Vorbemerkung: In der Einleitung zu den gestellten Fragen wird ausgeführt, die SIE verursachten ein seit Jahren kontinuierlich steigendes Defizit, von dem nur eine geringe und fallende Anzahl von Bewohner:innen profitiert.
Diese Behauptungen entsprechen nicht der Realität. Der vom Haushalt der Hansestadt Lübeck zu tragende Verlustausgleich hat sich sehr positiv entwickelt, aktuell geht der Wirtschaftsplan 2021 von einem Verlustbetrag von 1,831 Mio. Euro aus. Damit konnte der Fehlbetrag im Vergleich zu den Vorjahren drastisch reduziert werden. Im Rahmen der unterjährigen Berichterstattung in den Quartalsberichten wird auch in 2021 dargestellt werden, wie sich der Betrag, gesteuert durch die fortlaufenden Sanierungsbemühungen, entwickelt.
Die Anzahl der Bewohner:innen unterliegt keinem stetigen Rückgang. Tatsächlich sind die Auslastungszahlen seit Jahren auf konstant hohem Niveau in der Nähe einer theoretischen Vollauslastung. Für das Jahr 2019 betrug die Auslastung beispielsweise 96,4%. Lediglich durch die Schließung der Einrichtung Schönböckener Straße hat sich das Gesamtangebot an Betreuungsplätzen reduziert, ohne aber die Auslastungsquote zu beeinflussen. Die Schließung der Einrichtung Schönböckener Straße erfolgte auf der Grundlage eines Bürgerschaftsbeschlusses im Zusammenhang mit dem Sanierungsprozess SIE.
Mittelfristig ist beabsichtigt, das Angebot an Pflegeplätzen wiederaufzubauen, um der steigenden Nachfrage gerecht werden zu können. Ziel ist es, den derzeitigen Marktanteil von ca. 20% zu halten, um weiterhin mit anerkannt guter Pflege möglichst vielen Menschen ein Betreuungsangebot zu bieten. Konkret würde dies ein Aufwachsen der Pflegeplätze von heute etwa 600 auf ca. 720 Plätze bedeuten.
1. Welche Auswirkungen würden sich kurz- und langfristig für den Haushalt der Hansestadt ergeben, wenn die von den SIE angebotenen Pflegeplätze in Zukunft von Trägern der freien Wohlfahrtspflege (AWO, Caritas, Paritätische, DRK, Diakonie und ZWST) übernommen werden?
Die Mitarbeiter:innen der SIE sind Beschäftigte der Hansestadt Lübeck und haben Anspruch auf tarifgerechte Entlohnung. Durch fehlende Einnahmen (Bewohner:innen-Entgelt) würde sich das Defizit der SIE deutlich erhöhen.
Würden die Pflegekapazitäten der SIE von Dritten übernommen werden, müssten dort die baulichen Kapazitäten erweitert und zusätzliches Personal eingestellt werden. Angesichts des Fachkräftemangels im Bereich Altenpflege kann nicht davon ausgegangen werden, dass dieses vollumfassend gelingen wird.
Aktuell sind bei den SIE folgende Stellen/Menschen zu betrachten:
| Anz. der Stelen MA | Anz. der Stellen VZÄ | Spannweite der Dotierung |
Pflege | 312 | 234 | TVöD P5 bis P14 |
Pflegeferne Bereiche (Therapie, Betreuung, QMP, EL, Haus und Küche) | 173 | 124 | TVöD nEG1 bis EG11 |
Verwaltung | 27 | 25 | TVöD EG3 bis EG15 |
Gesamt | 512 | 384 | |
Gesamtpersonalkosten 2020: 21.783.000 Euro (Stand 03/2021)
Soweit SIE MA:innen nicht ein Arbeitsverhältnis mit Dritten eingehen wollen, wäre der Personalbestand der SIE in den anderen Bereichen der HL zu beschäftigen. Dies ist angesichts der Anzahl der MA:innen schwer vorstellbar. Zudem wären MA:innen aus dem Bereich der Pflege für andere Einsätze erst zu qualifizieren.
2. Welche Unterschiede bestehen in der Qualität der angebotenen Pflege zwischen den SIE und den Heimen, die von den Trägern der freien Wohlfahrtspflege in Lübeck betrieben werden?
Grundsätzlich gibt es zu den anzubietenden Qualitäten keine Unterschiede. Diese sind, wie alle anderen relevanten Belange, auch im SGB XI normiert. „Lebenspraktisch“ kann es in der Ergebnisqualität, also in der Qualität der Pflege, Unterschiede aufgrund verschiedener Ausführungsqualitäten geben.
Bzgl. der Ergebnisqualität nehmen die SIE, u.a. auf Grundlage der regelmäßig sehr guten (Über-) Prüfungsergebnisse für sich eine hervorragende Qualitätsarbeit in Anspruch.
Diese Beurteilungen sind grundsätzlich Aufgabe des MDK und der Heimaufsicht. Beide Institutionen führen die im SGB XI geregelten Qualitätsprüfungen durch. Diese können routinemäßig und oder anlassbezogen erfolgen. Sollte sich die Frage auf die Strukturqualität beziehen, gibt es eindeutig keine Unterschiede, siehe Eingangsbemerkung.
3. Die SIE setzen seit Jahren in signifikantem Ausmaß Leiharbeiter*innen ein, sogar in der direkten Pflege. In welchem Ausmaß geschieht dies in den von den Trägern der freien Wohlfahrtspflege in Lübeck betriebenen Heimen?
Zeitarbeit, Erstattung berücksichtigt (Abzug Corona Mehraufwand) | | | | |
Jahr | 2015 | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 |
Kosten für Leiharbeit | 171.132 T€ | 277.257 T€ | 723.521 T€ | 1.160.179 T€ | 838.325 T€ | 415.261 T€ |
Beantragt wurden in 2020 Euro 576.549 Corona Erstattungen. Davon wurden 30% (= Euro 173.065) als „Rückforderungspuffer abgezogen (die Erstattungen kommen relativ schnell und werden nachträglich tiefer geprüft), so dass Euro 415.261 für „normale Leiharbeit“ verbleiben.
Aktuelle Informationen liegen für Dritte nicht vor. Wirtschaftspläne Dritter verwenden zwar grundsätzlich die gleiche Darstellungssystematik, die Abgrenzungen der Sachkosten für Fremdarbeit können aber nicht unmittelbar abgelesen werden.
4. Wie vergleicht sich das Gehaltsniveau zwischen den Beschäftigten der SIE laut TVÖD und denen, die in Heimen beschäftigt sind, die von den Trägern der freien Wohlfahrtspflege in Lübeck betrieben werden?
Tarife anderer Träger sind im Einzelfall nicht bekannt, gleichwohl ist allgemein anerkannt, dass sich die Tarife großer Träger, (hier zum Beispiel Vorwerker Diakonie), in aller Regel an den tariflichen Regelungen des TVöD orientieren und Minderungen in aller Regelmäßigkeit nicht höher als -10% sind. Dies ist eine „lebenspraktische“ Aussage und datentechnisch nicht evaluiert.
5. Welche Optionen bestehen für eine Alternativnutzung der Gebäude, in denen die SIE aktuell Senior*inneneinrichtungen betreibt (insb. HGH, Solmitzstr. und Dornbreite),
sollten diese Pflegeplätze an Träger der freien Wohlfahrtspflege übergehen ?
Gebäude für die Altenpflege sind von ihrer baulichen Struktur her Spezialimmobilien. Dies betrifft auch die sechs von den SIE genutzten Gebäude. Eine Alternativnutzung solcher Gebäude ist nur mit erheblichem baulichen Aufwand und Nutzungsänderungsgenehmigung theoretisch möglich und völlig unwirtschaftlich, insbesondere bei Gebäuden, die älter sind als 50 Jahre.
Für das historische Gebäude des HGH müsste eine alternative Nutzung durch eine aufwändige Machbarkeitsstudie geprüft werden, die auch die Konformität einer derartigen Nutzung mit der Satzung der Stiftung HGH einschließen muss.