Im Zusammenhang mit der Umsetzung der durch die Hansestadt Lübeck beschlossenen Ziele zum Klimaschutz sind Maßnahmen der Verkehrswende, die ein auf den Umweltverbund ausgerichtetes Mobilitätsverhalten der Bevölkerung fördern (Fußverkehr, Radverkehr, ÖPNV), wesentlich. Im begrenzt zur Verfügung stehenden Verkehrsraum ist die Umsetzung von Maßnahmen, die auf eine Neuaufteilung der Verkehrsflächen zielt, bislang jedoch noch wenig erprobt. Mit der Neugestaltung der Moislinger Allee im vergangenen Jahr konnten erste Erfolge verzeichnet werden. Die Planungen für den Premium-Radweg in der Ratzeburger Allee („Radschnellweg“, Umsetzung ab 2023) werden diesen Gedanken aufgreifen und weiter entwickeln. Parallel sollen auch in diesem Jahr weitere Erkenntnisse im Hinblick auf die konkrete Umsetzung von Maßnahmen zur Verkehrswende gesammelt werden. Der Fachbereich 5 plant zusammen mit dem Fachbereich 3 hierfür die Durchführung eines experimentellen Verkehrsversuchs in dem Straßenzug Krempelsdorfer Allee und Fackenburger Allee.
Ausschlaggebend für diesen Verkehrsversuch sind die regelmäßigen Forderungen von verschiedenen Interessengruppen, den Verkehrsraum anders bzw. neu zu verteilen. Hierzu gab es unter anderem Anträge bzw. Beschwerden unter den Stichworten:
- POP UP Lane
- mehr Abstand auf den Fußwegen
- sichere und gute Radwegeverbindungen
- Einrichtung/Erweiterung von ÖPNV-Spuren
- Förderung des ÖPNV, Fahrbahnrandhaltestellen
- Reduzierung der innerörtlichen Geschwindigkeiten auf 30 km/h
- gefährliche/behindernde Be- und Entladevorgänge auf der Fahrbahn und auf Radwegen
- mehr Straßenbäume
- Urban Gardening
- Fahrradreparatursäulen
- Carsharingplätze
- Schaffung von einer E-Ladeinfrastruktur
- Klimanotstand
- Lärmminderung
- CO2-Reduzierung
- Häufung ordnungsrechtlicher Verwarnungen im Bereich des ruhenden Verkehrs
Die Verwaltung ist überzeugt, dass nahezu alle vorstehend aufgeführten Forderungen im Rahmen des Verkehrsversuchs berücksichtigt werden können. Insofern wird erwartet, dass der Verkehrsversuch Antworten darauf geben wird, ob, inwieweit, durch welche Maßnahmen und mit welchen Folgen ein verändertes Mobilitätsverhalten zukünftig die unterschiedlichen Anforderungen an den öffentlichen Verkehrsraum formen wird.
Der Zeitpunkt für den experimentellen Verkehrsversuch ist günstig, da durch das Bauvorhaben „Ersatzneubau Bahnhofsbrücke“ die Verkehre in diesem Straßenabschnitt bereits reduziert sind. Der Fachbereich 5 geht somit davon aus, dass der experimentelle Verkehrsversuch verträgliche Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der Krempelsdorfer Allee/ Fackenburger Allee haben wird.
Die Fackenburger Allee ist für die Versuchsanordnung darüber hinaus besonders geeignet, weil hier zahlreiche Missstände zu verzeichnen sind, auf die der Verkehrsversuch reagieren muss. Es wird somit erwartet, dass sich die aus dem Verkehrsversuch gewonnenen Erkenntnisse zukünftig auch auf weniger komplexe Straßenzüge übertragen lassen. So weist die Fackenburger Allee zwischen Krempelsdorfer Allee/Stockelsdorfer Straße und Bahnhofsbrücke erhebliche Mängel in der Flächenaufteilung insbesondere für den Fuß- und Radverkehr auf, daher soll ein Verkehrsversuch voraussichtlich beginnend im 2. Quartal 2022 zur Gewährleistung eines sicheren Verkehrsablaufs für alle Verkehrsarten durchgeführt werden.
Der ausgewählte Abschnitt ist darüber hinaus ein Bereich,
- der hohe klimatische Defizite aufweist,
- der keine Aufenthaltsqualität besitzt,
- der durch Kfz-Verkehr hochbelastet ist,
- der eine hohe Unfallhäufigkeit aufweist,
- er keine ausreichenden Verkehrsräume für die schwächsten Verkehrsteilnehmenden (Zufußgehende und Radfahrende) hat,
- an dem die Veränderungen für alle Verkehrsteilnehmenden deutlich spürbar werden.
Folgende Ziele sollen erreicht werden:
- Komfortabler Verkehrsraum für alle Verkehrsteilnehmende (Gute Mobilität für alle = jedem seine Spur).
- Anreize für eine Veränderung des Mobilitätsverhaltens (Förderung Umweltverbund).
- Förderung von Lebensqualität an einer Haupteinfallstraße (Aspekte: flüssig, sicher, attraktiv, leise, stressfrei, rücksichtsvoll, bequem).
- Wirksame Maßnahme zur Erreichung der bereits beschlossenen Klimaziele.
- Evaluation im Hinblick auf Erkenntnisgewinn zur Umsetzung der Verkehrswende.
Folgende Maßnahmen werden aus Gründen der Sicherheit und Ordnung und zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen angeordnet werden:
- Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs auf eine Fahrspur pro Fahrtrichtung.
- Die jeweils rechte Fahrspur wird als Radfahrstreifen markiert, auf dem per Beschilderung der Linienbusverkehr zugelassen wird (Prinzip POP UP Lane und Förderung ÖPNV).
- Verbot des Linksabbiegens auf der gesamten Strecke und der einmündenden Rippenstraßen gegebenenfalls durch bauliche Einrichtung/Schweller. Das Linksabbiegen wird nur bei signalisierten Kreuzungen zugelassen.
- Verbreiterung der Gehwege, da vorhandene Radwege als Gehwege durch Schilder und/oder Piktogramme ausgewiesen werden.
- Schaffung von Ladezonen z. B. von 08.00 – 20.00 Uhr, um die dort ansässigen Betriebe zu unterstützen. Kein Be- und Entladen auf der Fahrbahn oder dem Radfahrstreifen. Parken nur noch nachts erlaubt.
Vorgesehen sind:
- Einbindung und Beteiligung der Anwohner:innen und Nutzer:innen des Straßenabschnitts.
- Einbindung und Beteiligung der wesentlichen Stakeholder.
- Beauftragung eines professionellen Kommunikationsbüros als Ansprechpartner:in
„one face to the customer“. - Heraushebung des ergebnisoffenen Charakters des Verkehrsversuchs beschränkt auf eine Laufzeit von mindestens 6 Monaten (voraussichtlich 01.05. – 31.10.2022), bei Bedarf erweiterbar bis zu einer Maximaldauer von 12 Monaten. Danach sind ein Rückbau und eine umfassende Evaluierung geplant.
- Begleitung des Verkehrsversuchs durch den intensiven Einsatz vom Ordnungsdienst.
Mit dem experimentellen Verkehrsversuch setzen sich der Fachbereich 3 - Umwelt, Sicherheit und Ordnung als auch der Fachbereich 5 - Planen und Bauen für die Weiterentwicklung der Mobilität in Lübeck ein.