Auszug - AM Dr. Axel Flasbarth (BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN), AM Lars Lehrke (DU), AM Bernhard Simon (CDU), AM Heike Stegemann (FDP), AM Volker Koß (GAL): AT zu Neuregelung von Erbbaurechten für Wohnbebauung  

37. Sitzung des Wirtschaftsausschusses und Ausschuss für den "Kurbetrieb Travemünde (KBT)"
TOP: Ö 7.2.1
Gremium: Wirtschaftsausschuss und Ausschuss für den "Kurbetrieb Travemünde (KBT)" Beschlussart: unverändert beschlossen
Datum: Mo, 13.03.2023 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 16:30 - 18:38 Anlass: Sitzung
Raum: Großer Sitzungssaal (Haus Trave 7.OG)
Ort: Verwaltungszentrum Mühlentor
VO/2023/11974-01 AM Dr. Axel Flasbarth (BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN), AM Lars Lehrke (DU), AM Bernhard Simon (CDU), AM Heike Stegemann (FDP), AM Volker Koß (GAL): AT zu Neuregelung von Erbbaurechten für Wohnbebauung
   
 
Status:öffentlich  
  Bezüglich:
VO/2023/11974
Federführend:Geschäftsstelle der Fraktion BÜ90 DIE GRÜNEN Bearbeiter/-in: Döring, Nicolas
 
Wortprotokoll
Beschluss
Abstimmungsergebnis

Herr Dr. Flasbarth übernimmt den Sitz der Grünen von Herrn Meyer.

 

Herr Möller schildert verschiedene Bedenken zum vorliegenden Antrag und geht hierbei u. a. darauf ein, dass Familien mit vier und mehr Kindern keine ergänzende Vergünstigung erhalten. Er spricht sich gegen den Ausverkauf aus, eine politische Ablehnung von Erbbaurechten muss jederzeit möglich sein. Insgesamt sieht er die Regelungen des Antrages als bedenklich an und plädiert daher zunächst für einen Prüfauftrag an die Verwaltung.

 

Herr Dr. Flasbarth erläutert, dass der Antrag das Ergebnis einer Arbeitsgruppe ist, die sich aus dem Ausschuss gebildet hat. Er dankt hierbei u.a. Herrn Simon, Herrn Martens, Herrn Dr. Koß und Frau Stegemann für die inhaltliche Zusammenarbeit. Die Hansestadt Lübeck ist mit ca. 8.000 bestehenden Erbbaurechten einer der größten Erbbaurechtsgeber in Deutschland. Der vorliegende Antrag berücksichtigt insbesondere die sozialen Komponenten.

 

Frau Stegemann formuliert folgende Änderungsanträge:

 

Ergänzung zu Punkt 3.:

Bei bebauten Grundstücken ist der Bodenwert um 25% zu reduzieren.“

 

Begründung:

Die Richtwerte beziehen sich auf unbebaute Grundstücke, wo neue und zeitgemäße Bebauungen realisiert werden. Die Differenz berücksichtigt den geringen Nutz- bzw. Mietwert von älteren Bestandsimmobilien.

 

Streichung Punkt 9.:

vom Erbbauberechtigten ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt wird und“

 

Begründung:

Freiberufliche Tätigkeit (wie z. B. Tagespflege, Homeoffice, Dienstleistungen, Betreiber von Photovoltaikanlagen auf dem Hausdach), die im Wohneigentum wahrgenommen werden, würden eine Ermäßigung aus Punkt 7. Und 8. vereiteln. Dies träfe vor allem Freiberufler und Pflegeberufe, die als Ort ihres Gewerbes bzw. ihrer Selbstständigkeit ihren Wohnort angeben, auch wenn dies Selbstständigkeit nur nebenberuflich wahrgenommen wird.

 

Herr Alt begrüßt den Antrag grundsätzlich, äert jedoch zu einzelnen Punkten Bedenken.

 

Herr Reinhardt erkundigt sich nach einer Einbindung der Kommunalaufsicht.

 

Herr Simon verweist auf die bereits jetzt bestehende Regelung der 2% im Geschosswohnungsbau. Mit dem Antrag soll diese Regelung auch für den Rest der Erbbaurechte gelten.

 

Herr Lehrke stellt noch einmal klar, dass in der Arbeitsgruppe eine Einbindung von 6 Fraktionen, Gutachtern, der Verwaltung und einzelnen Erbbaurechtsnehmern erfolgt ist. Aus Sicht von Herrn Lehrke muss die Regelung aus dem Geschosswohnungsbau auch bei Reihenhäusern und weiteren Erbbaurechten möglich sein.

 

Frau Csösz verweist zu den Bedenken der Kommunalaufsicht auf die damalige Aktion des Sonderverkaufes bei dem es sich um eine andere rechtliche Situation gehandelt hat.

 

Zum Punkt 9. des Antrages sprechen Frau Csösz, Frau Stegemann, Herr Krause und Frau Steinrücke. Frau Csösz stellt dar, dass die von Frau Stegemann aufgeworfenen Bedenken so nicht bestehen. Frau Stegemann zieht ihren Änderungsantrag darauf hin zurück.

 

Nach eingehender Diskussion zum Änderungsantrag von Frau Stegemann zu Punkt 3. des Antrages zieht Frau Stegemann auch die Änderung dieses Punktes zurück.

 

Der Vorsitzende dankt der Arbeitsgruppe für das erarbeitete Ergebnis und lässt über den Antrag in der vorgelegten Fassung abstimmen.

 

 


Antrag:

Der Bürgermeister wird beauftragt, Erbbaurechte für Einfamilien-, Zweifamilien- und Reihenhäuser ab sofort wie folgt neu zu ordnen.

Die Beschlüsse vom 28.04.2016 (VO 2015/03216 und VO 2016/03462) und vom 18.05.2017 (VO 2017/04955) werden aufgehoben und durch die nachfolgenden Eckpunkte ersetzt.

Verlängerung des Erbbaurechts

Soweit nicht im Einzelfall öffentliche Belange dagegen sprechen, ist den Erbbauberechtigten die Möglichkeit der Verlängerung des Erbbaurechts zu geben.

 

  1. Die Laufzeit der Verlängerung kann vom Erbbauberechtigten zwischen 30 und 99 Jahren unter Berücksichtigung der Laufzeit der umgebenden Erbbaurechte gewählt werden.

 

  1. Der Erbbauzins ist dinglich auf 2 % des Bodenwertes festzusetzen.

 

  1. Der Bodenwert berechnet sich auf Grundlage der aktuellen Version der Bodenrichtwertkarte des Gutachterausschusses für Grundstückswerte der Hansestadt Lübeck.

 

  1. Der Erbbauzins ist mit einer automatischen und dinglich gesicherten Wertsicherungsklausel (Bindung an den Verbraucherpreisindex VPI) zu versehen. Der indexierte Erbbauzins darf in den ersten 20 Jahren 4 % des Ausgangsbodenwertes nicht übersteigen, ab dem 21. Jahr erfolgt die Indexierung unbeschränkt. Bedingung der Anpassung des Erbbauzinses ist, dass der VPI mindestens um 10% gestiegen ist. Die erste Überprüfung findet 5 Jahre nach Vertragsschluss statt, danach jeweils frühestens 3 Jahre nach der letzten Anpassung.

 

  1. r Flächen, die über die Bezugsgröße 600 m2 hinausgehen und unbebaut sind (unrentierlicher Grundstücksanteil), ist der Erbbauzins schuldrechtlich um 50 % zu ermäßigen. Die Reduzierung entfällt, wenn das Erbbaurecht über die 600 m² hinaus bebaut wird oder für die Berechnung der baulichen Ausnutzung benötigt wird. Die Regelung ist entsprechend anzuwenden, wenn für einzelne Richtwertzonen andere Bezugsgrößen gelten.

 

  1. Bei vorzeitiger Verlängerung des Erbbaurechts ab dem Zeitpunkt der Verlängerung wird der Erbbauzins schuldrechtlich auf einen Mischzins ermäßigt, der sich aus dem derzeit gezahlten Erbbauzins und einem Erbbauzins von 2 % des aktuellen Bodenrichtwertes unter Berücksichtigung der Restlaufzeit des bestehenden Erbbaurechts ergibt. Diese Mischzinsregelung gilt nur für Erbbauverträge mit einer Restlaufzeit von maximal 30 Jahren.

 

  1. r im Haus lebende und kindergeldberechtigte Kinder ist der Erbbauzins schuldrechtlich um jeweils 10 %, maximal um 30 % zu ermäßigen. Die Anspruchsberechtigung ist alle drei Jahre nachzuweisen.

 

  1. Der Erbbauzins ist schuldrechtlich um 50 % zu ermäßigen, wenn der/die im Haus lebende Erbbauberechtigte mind. 20 Jahre Erbbauberechtige/r ist und die Einkommensgrenzen gem. §§ 20 24 in Verbindung mit § 9 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) erfüllt. Die Anspruchsberechtigung ist alle drei Jahre nachzuweisen.

 

  1. Voraussetzung für die Ermäßigungen gem. Ziffer 7 und 8 ist, dass die auf dem Erbbaurecht gelegene Immobilie weder in Gänze noch in Teilen an Dritte vermietet ist bzw. vom Erbbauberechtigten ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt wird und die im Haus lebenden Familienmitglieder kein weiteres Immobilienvermögen besitzen.

 

  1. Soweit nicht im Einzelfall öffentliche Belange dagegen sprechen, sind bei Verlängerung des Erbbaurechtes Nachverdichtungsmöglichkeiten zu prüfen. Die für das Erbbaurecht geltenden Konditionen sind auf die ggf. verringerte Grundstücksgröße anzuwenden.

 

  1. Der schuldrechtlich ermäßigte Erbbauzins gem. Ziffer 5 8 (unrentierlicher Grundstücksanteil, Mischzins, Kinderrabatt, Wohnberechtigungsschein) darf nicht unter dem jetzigen Erbbauzins liegen.

 

  1. Erbbauberechtigte, die bereits ein Verlängerungsangebot der Hansestadt zu den bisherigen Konditionen erhalten haben, können dieses noch innerhalb der bindenden Frist annehmen.

 

Ankauf des Grundstückes

Soweit nicht im Einzelfall öffentliche Belange dagegen sprechen, ist den Erbbauberechtigten die Möglichkeit des Ankaufes des Grundstückes zu geben.

 

  1. Der Bodenwert berechnet sich auf Grundlage der aktuellen Version der Bodenrichtwertkarte des Gutachterausschusses für Grundstückswerte der Hansestadt Lübeck.

 

  1. Der für über 1.000 m2 hinausgehende Flächen angesetzte Bodenwert ist abweichend vom Gutachterausschuss ggü. dem Referenzwert von 600 m2 um 50 % reduziert (bisher 85 %).

 

  1. Der Bodenwert wird gem. der Geschäftsanweisung über die Transparenz bei Grundstücksverkäufen (Ziffer 5 Preisbildung) um 10 % erhöht.

 

  1. r den Fall, dass unbebaute Grundstücksteile zu einem späteren Zeitpunkt bebaut werden, ist eine durch Bindung an den Verbraucherpreisindex VPI wertgesicherte Nachzahlungspflicht in Höhe der Differenz des Bodenrichtwertes nach Übergrößenberechnung und dem Bodenrichtwert ohne Übergrößenberechnung zu vereinbaren.

 

  1. Der Hansestadt Lübeck ist ein Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle innerhalb von 10 Jahren einzuräumen.

 

  1. Die Möglichkeit des Ankaufs durch den Erbbauberechtigten ist für 15 Jahre auszusetzen, nachdem

 

  1. das Erbbaurecht auf das Grundstück herausgegeben wird.

 

  1. das Erbbaurecht auf einen Dritten übertragen wird.
     

Ausnahmen sind für Erbbaugrundstücke außerhalb Lübecks sowie in der Bürgerschaft zu begründenden Einzelfällen möglich.

  1. Kaufinteressenten, die bereits ein Kaufangebot der Hansestadt zu den bisherigen Konditionen erhalten haben, können dieses noch innerhalb der bindenden Frist annehmen.

 

Nachverdichtung

  1. Soweit nicht im Einzelfall öffentliche Belange dagegen sprechen und die planerische Möglichkeit besteht, ist den Erbbauberechtigten die Möglichkeit der Anpassung des Erbbaurechts zum Zwecke der Grundstücksteilung für Nachverdichtung zu geben. Die für den Ankauf geltenden Konditionen sind auf die verringerte Grundstücksgröße anzuwenden

 

  1. Das Erbbaurecht auf die abgetrennte Fläche endet und ist für Nachverdichtung im Erbbaurecht wieder herauszugeben.

 

Neu herausgegebene Erbbaurechte

Bei neu herausgegebenen Erbbaurechten sind die gleichen Konditionen wie für Verlängerungen anzuwenden.

 


Der Wirtschaftsausschuss und Ausschuss

r den "Kurbetrieb Travemünde (KBT)"

nimmt den Antrag mehrheitlich an.

(13 Ja-Stimme, 1 Nein-Stimme)

 

 

 

 

Abstimmungsergebnis

 

einstimmige Annahme

 

einstimmige Ablehnung

 

Ja-Stimmen

13

Nein-Stimmen

1

Enthaltungen

 

Kenntnisnahme

 

Vertagung

 

Ohne Votum