Vorlage - VO/2015/02512  

Betreff: Stellungnahme zur Empfehlung des Ausschusses für Kultur und Denkmalpflege zum Änderungsantrag zu VO/2014/02156 Wegeeinziehung von öffentlichen Flächen gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 des Straßen- und Wegegesetzes (StrWG), hier: Neuordnung des "Gründungsviertel" (5.610)
Status:öffentlich  
Federführend:5.610 - Stadtplanung und Bauordnung Bearbeiter/-in: Bartels-Fließ, Annette
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Entscheidung
26.03.2015 
14. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Änderungsantrag zur Vorlage Nr VO-2014-02156 - Einziehung öffentl Flächen im Gründungsviertel
GV_Krumme Querstraße_2015.03.09

Als Voraussetzung für die Wiederherstellung historischer Baufluchten in der Braun-, Fisch- und Alfstraße sowie für die Herstellung schmaler Straßenräume in Einhäuschen Querstraße und Gerade Querstraße ist neben der Aufstellung des Bebauungsplanes die Ein

Beschlussvorschlag

Als Voraussetzung für die Wiederherstellung historischer Baufluchten in der Braun-, Fisch- und Alfstraße sowie für die Herstellung schmaler Straßenräume in Einhäuschen Querstraße und Gerade Querstraße ist neben der Aufstellung des Bebauungsplanes die Einziehung derjenigen Verkehrsflächen erforderlich, die künftig bebaut werden sollen.

Die entsprechende Vorlage VO/2014/02156 zur Einziehung ist in der Bürgerschaftssitzung am 27.11.2014 vor späterer Beschlussfassung in der Bürgerschaft zunächst in den Ausschuss für Kultur- und Denkmalpflege überwiesen worden. Zur Beratung im Ausschuss für Kultur und Denkmalpflege wurde ein interfraktioneller Änderungsantrag gestellt, der das Ziel hat, die Krumme Querstraße in ihrem historischen Verlauf wieder herzustellen und zwischen Krumme Querstraße und Gerade Querstraße eine öffentliche Grünfläche und Parkplätze anzulegen. Der Ausschuss für Kultur- und Denkmalpflege empfiehlt der Bürgerschaft, die Vorlage mit den Änderungen des interfraktionellen Antrags zu beschließen.

Der Fachbereich Planen und Bauen nimmt zu dem Beratungsergebnis des Ausschusses für Kultur und Denkmalpflege wie folgt Stellung:

Begründung

 

Der Fachbereich Planen und Bauen nimmt zu dem Beratungsergebnis des Ausschusses für Kultur und Denkmalpflege wie folgt Stellung:

 

  1.    Städtebaulicher Denkmalschutz

Das Planungsgebiet liegt nicht im Welterbebereich, sondern in dessen Pufferzone. Wesentlicher Bestandteil des Welterbes ist nicht der historische Stadtgrundriss im Detail, sondern die markante Stadtsilhouette mit den 7 Kirchtürmen und die geschlossen erhaltene Stadtstruktur und Bausubstanz. Der Erhalt der kulturhistorischen Werte und stadtbildprägenden Elemente bedeutet nicht, dass der historische Stadtgrundriss in seiner Gesamtheit im Original wiederherzustellen ist.

 

Der Stadtgrundriss steht nicht unter Denkmalschutz.

 

Ziel ist nicht die originalgetreue Rekonstruktion des kompletten historischen Stadtgrundrisses, sondern die kritische Rekonstruktion, d.h. die Wiederherstellung der historischen Grundstrukturen unter Berücksichtigung der heutigen Rahmenbedingungen und insbesondere der heutigen Eigentumsverhältnisse (siehe auch Punkt 3).

 

Im Rahmen der erforderlichen archäologischen Grabungen werden die Gründe für den Verlauf der Krummen Querstraße und ihre Bedeutung erforscht werden.

 

  1.    Irreversibilität

Da in absehbarer Zeit nicht davon auszugehen ist, dass die angrenzenden Grundstücke in der Geraden Querstraße für eine bauliche Entwicklung zur Verfügung stehen, wird bewusst darauf verzichtet, die Krumme Querstraße in ihrem Verlauf zu rekonstruieren, um nicht für nachfolgende Jahrzehnte ein städtebaulich unbefriedigendes Provisorium und eine Wunde im Stadtgefüge zu schaffen.

 

Ziel ist die Wiederherstellung der historischen Grundstrukturen unter Berücksichtigung der heutigen Rahmenbedingungen und der heutigen Eigentumsverhältnisse.

 

  1.    Bewahrung von Entwicklungspotentialen

Eine Ausweitung des Baublocks zwischen An der Untertrave und Gerade Querstraße ist unter den heutigen Gegebenheiten und Eigentumsverhältnissen nicht realistisch und zeichnet sich auch für die kommenden Jahre nicht ab. Die Aussage, dass sich die Liegenschaften an der Geraden Querstraße in einer Hand befinden, ist unzutreffend. Es handelt sich an der Geraden Querstraße um drei Grundstückseigentümer, die für eine Neubebauung auch dort gleichartig gerichtet und weitgehend zeitgleich handeln müssten. Eine Überbauung der Geraden Querstraße würde zu so hohen Kosten führen, dass die Wirtschaftlichkeit einer Neubebauung in Frage gestellt werden muss. Es müssten die bereits neu verlegten Leitungen umgelegt werden, erforderliche archäologische Grabungen außerhalb der heute bebauten Bereiche sind mit hohen Grabungskosten für die Eigentümer verbunden. Entwicklungspotentiale auf den Flächen des bestehenden Baublocks zwischen Gerader Querstraße und Untertrave können allerdings z.B. hinsichtlich Geschossigkeit genutzt werden.

 

  1.    Fehlende Freiräume und Grünflächen

Der historische Stadtgrundriss ist gekennzeichnet durch enge Straßen und eine dichte Bebauung. Plätze in diesem Bereich der Lübecker Altstadt entsprechen in keiner Weise der historischen Nutzung des Straßenraumes, öffentliche Freiflächen befinden sich am Altstadtrand an der Untertrave in der unmittelbaren Umgebung. Für das Erlebnis des Stadtraumes in der schmalen Krummen Querstraße müssten beide Seiten bebaut sein. Unter den heutigen Voraussetzungen wäre allerdings nur eine einseitige Bebauung möglich. Diese würde der städtebaulich räumlichen Leitidee widersprechen und erneut eine Wunde im Stadtgefüge schaffen.

Die Planung des Fachbereichs Planen und Bauen folgt dem historischen Vorbild und verzichtet auf zufällige Grünflächen.

Der im Änderungsantrag formulierte Wunsch nach mehr Grün- und Freiflächen widerspricht den an anderer Stelle formulierten Zielen Rekonstruktion des Stadtgrundrisses und Bewahrung der besonderen städtebaulichen Strukturen der Altstadt. Die Lage in unmittelbarer Nähe zur Untertrave ermöglicht den Zugang zu öffentlichen Freiräumen auf viel kürzerem Wege als für viele andere Altstadtbewohner.

Im Übrigen bliebe von der Grünfläche nichts mehr übrig, wenn dort Anwohnerparkplätze vorgesehen würden, wie vom Antragssteller vorgeschlagen (siehe Punkt 7).

Die vorgeschlagenen, das Wohnen ergänzenden Nutzungen sind möglich, sofern sie nicht großflächig sind, und sind im Konzept der Bauverwaltung umsetzbar.

 

  1.    Standortqualität und Vermarktungsaspekte

Eine kleine Grünfläche steigert nicht den Wert der Grundstücke und würde sich keineswegs im Grundstückspreis der übrigen Grundstücke niederschlagen. Es würden aber ohne Wertausgleich zum Verkauf vorgesehene Flächen entfallen (5 von 39 Grundstücken). Insbesondere gingen 2 der nur insgesamt 6 angebotenen Grundstücke im gesamten Gründungsviertel für kleine Häuser für Familien verloren. Insgesamt handelt es sich dabei um ca. 1000 m² Grundstücksfläche und einen Verlust für die Hansestadt Lübeck von mindestens 450.000 Euro.

 

  1.    Achtung der Ergebnisse der Bürgerbeteiligung

Die Bürgerwerkstatt hat sich in der abschließenden Wertung der Vorschläge nicht mit Mehrheit für eine Wiederherstellung ausgesprochen, gleiches gilt für den Quartiersplatz.

Die Ergebnisse der Bürgerbeteilung bildeten die Grundlagen für den weiteren Planungsprozess, die Vorschläge zur Krummen Querstraße sind von der Verwaltung geprüft und weiterentwickelt worden. Unterschiedliche Varianten sind der Expertenrunde und dem Gestaltungs- und Welterbebeirat vorgestellt und mit beiden Gremien in mehreren Sitzungen diskutiert worden. In Abwägung mit anderen Belangen ist sowohl von der Expertenrunde als auch vom Beirat mit großer Mehrheit empfohlen worden, die Krumme Querstraße in ihrem historischen Verlauf nicht wieder herzustellen.

 

  1.    Verkehrliche Gründe

Eine Kreuzung ist aus verkehrlichen Gründen nicht gewollt. Eine Agglomeration von Stellplätzen/ Parkplätzen in den Altstadtstraßen soll vermieden werden.

Im Übrigen steht diese Forderung des Antragsstellers im Widerspruch zur Forderung nach einer Grün- und Freifläche. Eine teilweise Nutzung der Fläche für Anwohnerparken würde zu einer kleinen, nicht nutzbaren Restfläche (Hundewiese) führen.

 

  1.    Touristische Gründe

Die Wiederherstellung der Krummen Querstraße in Verbindung mit einer altstadtuntypischen Grün-/ Parkplatzfläche hätte keinerlei Auswirkungen auf die touristische Attraktivität der Lübecker Altstadt. Im Gegenteil: Sie würde bei den Touristen nur Unverständnis gegenüber der hier offensichtlich nicht zu Ende geführten Stadtsanierung hervorrufen.

 

  1.    Umgang mit dem Bodendenkmal

Es ist Vorgabe der Hansestadt Lübeck, dass die drei historischen Keller in der Fischstraße erhalten und in eine Neubebauung zu integrieren sind. Eine originalgetreue Rekonstruktion der ehemals aufstehenden Gebäude wird nicht gefordert, ist aber möglich. Durch die geänderte städtebauliche Konzeption mit Aufnahme der historischen Grundstücksgrenzen an der Krummen Querstraße und ein leichtes Vorspringen der Gebäudeecke wird die Ecksituation neu interpretiert. Das Investoreninteresse kann auch mit der neuen Ecke bedient werden.

 

  1. Verpflichtung gegenüber dem Welterbe und dem Förderungsanlass

Der Förderanlass wird keineswegs konterkariert. Neben der Förderung der archäologischen Grabungen zielt das Programm genauso auf bauliche Investitionen im Rahmen einer welterbeverträglichen Stadtentwicklung, die mit der vorgelegten und abgestimmten Planung der Bauverwaltung gewährleistet ist.

 

 

Votum der Expertenrunde zum Gründungsviertel am 09.03.2015

Die Expertenrunde spricht sich als Ergebnis einer intensiv und zunächst kontrovers geführten Diskussion schließlich einheitlich dafür aus, die Krumme Querstraße nicht wieder in ihrem historischen Verlauf herzustellen. Es wird befürwortet, die Ablesbarkeit der ursprünglichen Situation an Fisch- und Alfstraße durch eine Fuge mit einem Baukörper in Breite der ehemaligen Krummen Querstraße herzustellen, so dass die historische Eckausbildung angedeutet wird. Durch den Verlauf der seitlichen Grundstücksgrenze zwischen den Parzellen soll der historische Verlauf der Krummen Querstraße abgebildet werden.

 

Rahmen- und Bebauungsplanung sollten entsprechend der Empfehlung der Expertenrunde angepasst werden.

 

Votum des Gestaltungs- und Welterbebeirates

Der Gestaltungs- und Welterbebeirat hat sich in seiner Sitzung am 12.03.2015 erneut eindeutig zum Thema Krumme Querstraße positioniert: Die von der Verwaltung vorgeschlagene Parzellierung der östlich an die Krumme Querstraße angrenzenden Grundstücke, die den ursprünglichen Straßenverlauf der Krummen Querstraße  nachzeichnet ohne die Krumme Querstraße wiederherzustellen, wird ausdrücklich begrüßt. Es gibt ein einstimmiges Votum, den Block nach Westen zu schließen und einen neuen Straßenraum zu schaffen. Keinesfalls darf aus Sicht des GBR ein Provisorium entstehen, ein Platzraum an dieser Stelle wäre völlig untypisch im Gefüge der Lübecker Altstadt.

 

 

 

Votum der Verwaltung zum Umgang mit dem Änderungsantrag

Der Fachbereich Planen und Bauen empfiehlt der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck, die Vorlage VO/2014/02156 zur Wegeeinziehung entgegen dem Votum des Ausschusses für Kultur und Denkmalpflege in der vorliegenden Fassung zu beschließen.

 

 

 

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Anlagen

1. Änderungsantrag VO/2015/02353 zur Sitzung des Ausschusses für Kultur und Denkmalpflege

2. Vortrag Expertenrunde

 

 

 

 

 

Senator/in F.- P. Boden

Anlagen:  
  Nr. Status Name    
Anlage 1 1 öffentlich Änderungsantrag zur Vorlage Nr VO-2014-02156 - Einziehung öffentl Flächen im Gründungsviertel (884 KB)    
Anlage 2 2 öffentlich GV_Krumme Querstraße_2015.03.09 (2174 KB)