Vorlage - VO/2013/00193  

Betreff: Erstattung überzahlter Leistungen / Jobcenter Lübeck
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsstelle der Fraktion BÜ90 DIE GRÜNEN Bearbeiter/-in: Klöckner, Hilde
Beratungsfolge:
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Entscheidung
31.01.2013 
Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck abgelehnt   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Sehr geehrte Frau Stadtpräsidentin,

Beschlussvorschlag

Sehr geehrte Frau Stadtpräsidentin,

 

die Fraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN beantragt, die Bürgerschaft möge folgende Resolution beschließen:

 

Resolution

 

Die Grundsicherung für Arbeitsuchende (Hartz IV–Leistungen) soll es Leistungsberechtigten ermöglichen ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht (vgl. § 1 Abs. 1 SGB II). 

Wohlfahrtsverbände, aber auch verschiedene Bundestagsfraktionen,  gehen jedoch davon aus, dass die jeweiligen Zahlungen dafür nicht ausreichen.

Aber nicht alle HilfeempfängerInnen erhalten das unzureichende  Arbeitslosengeld in voller Höhe. So kann bei Sanktionen der Regelsatz um 10 – 60 Prozent gekürzt und die Leistungsgewährung sogar gänzlich eingestellt werden und für Schuldentilgung wird sogar die Auszahlung der Arbeitslosenhilfe gekürzt. 

Denn vor zwei Jahren wurde das Hartz IV-Gesetz dahingehend geändert, dass alle Überzahlungen des Jobcenters mit zu zahlenden Leistungen verrechet werden müssen. Die Frist für diese Aufrechnungen beträgt  drei Jahre, in der bis zu 30 Prozent der Regelsätze einbehalten werden können (vgl. § 43 SGB II).

Dies bedeutet, dass die Arbeitslosenhilfe für die Betroffenen weit unter ihre wirtschaftliche Existenzsicherung gedrückt wird und damit kein menschenwürdiges Leben mehr geführt werden kann.

 

Eltern und Kinder leben in einer so genannten Bedarfsgemeinschaft. Bis zu ihrer Volljährigkeit dürfen Kinder und Jugendliche keine Hartz IV–Leistungen beantragen. Dies ist die Aufgabe der Eltern oder der gesetzlichen Vertreterinnen oder Vertreter.

Nach dem geltenden Sozialrecht müssen alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft (Eltern und Kinder) gleichermaßen Überzahlungen des Jobcenters erstatten. Diese Regelung gilt uneingeschränkt auch für Kinder und Jugendliche, die für diese Schulden überhaupt nicht verantwortlich sind.

So wurde im November 2012 durch das Jobcenter Lübeck von den monatlichen Geldleistungen für  einen achtjährigen Schüler 75 Euro einbehalten. Damit sollte das Kind angebliche Schulden seiner Mutter tilgen.

Diese Kürzungen sollten ein halbes Jahr lang gelten und das Kind wäre in dieser Zeit gezwungen gewesen, mit 176 Euro im Monat ein menschenunwürdiges, erbärmliches Leben zu fristen.

Erst nachdem die Mutter des Schülers gegen die Aufrechnung Widerspruch einlegte, stellte das Jobcenter die Leistungskürzungen vorläufig ein. Nun müssen Gerichte darüber entscheiden, ob es sich in diesem Fall um eine verfassungswidrige Schuldeneintreibung handelt.

 

Die Lübecker Bürgerschaft ist entsetzt über diesen gesetzlich sanktionierten Entzug der Menschenwürde für ein Not leidendes Kind.

 

Die Lübecker Bürgerschaft fordert die Bundesregierung auf, umgehend dafür zu sorgen, dass Aufrechnungen nach § 43 SGB II  bei Kindern und Jugendlichen nicht mehr durchgeführt werden.

 

Die Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck bittet die Bundesregierung, die Bundestagsfraktionen, die Lübecker Bundestagsabgeordnete Gabriele Hiller-Ohm und die Schleswig–Holsteinische Landesregierung sich dafür einzusetzen,

  • dass Kinder und Jugendliche überzahlte Sozialleistungen nicht mehr erstatten müssen, sondern nur noch die dafür verantwortlichen gesetzlichen Vertreter und Vertreterinnen und
  • die Aufrechnungen nach § 43 SGB II abzuschaffen.

 

Die Begründung erfolgt mündlich

Begründung

Die Begründung erfolgt mündlich


Anlagen