Bis in die 80 er Jahre konnten in den alten Erbbaurechtsverträgen keine Automatikwertsicherungsklauseln zur Abdeckung des Risikos des Kaufkraftschwundes zu Gunsten der Grundstückseigentümerin aufgenommen werden. Erbbauzinserhöhungen waren nur auf Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) aufgrund der über das Rechtsinstitut des Wegfalls der Grundlage möglich.
Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung wurde von der Hansestadt Lübeck zur Verbesserung der Einnahmesituation ab dem 2.Quartal 2004 für rd. 5700 Verträge der Erbbauzins erhöht, wobei die Erhöhung in mehreren Stufen über 6 Jahre erfolgte.
Ca. 3800 Verträge beinhalteten jedoch Klauseln, bei denen es sich nach Auffassung der Hansestadt Lübeck um reine Ermäßigungsklauseln und nicht um Wertsicherungsklauseln handelte, so dass auch hier ab Vertragsbeginn aufgrund der Äquivalenzstörung eine Erbbauzinserhöhung möglich schien.
Im Rahmen dreier Klagen wurde diese Rechtsauffassung in verschiedenen Instanzen überprüft. Der BGH ist u.a. in seinem Urteil vom 18.11.2011 zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich bei der von hier als Ermäßigungsklausel angesehenen Klausel durchaus um eine Wertsicherungsklausel handelt, die sich seiner Meinung nach allerdings als ungeeignet für die Absicherung des Risikos des Kaufkraftschwundes für die Grundstückseigentümerin erwiesen hat.
Nichtsdestotrotz sah der BGH die grundsätzliche Möglichkeit der Erhöhung des Erbbauzinses im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung, beginnend allerdings nicht mit Vertragsbeginn (z.B. 1949), sondern mit dem Zeitpunkt der letzten Erhöhung des Erbbauzinses im Rahmen der Anhebung auf die letzte Stufe der ehemaligen Ermäßigung (z.B. 1983).
Der BGH hat die drei Klagen zur abschließenden Entscheidung an das Landgericht Lübeck zurückverwiesen. Das LG hat am 11.04.2013 darüber entschieden, dass im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung nur eine tlw. Erhöhung möglich ist. Darüber hinaus gehende Erhöhungsbeträge sind daher zurückzuzahlen.
Zwar handelt es sich bei der Entscheidung des LG um eine Einzelfallentscheidung, viele betroffene Erbbauberechtigte haben allerdings Kenntnis von dem Verfahren u.a. aus der örtlichen Presse. Viele zahlen den Erhöhungsbetrag gar nicht oder nur unter Vorbehalt, etliche lassen sich anwaltlich vertreten, um nach Entscheidung des LG ihre Rückzahlungsansprüche geltend zu machen. Da die Entscheidung sowohl über die örtliche Presse, als auch Vereinigungen wie z.B. Haus & Grund publik gemacht werden wird, ist davon auszugehen, dass weitere Anspruchsteller hinzukommen.
Vergleichbare Regelungen wie die in der o.g. BGH-Entscheidung beschrieben, gibt es in rd. 3.800 Verträgen. In ca. 47 % der Fälle wird der Erbbauzins unter Vorbehalt gezahlt bzw. wurde der teilweise bereits geleisteten Erhöhung widersprochen und der „alte“ Erbbauzins weitergezahlt oder es wurde eine Rückzahlung gefordert. Die über das Maß der landgerichtlichen Entscheidung hinausgehenden Beträge sind in diesen Fällen zurück zu erstatten. Das Rückzahlungsvolumen aus diesen ca. 1.800 Rückforderungsfällen beträgt ca. 2,2 Mio. Euro. Wenn Rückzahlungen in allen 3.800 Fällen gefordert wird, beträgt das Gesamtvolumen 4,8 Mio. Euro.
Rückstellungen für den Zeitraum 2006 bis 31.12.2009 wurden im Rahmen der Eröffnungsbilanz-Korrektur gebildet und gegen das Eigenkapital gebucht.
Für die Rückstellungen ab 01.01.2010 sind Haushaltsmittel in entsprechender Höhe als Aufwand zur Zuführung zu Rückstellungen zu planen. Der Bereich Wirtschaft und Liegenschaften hat für das Jahr 2010 bereits für die Bildung von Rückstellungen eine außerplanmäßige Bewilligung in Höhe von EUR 1.015.800,-- in das Verfahren gegeben. Die Bildung der Rückstellung für das Haushaltsjahr 2010 wurde im Rahmen des zu erstellenden Jahresabschlusses 2010 durchgeführt.
Für die Jahre 2011 und 2012 sind weitere Rückstellungen in Höhe von insgesamt EUR 2.680.000,-- zu bilden; für beide Jahre wurden bereits Rückstellungen i.H.v. EUR 10.000,-- gebildet, welche nunmehr aufzustocken sind. Entsprechende Deckungsvorschläge wurden durch den Fachbereich 2 Wirtschaft und Soziales zur Verfügung gestellt.
Da nunmehr die Rückzahlung an die Berechtigten erfolgen soll, wird eine Entscheidung der Bürgerschaft für die außerplanmäßige Bewilligung von Haushaltsmitteln in Höhe von insgesamt ca. EUR 2.680.000,-- erforderlich.