Nach §60 AsylG ist die Hansestadt Lübeck verpflichtet, die ihr vom Landesamt für Ausländerangelegenheiten zugewiesenen Asylsuchende unterzubringen. Aufgrund der in den letzten Jahren und insbesondere im Jahr 2015 stark angestiegenen Zuweisungszahlen möchte die Hansestadt Lübeck die Betreiberschaft von neuen kommunalen Gemeinschaftsunterkünften und die Betreuung in diesen Unterkünften ausschreiben.
Zwischen der Hansestadt Lübeck und der Gemeindediakonie wurde ein Vertrag über die Durchführung der Aufgaben „Betreuung von Asylbewerbern und Asylbewerberinnen“ in der Hansestadt Lübeck mit Datum vom 30.09./04.11.1991 sowie eine diesbezügliche Durchführungsvereinbarung mit Datum vom 01.07.2014, ergänzt durch die Verträge vom 06.07.2014 und 07.12.2015, geschlossen. Mit diesem Vertrag hat die Gemeindediakonie nach dem Verständnis beider Parteien exklusiv für das Stadtgebiet der Hansestadt Lübeck entsprechend dem jeweiligen Bedarf die Unterbringung und umfassende Betreuung von Asylsuchenden übernommen. Im Jahre 1991 hat die Bürgerschaft die Durchführung dieser Aufgabe zeitlich unbefristet auf die Gemeindediakonie übertragen. Auf Grundlage dieses Beschlusses wurde der Bereuungsvertrag abgeschlossen. Der Beschluss erging zu einer Zeit, als Vergaberecht noch nicht einschlägig war.
In der jüngsten Vergangenheit, insbesondere seit dem Jahr 2015, ist der Bedarf der Hansestadt Lübeck für die Unterbringung und Betreuung von Asylsuchenden sprunghaft gestiegen. Vor diesem Hintergrund erfolgte eine Überprüfung des bestehenden Betreuungsvertrages und seiner Handhabung unter wettbewerblichen, insbesondere vergaberechtlichen Gesichtspunkten. Diese Prüfung hat ergeben, dass eine weitere exklusive Betrauung der Gemeindediakonie mit den künftig zu betreibenden Einrichtungsstandorten unter vergaberechtlichen Gesichtspunkten rechtlich angreifbar ist. Mehrere Wettbewerber auf dem Markt haben eine Überprüfung bei der Vergabekammer angedroht für den Fall, dass der Betrieb künftig zu eröffnender Einrichtungen nicht ausgeschrieben wird.
Die Exklusivität des bestehenden Betreuungsvertrages soll daher aufgehoben werden und die Betreiberschaft künftiger in Betrieb zu nehmender kommunaler Gemeinschaftsunterkünfte bzw. die Betreuung in den künftigen Gemeinschaftsunterkünften für Asylsuchende nach Maßgabe des geltenden Vergaberechts ausgeschrieben werden.
Es ist beabsichtigt, einen Rahmenvertrag über eine Laufzeit von 2 Jahren mit der zweimaligen Option, den Vertrag jeweils um 2 weitere Jahre zu verlängern zu vergeben. Ausgeschrieben wird die Betreiberfunktion für Unterkünfte für Asylsuchende im gesamten Stadtgebiet der Hansestadt Lübeck.
Der sog. Lübecker Weg der Hansestadt Lübeck beinhaltet, Gemeinschaftsunterkünfte im bedarfsgerechten Umfang möglichst in einer Größe ab 40 Plätzen verteilt auf das gesamte Stadtgebiet einzurichten. Davon abweichend können zudem auch kleinere derzeit noch nicht bekannte Einheiten (zwischen 5 und 40 Plätzen) sowie drei größere Standorte bereits im Bau bzw. in Planung befindliche Einrichtungen entstehen, die von der Ausschreibung umfasst werden.
Darüber hinaus schließt der Betreiber für die Asylsuchenden, die aus der Gemeinschaftsunterkunft in eine eigene Wohnung ziehen bei Bedarf für das erste Jahr ein Probewohnverhältnis ab.
Zum Betreuungsumfang gehören auch die Betreuung ehemaliger BewohnerInnen in eigenem Wohnraum. Die dezentrale Betreuung begleitet die Flüchtlinge für maximal das erste Jahr bzw. im Verlauf des Probewohnens im eigenen Wohnraum bei allen auftretenden Problemen. Im Anschluss erfolgt die Überführung in die allgemeinen Hilfesysteme.
Verfahren:
Da die Ausschreibung aufgrund der Dauer der Vorarbeiten erst nach dem 18.04.16 veröffentlicht werden wird, ist für dieses Vergabeverfahren das neue Vergaberecht anzuwenden.
Danach fällt die auszuschreibende Leistung als Dienstleistung des Gesundheits- und Sozialwesens und dazugehöriger Dienstleistungen (CPV-Code 85310000) unter das sogenannte Sonderregime (Anhang XIV), das Vereinfachungen im Verfahren zulässt. Der entsprechende Schwellenwert für diese Leistungen liegt bei 750.000,- €, welcher deutlich überschritten werden wird.
Für das Sonderregime gilt für Vergaben oberhalb des Schwellenwertes die freie Wahl zwischen allen Verfahrensarten außer dem Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb.
Da sowohl das nicht offene Verfahren mit Teilnahmewettbewerb als auch das Verhandlungsver-fahren mit Teilnahmewettbewerb zweistufige Vergabeverfahren sind, für die für jede Phase (Be-werbungs- und Angebotsphase) Fristen gelten, wird ein offenes Verfahren nach § 15 Vergabe-verordnung (VgV) (neu) angestrebt. Die Regel-Angebotsfrist für das offene Verfahren beträgt mind. 35 Tage. Nach § 65 Abs. 3 VgV (neu) kann der Auftraggeber bei sozialen Dienstleistungen jedoch eine hiervon abweichende angemessene Frist festlegen. In diesem Fall wird eine Frist von 21 bis 28 Tagen als angemessen erachtet. Die Bieter sollen mit ihrem Preisangebot auch ein Betreiberkonzept vorlegen. Die besten 3-5 Bieter sollen dieses Konzept anschließend präsentieren. Bei den Zuschlagkriterien werden sowohl Preis als auch Qualität gewichtet.
Finanzierung:
Die entstehenden Kosten der Unterkunft werden refinanziert über das Asylbewerberleistungsgesetz und ab 1.1.2016 zu 90% vom Land Schleswig-Holstein getragen.
Die Kosten der Betreuung werden zum Teil durch die Integrations- und Aufnahmepauschale gedeckt, die vom Land in der Höhe von 2000 Euro einmalig pro zugewiesenen Asylsuchenden gezahlt wird. In der Anlage zu dieser Vorlage werden für 2016 die voraussichtlichen Erträge und Aufwendungen für die Monate August bis September dargestellt. Für die Folgejahre liegen noch keine konkreten Zahlen über Erträge und Aufwendungen vor, so dass von 2017 bis 2019 vorerst mit den Vergleichszahlen aus 2016 gerechnet werden muss. Der Kostendeckungsgrad für 2016 beträgt voraussichtlich 91 v. Hundert.