Vorlage - VO/2015/02568  

Betreff: Verkauf von Wohngrundstücken, die mit einem Erbbaurecht belastet sind
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senator/in Sven Schindler
Federführend:2.280 - Wirtschaft und Liegenschaften Bearbeiter/-in: Bruhse, Kerstin
Beratungsfolge:
Hauptausschuss zur Vorberatung
24.03.2015 
27. Sitzung des Hauptausschusses unverändert beschlossen   
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Entscheidung
26.03.2015 
14. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck unverändert beschlossen   

Beschlussvorschlag
Finanzielle Auswirkungen
Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Anlage 1 finanz. Ausw
Anlage 2
Anlage 3 _ Auszug Beschlusspunkte

1

Beschlussvorschlag

  1. Die Verkaufsaktion (vgl. Bürgerschaftsbeschluss vom 26.11.2009, Anlage 3) von Wohngrundstücken wird bis zum 31.12.2016 zu folgenden geänderten Konditionen neu aufgenommen:
     
  2. Der Beschlusspunkt 1 des Bürgerschaftsbeschlusses vom 26.11.2009 wird für den unter Ziffer 1  genannten Zeitraum wie folgt geändert:
    Im Zuge der Haushaltskonsolidierung wird bis 31.12.2016 allen Erbbauberechtigten städtischer Wohngrundstücke
    - deren Erbbaurechtsverträge noch mindestens 20 Jahre laufen,
    - die keine automatische Wertsicherungsklausel enthalten und
    - deren Nutzung nicht mehr als zwei Wohneinheiten beinhaltet oder
    - im Erbbaurechtsvertrag oder durch Zusatzvereinbarung eine gewerbliche Ver-
      mietung / Nutzung vereinbart worden ist,

die Möglichkeit des Ankaufs des Grundstückes, soweit ein öffentliches Interesse nicht entgegensteht, gegeben.
Soweit ein Verkauf von nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) geteilten Erbbaurechten erfolgen soll, wird ein möglicher Abschlag nur gewährt, wenn alle Wohnungserbbauberechtigten gemeinsam erwerben.

Auf dem Bodenwert des unbelasteten Grundstückes wird ein Abschlag gewährt in Höhe von:
a) 17,5 %              bei einer Rendite von 0,1 – 0,75 %
b) 12,5 %              bei einer Rendite von 0,76 – 1,5 %

c)   7,5 %              bei einer Rendite von 1,51 – 2,5 %
 

  1. Nach Abschluss ist der Bürgerschaft ein zusammenfassender Bericht über den Verlauf und Ergebnis der Verkaufsaktion vorzulegen.

 

 

 

 

 

 

 

Beteiligte Bereiche/Projektgruppen:

Verfahren

Beteiligte Bereiche/Projektgruppen:

Ergebnis:

 

 

1.201 – Haushalt und Steuerung

1.300 – Recht

5.610 – Stadtplanung

 

Anmerkungen wurden eingearbeitet

Anmerkungen wurden eingearbeitet

keine Bedenken

 

 

Beteiligung von Kindern und Jugendlichen

 

Ja

gem. § 47 f GO ist erfolgt:

x

Nein

Begründung:

 

 

Eine Beteiligung von Kindern und Jugendlichen hat nicht stattgefunden, da negative Auswirkungen auf Kinder und/ oder Jugendliche durch den Beschluss nicht gegeben sind.

Die Maßnahme ist:

x

neu

 

x

freiwillig

 

 

vorgeschrieben durch

 

 

 

Finanzielle Auswirkungen:

 

x

Ja (Anlage 1)

 

Die Hansestadt Lübeck verfügt über rd

Begründung

Die Hansestadt Lübeck verfügt über rd. 8.700 Erbbau- und Wohnungserbbaurechte (ohne den Kurbetrieb Travemünde und der Stiftungsverwaltung) mit einer. Gesamtgröße aller Erbbaurechtsgrundstücke von ca. 5.619.900 m². Von dem dieser Verkaufsaktion zugrundeliegenden Bürgerschaftsbeschlusses vom 29.11.2009, Top 13.19, Drs.Nr. 142 (s. Anlage 3) sind ca. 5.520 Erbbaugrundstücke betroffen. Wegen der Vielzahl der betroffenen Grundstücke wurde die Aktion auf 4 Jahre befristet, damit alle potentiellen Interessenten angesprochen werden können.

 

Der Bereich Wirtschaft und Liegenschaften hat unmittelbar nach Beschlussfassung eine Anschreibeaktion gestartet, da eine alleinige Bekanntmachung über die Presse nicht alle potentiellen Interessenten erreicht hätte. Durch die Anschreibeaktion sollte sichergestellt werden, dass alle Erbbauberechtigten berücksichtigt werden, die unter diese Verkaufsaktion fallen, u.a. auch die Erbbauberechtigten, die ihren Wohnsitz nicht in der Hansestadt Lübeck haben. Damit sollte dem Grundsatz der Gleichbehandlung Rechnung getragen werden.

 

Von den anzuschreibenden insgesamt ca. 5.520 Erbbauberechtigten sind ca. 3.752 über die Möglichkeit  des Erwerbs ihres Erbbaurechtsgrundstückes schriftlich informiert worden. Ca. 1.775 Erbbauberechtigte haben noch keine Mitteilung hinsichtlich des Erwerbes ihres Erbbaurechtsgrundstückes zu vergünstigten Konditionen erhalten.

 

Für den Zeitraum 2010 bis zum Ende der Verkaufsaktion gem. Bürgerschaftsbeschluss vom 29.11.2009 (TOP 13.19, Drs.Nr. 142) stellt sich die Verkaufsaktion wie folgt dar:

 

                angeschrieben: 3.752 von 5.520
(= 67,8 %)
 

                Anzahl Verkäufe: 258
(= 6,8 % d. angeschriebenen EB)
 

                Kaufpreisvolumen: 13,006 Mio. EUR
 

                wegfallender EBZ: ca. 100.000 EUR (= 0,76  % d. erzielten Verkaufsvolumens)
 

                Gesamtgröße der EB-Grundstücke: 5.619.900 m²
verkauft ca. 150.000 m², d.h. 2,67 % der Gesamtgröße

 

Im Einzelnen ergeben sich die Verkäufe für die Jahre 2010 bis zum Ende der vorgenannten Verkaufsaktion (31.12.2013) aus der aufgeführten Tabelle (s. Anlage 2). Die Anzahl der Kaufentscheidungen ist geringer als in der vorherigen Aktion ( ca. 1300 Verkäufe), die von 2003- 2008 durchgeführt wurde. Zwar ist in der laufenden Aktion die Finanzierungssituation besser, da seit längeren die Darlehenszinsen extrem niedrig sind. Dafür sind die angebotenen Kaufpreise wesentlich höher als in der früheren Verkaufsaktion, da die Bodenwerte erheblich gestiegen sind. Gleichwohl ist damit zu rechnen, dass auch bei den bisher nicht angeschriebenen Erbbauberechtigen ein Teil auch unter Berücksichtigung der anhaltenden niedrigen Darlehenszinsen noch kaufen wird. Von daher wird empfohlen, auch diesen Personenkreis noch von der Möglichkeit des Kaufes zu informieren.

 

Rendite und damit verbunden zu gewährende Preisnachlässe

 

In dem Gutachten zur Überprüfung des Verkaufsmodells von 2009 der Hansestadt Lübeck für Erbbaurechtsgrundstücke unter Berücksichtigung der heutigen Marktverhältnisse des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in der Hansestadt Lübeck vom 10.11.2014 wurden folgende Marktsegmente untersucht:

a)      Entwicklungen am Immobilienmarkt in Lübeck bezogen auf mit Erbbaurechten belastete Grundstücke

b)     Untersuchung der Verkäufe von Erbbaurechtsgrundstücken.

 

Unter Berücksichtigung der o.g. Untersuchungen ist im Ergebnis festzuhalten, dass für das Marktsegment bis 45.000 EUR unbelastetem Bodenwert und unter Beibehaltung der Preisnachlässe (35 - % - 15 %) gem. Bürgerschaftsbeschluss vom 29.11.2009 der Verkaufspreis vermutlich unterhalb des Verkehrswertes liegt. Für das Marktsegment über 45.000 EUR unbelastetem Bodenwert unter Beibehaltung der vorgenannten Preisnachlässe der Verkaufspreis vermutlich weiterhin oberhalb des Verkehrswertes liegen wird.

 

Daher war eine Anpassung des Verkaufsmodells bzw. der Preisnachlässe notwendig, damit die erzielten Kaufpreise oberhalb des Verkehrswertniveaus liegen.

 

Ziel dieser neuerlichen Verkaufsaktion soll es weiterhin sein, für die Hansestadt Lübeck unrentierliche Erbbaurechte abzustoßen. Die Rendite ergibt sich aus dem Verhältnis des heutigen Bodenwertes eines unbelasteten Grundstückes zu dem auf Grund des Erbbaurechts-vertrages unter Ausschöpfung aller potentiellen Erhöhungsmöglichkeiten zu zahlenden Erbbauzins.

 

Der Landesrechnungshof hat in seinem Prüfbericht 2006/2009 der kreisfreien Städte die Einräumung von Sonderkonditionen  "im Rahmen von zeitlich befristeten Verkaufsaktionen bei Altverträgen" befürwortet, "die keine Wertsicherungsklausel enthalten". Diese Voraussetzung trifft bei der Zielgruppe der Verkaufsaktion weiterhin zu.

Dem Verkauf von Erbbaurechtsgrundstücken steht auch § 90 der Gemeindeordnung Sch.-H. nicht entgegen. Gem § 90 GO sind Vermögensgegenstände in der Regel nur zum vollen Wert zu veräußern. Unter dem Begriff des „vollen Wertes“ ist der Verkehrswert des  Grundstückes zu verstehen. Bewertungstechnisch besteht ein Unterschied zwischen einem unbebauten und unbelasteten Grundstück und einem Grundstück, das mit einem Erbbaurecht belastet ist. Das Erbbaurecht ist stets bei der Ermittlung des Verkehrswerts des Erbbaugrundstücks zu berücksichtigen. Da die Baulandpreise in Lübeck wie in allen Großstädten in den letzten Jahrzehnten wesentlich stärker gestiegen sind, als der Verbraucherpreisindex, liegt der vertragliche Erbbauzins auch bei Verträgen mit modernen Wertsicherungsklauseln in aller Regel unter den aktuellen marktüblichen Beträgen; bei fehlenden oder suboptimalen Wertsicherungsklauseln ist die Differenz umso größer. Der Verkehrswert für Erbbaugrundstücke liegt deshalb fast immer unter dem unbelasteten vollen Bodenwert. Die wesentlichen Einflussgrößen bei der Ermittlung des Verkehrswerts eines Erbbaurechtsgrundstückes sind demnach

• der gezahlte Erbbauzins,

• die Restlaufzeit des Erbbaurechts und

• ein eventuell vorhandenes besonderes Interesse des Erbbauberechtigten.

 

Der volle unbelastete Bodenwert geht nur über die Restlaufzeit des Erbbaurechts abgezinst in die Bewertung ein. Die in der Aktion verwandten Abschläge stellen eine mit dem Gutachterausschuss abgestimmte Vereinfachungsmethode durch Verwendung von pauschalierten Abschlägen dar. Der Gutachterausschuss hat mit Schreiben vom 26.10.2009 ausdrücklich festgestellt, dass die von der Verwaltung vorgeschlagenen nach Rendite gestaffelten Abschläge unter  den nach der Wertermittlungsverordnung und einer Einzelbewertung durch den Gutachterausschuss liegen.  Die so mit renditeabhängigen Abschlägen erzielten Kaufpreise liegen also sogar über dem Verkehrswert eines mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstückes  und damit über dem vollen Wert gem. § 90 GO.

 

Das Landgericht Lübeck hat in seiner Entscheidung vom 11.04.2013 klargestellt, dass in Zukunft Erhöhungen des Erbbauzinses möglich sind, wenn die Lebenshaltungskosten erneut um mehr als 10 % gestiegen sind, jedoch nicht vor Ablauf von jeweils 5 Jahren seit der letzten Festsetzung. Somit ist eine stetige Steigerung der Einnahmen aus Erbbauzinsen gesichert, wenn auch derzeit sehr niedrige Steigerungen des Verbraucherpreisindex zu erwarten sind

 

Im Rahmen dieses Urteils sind jedoch die Erbbauzinsen für einen Großteil  der betroffenen Fälle zunächst nach unten zu korrigieren, so dass es sich weiterhin um ein „unrentierliches Erbbaurecht“ für die Hansestadt Lübeck handelt. Eine überschlägige Prüfung hat ergeben, dass  trotz der fortlaufenden Anpassungsmöglichkeiten des Erbbauzinses  davon auszugehen ist, dass bei einer Vielzahl der Fälle bis zum Ende der Laufzeit des Erbbaurechtes eine Rendite von mehr als 2,5 % nicht erreicht werden wird.

 

Der Beschlussvorschlag zur neuen Verkaufsaktion enthält nunmehr zusätzlich den Vorschlag von der Aktion die Erbbaurechtsgrundstücke auszunehmen, die mit mehr als zwei Wohneinheiten bebaut sind oder bei denen im Erbbaurechtsvertrag oder durch Zusatzvereinbarung (Fremdnutzungsaufschlag) eine gewerbliche Vermietung / Nutzung vereinbart worden ist. Weiterhin enthält die Beschlussvorschlag eine Regelung dahingehend, dass ein möglicher Abschlag bei einem Verkauf von nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) geteilten Erbbaurechten nur gewährt wird, wenn alle Wohnungserbbauberechtigten gemeinsam erwerben. Mit dieser Regelung soll sichergestellt werden, dass die grundsätzlich Handhabung der Hansestadt Lübeck, nur an die Erbbauberechtigten bzw. Wohnungserbbauberechtigten des Grundstückes zu veräußern, beibehalten wird.  Damit erfolgt eine Klarstellung der bisherigen Beschlusslage, die nur auf die Höhe aus dem Erbbauzins für die Hansestadt Lübeck abstellte.

 

Fazit

 

Die Verwaltung empfiehlt daher auch vor dem Hintergrund der gerichtlich festgestellten  stetigen Anpassungsmöglichkeiten hinsichtlich des Erbbauzinses eine neue Verkaufsaktion bis zum 31.12.2016 durchzuführen, damit allen Erbbauberechtigten die Möglichkeit gegeben werden kann, ihr Erbbaurechtsgrundstück zu vergünstigen Konditionen zu kaufen.

 

Unter Zugrundlegung des neu festgesetzten Erbbauzinses gem. Landgerichtsurteil vom 11.04.2013 und der jeweils  gültigen Bodenrichtwertkarte des Gutachterausschusses für Grundstückswerte wird der Vielzahl der Erbbauberechtigten ein Preisnachlass von 17,5 % zu gewähren sein. Dieses stellt somit  einen größeren Kaufanreiz dar und es können weitere   Einnahmen aus Grundstücksverkäufen generiert werden, die zur allgemeinen Schuldentilgung des städtischen Haushaltes dienen können. Die dadurch entfallenden Erbbauzinsen liegen deutlich unter den bei einer Verwendung der Kaufpreiserlöse für  Entschuldungen oder Vermeidung von Kreditaufnahmen ersparten Zinsaufwendungen der Hansestadt Lübeck. Im Rahmen des Konsolidierungsfonds werden diese Verkäufe sogar mit einem Prozentsatz von 4 % p.a. angerechnet.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Anlage 1 – Finanzielle Auswirkungen

Anlagen

Anlage 1 – Finanzielle Auswirkungen

Anlage 2 – Ergebnis der Verkaufsaktion gem. Bürgerschaftsbeschluss

                    vom 26.11.2009 bis Ende 2013

Anlage 3 – Beschluss 26.11.2009

 

 

 

Anlagen:  
  Nr. Status Name    
Anlage 1 1 öffentlich Anlage 1 finanz. Ausw (12 KB)    
Anlage 2 2 öffentlich Anlage 2 (16 KB)    
Anlage 3 3 öffentlich Anlage 3 _ Auszug Beschlusspunkte (14 KB)