Herr Dr. Hamschmidt berichtet zum Thema wie folgt:
- Ausgangslage:
In einem Zeitungsartikel in den Lübecker Nachrichten vom 02.06.2017 weist die AWO darauf hin, dass die Präventionsgelder für den Suchtbereich bei der AWO gestrichen worden seien und z. B. eine gezielte Cannabis-Prävention an Lübecker Schulen kaum noch stattfinde. Deshalb wird eine Korrektur der Finanzmittelvergabe gefordert
- Erläuterung zur Vergabe der Finanzmittel im Rahmen des Sozialvertrag II:
In der Tat wurden Mittel umgelenkt, da die finanzielle Ausstattung der Alkoholberatungsstellen noch wesentlich schlechter aussieht als die der Drogenberatungsstelle. Es ist darauf hinzuweisen, dass – wie schon mehrmals berichtet – die Stadt Kiel bisher deutlich mehr als doppelt so viel Mittel erhält wie die Hansestadt Lübeck.
Gerade jetzt wurde die bisherige Mittelvergabe auf Landesebene durch ein Forschungsinstitut (FOGS) evaluiert. Es besteht jetzt berechtigte Hoffnung, dass in der Mittelvergabe etwas Besserung eintreten wird, sodass voraussichtlich künftig das Ungleichgewicht zwischen Kiel und Lübeck etwas reduziert werden kann.
- Was macht die Hansestadt Lübeck in der Präventionsarbeit?
Vorauszuschicken ist, dass gerade der Präventionsbereich in der Hansestadt Lübeck seit Jahren schon sehr gut aufgestellt ist. Die Arbeit wird, noch weiter optimiert werden.
Es gibt:
- Den seit vielen Jahren regelmäßig tagenden Arbeitskreis Sucht, in dem auch alle Träger vertreten sind.
- Wir sind beteiligt am landesweiten Arbeitskreis AG Doku Sucht.
- Lübecker Koordination Suchthilfe e. V. (LKS) mit Geschäftsführung durch Frau Marsch von der Stabsstelle Gesundheitsförderung und Gesundheitsprävention des Gesundheitsamtes. Hier haben sich die großen Träger der Suchthilfe zusammengeschlossen. Lesenswert ist die neue Homepage der LKS unter www.luebecker-koordination-fuer-Suchtfragen.org
Alle 2 Jahre wird eine Suchtwoche für Lübecker Schulen durchgeführt (zuletzt im Mai 2017).
-Es finden regelmäßig Lübecker Suchtgespräche statt, initiiert vom LKS. Das nächste Gespräch ist mit Einladung der Politik am 20.09.2017 zum Thema „Sucht im öffentlichen Raum“.
-Regelmäßig finden in diversen Schulen Schultage oder auch Projektwochen zum Thema Sucht statt.
-Vor 2 Jahren wurde das Suchtpräventionskonzept der Hansestadt Lübeck
im Sozialausschuss vorgestellt. Die Umsetzung des Konzeptes läuft zurzeit
und wird durch Arbeitsgruppen begleitet.
-Die Koordinationsstelle Suchtvorbeugung in Kitas und Schulen trifft sich 3 x jährlich unter Beteiligung von Frau Marsch vom Gesundheitsamt.
-Zurzeit wird gemeinsam mit den Nachbarkreisen einen Antrag bei
den Krankenkassen im Rahmen des Präventionsgesetzes erarbeitet. Das sogenannte TIPI- Projekt setzt sich dabei für die Kinder suchtkranker Eltern ein.
Auf diverse Projekte aus den letzten Jahren wird hierbei verwiesen, z. B. das EU-Projekt „Gesundheit und Aktivität in Schulen“, den kommunalen Partnerprozess „Gesund aufwachsen für alle“ unter dem Dach der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in Zusammenarbeit mit dem Kooperationsverbund gesundheitliche Chancengleichheit, das Projekt „und Reden hilft“, das Projekt „Sonnensegler“ (therapeutische Gruppe für Kinder aus Alkohol belasteten Familien), die Broschüre EfA (eine Broschüre für Alle) im Suchtselbsthilfebereich oder die Liste für Patienten mit Suchtproblemen in Lübeck mit Kooperationspartnern für Ärzte und Psy-
chotherapeuten. In der von der Sozialen Sicherung, Frau Trilke, geleiteten AG Präventionsbegriff soll u. a. eine stadtbezogene Zusammenstellung vorhandener präventiver Angebote erarbeitet werden.
-Das Gesundheitsamt ist vertreten mit der Thematik im Kriminalpräventiven Rat und hat für das Projekt Gesundheit und Aktivität in Schulen vor mehreren Jahren den deutschen Förderpreis Kriminalprävention erhalten.
-Im neuen Koalitionsvertrag Schleswig-Holstein wird bei der Prävention ein
ganzheitlicher Ansatz insbesondere bei Kindern und Jugendlichen gefordert.
Genau diesen ganzheitlichen Ansatz verfolgt auch das Gesundheitsamt.
Bundesweit werden Präventionsansätze verfolgt, die alle darauf hinauslaufen „Kinder stark zu machen“, ihre Wachheit, ihr Problembewusstsein, ihre Durchsetzungskraft, insgesamt also ihre Resilienz zu fördern, damit sie erst gar nicht auf z. B. Sucht verursachende Angebote eingehen. Hierbei wird ein einheitlicher Ansatz verfolgt, der z. B. sowohl bei Suchtthemen, aber auch bei Stress, psychischen Problemen und im Bereich der Kriminalprävention angewendet wird, sodass sozusagen eine gemeinsame Basis entwickelt wird, auf der dann im Bedarfsfall weiter aufgebaut werden kann. Gleichzeitig werden sogenannte Präventionsketten eingerichtet, die die vulnerablen Übergänge z. B. vom Kleinkind zu Kita, von der Kita zur Schule oder von der Schule zur Ausbildung/Beruf erleichtern sollen, weil gerade dort oft Probleme/Brüche entstehen.
Dieser einheitliche Ansatz bzw. die Umsetzung dieses Ansatzes fand Aufnahme im Suchtpräventionskonzept und wird gerade weiter vervollständigt, z. B. in der Koordinationsstelle Suchtvorbeugung in Kitas und Schulen. Diverse nachhaltige Schulprojekte, die in der Hansestadt Lübeck oft über mehrere Jahre an den Schulen durchgeführt werden, wie z. B. das Projekt „fit und stark plus“ oder „Klasse 2000“ basieren hierauf und werden nicht nur einmalig eingesetzt, wie dieses bei Aktionen bzw. Vorträgen der Fall ist, sondern wirken dauerhaft und nachhaltig, werden dabei auch Klassen übergreifend eingesetzt. Besonders hinzuweisen ist hierbei auch auf die Arbeit des Kinder- und Jugendschutzes und der Koordination Schulsozialarbeit im Fachbereich Kultur, die u. a. in der AG Soziales Lernen in Zusammenarbeit mit dem Institut für Sozialmedizin der Uni Lübeck auf das Ziel „Kinder stark machen“ hinwirken und die u. a. unter der Internet-Adresse www.familien-luebeck.de/jugendschutz diverses Präventionsmaterial auch und gerade für die Suchtvorbeugung zur Verfügung stellen, es wird auch direkt auf Cannabis eingegangen, alles unter der Gesamtthematik soziales Lernen und gesunde Schulen.
Selbstverständlich ist eingebettet in dieses Präventionskonzept es auch durchaus willkommen, wenn im Rahmen von Projekttagen oder bei speziellen Problemlagen z. B. über Cannabis näher aufgeklärt wird. Dieses entscheiden die Schulen dann in eigener (auch finanzieller) Zuständigkeit. Widerhall findet das Gesagte auch in einer möglichen Zertifizierung “gesunde Schule“.
Es werden auch weiterhin immer wieder Einzelvorträge notwendig sein. Auf eine aktuelle Problematik sei hierbei hingewiesen:
Bei minderjährigen Flüchtlingen findet sich insgesamt ein erhöhter Substanzmissbrauch von z. B. Opium und Cannabis, da in den meisten Herkunftsländern keinerlei Problembewusstsein für diesen Substanzmissbrauch besteht. Es wird dort aus der Kultur heraus gar nicht als Missbrauch wahrgenommen, es kann aber prägend wirken für den Verlauf anderer weiterer psychischer Erkrankungen.
Zum Thema „steigende Rauschgiftkriminalität“ wurde beim letzten Kriminalpräventiven Rat vom 11.07.2017 vereinbart, vorübergehend einen kleinen Arbeitskreis nach den Sommerferien einzuberufen unter Beteiligung von Polizei, Jugendschutz, Richtern, Staatsanwaltschaft sowie Gesundheitsamt.
Nachfragen zum Thema werden nicht gestellt.