Vorlage - VO/2020/08928-01  

Betreff: Antwort auf Anfrage des AM Thomas-Markus Leber, FDP, zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Arbeit der Bauverwaltung, auf das Bauwesen und auf den Wohnungsbau
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Joanna HagenBezüglich:
VO/2020/08928
Federführend:5.061 - Fachbereichs-Dienste Bearbeiter/-in: Kaacksteen, Thomas
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Bauausschuss zur Kenntnisnahme
07.12.2020 
43. Sitzung des Bauausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag

 

Schriftliche Anfrage des AM Thomas-Markus Leber (FDP) im Bauausschuss am 18.05.2020.
 

 


Begründung

 

Frage 1:

Welche Auswirkungen hatte die Corona-Pandemie unmittelbar auf die Arbeit der Bauverwaltung? Der Publikumsverkehr wurde eingestellt. Ein Teil der Mitarbeiter arbeitete im Homeoffice. Welche Herausforderungen galt es zu lösen? War ein Zugriff auf den kompletten Aktenbestand möglich? Gab es Auflagen, die das Arbeiten nachhaltig beeinträchtigten?

 

Antwort:

Die Auswirkungen auf die Fachbereichsdienste (FBD) des Fachbereiches Planen und Bauen, die im Zusammenhang mit externen Publikum u.a. für die Herausgabe der Fischereischeine, der Fischereiabgabemarken, den Ausnahmegenehmigungen für Urlauberscheine, dem Durchführen der Submissionsterminen und den allgemeinen Tätigkeiten des Informationspunktes im Hause zuständig sind, waren folgende:

Es erfolgte bei allgemeinen Nachfragen per Telefon der Hinweis, dass nur zwingend notwendige Angelegenheiten direkt bei der Verwaltung vor Ort ermöglicht werden können, aber auch nur dann, wenn es vorher zu Terminvergaben komme.

Die Firmen, die ein Angebot zu einer Ausschreibung abgegeben haben, wurden gebeten, ihre Mitarbeiter:innen erst einmal nicht persönlich zu Submissionsterminen erscheinen zu lassen. Es wurde sichergestellt, dass die Übermittlung der Submissionsergebnisse auf anderen geeigneten Wegen erfolgen konnte.

 

Die Ausgabe der Fischereischeine, der Urlauberscheine und der sogenannten Jahresmarken wurde auf ein Minimum beschränkt und auch möglichst nur mit Terminvergabe abgewickelt.

Arbeiten im Home-Office war aufgrund der stattfindenden Kontakte mit Publikum vor Ort nicht möglich.

Der Zugang zum Informationspunkt im Mühlendamm wurde so umgestaltet, dass die vorgegebenen Abstands- und Hygienevorschriften eingehalten werden konnten.

 

Für das Gebäudemanagement der Hansestadt Lübeck (GMHL) kann berichtet werden, dass keine großen Einschränkungen zu beobachten waren. Ein Teil der Mitarbeiter:innen, gerade die Risikogruppen, als auch die Mitarbeiter:innen, die über einen Telearbeitsplatz verfügen, waren punktuell im Homeoffice tätig. Dies erfolgte in der Regel jeden zweiten Tag und in Abwechslung mit dem sonst in Abwesenheitszeiten als Vertretung tätigen Kollegen:innen, sodass der Arbeitsbetrieb sichergestellt war. Der Zugriff auf den Aktenbestand war stets möglich. Beeinträchtigungen im Arbeitsalltag waren nicht wahrzunehmen.

 

Beim Bereich Stadtgrün und Verkehr fiel es generell auf, dass telefonische Anfragen in Teilbereichen massiv zurückgegangen sind, was wohl der Tatsache geschuldet war, dass die Bürger:innen sich nicht im Außenbereich bewegen konnten.

Ortstermine und Besprechungen wurden auf ein Mindestmaß zurückgefahren. Teilweise ergaben sich dadurch jedoch Verzögerungen in der Planung.

Für Homeoffice-Arbeiten stellte die Koordinierung des alltäglichen Geschäftes mit Verschiebung der Arbeitszeiten zum Beispiel auf 13:30 Uhr bis 22:00 Uhr (wegen Kinderbetreuung) für einzelne Mitarbeiter:innen eine Herausforderung dar.

Ein Zugriff auf den kompletten Aktenbestand war nicht immer möglich, da nicht alle Bauakten komplett digital vorhanden sind. Es konnten daher nicht alle Arbeiten im Homeoffice erledigt werden.

Auf den Bauhöfen mussten die Hygieneregeln, insbesondere beim Umkleiden, Duschen usw. eingehalten werden. Das zeitversetzte Arbeiten führte wegen des bestehenden Personalmangels zu einem erhöhten Koordinationsaufwand.

Einige Besprechungen fanden per Telefonkonferenz statt, Baubesprechungen wurden unter Einhaltung der Sicherheitsempfehlungen auf der Baustelle durchgeführt. Zwei Videokonferenzen wurden von zuhause geführt, da die notwendige Technik nicht zur Verfügung stand.

Im Flächenmanagement mussten viele Arbeitsprozesse neu abgestimmt werden, und die neuen Regeln mussten zum Schutz der Beschäftigten in Form von Hygienekonzepten erarbeitet werden. Sicherheitsabstände gelten auch in Fahrzeugen. Aus diesem Grund wurden einige bereits aussortierte Fahrzeuge wieder in Betrieb genommen, und weitere benötigte Fahrzeuge wurden hinzugemietet.

Die Arbeitsgruppen sind deutlich reduziert und arbeiten in zwei Schichten, was zu einer Verlangsamung in den einzelnen Abarbeitungen führte. Die Umsetzung der Beschilderung, die Sperrung und Wiedereröffnung von Spielplätzen und Wasserspielen hat zudem viele Beschäftige gebunden.

Trotz der vorhandenen Einschränkungen haben die Beschäftigten sich sehr gut und kooperativ verhalten und konnten ihre Leistungsfähigkeit und schnelles Reaktionsvermögen nach außen zeigen, alle Arbeiten konnten weiterlaufen.

Die Zugangsbeschränkungen zu öffentlichen Gebäuden und die allgemeinen Kontaktbeschränkungen führen zu deutlichen Verschiebungen für geplante Stellenbesetzungen (Vorstellungsgespräche waren überwiegend nicht möglich).

 

Der Bereich des Lübecker Hafens (LPA) hat die Anwesenheit der Mitarbeiter:innen so strukturiert, dass die Arbeitserledigung grundsätzlich sichergestellt werden konnte.

Es mussten Systeme etabliert werden, die eine weitest gehende Arbeitsmöglichkeit der Mitarbeiter:innen sicherstellten. Hierzu zählt neben der IT-Hardware und –Netzstruktur auch die Kenntnis über das Führen von Einheiten auf Distanz.

 

 

Frage 2:

Welche Auswirkungen hatte die Corona-Pandemie auf die Bearbeitung von Bauanträgen? Führte sie zu einer Verlängerungen der Bearbeitungszeit? Lässt sich das quantifizieren? Wie wirkten sich etwaige Verzögerungen auf die Planungs- und Genehmigungsphase aus?

 

Antwort:

Bedingt durch Corona gab es in der Bauaufsicht im Frühjahr einen Krankheitsfall und einige wenige, zeitlich überschaubare Quarantänefälle. In den vergangenen Monaten gab es einige Sonderurlaube für Kinderbetreuung, sodass hier Bearbeitungskapazität fehlte.

Insgesamt führte allein dieser Umfang an Fehltagen noch nicht zu „Corona-bedingten“ Verfristungen von Bauanträgen.

Durch Corona ergibt sich bislang noch keine entscheidende Verschärfung der angespannten Situation.

 

 

Frage 3:

Gab es darüber hinaus Verzögerungen, weil Entscheidungen zu Bauvorhaben, B-Planverfahren sowie zur Schaffung von Planungsrecht nicht unter Wahrung üblicher Fristen getroffen werden konnten?

 

Antwort:

Im Allgemeinen waren in der Bauverwaltung teilweise Abstimmungsprozesse der Planer mit der Bauaufsicht zu einzelnen Bauvorhaben durch die Kontakteinschränkungen betroffen. Eine Quantifizierung ist nicht möglich.

 

 

Frage 4:

Welche Auswirkungen ergaben sich für die notwendige Begleitung laufender öffentlicher Baumaßnahmen?

 

Antwort:

Die Begleitung laufender Baumaßnahmen durch die Vertreter der Bauverwaltung in Bauherr:innen- und Projektsteuerungsfunktion erfolgte hinsichtlich der Durchführung von Besprechungen, örtlichen Baustellenbegehungen und Abnahmen eingeschränkt.

Abstimmungen mit externen Architekten - besonders aus anderen Bundesländern - waren besonders erschwert, da diese die Verwaltungsgebäude nicht betreten dürfen.

 

Die Kommunikation mit Baufirmen und Kund:innen ist durch die Einschränkungen nachhaltig erschwert worden, da überwiegend auf das Mittel der Telefonkonferenz zurückgegriffen werden konnte.

 

Darüber hinaus war feststellbar, dass sich die Anzahl der beantragten Baumaßnahmen der Entsorgungsbetriebe Lübeck (EBL) und Netz Lübeck reduziert haben. Dadurch konnte zum Beispiel die Straßenverkehrsbehörde bestehende Rückstände minimieren.

 

 

Frage 5:

Wird ein etwaiger Zeitverzug bei Planungs- und Genehmigungsarbeiten eine Langzeitwirkung auf zukünftige Bauprozesse haben? Werden sich etwaige Verzögerungen konkret auf den Baubeginn und auf die Fertigstellung von Projekten auswirken?

 

Antwort:

Die eingetretenen Verzögerungen in der Planung und Ausführung werden sich bei der überwiegenden Anzahl der Baumaßnahmen in einem verzögerten Fertigstellungstermin widerspiegeln und sich wohl auch noch bis in das nächste Jahr auswirken.

Die Nachhaltigkeit dieser Auswirkungen könnte aber durch das Ergreifen von zielorientierten Gegenmaßnahmen beeinflussbar sein.

 

 

Frage 6:

Welche Beeinträchtigungen waren auf den öffentlichen Baustellen wahrzunehmen? Gab es Kurzarbeit? Fielen Handwerker aus? Gab es Lieferengpässe, zum Beispiel bei Baumaterial? Gab es Baustellen auf denen Corona-bedingt nicht oder nur verzögert gearbeitet werden konnte?

 

Antwort:

Covid-19 hatte u.a. diese Auswirkungen auf den Baustellenbetrieb:

  • Organisatorische Maßnahmen zur Baustellensicherheit wurden auf das Thema Hygiene und Kontaktreduzierung unter Einbindung des Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinators nach Baustellenverordnung erweitert.
  • Vorgaben des Landes (insbesondere der Erlass vom 23.03.2020) stellten verbindliche Handlungsanweisungen für den Schutz auf Baustellen dar.
  • In der Lieferkette von Materialien und Bauprodukten traten Verzögerungen auf.
  • Eintretende Bauablaufstörungen mit der Begründung der höheren Gewalt im Sinn der VOB/B §6 erforderten dezidierte Nachweise der Auftragnehmer und deren Prüfung auf Anerkennung (z.B. Nachunternehmerleistungen mit polnischen Mitarbeitern)
  • Verzögerungen wurden nach Möglichkeit entgegengewirkt, konnten jedoch auf nahezu allen Baustellen nicht ausgeschlossen werden.

 

 

Frage 7:

Gab es möglicherweise auch Projekte, die schneller fertig gestellt werden konnten, weil die Corona-bedingten Rahmenbedingungen ein unbehindertes Arbeiten ermöglichte?

 

Antwort:

Durch die Corona-Pandemie kam es zwar zu einer überwiegenden Einstellung des Schul- und Kitabetriebes. Die Ausdehnung und Intensivierung der Baumaßnahmen konnte jedoch nicht schlussfolgernd erfolgen, weil

  • die Kapazitäten nicht aller Firmen im aufeinander abgestimmten Baustellenablauf entsprechend zusätzlich verfügbar waren und
  • ein „Notbetrieb“ u.a. für Kinder „systemrelevanter Elternteile“ nicht so planbar in den Schulen organisiert werden konnte, dass im Gegenzug an anderen Schulen ein Betrieb verbindlich nicht stattfindet und eine Ausdehnung der Arbeitszeiten erfolgen konnte.

 

In einem Veranstaltungsgebäude (MuK) konnte wegen der Betriebsunterbrechung eine Umstellung der Bauablaufplanung vorgenommen werden. Maßnahmen hinsichtlich der betrieblichen Auswirkungen sensiblen Gebäudebereichen, welche ursprünglich täglich vor oder nach dem Veranstaltungs- und Probebetrieb in 2021 vorgesehen waren, wurden im Tausch mit einer ursprünglich für 2020 vorgesehenen Dachsanierung vorgezogen.

 

Vorbereitende Arbeiten konnten in Teilbereichen (zum Beispiel Verkehrseinrichtungen) sehr gut und konzentriert abgearbeitet werden.

Durch den Ausfall vieler Veranstaltungen war es hier möglich, zum Beispiel die bestehende Beschilderung in dem dafür erforderlichen Umfang zu unterhalten.

Die Fehlzeiten unter der Woche durch die fehlenden Sonntagseinsätze führten zu höheren Präsenzzeiten bei den Mitarbeiter:innen und gleichzeitig zu einem Abbau bzw. Nicht-Aufbau von Plusstunden.

 

Auf den zeitweise gesperrten Kinderspielplätzen konnten einige Reparaturarbeiten zügiger durchgeführt werden. Durch Stornierungen vor allem bei Campingplätzen konnten einige Spielgeräte mit günstigen Rabatten von den Herstellern erworben und diese kurzfristig geliefert werden.

 

Die Arbeiten an der Passat für den zweiten Bauabschnitt zur Ertüchtigung des Decks Luke II konnten nicht erst im Oktober 2020 beginnen, sondern schon direkt im Anschluss nach der Fertigstellung des ersten Bauabschnittes im Juli 2020.

 

 

Frage 8:

Welche Auswirkungen werden perspektivisch in die Zukunft gedacht im Hinblick auf die Prioritätensetzung bei der B-Planerstellung zu erwarten sein?

 

Antwort:

Durch Corona bedingt werden keine Änderungen der Prioritäten gesehen.

 

 

Frage 9:

Ist jetzt schon absehbar, dass einzelne B-Pläne, dass einzelne Projekte erst verzögert in die Umsetzung gehen können oder ganz aufs Eis gelegt werden müssen?

 

Antwort:

Nein, es gibt keine Erkenntnisse für einen kausalen Zusammenhang zwischen Corona und Umsetzung von B-Plänen und sonstigen Planungen.

 

 

Frage 10:

Welche Auswirkungen werden von der Bauverwaltung perspektivisch für die gesamte Bauwirtschaft erwartet? Wie wird sich die Krise hier mit Blick in die Zukunft auswirken?

 

Antwort:

Das GMHL geht kurz- und mittelfristig davon aus, dass sich die Einschränkungen in der Bauindustrie sowie im Handwerk durch personelle Engpässe sowie durch Lieferschwierigkeiten über das gesamte Jahr 2020 erstrecken werden.

Langfristig können die konjunkturellen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Gesamtwirtschaft ggf. dazu führen, dass die vor Corona herrschende „Überhitzung“ des Baugewerbes abnimmt und ggf. eine Tendenz zu einem „Käufermarkt“ auftritt, welcher eventuell wirtschaftlichere Vergaben von Planungs- und Bauleistungen bewirken kann.

 

Bei einigen Ausschreibungen konnte festgestellt werden, dass mehr Baufirmen Interesse an den Ausschreibungsunterlagen hatten und auch wieder mehr Angebote abgeben wurden.

 

 

Frage 11:

Welche Auswirkungen werden perspektivisch für den Wohnungsbau erwartet?

 

Antwort:

Es werden keine nennenswerten Auswirkungen für den Wohnungsbau erwartet.

 


Anlagen


 

 

Stammbaum:
VO/2020/08928   Anfrage des AM Thomas-Markus Leber, FDP, zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Arbeit der Bauverwaltung, auf das Bauwesen und auf den Wohnungsbau   Geschäftsstelle der FDP Fraktion   Anfrage
VO/2020/08928-01   Antwort auf Anfrage des AM Thomas-Markus Leber, FDP, zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Arbeit der Bauverwaltung, auf das Bauwesen und auf den Wohnungsbau   5.061 - Fachbereichs-Dienste   Antwort auf Anfrage öffentlich