I. Rechtsgrundlage
Die Hansestadt Lübeck - Entsorgungsbetriebe Lübeck (EBL) - erhebt Schmutz- und Niederschlagswassergebühren nach der Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Hansestadt Lübeck vom 22.03.2013 in der Fassung der 1. Satzung zur Änderung der Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Hansestadt Lübeck vom 05.03.2019 in Verbindung mit den Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes des Landes Schleswig-Holstein (KAG) zur Deckung des Aufwandes für den Betrieb und die Unterhaltung der notwendigen öffentlichen Entwässerungseinrichtungen. Es handelt sich um getrennte Einrichtungen, womit bei der nun angestrebten Satzungsänderung zwei Gebührenkreise betroffen sind. Die Trennung der ehemals zusammengefassten Gebühren erfolgte mit Beschluss der Bürgerschaft zum 01.04.2013. Seit diesem Zeitpunkt wird neben der bereits bekannten Schmutzwassergebühr, welche sich wie gehabt aus einer Grundgebühr und einer verbrauchsabhängigen Zusatzgebühr zusammensetzt, die Niederschlagswassergebühr anhand der abflusswirksamen Flächen eines Grundstücks erhoben.
Die jeweiligen Gebührensätze sind jährlich mit einer Nach- und Vorkalkulation zu überprüfen. Die letzte Anpassung erfolgte für die Jahre 2019/2020.
Der Anpassungsbedarf der Gebührensätze resultiert im Wesentlichen aus:
Hauptsächlich verantwortlich für die Notwendigkeit einer Gebührenanhebung sind Kostensteigerungen, da auf der Erlösseite von einem gleichbleibenden Mengengerüst bei Schmutzwasser (verbrauchte Trinkwassermenge) und Niederschlagswasser (angeschlossene Flächen) ausgegangen wird. Die wesentlichen Kostensteigerungen finden sich in 3 Positionen:
Erhebliche Verteuerung der Klärschlammentsorgung; aufgrund geänderter rechtlicher Rahmenbedingungen ist eine landwirtschaftliche Entsorgung faktisch nicht mehr möglich. Da sich aber die benötigten Entsorgungsmöglichkeiten noch im Ausbau befinden (Verbrennungsanlagen), haben sich die Entsorgungskosten seit 2018 fast vervierfacht.
Aus der Umsetzung des Masterplans aufgrund der gestiegenen Anforderungen der Umweltbehörde (UWB) führen die Nacherschließung und die Trennung des Kanalnetzes zu steigenden Kosten für Abschreibungen und Verzinsung.
Personalkosten; neben den tariflich bedingten Steigerungen schlägt sich der zur Erreichung der gesetzten wasserwirtschaftlichen Ziele (Mischwasserfreiheit und Zustandsverbesserung) erforderliche höhere Personalbedarf nieder.
Darüber hinaus soll die Gelegenheit der Satzungsanpassung genutzt werden. Berücksichtigt wird hierbei neben Anpassungen aus Optimierungsaspekten auch die Entwicklung in der jüngeren Rechtsprechung.
II. Inhalt der Satzungsneufassung
Die Änderungssatzung (Anlage 1) beinhaltet als zentralen Punkt die Anpassung der Gebührensätze für Schmutz- und Niederschlagswasser. Im Bereich der Schmutzwassergebühr betrifft dies sowohl die verbrauchsabhängige Zusatzgebühr, als auch die Grundgebühr, die im Wesentlichen zur Deckung der Vorhalteleistung der öffentlichen Einrichtung dient.
Daneben wurde die Gelegenheit genutzt, die Satzung strukturell „aufzuräumen“ und inhaltlich bestimmter zu formulieren. Insbesondere in den Bereichen der Vorauszahlungen und des Erhebungszeitraums wurden alle relevanten und zum Teil dezentral verorteten Bestimmungen zusammengefasst. Die Gebührenerstattung für Nebenzähler (Gartensprengwasser) wurde für den digitalen Antragsweg vorbereitet. Der Antrag selbst ist zudem nun keinen Formzwängen mehr unterlegen. Kritikpunkte aus der Praxis wurden berücksichtigt und damit Unklarheiten bezüglich des Erstattungszeitraums ausgeräumt. Die umfangreichsten Änderungen neben den Anpassungen der Gebührensätze erfährt die Satzung im Bereich der Begrifflichkeiten zur Entstehung und Beendigung der Gebührenpflicht, der Erhebungszeiträume, der Entstehung des Gebührenanspruchs und den Fälligkeiten. Die zumeist ohne für den Gebührenschuldner spürbaren Anpassungen resultieren unter anderem aus der Umsetzung von Hinweisen aus der Verwaltungsrechtsprechung.
Die Niederschlagswassergebühr, die auf den festgestellten abflusswirksamen Flächen eines Grundstücks basiert und somit relativ „statisch“ ist, war bislang eine Jahresgebühr mit quartalsweisen Fälligkeiten. Künftig wird sie als Quartalsgebühr ausgestaltet. Formal ändert sich damit lediglich die Bezeichnung und die Höhe der Gebühr durch den Bezugszeitraum (Jahr -> Quartal). Sie entsteht am Beginn und endet mit Ablauf des gebührenpflichtigen Quartals. Mit dem sich daran anschließenden Entstehen des Gebührenanspruchs kann dieser Anspruch fällig gestellt werden. Um dem Prinzip der Normenklarheit zu entsprechen, wurde zusätzlich für das erstmalige Entstehen der Gebühr eine eigene Formulierung aufgenommen.
Durch die Überarbeitung der Normierungen wird dem Prinzip, dass zunächst die gebührenpflichtige Leistung vollständig erbracht und erst im Anschluss die Gebühr erhoben wird, noch deutlicher entsprochen. Am faktischen Leistungsaustausch, wie bisher (Möglichkeit der Einleitung von Niederschlagswasser und quartalsweise Fälligkeit) ändert sich indes nichts. Auswirkungen hat dies jedoch auf die sogenannten Jahreszahler, die bislang eine Jahresgebühr von 30 Euro nicht überschritten haben. Diese konnten die Gebühren in einer einzigen Fälligkeit begleichen. Aufgrund der Neuausrichtung als Quartalsgebühr, wird dies nicht mehr möglich sein. Der Aufwand kann für den Gebührenpflichtigen jedoch leicht über das Erteilen eines SEPA-Mandats aufgefangen werden.
Im Gegensatz zur Niederschlagswassergebühr bleibt die Schmutzwassergebühr, bestehend aus einer fixen Komponente, der Grundgebühr, sowie einem variablen Teil, der Verbrauchsgebühr, weitgehend unverändert. Zur Deckung der Kosten, insbesondere des verbrauchsabhängigen Anteils, als auch mit Blick auf das Gesamtvolumen der Kosten der öffentlichen Einrichtung wird die Systematik aus monatlicher Vorauszahlung und endgültiger Festsetzung
beibehalten. Hier wurde das Prinzip „Erst Leistung dann Gebühr“ bereits in der Vergangenheit realisiert, indem nach dem Zeitraum der Vorauszahlungen abschließend eine endgültige Festsetzung erfolgt. Die Vorauszahlungen selbst stellen damit keine Manifestation des endgültigen Gebührenanspruchs dar, gewährleisten aber gleichsam einen kontinuierlichen Mittelzufluss zur Deckung des Aufwandes für den Betrieb und die Unterhaltung der öffentlichen Entwässerungseinrichtung. Am Ende des Vorauszahlungszeitraums erfolgt im Rahmen der endgültigen Festsetzung der Gebühr die Verrechnung zwischen Gebührenanspruch und den Vorauszahlungen. Zur Schärfung der Normenklarheit wurden einige Satzungsbegriffe angepasst. So ersetzt beispielsweise der „Erhebungszeitraum“ begrifflich nun den „Abrechnungszeitraum“.
Weitere Änderungen sind lediglich redaktioneller Natur.
III. Ergebnis der Gebührenkalkulation
Die Grundlage der Kalkulation ist in der Anlage 3 dargestellt. Aus dieser ergibt sich für die Abwassergebühr eine Unterdeckung, die aus den Jahren 2017 und 2018 stammt, von insgesamt 462.068 EUR. Diese teilt sich in die Bereiche Schmutzwassergebühr mit 28.787 EUR und Niederschlagswassergebühr mit 433.281 EUR auf und wird kostenerhöhend berücksichtigt.
Im Rahmen der Neukalkulation der Abwassergebühren war auch die Straßenbaulastträgerpauschale neu zu berechnen. Diese erhöht sich von derzeit ca. 7,6 Mio. auf 8,5 Mio. EUR.
Es wurde eine zweijährige Kalkulationsperiode gewählt als kalkulatorische Leitentscheidung nach diversen Gerichtsurteilen.
Ergebnis der Vorkalkulation:
Die Schmutzwassergebühr besteht aus einer Grund- und einer Zusatzgebühr.
Beim Schmutzwasser kommt es zu einer Erhöhung in der Grundgebühr um 4,79% und
Zusatzgebühr um 4,78%. Beim Niederschlagswasser erhöht sich die Gebühr um 9,8%.
Die Grundgebühr erhöht sich ab dem 01.01.2021 wie folgt:
Dauerdurchfluss (Q₃) | Nenndurchfluss (Qn) | Grundgebühr EUR/Monat |
bis 2,5 m³/h | bis 1,5 m³/h | 15,71 |
bis 4,0 m³/h | bis 2,5 m³/h | 26,17 |
bis 6,3 m³/h | bis 3,5 m³/h | 36,65 |
bis 10 m³/h | bis 6,0 m³/h | 62,82 |
bis 16 m³/h | bis 10 m³/h | 104,70 |
bis 25 m³/h | bis 15 m³/h | 157,06 |
bis 63 m³/h | bis 40 m³/h | 418,82 |
bis 100 m³/h | bis 60 m³/h | 628,23 |
bis 250 m³/h | bis 150 m³/h | 1.570,57 |
über 250 m³/h | über 150 m³/h | 10,47 je Qn 6,27 je Q₃ |
Die Zusatzgebühr beträgt ab diesem Zeitpunkt 2,06 €/m³ im Jahr und die Niederschlagswassergebühr 2,14 €/10m² im Quartal.
Die folgende Tabelle zeigt die Entwicklung der Gebührensätze in der Hansestadt Lübeck seit dem Jahr 1996:
Änderung ab | Grundgebühr €/Monat | Zusatzgebühr €/m³ | Niederschlagswasser-gebühr €/10 m² jährlich |
01.01.1996 | 11,24 | 1,92 | - |
01.04.2005 | 14,95 | 2,55 | - |
01.01.2008 | 13,70 | 2,34 | - |
01.04.2013 | 13,70 | 1,49 | 5,90 |
01.01.2014 | 13,70 | 1,80 | 6,90 |
01.04.2019 | 14,99 | 1,97 | 7,80 |
01.01.2021 | 15,71 | 2,06 | 8,56 (2,14 pro Quartal) |
Im Bundesdurchschnitt beträgt die Schmutzwassergebühr 2,25 €/m³ (ohne Grundgebühr) und die Niederschlagswassergebühr 9,50 €/m² (Quelle: DWA Umfrage 2018).
IV. Auswirkungen auf einen Drei-Personen-Haushalt im Einfamilienhaus
Ein durchschnittlicher Drei-Personen-Haushalt verbraucht 132 m³ Frischwasser im Jahr (Destatis letzte Erhebung 2013). Die Zusatzgebühr betrug bislang 260,04 EUR im Jahr, die Grundgebühr bei einer angemessenen Zählergröße 179,88 EUR jährlich. Bei einer angeschlossenen Grundfläche eines Einfamilienhauses (Haus, Carport, Auffahrt) von 100 m² bedeutete dies eine Niederschlagswassergebühr von jährlich 78,00 EUR. Insgesamt ergibt sich für das Grundstück eine Abwassergebühr in Höhe von 517,92 EUR.
Nach der Satzungsänderung wird sich dies wie folgt entwickeln. Die jährlichen Gebühren für Schmutzwasser betragen für den Verbrauch 271,92 EUR und für die Grundgebühr 188,52 EUR. Die jährliche Niederschlagswassergebühr entsteht dann in Höhe von 85,60 EUR. Die Gebühren für die Abwasserbeseitigung betragen fortan 546,04 EUR.
Die langfristige Gebührenentwicklung wird durch folgende Grafik abgebildet:
V. Auswirkungen auf einen Mehrpersonenhaushalt
Unter Zugrundelegung der unter Punkt IV. genannten Fläche und Verbrauch gestaltet sich die Steigerung für einen Mehrpersonenhaushalt deutlich moderater, wie folgt abgebildet:
Die langfristige Inflationsrate (Verbraucherpreisindex) liegt bei durchschnittlich 1,3 % pro Jahr. Damit liegt die Entwicklung der Abwassergebühr für den 3-Personen-Haushalt im Einfamilienhaus in etwa in Höhe der Inflationsrate; für den Mehrfamilienhaushalt hat sich dagegen in den letzten zehn Jahren keine Steigerung ergeben (- 0,2 % pro Jahr).