Vorlage - VO/2020/09293  

Betreff: FDP: Antrag zur Durchführung einer Online-Umfrage mit dem Ziel etwaige Angsträume in der Stadt identifizieren und verbessern zu können
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsstelle der FDP Fraktion Bearbeiter/-in: Völker, Astrid
Beratungsfolge:
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Entscheidung
24.09.2020 
19. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck - Haushaltssitzung an Verwaltung / Ausschuss zurück verwiesen   
Bauausschuss zur Entscheidung
19.10.2020 
40. Sitzung des Bauausschusses geändert beschlossen   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag

Der Bürgermeister wird beauftragt, eine Online-Befragung im Rahmen von „Lübeck:überMorgen“ durchzuführen, in der die Bürger ihre persönlichen Wahrnehmungen zu möglicherweise vorhandenen Angsträumen benennen und beschreiben. Die gewonnen Erkenntnisse dienen als Grundlage für Projekte zur Verbesserung der Attraktivität von Straßen und Plätzen. Aufgerufen zur Teilnahme sind Bürger, Pendler sowie Gäste der Stadt.


 

 

 


Begründung

Viele Verwaltungskonzepte zielen darauf ab die Attraktivität der Innenstadt und der Stadtteile zu verbessern. Ob ein Ort als attraktiv wahrgenommen wird, hängt von objektiven, aber auch von subjektiven Wahrnehmungen und Empfindungen ab. Diese müssen nicht nur positiv sein. Manche Orte lösen auch negative Empfindungen aus, bis hin zur Angst. Eine intensivere Beschäftigung mit etwaigen Angsträumen in Lübeck eröffnet vielfältige Entwicklungs- und Optimierungspotentiale. Hier sind auch die Bürger gefragt!

 

Das Verweilen im öffentlichen Raum trägt dazu bei, dass Städte und Ortskerne als attraktive urbane Räume wahrgenommen werden. In diesem Zusammenhang gewinnt das Thema Aufenthaltsqualität zunehmend an Bedeutung, auch in Lübeck.

Die Aufenthaltsqualität eines Ortes wird maßgeblich von objektiven, aber auch von subjektiven Aspekten geprägt. Objektive Aspekte basieren auf der Qualität des Ortsbildes, der Architektur, der Lage, der Flächengliederung, des Nutzungsgefüges, der Freiraumgestaltung, des Zugangs, der Rückzugsmöglichkeiten, der Barrierefreiheit, Parkmöglichkeiten, Gastronomie und Sitzgelegenheit. Alles was die Sinne anspricht ist für das Wohlbefinden von Bedeutung.

Ein fehlendes Sicherheitsgefühl (Verkehr, Kriminalität), Lärm und Immissionen werden dagegen negativ wahrgenommen. Gleiches gilt für eine fehlende Sauberkeit, fehlende Beleuchtung und eine begrenzte Raumstruktur.

Nicht selten wird ein Ort zu einer bestimmten Tageszeit gar als Angstraum wahrgenommen. Ein Angstraum ist ein Ort, an dem Menschen Angst empfinden können. Dieser beeinträchtigt das Sicherheitsgefühl der Menschen. Thematisiert wird der Begriff in der Stadtgeographie und der Stadtsoziologie, der Stadtplanung und der Architektur sowie der Sozialpsychologie und der Sicherheitspolitik. Konkret geht es um Räume, in denen das Gefühl einer Bedrohung besonders stark ausgeprägt ist. Der Begriff kann sich sowohl auf ganze Straßenzüge beziehen als auch auf kleine Bereiche, etwa unübersichtliche Stellen in Parkhäusern oder dunkle Unterführungen.

Angst ist ein mächtiges Gefühl. Angst basieren auf subjektivem Empfinden. Angst löst binnen einer Millisekunde eine Kettenreaktion im menschlichen Körper aus: Blut wird in die Arme gepumpt. Blut schießt in die Beine, damit man schneller flüchten kann. Jeder hat woanders Angst, mancher im Dunkeln, mancher fürchtet Jugendgruppen, andere das einsame Bahnabteil. Gerade in der dunklen Jahreszeit fühlen sich Menschen in schwach beleuchteten Straßen unsicher. Angst ist ein komplexes Thema, das subjektiv unterschiedlich wahrgenommen wird, von Männern anders als von Frauen, von jungen Leuten anders als von älteren. Es ist wichtig das Empfinden der Bürger zu ergründen und Sorgen und Ängste ernst zu nehmen.

Zur Aufenthaltsqualität verfügt die Verwaltung über umfangreiche Erkenntnisse. Viele öffentliche, auch Angst auslösende Räume sind der Verwaltung bekannt. Oft kennen die Nutzer die Örtlichkeiten aber besser. Mit Hilfe der Befragung können von den direkt betroffenen Nutzerinnen und Nutzern weitere interessante Hinweise gewonnen werden. So kann es gelingen neue Angsträume zu identifizieren und diese später dann so umzugestalten, dass sie ihre bedrohliche Wirkung verlieren. Hierzu sind bauliche Veränderungen möglich, aber auch die Installation von zusätzlicher Beleuchtung oder vermehrter Präsens der Ordnungskräfte.

Es ist schwierig Angsträume zu bestimmen, da diese nicht zwingend Kriminalitätsschwerpunkte sein müssen. Die Wahrnehmung von Gefährdungen steht der tatsächlichen Gefahrenlage oftmals entgegen. Umgekehrt gibt es Kriminalitätsschwerpunkte, die keine Angsträume sind. Mit einem Blick in die Kriminalitätsstatistik lassen sich nicht alle Angsträume einer Stadt erfassen. Die subjektive Komponente darf nicht unterschätzt werden. Bei der Entstehung von Angsträumen spielt nicht nur das eigene Erleben, die Furcht oder die eigene Wahrnehmung eine Rolle, sondern auch das Erleben, die Ängste und die Wahrnehmung anderer Personen, die ihre Erfahrungen und Ängste weitergeben.

Es ist nicht die Absicht, Ängste zu schüren oder gar Panik zu verbreiten. Es geht darum authentische, realitätsnahe Erkenntnisse zu gewinnen um etwaige Angsträume zu beseitigen.

Eine sachliche Debatte über ein ernsthaftes Thema wird angestrebt, kein Populismus.

Die Verbesserung der Aufenthaltsqualität auf öffentlichen Straßen und Plätzen ist ein wichtiges Anliegen. Die Herausforderung für die Verwaltung besteht darin, dieses Thema als Querschnittsaufgabe in den unterschiedlichsten Verwaltungsaufgaben zu denken. Die Verankerung in der Stadtentwicklung ist ein wichtiger Aspekt dabei. „Lübeck:überMorgen“ bündelt diese und weitere Zukunftsfragen. Hier könnte die Umfrage platziert werden. 


 

 

 


Anlagen