Anfrage:
Anfrage des AM Ulrich Pluschkell (SPD) unter TPO 6.2.5 in der Bauausschusssitzung am 10.10.2022:
In vielen Straßen der Lübecker Altstadt wird die Zufahrt für Kfz durch das Zeichen 250 (Verbot für Fahrzeuge aller Art) mit besonderen Ausnahmen geregelt (siehe Anlage). Darauf bezugnehmend frage ich wie folgt:
Welche Möglichkeiten gibt es, in der Lübecker Altstadt im südlichen Bereich der Obertrave (zwischen Marlesgrube und Kleiner Bauhof sowie zwischen den Straßen An der Obertrave und Großer Bauhof/Parade/Pferdemarkt) eine zu den Rippenstraße der Lübecker Altstadt vergleichbare Verkehrsregelung anzuordnen, um diesen Wohnbereich von touristischem Kfz-Verkehr und Parkplatzsuchverkehr freizuhalten?
Abbildung 1: Vorschriftzeichen Nr. 250 nach Anlage 2 (zu § 41 Absatz 1 StVO) „Verbot für Fahrzeuge aller Art“ und Zusatzzeichen.
Antwort:
Der Verwaltung liegen keine aktuellen Verkehrszählungen bzw. Verkehrserhebungen vor, die belegen oder wiederlegen, ob in den o. g. Straßen (Marlesgrube, Dankwartsgrube, Hartengrube, Effengrube, An der Obertrave, Düstere Querstraße, Lichte Querstraße, Großer Bauhof, Kleiner Bauhof, Parade und Pferdemarkt) ein erheblicher touristischer Kfz-Verkehr und / oder Parksuchverkehr besteht.
Im Folgenden wird in Kürze auf das Verkehrskonzept der Verkehrsberuhigung der Lübecker Altstadt sowie die straßenverkehrsrechtliche Anordnung bzw. Beschilderung der o. g. Straßen im Domviertel eingegangen. Im Anschluss werden Maßnahmen skizziert, die zu einer weiteren Verkehrsberuhigung in Straßen des Domviertels beitragen könnten.
Die Verkehrsberuhigung der Lübecker Altstadt beruht auf einem Verkehrskonzept, das Ende der 1990er Jahren erarbeitet wurde. Die Straßenverkehrsbehörde weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die straßenverkehrsrechtliche Anordnung bzw. Beschilderung mit dem Vorschriftzeichen Nr. 250 nach Anlage 2 (zu § 41 Absatz 1 StVO) „Verbot für Fahrzeuge aller Art“ und 8 Zusatzzeichen der Umwidmung von Straßen bedurfte (siehe Bekanntmachung der Hansestadt Lübeck: Widmungsverfügung vom 1. Juli 1998). Die straßenverkehrsrechtliche Anordnung bzw. Beschilderung mit dem Vorschriftzeichen Nr. 250 nach Anlage 2 (zu § 41 Absatz 1 StVO) „Verbot für Fahrzeuge aller Art“ und acht Zusatzzeichen ist gemäß VwV zu den §§ 39-43 StVO Nr. 11a heutzutage rechtlich nicht mehr zulässig [siehe bspw. Abb. 1 und Abb. 2]: „Am gleichen Pfosten oder sonst unmittelbar über oder nebeneinander dürfen nicht mehr als drei Verkehrszeichen angebracht werden; bei Verkehrszeichen für den ruhenden Verkehr kann bei besonderem Bedarf abgewichen werden.“ Demzufolge kann die Straßenverkehrsbehörde die Durchfahrt einer Straße für einen bestimmten Personenkreis ersatzweise bspw. mit der straßenverkehrsrechtlichen Anordnung bzw. Beschilderung des Vorschriftzeichens Nr. 250 nach Anlage 2 (zu § 41 Absatz 1 StVO) „Verbot für Fahrzeuge aller Art“ mit dem Zusatzzeichen Nr. 1020-30 (nach § 41 Absatz 2 StVO) „Anlieger frei“ unterbinden.
Die Straßen An der Obertrave (südlich der Dankwartsgrube), Lichte Querstraße, Großer Bauhof (zwischen Hartengrube und Effengrube), Kleiner Bauhof (zwischen Effengrube und An der Obertrave), Hartengrube und Effengrube sind straßenverkehrsrechtlich als verkehrsberuhigter Bereich mit dem Richtzeichen Nr. 325.1 (nach Anlage 3 zu § 42 Absatz 2 StVO) „Beginn eines verkehrsberuhigten Bereichs“ angeordnet bzw. beschildert. Die Durchfahrt der Hartengrube und der Düstere[n] Querstraße ist mit der straßenverkehrsrechtlichen Anordnung bzw. Beschilderung des Vorschriftzeichens Nr. 250 nach Anlage 2 (zu § 41 Absatz 1 StVO) „Verbot für Fahrzeuge aller Art“ mit Zusatzzeichen (Taxen, Mietwagen, gewerblicher Lieferverkehr, Radfahrer (Symbol), Schwerbehinderte (Symbol) und Bewohner mit Parkausweis frei; Hotelgäste frei und Zufahrt Haus Simeon frei [siehe Abb. 2 Hartengrube]) untersagt.
Die Straßen Parade, Pferdemarkt, Marlesgrube, An der Obertrave (zwischen Dankwartsgrube und Marlesgrube) und Dankwartsgrube sind straßenverkehrsrechtlich als Tempo 30-Zone mit dem Vorschriftzeichen Nr. 274.1 nach Anlage 2 (zu § 41 Absatz 1 StVO) „Beginn einer Tempo 30-Zone“ angeordnet bzw. beschildert und dienen demgemäß der Verkehrsberuhigung.
Der von der Bürgerschaft beschlossene Rahmenplan Innenstadt mit Mobilitätskonzept (VO/2019/07798) sieht vor, dass der motorisierte Kraftfahrzeugverkehr in der Innenstadt inkrementell reduziert werden soll, gleichwohl ist die Bündelung des ruhenden Kfz-Verkehrs in den Parkhäusern ein Ziel, um den öffentlichen Straßenraum zu entlasten, sodass die Zu- und Abfahrt zum Parkhaus Mitte (Marlesgrube) und zum Parkhaus Pferdemarkt (Pferdemarkt) u. a. für touristischen Zielverkehr sicherzustellen sind. Außerdem befinden sich in der Parade mehrere Einrichtungen des Gesundheitswesens, die Verkehrsaufkommen induzieren. Diesem Ziel steht nach Auffassung der Verwaltung entgegen, die Durchfahrt in den Straßen Parade, Pferdemarkt und Marlesgrube für einen bestimmten Personenkreis bspw. mit der straßenverkehrsrechtlichen Anordnung bzw. Beschilderung des Vorschriftzeichens Nr. 250 nach Anlage 2 (zu § 41 Absatz 1 StVO) „Verbot für Fahrzeuge aller Art“ mit dem Zusatzzeichen Nr. 1020-30 (nach § 41 Absatz 2 StVO) „Anlieger frei“ zu unterbinden.
Die Durchfahrt in den Straßen Marlesgrube (z. B. Höhe Hausnr.: 32) und Dankwartsgrube mit der straßenverkehrsrechtlichen Anordnung bzw. Beschilderung des Vorschriftzeichens Nr. 250 nach Anlage 2 (zu § 41 Absatz 1 StVO) „Verbot für Fahrzeuge aller Art“ mit dem Zu-satzzeichen Nr. 1020-30 (nach § 41 Absatz 2 StVO) „Anlieger frei“ zu unterbinden, ist nach Prüfung nicht möglich, da keine adäquate Wendemöglichkeit für Kfz besteht.
Maßnahmen, die zu einer weiteren Verkehrsberuhigung in den Straßen Marlesgrube (zwischen Parkhaus Mitte und An der Obertrave), An der Obertrave (zwischen Dankwartsgrube und Marlesgrube) und Dankwartsgrube beitragen könnten, sind bspw. von der Abfahrt des Parkhauses Mitte nur das Linksabbiegen und von der Abfahrt Parkhaus Pferdemarkt nur das Rechtsabbiegen in Fahrtrichtung Parade / Kapitelstraße zu gestatten oder bauliche / gestalterische Maßnahmen (z. B. Aufpflasterungen für die Querung von Fußgänger:innen oder einseitige Fahrbahnverengungen u. a. zur Steigerung der Aufenthaltsqualität).
Mittelfristig ist gemäß des Rahmenplans Innenstadt mit Mobilitätskonzept in der 2. Umsetzungsstufe sowieso die Straßenraumumgestaltung inkl. der Neuordnung des ruhenden Kfz-Verkehrs in den Straßen Parade, Pferdemarkt, Marlesgrube und Dankwartsgrube sowie die Platzgestaltung Pferdemarkt / Parade geplant. Bei der Umgestaltung sind gemäß der Zielsetzung des Rahmenplans Innenstadt mit Mobilitätskonzept folgende Prämissen bei der Straßen(neu)aufteilung in der Altstadt maßgebend: 1. Fußverkehr, 2. Radverkehr, 3. Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) und 4. Autoverkehr. Demzufolge sind im Domviertel mittelfristig auch bauliche / gestalterische Maßnahmen geplant, die absehbar auch eine Verkehrsberuhigung zur Folge haben werden.
Abbildung 2 Vorschriftzeichen Nr. 250 nach Anlage 2 (zu § 41 Absatz 1 StVO) „Verbot für Fahrzeuge aller Art“ und Zusatzzeichen (Hartengrube).