Anfrage:
Anfrage des AM Lötsch (CDU) in der Sitzung des Bauausschusses am 20.06.2022 (VO/2022/11225-01):
Wie ist der Sachstand bei der Einführung der digitalen Bauantragsakte?
Antwort:
Rechtlicher Rahmen für das Digitale Bauamt
Onlinezugangsgesetz (OZG)[1]
- zentrale Herausforderung: Umsetzung, mindestens bis zur „Bordsteinkante“ aller bürger- und unternehmensbezogener Verwaltungsleistungen bis Ende 2022
Novellierung der LBO
- zentrale Herausforderung für das virtuelle Bauamt: Prozessumstellung bei einigen Bauprozessen avisiert – Einreichung bei der unteren Bauaufsichtsbehörde, nicht mehr bei der Gemeinde
Gesetzgebungsverfahren Digitalisierungsgesetz
- zentrale Aspekte: u.a. Schriftformerfordernis und Authentifizierung sollen entsprechend der digitalen Anforderungen dargestellt werden
XPlan/XBau-VO
Am 26. November 2021 hat der Landtag die neue Landesbauordnung (LBO) beschlossen. Diese ist zum 1.9.2022 in Kraft getreten. Neben einer Angleichung an die Musterbauordnung wurden die gesetzlichen Voraussetzungen für die Digitalisierung der bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren geschaffen. Formerfordernisse, welche bisher der elektronischen Einreichung von Bauanträgen bzw. der elektronischen Erteilung von Baugenehmigungen entgegenstanden, entfallen. Damit wurden die rechtlichen Voraussetzungen für die Einführung „virtueller Bauämter“ geschaffen.
Federführend ist hier das Land, welches sich des ITV.SH (IT-Verbund Schleswig-Holstein)[2] bedient. Der ITV.SH hat seit 2021 ein entsprechendes Projekt zum „virtuellen Bauamt“ aufgesetzt.
Ziel ist es, das alle Antrags- und Genehmigungsverfahren zukünftig über einen Onlinedienst abgewickelt werden können. Die Erleichterung der digitalen Verfahren in der neuen LBO ist vor dem Hintergrund des Onlinezugangsgesetzes (OZG) zu sehen. Danach sind der Bund und die Länder (und damit auch die Kommunen) verpflichtet, ihre Verwaltungsdienstleistungen auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten. In diesem bundesweiten Prozess hat das Land Mecklenburg-Vorpommern (MV) für das Themenfeld Bauen und Wohnen eine sog. EfA-Lösung (“Einer für Alle“-Lösung) zur Digitalisierung der bauaufsichtlichen Verfahren entwickelt. Das Land SH und die kommunalen Spitzenverbände haben zwischenzeitlich entschieden, die EfA-Lösung MV nachzunutzen und in SH einzusetzen.
Schema der Portallösung aus MV (Quelle: https://www.digitale-baugenehmigung.de/de/vorgangsraum.html)
Ein „go live“ in SH soll zu Anfang 2023 erfolgen. Jedoch hat sich das Land SH entschlossen, noch eine technische Transportebene, das sog. „KOP“ – Kommunales OSI-PlugIn[3]“ zwischen die Behörden mit ihren Fachverfahren und den Onlinedienst zu schalten. Das KOP ist die zentrale Infrastruktur für die kommunale OZG-Umsetzung in SH.
Nach letztem inoffiziellem Stand soll die Schnittstelle zwischen Verwaltungsportal und dem KOP erst zum 01.04.2023 zur Verfügung stehen.
Aktueller Stand in der Bauaufsicht Lübeck
Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass die Hansestadt Lübeck vollständig von den Umsetzungsschritten des Landes SH abhängig ist.
Diesseits wurden bereits vorbereitende technische Arbeiten aufgenommen. Hierzu erfolgen Abstimmungen mit dem ITV.SH und den Fachverfahrensanbietern.
Neben der Komplexität der bauaufsichtlichen Verfahren haben sich im Zuge der Umsetzung des „digitalen Bauantrages“ eine Vielzahl von Fragen, die in der Papierwelt kein großes Problem darstellen, bzw. über die man sich keine Gedanken machen musste, zu einem zu lösenden Hindernis entwickelt.
Folgendes Beispiele sollen dieses verdeutlichen:
In der Papierwelt war im laufenden Verfahren der Wechsel des Entwurfsverfassers oder des Bauherrn kein Problem. Ein Schreiben wurde zur Akte genommen und im Fachverfahren wurden die Daten geändert. Soweit so schnell.
Jetzt ist es aber so, dass das digitale Verfahren im Vorgangsraum des Onlineportals an der ID desjenigen, der sich mit seinem Nutzerkonto angemeldet hat, hängt. Wie kann im laufenden Verfahren dann ein Wechsel erfolgen?
Weitere Fragen z. B. Einbindung von ePayment und voll qualifizierter Signatur (QES) müssen noch geklärt werden.
Zusammenfassend werden vermutlich erst Mitte 2023 landesseitig die technischen und organisatorischen Voraussetzungen für eine vollständige digitale Bauantragsbearbeitung vorhanden sein.