Vorlage - VO/2017/04754  

Betreff: Wegeeinziehung von öffentlichen Flächen gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 des Straßen- und Wegegesetzes (StrWG) für Schleswig-Holstein:
Einziehung einer Teilfläche des öffentlichen Parkplatzes Kowitzberg (5.660)
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senator Sven Schindler
Federführend:5.660 - Stadtgrün und Verkehr Bearbeiter/-in: Gutzeit, Dorothee
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Bauausschuss zur Vorberatung
15.05.2017 
Sitzung des Bauausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Entscheidung
18.05.2017 
30. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck unverändert beschlossen   

Beschlussvorschlag
Finanzielle Auswirkungen
Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Anlage 1 - Plan Einziehung Parkplatz Kowitzberg


Verfahren

Beteiligte Bereiche/Projektgruppen:

 

Ergebnis:

 

2.830 - Kurbetrieb Travemünde,

1.300 - Bereich Recht

Zustimmung bzw. keine rechtlichen Bedenken.

 

 

 

Beteiligung von Kindern und Jugendlichen

 

Ja

gem. § 47 f GO ist erfolgt:

X

Nein

Begründung:

 

Eine gesonderte Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ist mangels spezifischer Betroffenheit nicht erfolgt.

 

 

 

Die Maßnahme ist:

 

neu

 

 

freiwillig

 

X

vorgeschrieben durch das Straßen- und Wegegesetz für Schleswig-Holstein in der Fassung der Bekanntmachung vom 25.11.2003

 

 

 

Finanzielle Auswirkungen:

X

Nein

 

 

Ja (Anlage 1)

 


Begründung

  • Grundlagen

Der Bereich Stadtgrün und Verkehr hatte auf der Grundlage des nicht rechtswirksamen Bebauungsplanes 32.28.00 Travemünde/Kowitzberg den auf ehemals landwirtschaftlich genutzten Flächen entstandenen Großparkplatz „Kowitzberg“ gemäß Widmungsverfügung vom 24.05.1993 mit einer erstmaligen Einstufung nach § 3 Abs. 1 Ziffer 4c StrWG als „Sonstige öffentliche Straße“ gewidmet.

Dieser Parkplatz wurde seitdem von der Allgemeinheit u. a. für den Besuch der Ostseeküste zwischen Brodtener Steilufer und dem Kurgebiet/der Altstadt Travemündes genutzt.

Die Bürgerschaft hatte zur Thematik der Ausweisung und Einrichtung von Abstellplätzen für Wohnmobile in der Hansestadt Lübeck in ihrer Sitzung vom 24.01.2002, TOP 6.10, Drucks.Nr. 594, u. a. folgenden Antrag der SPD-Fraktion mehrheitlich beschlossen:

“Der Bürgermeister wird beauftragt, die planungsrechtlichen Voraussetzungen zur Errichtung eines privatbetriebenen Wohnmobilplatzes an der Lohmühle und auf dem Parkplatz Kowitzberg zu schaffen.“

Auf dieser Grundlage und wegen der Tatsache, dass für Travemünde ein entsprechender Nachfragebedarf an Wohnmobilplätzen bestand, errichtete der Kurbetrieb Travemünde (KBT) im Jahre 2005 auf einer ca. 8.000 m2 großen Teilfläche des insgesamt 43.793 m² großen öffentlichen Parkplatzes Kowitzberg einen reinen Wohnmobilparkplatz. Dieser Wohnmobilparkplatz fiel bzw. fällt nicht unter die Zelt- und Campingplatz-VO, er steht den Nutzern nur für eine Übernachtung zur Wiederherstellung ihrer Fahrtüchtigkeit zur Verfügung und wird seitdem erwerbswirtschaftlich betrieben.

Da diese private Nutzung der ursprünglichen Zweckbestimmung als öffentlicher Parkplatz entgegenstand, wurde im Jahre 2004 ein Einziehungsverfahren nach § 8 Abs. 1 des Straßen- und Wegegesetzes für Schleswig-Holstein (StrWG) durchgeführt. Denn die erfolgte Übertragung einer öffentlichen Verkehrsfläche in das Betriebsvermögen des KBT wäre sonst nicht möglich gewesen, weil ein dem öffentlichen Straßenverkehr gewidmetes, städtisches Eigentum nicht von der öffentlichen Baulastträgerschaft getrennt werden soll.

Zwischenzeitlich ist die Nachfrage nach Wohnmobilparkplätzen weiter stark gestiegen, insbesondere in den Sommermonaten und zu Veranstaltungen wie bspw. die Travemünder Woche ist der Wohnmobilparkplatz Kowitzberg überfüllt. Es ist festzustellen, dass vermehrt die Wohnmobile widerrechtlich auf dem noch öffentlichen Teil des Parkplatzes für Pkw abgestellt werden.

Um der stetig steigenden Nachfrage nach Parkplätzen für Wohnmobile gerecht zu werden, hat der KBT im Jahre 2014 Planungen zur Erweiterung des bestehenden Wohnmobilplatzes um ca. 50 Plätze und mit adäquater Infrastruktur für die Wasser- und Stromversorgung beauftragt. Der KBT erwartet dadurch Mehreinnahmen bei den Parkentgelten und der Kurabgabe in Höhe von ca. 65 TEUR pro Jahr abzüglich der Aufwendungen in Höhe von 25 TEUR pro Jahr.

Die diesbezügliche Vorlage des KBT VO/2016/04242 (Stand: 30.09.2016) zur Erweiterung des Wohnmobilparkplatzes Kowitzberg hat die Bürgerschaft in ihrer Sitzung am 23.02.2017 beschlossen.

  • Einziehungsverfahren für eine Teilfläche des öffentlichen Parkplatz Kowitzberg

Für die geplante Erweiterung des Wohnmobilparkplatzes Kowitzberg wird auf Dauer öffentliche Verkehrsfläche in Anspruch genommen, es werden ca. 200 öffentliche Pkw-Parkplätze entfallen.

Der dauerhafte Entzug des Gemeingebrauchs an der schraffierten Teilfläche des Flurstücks 9/4 der Flur 3, Gemarkung Gneversdorf gemäß Anlage 1 bedarf einer förmlichen Einziehung.


Rechtsgrundlage hierfür ist § 8 Abs. 1 Satz 2 StrWG unter der Voraussetzung, dass Gründe des öffentlichen Wohls vorliegen, die gegenüber privaten Interessen überwiegen. Die betroffenen privaten und öffentlichen Interessen sind festzustellen und gegeneinander abzuwägen.

Als öffentliche Belange sind demnach zu berücksichtigen:

  •            Verbesserung der Standortqualität Travemündes für Wohnmobil-Touristen

Durch die Erweiterung des bestehenden Wohnmobilplatzes werden ca. 50 zusätzliche Parkplätze entstehen, so dass insgesamt ca. 100 Plätze angeboten werden können.

Dem Abstellen von Wohnmobilen an nicht dafür vorgesehenen Stellen, wie z. B. im Wohngebiet oder auf Pkw-Parkplätzen, wird entgegengewirkt.

  •            Wirtschaftliche Gründe

Infolge der Maßnahme werden Mehreinnahmen bei den Parkgebühren und der Kurabgabe in Höhe von ca. 40 TEUR pro Jahr generiert. Weiterhin ist mit der wachsenden Frequentierung des Wohnmobilparkplatzes eine weitere Stärkung/Belebung des Kurgebietes/der Altstadt Travemündes auch hinsichtlich der Einzelhandels- und Gastronomiebetriebe zu erwarten.

Diesen öffentlichen Zielen und Interessen des Gemeinwohls stehen folgende, erkennbare private Interessen gegenüber:

  •             Belange der Allgemeinheit und der Anlieger

Die Allgemeinheit nutzt den öffentlichen Parkplatz Kowitzberg u. a. für den Besuch der Ostseeküste zwischen Brodtener Steilufer und dem Kurgebiet/der Altstadt Travemündes.

Mit der Einziehung einer weiteren Teilfläche des Parkplatzes Kowitzberg werden ca. 200 öffentliche Parkplätze entfallen, ca. 550 Parkplätze für die Pkw-Nutzung verbleiben.

Hinsichtlich des Parkplatzangebotes in Travemünde hat die Hansestadt Lübeck im Jahr 2014 dort das gesamte Angebot an öffentlichen Parkplätzen untersucht und kommt zu dem Ergebnis, dass aufgrund der von der KWL ermittelten Auslastung auch an Spitzentagen eine Reserve von ca. 20-30 % vorhanden ist. Somit ist eine durch diese Erweiterung des Wohnmobilparkplatzes bedingte Reduzierung des Gesamtangebots vertretbar.

Der zusätzlichen Reduzierung des öffentlichen Parkplatzangebotes durch Aufhebung des Parkplatzes Am Leuchtturm und der Verkleinerung der Fläche am Godewind steht die Erweiterung der Reserve durch die Vergrößerung des Parkplatzes am Lotsenberg gegenüber.

Die Einziehung steht weiter nicht im Widerspruch zur bisherigen öffentlichen Nutzung des verbleibenden öffentlichen Parkplatzes Kowitzberg.

Das öffentliche Wohl wird maßgeblich definiert durch den aktuellen Beschluss der Bürgerschaft vom 23.02.2017 zur Erweiterung des Wohnmobilparkplatzes Kowitzberg.

Insgesamt besteht kein Rechtsanspruch auf Beibehaltung der bisherigen Gegebenheiten in dem jetzigen Umfang, geringfügige Benachteiligungen wären in Kauf zu nehmen.

Die für die Einziehung sprechenden Belange des öffentlichen Wohls überwiegen nach derzeitiger Sachlage u. U. entgegenstehenden Einzelinteressen aus der Anliegerschaft. Durch diese Einziehung werden weiterhin das Interesse der Allgemeinheit und die Belange der

 

künftigen Betreiber und Nutzer gewahrt. Zur Klärung und abschließenden Gewichtung sonstiger betroffener Belange dient das Auslegungsverfahren nach § 8 Abs. 3 StrWG.

Vor diesem Hintergrund wird auf der Grundlage des § 8 Abs. 1 Satz 2 StrWG die Einziehung einer Teilfläche des öffentlichen Parkplatzes Kowitzberg – betreffend die schraffierte Teilfläche des Flurstücks 9/4 der Flur 3, Gemarkung Gneversdorf gemäß Anlage 1 – beschlossen.

  • Allgemeines zum Einziehungsverfahren

Die Hansestadt Lübeck verfügt als Straßenbaulastträger auf der Grundlage des § 8 StrWG  in der Fassung der Bekanntmachung vom 25.11.2003 (GVOBl.-SH S. 631, 2004, S. 140)  selbst die Wegeeinziehungen.

Im förmlichen Einziehungsverfahren beschließt die Bürgerschaft zunächst darüber, ob sie die Absicht hat, eine öffentliche Verkehrsfläche einzuziehen. Dazu dient diese Vorlage.

Diese Einziehungsabsicht wird nach § 8 Abs. 3 StrWG öffentlich bekannt gemacht unter Hinweis auf Zeit und Ort der Auslegung der Pläne der einzuziehenden Fläche zur Einsichtnahme (4 Wochen). Nach Beendigung der Auslegung haben alle Verkehrsteilnehmer gemäß § 8 Abs. 4 StrWG die Möglichkeit, innerhalb von zwei Wochen Einwendungen gegen die Einziehung zu erheben.

Nach Ablauf der Auslegungs- und Einwendungsfristen werden die Einwendungen von der Verwaltung bewertet, danach erfolgt die öffentliche Bekanntgabe (§ 8 Abs. 5 StrWG) der Einziehungsverfügung.

Widerspruchs- und klagebefugt hiergegen sind nur Personen, die in ihren subjektiven Rechten betroffen sind, das sind in der Regel nur die Anlieger, wenn die Zugänglichkeit ihres Grundstücks möglicherweise beeinträchtigt wird.

 

 


Anlagen

Anlage 1: Plan zur Einziehung - Auszug aus der „Digitalen Stadtgrundkarte“ (DSGK)

 

 

Anlagen:  
  Nr. Status Name    
Anlage 1 1 öffentlich Anlage 1 - Plan Einziehung Parkplatz Kowitzberg (486 KB)