass die Einkaufspreise auf aktuellem Niveau konstant bleiben?
- Ist bei den Sonderverträgen ausgenommen, dass etwaige Umlagen hinzukommen oder wegfallen, d.h. kann die geplante Gasumlage vollumfänglich an diese Kund:innen weiter gegeben werden.
- Ist aufgrund der stark steigenden Preise und der hinzu kommenden Gas-Umlage damit zu rechnen, dass Kund:innen verstärkt ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können? Mit welcher Steigerung der ausstehenden – möglicherweise uneinbringlichen - Forderungen aus Lieferungen und Leistungen wird gerechnet? Was bedeutet das für den geplanten Gewinn der Stadtwerke?
Fernwärme
Die Stadtwerke Lübeck haben aus rechtlichen Gründen, weil die Kopplung der Preisentwicklung an HEL nicht mehr ohne Weiteres möglich war, seit 2011 als Basis der Fernwärme-Preise den Gaspreisindex (NCG EEX) der Europäischen Energiebörse in Leipzig genommen. Der Arbeitspreis wird immer für ein Jahr fixiert. Die Preise werden jährlich zum 01.01. angepasst.
Dabei wird jährlich ein rückwirkender Durchschnittpreis als Basis genommen: ab Januar 2023 wäre es der Durchschnittspreis von Oktober 2021 bis September 2022, ab Januar 2024 der Durchschnittspreis für Oktober 2022 bis September 2023. D.h. der Durchschnittspreis „läuft dem Niveau des Marktpreises, der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens gilt, hinterher“, so dass wenn der steigende Preis durchschlägt, mit einer exorbitanten Steigerung des Fernwärmepreises in Lübeck zu rechnen ist.
- Wie sah die Einkaufsstrategie aus, um Einkaufspreisänderungsrisiken zu vermeiden? Werden/wurden die Risiken durch eine glättende (Forward-) Einkaufsstrategie (Cost-Average Methode) vollständig abgesichert? Wenn nein, welcher Anteil der verbleibenden Absatzmengen ist nicht abgesichert und welche Defizite ergeben sich daraus unter der Annahme, dass die Einkaufspreise auf aktuellem Niveau konstant bleiben?
- Was bedeutet die aktuelle Gaspreisentwicklung der letzten Monate für die Preisentwicklung bei der Fernwärme für die Kund:innen, wenn man die Formel so fortführt? Wieviel Prozent würde der Fernwärmepreis im Vergleich zu jetzt in 2023 und 2024 steigen unter der Annahme, dass die Einkaufspreise auf aktuellem Niveau konstant bleiben? Mit welcher weiteren Steigerung wird gerechnet?
- Gibt es Überlegungen oder Planungen, die Preisbildung bei der Fernwärme für Endkund:innen zu verändern? Wenn z.B. die Stadtwerke Gas in Wirklichkeit durch eine kluge Einkaufsstrategie günstiger bezogen haben, als sich der Fernwärmepreis aus dem Durchschnittspreis aus dem Gaspreisindex NCG EEX errechnet, ist beabsichtigt, die zwangsläufige Preissteigerung aus der Formel zu vermeiden und die Kund:innen zu entlasten?
Es wird um Beantwortung der Fragen in der Sondersitzung des Hauptausschusses am 16.08.2022 gebeten. Sollten bis dahin keine präzisen Werte vorliegen, genügen jeweils Spannen und Bandbreiten