Vorlage - VO/2019/07028  

Betreff: Bericht zum Stand der Umsetzung des Beschlusses VO/2018/06371 "Begrenzung von Ferienwohnungen auf der Altstadtinsel" vom 30.08.2018
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Joanna Hagen
Federführend:5.610 - Stadtplanung und Bauordnung Bearbeiter/-in: Bresch, Karl-Heinz
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Bauausschuss zur Kenntnisnahme
21.01.2019 
9. Sitzung des Bauausschusses zurückgestellt   
04.02.2019 
10. Sitzung des Bauausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Hauptausschuss zur Kenntnisnahme
29.01.2019 
9. Sitzung des Hauptausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Kenntnisnahme
31.01.2019 
5. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Wirtschaftsausschuss und Ausschuss für den "Kurbetrieb Travemünde (KBT)" zur Kenntnisnahme
11.02.2019 
5. Sitzung des Wirtschaftsausschusses und Ausschuss für den "Kurbetrieb Travemünde (KBT)" zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag

Die Bürgerschaft hat am 30.08.2018 folgenden interfraktionellen Antrag zum Thema „Begrenzungen von Ferienwohnungen auf der Altstadtinsel“ beschlossen (VO/2018/06371):

 

Der Bürgermeister wird beauftragt, unverzüglich für das Gebiet der Lübecker Altstadt ein Verfahren einzuleiten mit dem Ziel, dort die Zweckentfremdung von Wohnraum durch die Umwandlung von Wohnungen in Ferienwohnungen wirkungsvoll zu beschränken. Dazu gehören:

1.   der Ausschluss von bislang nicht genehmigten Ferienwohnungen in den Gängen und Höfen in Anwendung von § 30 / § 34 BauGB (i.d.R. WR) und der geltenden Erhaltungssatzung und eine entsprechende Nutzungsuntersagung, spätestens wirksam ab 01.02.2019,

2.   die Aufstellung einer Milieuschutzsatzung nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 BauGB (neu) zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung, um Ferienwohnungen in den Wohnquartieren rechtssicher steuern zu können, und deren Vorlage innerhalb eines Jahres zur Beschlussfassung in der Lübecker Bürgerschaft. Bis zur Wirksamkeit der Satzung sind Anträge zur Genehmigung von Ferienwohnungen zurückzustellen.

3.   Die Ferienwohnungen werden künftig von der Bauverwaltung durch eine Registrierung erfasst.

4.   Der Bürgerschaft ist zu berichten, welcher Personalbedarf durch die vorgenannten Maßnahmen entsteht.

 

Darüber hinaus wird der Bürgermeister gebeten zu berichten, ob eine Milieuschutzsatzung auch für andere Stadtteile zweckmäßig ist.“

 

 


Begründung

Zu Punkt 1 des Beschlusses:  Die Bauverwaltung hat die mit Stand August 2018 vorliegende Liste zu Ferienwohnungen in der Lübecker Altstadt, die im Zuge der Rahmenplanung für die Altstadt erstellt worden ist, für Ferienwohnungen in Gängen und Höfen ausgewertet und bezüglich der Voraussetzungen für Nutzungsuntersagungen geprüft.

 

Im Ergebnis ist festzustellen, dass nach dem derzeitigen Kenntnisstand sämtliche in Gängen und Höfen liegenden Ferienwohnungen formell und materiell unzulässig sind. Maßgeblich für die Anordnung von Nutzungsuntersagungen ist dabei nicht allein die formelle Unzulässigkeit, d. h. das Nichtvorhandensein einer baurechtlichen Genehmigung für die vollzogene Umnutzung von Dauerwohnen in Ferienwohnen, sondern insbesondere ihre materielle Unzulässigkeit. Materiell unzulässig sind Ferienwohnungen in den Gängen und Höfen deshalb, weil sie baurechtlich nicht genehmigungsfähig sind. Sie waren dies auch weder zum Zeitpunkt der Nutzungsaufnahme, noch zu einem späteren Zeitpunkt bis heute.

 

Die baurechtliche Unzulässigkeit von Ferienwohnungen resultiert dabei sowohl aus der planungsrechtlichen Unzulässigkeit von Ferienwohnungen in reinen Wohngebieten, die gemäß § 34 Abs. 2 BauGB für Gänge und Höfe regelmäßig anzunehmen sind, als auch aus der erhaltungsrechtlichen Unzulässigkeit der Umnutzung von Kleinwohnhäusern zu anderen Zwecken als dem (Dauer-) Wohnen gemäß der seit 1979 für die Altstadt geltenden Erhaltungssatzung.

 

Die Bauverwaltung wird alle Betreiber von Ferienwohnungen in Gängen und Höfen im Januar 2019 anschreiben und nachfolgend zu der beabsichtigten Nutzungsuntersagung anhören. Den Betroffenen wird im Zuge dieser Anhörung eine Frist von 4 Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt. Nach Prüfung der Stellungnahmen werden dann – vorausgesetzt es wird kein neuer Sachverhalt hinsichtlich der baurechtlichen Beurteilung der jeweiligen Ferienwohnung erkannt – die Nutzungsuntersagungen angeordnet. Die Bauverwaltung beabsichtigt, die Bescheide zur Nutzungsuntersagung im April zuzustellen.

 

Die von der Bürgerschaft für die Nutzungsuntersagung vorgesehene Terminsetzung zum 01.02.2019 war insofern schon aufgrund der verwaltungstechnischen Umsetzung nicht einzuhalten. Vorgesehen ist nunmehr, den Betreibern von Ferienwohnungen in den Gängen und Höfen eine Frist zum 30.09.2019 einzuräumen, bis zu der die Einstellung der Ferienwohnungsnutzung gegenüber der Bauaufsichtsbehörde nachzuweisen ist. Das Einräumen einer Frist von ca. 6 Monaten soll zum einen den Belangen der betroffenen Ferienwohnungsvermieter Rechnung tragen, damit die für die Sommermonate bereits vollzogenen Buchungen nicht storniert werden müssen. Zum anderen erscheint eine angemessene Berücksichtigung der betroffenen privaten Belange bei der abschließenden Bescheidung der Nutzungsuntersagungen ermessensgerecht und auch für den Fall der gerichtlichen Klärung sinnvoll.

 

Zu Punkt 2:  Der Bauausschuss hat am 19.11.2018 auf der Grundlage einer von der Bauverwaltung erstellten Beschlussvorlage (VO/2018/06656) in seiner Zuständigkeit den förmlichen Beschluss zur Aufstellung einer Satzung zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung für das Gebiet der Lübecker Altstadt gefasst.

 

Die Bauverwaltung prüft derzeit

 

-       welche Ferienwohnungen außerhalb von Gängen und Höfen baurechtlich Bestandschutz genießen und somit auch nach Inkrafttreten der neuen Erhaltungssatzung weiterhin ausgeübt werden dürfen (siehe Erläuterungen weiter unten),

-       ob über den Bestandschutz für diese Ferienwohnungsnutzungen hinaus noch weitere neue Ferienwohnungen in den Wohnquartieren zugelassen werden sollen,

-       und wenn ja, welche städtebaulichen Kriterien (z. B. nur in den Erdgeschossen) hierfür zugrunde zu legen sind,

-       ob bestimmte Bereiche aus dem räumlichen Geltungsbereich der Satzung herausgenommen werden sollen, weil dort (z. B. in den zentralen Lagen des Hauptversorgungszentrums und/oder auch in Teilen der gemischt genutzten Altstadtrandstraßen) künftig auch weiterhin Umwandlungen von Dauerwohnen in Ferienwohnungen und andere gewerbliche Nutzungen zugelassen werden sollen.

 

Unter den baurechtlichen Bestandsschutz fallen all jene Ferienwohnungen, die zum Zeitpunkt der Nutzungsaufnahme oder zu einem späteren Zeitpunkt bis zum Aufstellungsbeschluss bzw. bis zum Inkrafttreten der neuen Erhaltungssatzung baurechtlich für einen nennenswerten Zeitraum genehmigungsfähig waren bzw. es heute noch sind. Im Unterschied zu den in Kleinwohnhäusern in den Gängen und Höfen ausgeübten Ferienwohnungsnutzungen (siehe Pkt. 1) genießen die in größeren Gebäuden (Mehrfamilienhäusern) an den Blockrändern gelegenen Ferienwohnungen in der Regel Bestandschutz. Planungsrechtlich sind die an den Blockrändern gelegenen Gebäude als allgemeines Wohngebiet und in bestimmten Fällen auch als besonderes Wohngebiet, Misch- oder Kerngebiet einzustufen bzw. als solche in Bebauungsplänen festgesetzt. In diesen Baugebieten können Ferienwohnungen ausnahmsweise zugelassen werden (WA) oder sind allgemein zulässig (WB, MI, MK).

 

Aus dem Bestandsschutz kann nicht abgeleitet werden, dass die ausgeübte Nutzung bei nachträglicher Antragstellung auch zu genehmigen wäre. Vielmehr bewirkt der Bestandsschutz nur, dass eine vormals im Einklang mit den baurechtlichen Vorschriften stehende Nutzung auch dann weiterhin ausgeübt werden kann, wenn das aktuell geltende Baurecht eine solche Nutzung nicht mehr zulässt.

 

Gemäß der vorliegenden Erhebung liegen rd. 220 der insgesamt 300 in der Lübecker Altstadt vorhandenen Ferienwohnungen nicht in Gängen und Höfen oder auf anderen privaten Hofflächen in den Blockinnenbereichen, sondern an den Blockrändern. Nach Auswertung der vorliegenden Daten fallen hiervon rd. 170 unter Bestandsschutz.

 

Mit der Aufstellung der neuen Erhaltungssatzung werden somit nicht per se alle in der Lübecker Altstadt befindlichen Ferienwohnungen vom Markt genommen werden. Vielmehr wird es auch nach Inkrafttreten der Satzung weiterhin ein nicht unerhebliches Angebot an Ferienwohnungen in der Lübecker  Altstadt geben, nur kann eben mit der neuen Satzung einer fortschreitenden Verdrängung von Wohnungen durch Ferienwohnungen und andere gewerbliche Nutzungen entgegengewirkt werden.

 

Das Verfahren der Aufstellung der neuen Erhaltungssatzung soll mit dem Satzungsbeschluss der Bürgerschaft spätestens in der Sitzung am 29.08.2019 abgeschlossen werden.

Im 2. Quartal soll vorlaufend die Öffentlichkeit über den Satzungsentwurf informiert werden, hierbei wird auch die Möglichkeit zur Diskussion und zur Stellungnahme gegeben.

 

Bis zur Rechtskraft der Satzung werden Anträge auf Umnutzung von Wohnungen in Ferienwohnungen oder in andere gewerbliche Nutzungen auf Antrag des Bauausschusses zurückgestellt. Entsprechend wurde in den vergangenen Monaten bereits in mehreren Fällen verfahren.

 

Zu Punkt 3:  Mit der im Zuge der Rahmenplanung für die Lübecker Altstadt erfolgten Erhebung liegt eine vollständige Auflistung der in der Lübecker Altstadt mit Stand August 2018 vorhandenen Ferienwohnungen vor. Nach erfolgter Nutzungsaufgabe wird die Liste angepasst. Da künftig allenfalls nur noch wenige neue Umnutzungen im Geltungsbereich der Satzung genehmigt werden sollen, kann die Liste auf der Grundlage der einzureichenden Bauanträge fortgeschrieben werden.

 

Zu Punkt 4:  Der mit der Umsetzung von Nutzungsuntersagungen für Ferienwohnungen in Gängen und Höfen sowie der mit der Aufstellung einer neuen Erhaltungssatzung für die Lübecker Altstadt verbundene Personalaufwand kann nur überschlägig ermittelt werden. Eine belastbare Angabe des Zeitaufwandes ist nicht möglich, weil bei den Nutzungsuntersagungen wie bei den zu erwartenden Widersprüchen weder der Umfang der eingehenden Stellungnahmen, noch der Aufwand für deren Auswertung vorausgesehen werden kann. Gleiches gilt für die Aufstellung einer neuen Erhaltungssatzung und die Auswertung der zugehörigen Beteiligungsverfahren.

 

Für die Bewältigung der Nutzungsuntersagungen für die rd. 80 Ferienwohnungen in den Gängen und Höfen ist geplant, eine Stelle (geh. Dienst, Verwaltung) innerhalb des Fachbereichs 5 in den Bereich Stadtplanung und Bauordnung zu verlagern. Der Zeitaufwand für die einzelfallbezogene Prüfung der Voraussetzungen für Nutzungsuntersagungen, die Durchführung und Auswertung der Anhörungsverfahren sowie die abschließende Bescheidung wird auf ca. 3 Monate geschätzt. Dieses hängt auch sehr stark von den inhaltlichen Rückläufen aus dem o. a. beschriebenen Anhörungsverfahren ab.

 

Mit der Aufstellung einer neuen Erhaltungssatzung für die Lübecker Altstadt ist ein Mitarbeiter des Bereichs Stadtplanung und Bauordnung betraut. Der Zeitaufwand, der für die inhaltliche Aufbereitung der erforderlichen Unterlagen, die verwaltungsinterne Abstimmung sowie die Durchführung von Beteiligungsverfahren erforderlich ist, wird hier mit 4 Monaten kalkuliert.

 

Zum letzten Absatz:  Da bisher keine Erhebung zu den außerhalb der Lübecker Altstadt vorhandenen Ferienwohnungen vorliegt und davon ausgegangen werden muss, dass Nutzungsänderungen von Wohnungen in Ferienwohnungen auch hier in den meisten Fällen ohne Baugenehmigung erfolgt sind, kann bezüglich der Zweckentfremdung von Wohnungen für Ferienwohnungsnutzungen derzeit keine quantifizierbare Aussage erfolgen. Gleichwohl sind der Bauverwaltung nicht wenige Fälle bekannt, in denen insbesondere in Travemünde und in den innenstadtnahen Wohngebieten Umwandlungen von Wohnungen zu Ferienwohnungen erfolgt sind.

 

Unter Berücksichtigung des personellen Aufwandes zur Aufstellung von Erhaltungssatzungen erscheint dieses Planungsinstrument allenfalls für Travemünde gerechtfertigt, um auch dort Wohnnutzungen wirkungsvoll vor Verdrängungen zu schützen. Für Travemünde wird die Bauverwaltung nach Abschluss des Satzungsverfahrens für die Lübecker Altstadt prüfen, ob bzw. für welche Teile des Stadtteils die Aufstellung einer Erhaltungssatzung sinnvoll ist.

 

Um der Zweckentfremdung von Wohnungen auf gesamtstädtischer Ebene wirkungsvoll begegnen zu können, stellt nach wie vor die Aufstellung einer Zweckentfremdungsverbotssatzung das geeignete Instrument dar. Auch wenn das Land zuletzt im Juni 2018 gegenüber der Hansestadt Lübeck die Schaffung einer entsprechenden Rechtsgrundlage abgelehnt hat, liegen dem Schleswig-Holsteinischen Landtag gegenwärtig mehrere Anträge vor, eine Gesetzesgrundlage für die Aufstellung kommunaler Zweckentfremdungsverbotssatzungen zu schaffen.

 

Begründung zur Dringlichkeit:

Mit Beschluss vom 30.08.2018 (siehe Pkt. 1 des Anlasses) wurde der Bürgermeister aufgefordert, Nutzungsuntersagungen für Ferienwohnungen in Gängen und Höfen bis zum 01.02.2019 wirksam werden zu lassen.

Da diese Frist aufgrund der oben aufgeführten Gründe für die Verwaltung nicht umsetzbar ist, sollen die entsprechenden Gremien und damit auch die Öffentlichkeit vor dieser Frist mit diesem Bericht rechtzeitig informiert werden.

 


Anlagen