- Einleitung
Die Geschichte des Segelsports in Nordeuropa wäre ohne die Geschichte der Travemünder Woche unvollständig.
Die Travemünder Woche (TW) ist neben der Kieler und Warnemünder Woche eine der weltweit größten Segelsportgroßveranstaltungen. Jährlich nehmen bis zu 1.200 Boote mit 2.300 Sportler:innen an den Segelwettbewerben teil und sind zusammen mit dem Landprogramm Anziehungspunkt für knapp 850.000 – 1 Mio. Gäste. Die Travemünder Woche ist der jährliche Höhepunkt der touristischen Saison in Travemünde mit einer großen nationalen und internationalen Ausstrahlungskraft.
In den vergangenen Jahrzehnten wurde die Travemünder Woche zu einer unverzichtbaren und nicht mehr wegzudenkenden Marke für die Anziehungskraft des Sport- und Tourismusstandortes Lübeck. Neben der Kieler Woche und dem Schleswig-Holstein Musik Festival ist auch die Travemünder Woche ein Botschafter für die Attraktivität des Landes und der Region für Gastfreundschaft und Leistungssport.
Das bestätigt auch der Landessportverband Schleswig-Holstein (LSV), wonach die Travemünder Woche eine sportliche Großveranstaltung und ein überregionaler Werbeträger für die Hansestadt Lübeck ist. Der LSV hat im Jahr 2017 im Rahmen einer Studie den „Wert“ der Schleswig-Holsteinischen Großsportveranstaltungen bewertet. Dabei belegte die Travemünder Woche den 2. Platz hinter der Kieler Woche, sowohl bei der Anzahl der Besucher:innen (Kieler Woche: 3 Mio. Gäste; TW 1 Mio. Gäste), als auch beim besuchergenerierten Umsatz (Kieler Woche: 61 Mio. EUR; TW: 20,3 Mio. EUR). Diese Zahlen belegen laut LSV die wirtschaftliche Bedeutung der Travemünder Woche für die Region Lübeck.
Darüber hinaus hat der Sport im Allgemeinen in Deutschland einen hohen Stellenwert und stellt somit einen zentralen Bestandteil unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens dar, da er über kulturelle, soziale und sprachliche Grenzen hinweg verbindet. Die Internationalen Wettbewerbe fördern zudem die Weltoffenheit und Toleranz anderer Kulturen. Ebenso leistet der Sport auch einen bedeutsamen Beitrag für die gesamtgesellschaftliche Inklusionsdebatte.
Dabei vermittelt er weit über den Sport hinausgehende Werte unseres Gemeinwesens wie z.B. die Akzeptanz von Regeln, Fair Play, Respekt und Teamfähigkeit. In diesem Sinne erfüllt der Sport auf allen Ebenen auch eine wichtige Vorbildfunktion, insbesondere für Kinder und Jugendliche.
Traditionsgemäß ist die Hansestadt Lübeck eng mit der Travemünder Woche verbunden. Entweder bei der Ausrichtung von Empfängen, bei der Mitwirkung des medienwirksamen Rotsponcups oder des Einsatzes von städtischem Personal, das für diese Zeit Urlaub nimmt, um die Travemünder Woche ehrenamtlich zu unterstützen.
Veranstalter der Travemünder Woche ist der Lübecker Yacht-Club e.V. (LYC), der die Travemünder Woche gemeinnützige GmbH (TW gGmbH) mit der Organisation und Ausrichtung der Travemünder Woche beauftragt hat. Alleingesellschafter der TW gGmbH ist der LYC. Das finanzielle Risiko bei der Austragung Travemünder Woche liegt bei der TW gGmbH.
- Ausgangslage
2.1. Vorjahre
Die TW hat sich vor 2020 mit Ausnahme der Sportfördermittel (seit 2013 eine Steigerung auf 31.000 EUR) der Hansestadt Lübeck im weitesten über Spenden, sonstige Fördermittel (u.a. Possehl-Stiftung), Sponsorenbeiträge, Meldegelder der Teilnehmer und zu einem Großteil über den Finanzierungbeitrag aus dem Landprogramm (jährlich zwischen 100.000 EUR und 140.000 EUR) getragen. Um diese Finanzierungsbeiträge aus dem Landprogramm zu erhalten, war der bis zum Jahr 2019 bekannte Umfang erforderlich.
Das wirtschaftliche Risiko für eine der größten Sport- und Tourismusveranstaltungen des Landes lag somit stets beim Veranstalter, der TW gGmbH bzw. ihrem Alleingesellschafter dem LYC. Erst mit den durch die Corona-Pandemie entstandenen Sonderbedingungen, der Absage in 2020 und den im Folgenden erforderlichen besonderen Infektionsschutzaufwendungen war eine Finanzierung aus den vorgenannten Komponenten nicht mehr sicherzustellen.
2.2. Travemünder Woche 2020
Die TW war, wie andere Großveranstaltungen auch, stark geprägt von den Auswirkungen der Corona-Pandemie.
Im Jahr 2020 musste die TW aufgrund des Verbotes von Großveranstaltungen über 1.000 Teilnehmenden bis zum 31.08.2020 auf der Grundlage der Landesverordnung zur Bekämpfung des Coronavirus am 22.04.2020 abgesagt werden, da die Durchführung faktisch nicht mehr möglich war. Ein damals im Raum stehender Ersatztermin Anfang Oktober, wurde als nicht realisierbar verworfen.
Trotz der vom Veranstalter unverschuldeten Absage der TW waren bereits Kosten angefallen. Ebenso fiel der Part der Fixkosten weiter an (u.a. Personal, Versicherungen, Mieten). Für diese Kosten gab es zu dem Zeitpunkt keine auskömmliche Gegenfinanzierung.
Obwohl sofort Gegenmaßnahmen eingeleitet wurden, verblieb eine Finanzierungslücke für die TW gGmbH. Vor diesem Hintergrund wurde ein Antrag auf Soforthilfe bei der Hansestadt Lübeck gestellt, da die Finanzierungslücke das Ende der TW bedeutet hätte. Aus den bereits oben genannten sport- und standortpolitischen Gründen war der Eintritt dieser Folge zu verhindern. Alternativ hätte sonst die Hansestadt Lübeck als Veranstalter auftreten und das volle Austragungsrisiko übernehmen müssen, welches bislang beim LYC bzw. der TW gGmbH lag.
Da der finanzielle Schaden bei der TW gGmbH ursächlich verbunden ist mit der Corona-Pandemie, hat die Bürgerschaft am 25.06.2020 der TW eine Corona-Soforthilfe von bis zu 133.000 EUR gewährt (VO/2020/09024). Dieser Betrag wurde im Rahmen der Sportförderung ausgezahlt.
2.3. Travemünder Woche 2021
Eine Absage zum zweiten Mal in Folge hätte nach Aussage des Veranstalters das Fortbestehen der TW in ihrer Existenz endgültig in Frage gestellt.
Es bestand Einigkeit zwischen der Verwaltung und dem Veranstalter der TW, diese unter Beachtung des Corona-Geschehens durchzuführen. Die Segelwettbewerbe sollten wie geplant stattfinden. Das Landprogramm sollte sich auf wenige Standeinheiten beschränken. Dies führte zu einer Lücke in der Finanzierung, da ein Großteil der Infrastrukturkosten, sonst kostenseitig durch das Landprogramm mit abgedeckt wurde.
Mit Schreiben vom 03.03.2021 trat die TW gGmbH an die Hansestadt Lübeck mit einem Konzept zur Durchführung der TW 2021 unter Corona-Bedingungen heran und bat um eine finanzielle Unterstützung in Höhe von bis zu 526.665 EUR. Die Bürgerschaft beschloss diese am 25.03.2021 (VO/2021/09842).
Durch gezielte Maßnahmen bei der Durchführung des Segelsportprogramms sowie durch geänderte Rahmenbedingungen, welche sich auf die Höhe der Infrastrukturkosten auswirkten, konnte der Finanzierungsbedarf erfolgreich auf 450.000 EUR reduziert werden. Der genehmigte Restbetrag von 76.665 EUR wurde daher nicht in Anspruch genommen. (Anlage 5)
Somit konnte die TW, nachdem sie im Jahre 2020 pausieren musste, als Segelveranstaltung mit stark reduziertem Landprogramm, daraus resultierenden deutlich geringeren Einnahmen zur Finanzierung des Sportprogramms und unter den geltenden Corona-Regelungen fortgeführt werden.
- Planung 2022
Die Auswirkungen von Corona auf das Landprogramm in den Jahren 2020 und 2021 machten noch einmal deutlich, dass die Segelveranstaltung unter den pandemiebedingten Einschränkungen nicht kostendeckend durchgeführt werden kann und in einem hohen Maße von der Gegenfinanzierung aus den Einnahmen des Landprogrammes abhängig ist.
Die daraus verbundene politische Diskussion führte zu dem Auftrag, zusammen mit dem LYC ein Konzept zu entwickeln, in dem die Weiterführung der internationalen Segelveranstaltung „Travemünder Woche“ langfristig gesichert wird. In diesem Konzept soll zusätzlich enthalten sein, in welcher Form das Landprogramm der „Travemünder Woche“ qualitativ an das „Touristische Entwicklungskonzept Travemünde 2030“ (TEK 2030) angepasst werden kann (VO/2021/09842-02).
Die Diskussion um die TW weckt Emotionen. Sie ranken sich um die zentrale Frage, unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen das Segelevent sowie das Landprogramm erbracht werden können. Daher muss es objektiv nachvollziehbar werden, dass sich die Förderung einer Großveranstaltung, wie der TW durch die volkswirtschaftlichen Effekte in der Gesamtbetrachtung über die jährlichen Ausgaben hinaus, auch positiv auf den kommunalen Haushalt auswirkt.
Basis des oben genannten Konzeptes soll das Aufzeigen und die Bewertung von unterschiedlichen Handlungsfeldern sein, um die TW in der Verantwortlichkeit des LYC langfristig zu sichern. Im Fokus steht hierbei die Segelveranstaltung und somit der Sport. Die Einbeziehung des Landprogrammes trägt jedoch der Tatsache Rechnung, dass dort vorgenommene Anpassungen in unmittelbarem Bezug zur Höhe der Gegenfinanzierung der Segelveranstaltung stehen. In diesem Sinne ist es ein grundlegendes Ziel des Konzeptes, den sportlichen Teil der TW finanziell unabhängiger vom Landprogramm aufzustellen. Dazu gilt es Erfolgspotentiale zu erkennen und gezielter zu fördern sowie ein grundlegendes Finanzierungssystem zur Absicherung der Segelveranstaltung zu etablieren.
Des Weiteren wird das Landprogramm der TW oft als das letzte große Veranstaltungsevent von Lübeck gesehen. Dementsprechend handelt es sich um ein emotional beladenes Thema. Das TEK 2030 wird den Fokus bei der Weiterentwicklung der TW auf die Qualitätssteigerung beim Landprogramm legen. Dieses besitzt das Potenzial, bei entsprechend zielgruppenorientierter Gestaltung, zeitlich begrenzt „zur größten Beach Lounge“ der Ostsee für die Hauptgästegruppe zu werden. Mit einem Qualitätsansatz können auch wiederkehrende Konflikte zwischen Übernachtungsgästen und Tagesbesucher:innen sowie Einwohner:innen positiv beeinflusst werden (vgl. VO/2020/08959).
Diese beiden Themenfelder bedürfen daher der größtmöglichen breit aufgestellten Expertise. Vor diesem Hintergrund fanden bereits immer wieder Abstimmungsgespräche unter den Beteiligten statt. Beteiligte in diesem Prozess sind:
Extern | Hansestadt Lübeck |
• Travemünder Woche gGmbH • Lübecker Yacht-Club e.V. • Bergmanngruppe | • Der Bürgermeister • Fachbereich 4 Kultur und Bildung (Federführung) • Bereich Schule und Sport • Lübeck und Travemünde Marketing GmbH • Kurbetrieb Travemünde |
Auch im Nachgang zur TW 2021 wurde sich mit allen Beteiligten zum Konzept der Travemünder Woche 2022 sowie den Folgejahren ausgetauscht. Dabei wurde festgehalten, dass es sich um einen umfänglichen Prozess für die Folgejahre handelt. 2022 wird daher ein Übergangsjahr in der Planung der TW darstellen, in das bereits erste Ansätze und umsetzungsreife Maßnahmen in die Planung einfließen werden, um den Zuschussbedarf im Vergleich zum Vorjahr zu verringern. Diese Reduzierung wird sich in den Folgejahren weiter fortsetzen, so dass die TW wieder auf das Niveau vor Corona kommen wird.
Für den Sommer 2022 ist derzeit noch von pandemiebedingten Einschränkungen auf das Veranstaltungsgeschehen auszugehen. Es besteht Einigkeit zwischen der Verwaltung und dem Veranstalter der TW, diese unter Beachtung des Corona-Geschehens durchzuführen. Die Segelwettbewerbe sollen dabei auf jeden Fall stattfinden und soweit möglich ein Landprogramm, wenn auch in deutlich dezimierter Form.
Somit wird auch deutlich, dass die Jahre 2021 und 2022 noch eine Übergangszeit darstellen und von einer ansatzweisen Normalisierung, erst ab dem Jahr 2023 ff zu rechnen ist.
Segelveranstaltung:
Im Vordergrund der TW steht die Durchführung der Segelveranstaltung und somit der Sport.
Nirgendwo kommen Menschen aus unterschiedlichen sozialen Gruppen und Schichten so einfach zusammen wie es im Sport der Fall ist. Sport und Bewegung stiften Identität und festigen den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft, denn sie vermitteln die drei wesentliche Elemente des freiheitlichen Gemeinwesens:
- die freiwillige Einordnung in eine Gemeinschaft,
- die Einhaltung von Regeln und
- die Einübung von Mechanismen zur kontrollierten Konfliktlösung.
Dazu gehört auch die soziale Integration unterschiedlicher Gruppen und Schichten. Auf sportliche Veranstaltungen wie der TW geht es auch um die Einübung sozialen Verhaltens, denn durch die Organisation im Verein und durch die Begegnung im Wettkampf entstehen eben jene sozialen Kontakte.
Sport und Bewegung sowie die Mitgliedschaft in einem Sportverein leisten darüber hinaus einen unverzichtbaren Beitrag zur Lebensqualität der Menschen, zur Selbstfindung und Selbstverwirklichung, besonders auch für Kinder und Jugendliche, ältere Menschen und Menschen mit Behinderung.
Für die Jugend handelt es sich um ein wichtiges Entwicklungsfeld für die Persönlichkeit, die Identitätsfindung und das Selbstwertgefühl. So weisen im Verein integrierte Jugendliche deutlich geringere jugendtypische Belastungen und Überforderungen auf. Auch hier leistet die TW durch die vielen Jugendklassen im Regattafeld einen wichtigen Beitrag, denn diese dort erbrachten sportlichen Leistungen ermöglichen eine Identifikation für junge Menschen und rufen Begeisterung hervor.
Die soziale Integration zeigt sich nicht nur in der Zusammenarbeit der über 300 ehrenamtlichen Helfer:innen, sondern auch auf den Booten auf dem Wasser, in denen sich Teams aus verschiedensten Gruppen bilden. Dies zeigt sich gerade in den inklusiven Klassen, in denen sich Teams aus Menschen mit und ohne Behinderung zusammenfinden. Hier ermöglicht die TW einen gleichberechtigten Zugang zum Sport, der so auch in das Bewusstsein der Besucher:innen gerufen wird. Dadurch findet sowohl auf dem Land, als auch auf dem Wasser eine Begegnung auf Augenhöhe statt.
Neben den genannten gesellschaftlichen Funktionen unterhält der Sport die Menschen auch in angenehmer Weise. Bei der TW werden Besucher:innen im Gegensatz zur Kieler Woche direkt miteingebunden, da die Segelveranstaltungen nicht fernab der breiten Masse stattfinden. Dies geschieht vor allem durch Formate wie die Trave Races oder die Übertragung der Segelbundesliga direkt am Strand. Ebenso prägend ist es für die TW, dass die Segler:innen in direkter Nähe zu den Veranstaltungsorten untergerbacht sind und sich hierdurch die Akteur:innen und Besucher:innen ohne Hürden und Berührungsängste begegnen.
So leistet auch das Segelprogramm der TW 2022 einen erheblichen Anteil an der Gemeinnützigkeit und am sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft.
Für die Durchführung der Segelveranstaltung mit momentan 1.100 Booten mit rund 2.000 Segler:innen werden weiterhin Corona-Auflagen zu erfüllen sein. Die Durchführung und Unterbringung der Segler:innen erfordert weiterhin erhebliche zusätzliche Schutz- und Hygienemaßnahmen. Dazu zählen u.a. zusätzliche Sanitäranlagen, ein Testzentrum, Absperrungen und Sicherheitskräfte zur Kontrolle des Zugangs.
Auch bezogen auf die Teilnehmer:innen besteht ein gewisses Restrisiko, unter welchen Bedingungen ausländische Segler:innen anreisen können, wovon wiederum die Größe der Startfelder und davon wiederum die Einnahmen aus den Meldegeldern abhängt. Bei einem Wegfall von Segelwettbewerben aufgrund der Corona-Bedingungen, würden die Kosten entsprechend angepasst werden. Die Höhe der Meldegelder ist abhängig von der Größe des Regattafeldes sowie der Anzahl der Meisterschaften. Da die genaue Teilnehmer:innenzahl immer erst ca. Ende Juni feststeht, kann es hier noch zu einer weiteren Verbesserung auf der Ertragsseite kommen.
Dies bezüglich konnte u.a. mit den iQFOiLs als zukünftige Olympia-Klasse ein Event nach Deutschland geholt werden, welches weltweite Aufmerksamkeit auf die TW als Segelveranstaltung lenken wird. Dies soll eine Auftaktveranstaltung für eine langfristige Kooperation werden, welche auch für künftige Sponsoren die Attraktivität der TW steigert.
Dies ist auch ein Zeichen für den Stellenwert der TW im weltweiten Vergleich.
Weiterhin konnten für 2022 schon Welt- und Europameisterschaften sowie diverse Deutsche Meisterschaften gesichert werden. Diese internationalen Segelwettbewerbe der TW wirken zudem völkerverbindend, denn sie überwinden politische Grenzen und helfen Vorurteile abzubauen.
Im Bereich der Meldegelder hatte die TW bereits im letzten Jahr eine moderate Erhöhung der Startgebühren um bis zu 10% vorgenommen. Eine weitere Erhöhung der Meldegelder in signifikanten Umfang wird schwer realisierbar sein, da diese mit Hinblick auf die vergleichbaren Veranstaltungen in Kiel und Warnemünde wettbewerbsfähig bleiben müssen.
Erste Ansätze zur Qualitätssteigerung des Landprogrammes:
Wie oben bereits erwähnt, konnten die Überschüsse aus dem Landprogramm das Defizit der Segelveranstaltung vor Corona regelmäßig ausgleichen. Dadurch wird deutlich, dass das Landprogramm die Basis in der Finanzierungsplanung der TW gGmbH darstellt. Zukünftige qualitative Anpassungen im Landprogramm, stehen somit in einem unmittelbaren Bezug zur Höhe der Gegenfinanzierung der Segelveranstaltung.
Grundsätzlich werden hier die Potentiale erkannt, welche sich zum einen durch die Belebung des Priwalls (u.a. durch die Entwicklung des Ferienresort BeachBay) ergeben und zum anderen auch hinsichtlich des generellen Nachholbedarfes von Urlaub der Bevölkerung. Insgesamt ist davon auszugehen, dass der Auslandsurlaub weiter verhalten sein und der Inlandstourismus weiter stark sein wird. Dementsprechend wird der Tourismus in Travemünde sich weiter ausbauen und die die Reichweite für etwaige Sponsoren größer.
Für die Planung des Landprogramms 2022, befindet sich die TW gGmbH im Austausch mit der Lübeck und Travemünde Marketing GmbH (LTM) und der Bergmanngruppe, um auch in 2022 bereits erste Ansätze hinsichtlich der geplanten Qualitätssteigerung umzusetzen, welche ab 2023 dann schrittweise optimiert werden soll (siehe TEK 2030).
Bereits in 2022 soll die Festmeile in den Szenarien 2 und 3 hinsichtlich der Anzahl von Standbetreibern reduziert werden. Es finden erste Überlegungen statt, das Angebot der Standbetreiber dem maritimen Umfeld anzupassen, z.B. durch Segel- oder Surfschulen.
Des Weiteren soll versucht werden, Veranstaltungen des Bereiches Kunst und Kultur stärker mit der TW zu verbinden, um somit andere Zielgruppen zu erreichen und die Vielfältigkeit des Programmes zu erhöhen.
So fand im vergangenen Jahr vom 24. bis 31. Juli bereits das CLASSICAL BEAT Festival mit vielen Konzerten im »Atlantic Grand Hotel Travemünde« statt. Für 2022 ist eine Intensivierung dieser Partnerschaft angestrebt.
Um das Landprogramm unter der Bedingung der Qualitätsanpassung weiterhin wirtschaftlich veranstalten zu können, werden auch Überlegungen mit einbezogen, geschlossene Bereiche einzurichten. Hierbei würden z.B. Bereiche für Konzerte oder andere Zusatzangebote eingerichtet werden, welche durch ein Eintrittsgeld betreten werden können.
Entscheidend bleibt jedoch, dass für die genaue Planung des Landprogrammes die dann geltende Landesverordnung zur Bekämpfung des Coronavirus zu beachten ist. Erst ab dem Folgejahr 2023 startet im Schulterschluss die Umplanung der TW nach den Anforderungen des TEK 2030. In einer Abstimmungsrunde im Dezember verständigten sich die Beteiligten daher analog zum Vorjahr auf eine Planung mit drei Szenarien. Die Planungen im Segelsportbereich bleiben gleich, weil sich die Szenarien jeweils nur auf veränderte Bedingungen hinsichtlich des Landprogrammes beziehen. Der Infrastrukturaufwand hinsichtlich der durch Corona bedingten Sondermaßnahmen auf Grundlage eine Hygiene- bzw. Infektionsschutzkonzeptes entspricht den Planungen aus 2021 und ist weiterhin der maßgebliche Kostentreiber.
Szenarien:
Szenario 1 orientiert sich grundlegend an der TW 2021. Die Szenarien 2 und 3 enthalten die Planungen für ein größeres Landprogramm mit ausgeweiterter Flächennutzung, davon ausgehend, dass die Corona-Regelungen dies im Sommer zulassen. (Anlage 2)
3.1. Szenario 1: Worst-Case
- Es liegen die gleichen externen Bedingungen wie in 2021 vor und das Landprogramm wird keinen Beitrag zur Gegenfinanzierung der Sportveranstaltung leisten können, da nur ein stark reduziertes Landprogramm auf wenigen Einzelflächen stattfinden könnte.
- Es gibt keine zusammenhängende Veranstaltungsfläche oder Festmeile.
- Der max. finanzielle Rahmen des Fehlbetragsausgleiches durch die Hansestadt Lübeck zur Durchführung der TW wird auf 450.000 EUR festgesetzt.
3.2. Szenario 2: Bayrisches Dorf
- Es liegen geänderte Bedingungen für die Durchführung des Landprogrammes vor, so dass ein höherer Beitrag zur Gegenfinanzierung geleistet werden kann.
- Neben den Einzelflächen aus Szenario 1 wird es weitere Standbelegungen geben, sowie einen Biergarten auf der Wiese des Wasser- und Schifffahrtsamtes (WSA-Wiese).
- Insgesamt 71 Anbieterstände
- Entlastung der Segelveranstaltung hinsichtlich der Infrastrukturkosten durch anteilige Mitfinanzierung über das Landprogramm von ca. 200.000 EUR, wodurch sich der Zuschuss der Hansestadt Lübeck auf 250.000 EUR reduzieren würde.
- Ein geplanter Überschuss durch das Landprogramm von ca. 20.000 EUR würde die Summe weiter reduzieren.
3.3. Szenario 3: Hansedorf
- Folgt bereits der Zielsetzung, das Landprogramm gem. TEK 2030 neu auszurichten.
- Flächen gem. Szenario 1 und 2 sowie weitere Angebote, u.a. Beach-Club Area am Strand und Familienangebote im Brügmanngarten.
- Ein Hansedorf Konzept statt eines Biergartens auf der WSA-Wiese.
- Insgesamt 80 Anbieterstände
- Analog zu Szenario 2 könnte die Segelveranstaltung hinsichtlich der Infrastrukturkosten durch anteilige Mitfinanzierung über das Landprogramm von ca. 200.000 EUR entlastet werden.
- Szenario 3 stellt jedoch keine wirtschaftliche Option für die Bergmanngruppe dar, da die hohen Investitionskosten in die allgemeine Qualitätssteigerung nicht annähernd von den zu erwartenden Standeinnahmen gedeckt werden können. Dementsprechend würde auch kein Überschuss zur Gegenfinanzierung der Segelveranstaltung generieren werden können.
3.4. Finanzierung
Mit Schreiben vom 21.01.2022 ist die TW gGmbH an die Hansestadt Lübeck mit einem Konzept zur Durchführung der TW 2022 unter Corona-Bedingungen herangetreten und bittet um eine Unterstützungshilfe in Höhe von bis zu 450.000 EUR (Anlage 2). Mit dieser Zusicherung soll zum jetzigen Zeitpunkt bereits eine Planungssicherheit gewährleistet werden.
Der Zuschuss der Hansestadt Lübeck ist ausschließlich der Ausgleich für die Unterdeckung im Segelsportbereich. Wie auch im Jahre 2021 gilt, dass das Landprogramm sich selber tragen muss. Es ist also zwischen der reinen Segelveranstaltung und dem Landprogramm zu differenzieren.
Die TW finanziert sich wie 2021 aus den Meldegeldern der Segler:innen, Sponsoring, Sportförderung der Hansestadt Lübeck, Förderung der Possehl-Stiftung und dem Finanzierungsüberschuss aus dem Landprogramm.
Nach derzeitigem Stand liegt die folgende Planung zur Finanzierung vor.
Planrechnung TW 2022 gem. Szenarien 1-3:
| Szenario 1 | Szenario 2 | Szenario 3 |
Infrastrukturkosten | 355.000 EUR | 155.000 EUR | 155.000 EUR |
Planergebnis Segelveranstaltung | 95.000 EUR | 95.000 EUR | 95.000 EUR |
Unterdeckung TW Gesamt / Zuschussbedarf | 450.000 EUR | 250.000 EUR | 250.000 EUR |
Saldo Landprogramm | -6.800 EUR | 20.600 EUR | -190.000 EUR |
Die detaillierte Planrechnung ist dem anliegenden Konzept der TW gGmbH zu entnehmen (siehe Anlage 4).
In der Entwicklung kann festgehalten werden, dass durch die gemeinsamen Bemühungen der Beteiligten die Fördersumme für 2022 bereits um 76.000 TEUR auf 450.000 EUR reduziert werden konnte. Wenn die Veranstaltung unter dem Szenario 2 stattfinden kann, verringert sich der Zuschuss nochmals um 200.000 EUR, so dass im Vergleich zur ursprünglichen Planung der TW 2021 der Zuschuss sich für 2022 schon mehr als halbiert hätte.
| 2021 | 2022 Szenario 2 |
Planungskosten | 526.665 EUR | 250.000 EUR |
Das klare Ziel für 2022 ist es somit, den Zuschuss auf 250.000 EUR zu reduzieren.
Um die Ertragsseite für 2022 noch weiter zu verbessern, wird die TW gGmbH Gespräche mit den Lübecker Stiftungen aufnehmen.
Es ist die einhellige Auffassung, durch eine Professionalisierung des Marketings, hier zu einer Steigerung der Einnahmen aus dem Sponsoring zu kommen. Dazu soll eine Sportmarketing-Agentur eingeschaltet werden, um die Sponsorenansprache und –akquisition zu professionalisieren. In diesem Zusammenhang soll dann auch die regionalökonomische Bedeutung sowie der Sponsoringwert der Segelveranstaltung ermittelt werden. Ebenfalls soll es zu einem Ausbau des Angebotes der Social-Media-Kanäle der TW kommen, so dass die Reichweite der Veranstaltung gesteigert werden kann, um so auch attraktiver für etwaige Sponsoren zu werden.
Für die Akquirierung neuer Sponsoren ist die oben genannte Planungssicherheit zur TW ebenfalls ausschlaggebend, da hiermit ein deutliches Signal zur generellen Durchführung gegeben wird.
Die finanzielle Unterstützung zur Ausrichtung der TW 2022 ist aus den folgenden Gründen gerechtfertigt:
- Den Wert von Sportveranstaltungen im Allgemeinen sowie der TW an sich stellt der Abschlussbericht zur Sportentwicklung (VO/2021/10424) dar, in dem es heißt:
Sportveranstaltungen in den verschiedenen Sportarten und mit unterschiedlicher Reichweite tragen zu einer lebendigen und lebenswerten Stadt bei. Die Hansestadt Lübeck fördert sowohl örtliche kleinere Sportveranstaltungen im Breitensport, den Leistungs- und Spitzensport als auch größere Sportveranstaltungen, die eine überregionale, nationale oder internationale Strahlkraft haben (z.B. Travemünder Woche, Handball Days Lübeck, 7 Türme Triathlon, Lübeck Marathon).
- Die TW ist seit Jahrzehnten eine der größten Sportveranstaltungen in der Hansestadt Lübeck mit überregionaler Ausstrahlungskraft, wovon insbesondere die Tourismusdestination Travemünde profitiert. Der Segelsport und demgemäß die TW ist ein wichtiger Baustein der Sportstadt Lübeck.
- Je länger Sportveranstaltungen ausfallen und somit Sportvereine ihrem Zweck nicht nachkommen können, desto schwächer wirken sie als stabilisierendes Element der Gesellschaft, was wiederum gerade in einer individualisierten Zuwanderungsgesellschaft von Bedeutung ist. Damit träfen die Folgen nicht nur die in Vereinen organisierten Segler:innen, sondern langfristig die gesamte Gesellschaft.
- In diesem Sinne ist die Veranstaltung wie oben beschrieben von einer großen sport- und standortpolitischen Bedeutung. Der regionalpolitische Schaden dürfte höher ausfallen als die in Rede stehende finanzielle Unterstützung. Zumal sich eine Unterstützung in der beabsichtigen Höhe unter Berücksichtigung der zu erhebenden Umsatzsteuer bereits bei vorsichtiger Berechnung nach spätestens drei Veranstaltungen in der Post-Coronazeit amortisieren würde; davon ausgehend, dass ca. 15% der Umsatzsteuer regelmäßig bei den Kommunen ankommt.
- Ohne eine finanzielle Unterstützung durch die Hansestadt Lübeck wäre die TW 2022 in diesem Jahr nicht durchführbar. Weder die TW gGmbH noch der LYC verfügt über entsprechende Rücklagen. Eine Übernahme der Ausrichtung der TW durch die Hansestadt Lübeck ist ausgeschlossen, da hierdurch das volle Betriebs- und Investitionsrisiko auf sie übergehen würde.
- Eine Absage der Segelwettbewerbe würde zu einem Imageverlust der TW und deren internationaler Wahrnehmung führen. Dies würde sich negativ auf die zukünftige Akquise großer Segelmeisterschaften und neuer Sponsoren auswirken. Damit würde das geforderte Ziel, die Finanzierung der TW zu verbessern und somit langfristig zu sichern, massiv konterkariert.
Die Mittel für den Fehlbetragsausleich werden aus dem von der Bürgerschaft mit Vorlage VO/2022/10744 voraussichtlich am 24.02.2022 beschlossenen Finanzmitteln für Maßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie geleistet und aus dem Produktsachkonto 421001 000.5318001 (Förderung des Sports, Zusch.f.lfd.Zw.soz.o.ähnl. Einr.) zur Verfügung gestellt. Die Deckung erfolgt aus dem Produktsachkonto 611001 000.4121000 (Steuer, allg. Zuweisungen, allg. Umlagen / Fehlbetragszuweisungen).
Auf den maximalen Fehlbedarfsausgleich von 450.000 EUR werden etwaige zusätzliche Drittmittel angerechnet. Die tatsächlich angefallenen Ausgaben und Einnahmen sind nachzuweisen.
- Ausblick und nächste Schritte
Was die oben genannten ersten Maßnahmen für die TW 2022 betrifft, so wird deren finanzielle Auswirkung erst in der Nachbetrachtung deutlich. Ziel ist und bleibt es, den Zuschuss wieder auf das Maß vor Corona zurückzuführen.
Nach der Durchführung der TW 2022 wird es daher die Aufgabe der Beteiligten sein, den Prozess zu evaluieren und dabei insbesondere auf die Effekte durch bereits geänderten Maßnahmen zu schauen. Dieser zeitintensive Arbeitsprozess wird dann möglicherweise im 4. Quartal 2022 in die laufende Planung einfließen können.
Da der Umsetzungsprozess der Maßnahmen zur Neustrukturierung langwierig wird und nicht „auf Knopfdruck“ erfolgen kann, wird eine von Beginn an vollständige Umsetzung des neuen Systems jedoch aus heutiger Sicht erst zur TW 2025 möglich sein. Die strategische Planung bezieht sich daher im Rahmen eines Dreijahresplanes auf die Jahre 2023-2025, da sie künftige und nachhaltige Erfolgspotentiale aufbauen, erhalten und langfristig sichern soll.
Im 1. Quartal 2022 wird es deshalb einen Workshop in Präsenz mit allen Beteiligten geben, um die bisher im Prozess gesammelten Informationen (u.a. zur Aufgabenkritik, Benchmarking mit anderen Segelveranstaltungen) zusammenzutragen und den Rahmen für die weiteren Schritte abzustecken. Darauf aufbauend werden verschiedene Szenarien entwickelt, um ein zielführendes Format zu erarbeiten, das für alle tragfähig sein wird.
Über den Stand der Diskussion, wird die Bürgerschaft im Rahmen eines Zwischenberichtes vor der Sommerpause informiert.