Der Kurbetrieb Travemünde, die Lübeck und Travemünde Marketing GmbH und der Bereich Haushalt und Steuerung antworten wie folgt:
Die Kurabgabe ist in allen anerkannten Kur- und Erholungsorten sozusagen eine „altbekannte“ Abgabe. Im Jahr 2019 betrug das Kurabgabeaufkommen ca. 1.865 T€, für das Haushaltsjahr 2020 sind 1.700 T€ geplant. Die Gäste verstehen, dass sie hierdurch zur Schaffung und Erhaltung der speziell in Kurorten vorgehaltenen Einrichtungen beitragen, deren Vorhandensein hauptsächlich der Reiseentscheidung zugrunde liegt und die während des Aufenthaltes genutzt werden. Der Kurabgabe steht somit ein konkreter Gegenwert gegenüber.
Hinzu kommt, dass Travemünde neben 17 weiteren Seebädern an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste bereits seit vielen Jahren anstelle der herkömmlichen Kurkarte die Ostseecard eingeführt hat. Damit werden den Gästen attraktive Angebote in allen 18 Orten zugänglich gemacht, so z. B. die kostenlose Strandnutzung in allen Orten und überregionale Vergünstigen bei einer Vielzahl touristischer Anbieter in der Region. Bei einem Ausscheiden aus dem „Ostseecard-Verbund“, würden diese Vergünstigen für die Travemünder Gäste entfallen und Travemünde gegenüber den verbleibenden Ostseecard-Orten einen erheblichen Wettbewerbsnachteil erleiden.
Weiterhin sei darauf hingewiesen, dass der KBT kurz vor der Einführung des sogenannten Online-Meldescheins steht. Dieses Projekt hat in der jüngeren Vergangenheit einen nicht unerheblichen personellen und finanziellen Aufwand erfordert, dessen Refinanzierung durch einen Wegfall der Kurabgabe verhindert würde.
Zu 1) Einnahmeerwartungen einer Steuer auf Beherbergungsentgelte:
Basierend auf den Erfahrungen, die mit Erhebung einer solchen Steuer bis 2014 gemacht wurden, kann der seinerzeitige Ertrag entsprechend der Steigerung der Übernachtungszahlen hochgerechnet werden. Es lag ein Steuersatz von 5 % auf die Beherbergungsentgelte zu Grunde. Unter Berücksichtigung der gestiegenen Übernachtungszahlen, der allgemeinen Preissteigerung sowie dem Anstieg der Bettenzahlen könnten bei gleichbleibendem Steuersatz Einnahmen in Höhe von ca. 3 Mio. EUR generiert werden. Dies bei einer Anwendung auf das gesamte Stadtgebiet. Abzuziehen ist die Kurabgabe mit einem jährlichen Ertrag von 1,7 Mio. EUR (Jahr 2020).
Die in der Frage 1) aufgeführten Varianten mit Beibehaltung der Kurabgabe sind rechtlich nicht zulässig. Gemäß § 3 Abs. 5 des Kommunalabgabengesetzes des Landes Schleswig-Holstein darf eine Steuer auf Übernachtungsleistungen nicht erhoben werden, wenn eine Gemeinde eine Kurabgabe oder eine Tourismusabgabe erhebt. Für eine Steuer auf Übernachtungsleistungen ist also in jedem Fall die Kurabgabe aufzugeben und somit bei einer finanziellen Betrachtung anzurechnen, unabhängig von weiteren Fragestellungen zum Kurbetrieb an sich.
Zu 2) Szenarien:
Der hochgerechnete Ertrag auf Antwort zu 1) basiert auf einen Steuersatz von 5%. Wird dieser auf 7,5% erhöht, ergäbe sich bei gleichbleibender Übernachtungszahl ein um die Hälfte gestiegener Ertrag von damit 4,5 Mio. EUR.
Ein Festbetrag von z.B. 3 EUR je Übernachtung wird als nicht rechtmäßig angesehen. Die Steuer auf Übernachtungsleistungen ist eine Aufwandssteuer, d.h. der jeweilige und damit unterschiedliche Aufwand der Leistung für die Beherbergung wird besteuert. Bei einem gleichbleibenden Festbetrag wird keine Unterscheidung möglich, d.h. für die Beherbergungsleistung mit einem Preis von z.B. 30 EUR je Übernachtung würde die gleiche Steuer anfallen wie für eine Beherbergungsleistung mit einem Preis von 180 EUR. Der jeweilige Aufwand für diese Dienstleistung ist unterschiedlich hoch. Eine gleichartige Besteuerung dieser unterschiedlichen Leistungen widerspricht der Angemessenheit der Steuer in Bezug auf den zu Grunde zu legenden Aufwand. Auch das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesverfassungsgericht haben in Entscheidungen aus den Jahren 2012 und 2014 Bedenken gegenüber einer solchen Übernachtungspauschale geäußert.
Fazit:
Während Gäste bei Entrichtung einer Kurabgabe eine entsprechende Gegenleistung erhalten und über die Abgabe anteilig zur Finanzierung des Kurbetriebes beitragen, hätte die Einführung einer Kulturabgabe neben den dargestellten finanziellen Auswirkungen weitere Effekte. Um die Leistungsfähigkeit des Betriebes zu erhalten, wäre die aktuelle jährliche Verlustzuweisung aus dem städtischen Haushalt um den oben genannten Betrag zu erhöhen. Dadurch erhöht sich die Abhängigkeit des Kurbetriebes vom Kernhaushalt erheblich. Je nach Schwerpunktsetzung des Kernhaushaltes kann dies zu Schwankungen führen, die die finanzielle Leistungsfähigkeit des Betriebes einschränken.
Für die bereits abgeschlossenen, in Bau befindlichen oder geplanten Infrastrukturmaßnahmen des Kurbetriebes wurden, werden und sollen Fördermittel des Landes Schleswig-Holstein verwendet werden. Der Betrieb hat dafür Eigenmittel zur Verfügung zu stellen, die unter anderem auch durch die Kurabgabe finanziert wurden und werden.
Welche Auswirkungen die Einführung einer Kulturabgabe unter Wegfall der Kurabgabe auf geplante oder beabsichtigte Infrastrukturprojekte hätte, ist bislang nicht untersucht worden.